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Benutzername: 
Glüxklaus
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Franken

Bewertungen

Insgesamt 609 Bewertungen
Bewertung vom 31.12.2022
Das Sams und die große Weihnachtssuche / Das Sams Bd.11
Maar, Paul

Das Sams und die große Weihnachtssuche / Das Sams Bd.11


ausgezeichnet

Das Minisams ist zurück - große Weihnachtssuche mit verschiedenen Samsen, großem Wortwitz und herrlicher Situationskomik

Gerade haben das Sams, Frau Rotkohl, Herr Taschenbier und das Minisams einen sehr schönen Heiligabend miteinander verbracht, da musste das Minisams schon wieder in die Samswelt zurückkehren. Doch jetzt, wo ein Wechsel zwischen den Welten problemlos möglich ist, möchte das Minisams gerne auch am ersten Weihnachtstag Herrn Taschenbier, Frau Rotkohl und das Sams besuchen. Doch leider ist die Sache nicht ganz so einfach. Dank ungenauer Wünsche erleben die vier einen turbulenten, ereignisreichen Weihnachtstag mit ziemlich viel Sucherei. Ob sie sich am Ende doch noch treffen?

Paul Maar schreibt klar, lebendig, abwechslungsreich, witzig und sehr genau auf seine Zielgruppe ausgerichtet. Wie in jedem Samsbuch wird natürlich viel gereimt, und das intelligent und absolut komisch. Durchgehend überzeugt die Geschichte durch viel Wortwitz und geniale Sprachspielereien. Die unterhaltsamen, bunten, typischen und sehr passenden Illustrationen stammen vom Autor selbst. Das Buch eignet sich zum Vorlesen für Kinder ab sechs Jahren.

Paul Maar hat ein Händchen für einzigartige, originelle Charaktere. Das Sams ist für mich nach wie vor seine beste unter all den tollen Figuren: fröhlich, frech, kreativ, lustig, ein begnadeter Dichter und immer wieder für eine Überraschung gut. Auch die vielen weiteren Figuren machen einfach nur Spaß: Frau Rotkohl, die ansonsten so schroff neuerdings auch ein Herz hat, Herr Taschenbier, der seit er das Sams kennt, sich jeden Tag ein bisschen mehr aus seinem Trott und seinem Schneckenhaus heraus wagt, das niedliche Minisams, das gerne alles genau wüsste und wirklich noch viel lernen muss, der skurrile Herr Rudolf Rudolf, der mit seinen Kindern in einem Möbelhaus wohnt oder der dichtende Herr Weinstein, der sich sehr über spontanen Besuch freut.

Die Handlung von „Das Sams und die große Weihnachtssuche“ ist schnell erklärt, sie ist nicht ganz so raffiniert wie die der übrigen Samsbüchern. Aber an Weihnachten darf es ruhig ein bisschen ruhiger zugehen. Dafür besticht das Buch durch seine besondere Situationskomik und viel Wortwitz. Es zeigt sich wiederholt, wie viel Spaß die Beschäftigung mit Sprache und die grandiosen Sams-Gedichte machen können. Sprache ist eine wahre Schatzkiste. Auch die Ausflüge in die Samswelt sind wunderbar amüsant. Wie sich die doch recht unbedarften Samse die Menschenwelt erklären, bringt garantiert zum Lachen, sorgt für einige absurd-schräge und lustige Momente. Zwar ist das Buch auch unabhängig zu lesen, noch leichter verständlich und vergnüglicher wird es aber, wenn man das „Das Sams feiert Weihnachten“ kennt. Auch mit 85 Jahren überzeugt Paul Maar als Kinderbuchautor nach wie vor restlos und auch das Sams hat nichts von seinem Charme verloren.

Bewertung vom 29.12.2022
Die schreckliche Adele im Land der unerzählten Märchen
Mr. Tan;Le Feyer, Diane

Die schreckliche Adele im Land der unerzählten Märchen


sehr gut

Adele als Märchenprinzessin - schräg, böse, absurd und ziemlich witzig

Adele hat von ihrer Oma ein Märchenbuch geschenkt bekommen und ist über die klassische Rolle der hilflosen Prinzessinnen in Not recht irritiert. Sie träumt sich daraufhin selbst in das „Land der unerzählten Märchen“ und erlebt ein Prinzessinnenmärchen der besonderen Art. Wenn Adele mitmischt, sind Prinzessinnen mitnichten wohlerzogen, bescheiden, mitfühlend, sanftmütig und gutherzig. Im Gegenteil, Adele schreibt ein völlig neues Märchen…

„Die schreckliche Adele im Land der unerzählten Märchen“ enthält nicht wie die sonstigen Adele-Bücher viele einzelne, kurze Comicstrips, sondern nur eine einzige zusammenhängende Geschichte. Die gezeichneten Figuren sehen wie immer niedlich und drollig aus, haben aber dabei mitunter auch einen herrlich fiesen Gesichtsausdruck. Diane Le Feyers Bilder sind insgesamt sehr bunt und witzig-übertrieben.
Mr. Tan liefert zu den Bildern passende kurzen Texte und Sprechblasen, die klar, knapp, direkt und amüsant formuliert sind.
Der (Nicht-)Prinzessinnen-Comic richtet sich an Jungen und Mädchen ab neun Jahren.

Adele ist ein Original. Äußerlich klein, niedlich und zuckersüß, steckt in ihr ein absolut fieses, hinterhältiges Biest, das jede Gelegenheit nutzt, andere zu schikanieren oder zu ärgern. Adele als Hauptfigur eines Prinzessinnenmärchens lässt natürlich einiges erwarten. Aber auch manche andere Figuren (Oger, Prinzessinnen, Gouvernanten, Königssöhne) verhalten sich recht untypisch und sind so für einige Überraschungen gut. Hier werden zahlreiche Klischees ziemlich originell und phantasievoll genau ins Gegenteil verkehrt.

„Die schreckliche Adele im Land der unerzählten Märchen“ ist ein absolut komisches, schräg-absurdes, temporeiches Comicvergnügen mit höchst unterhaltsamen Figuren. Vergesst alles, was Ihr bisher über Märchen zu wissen glaubtet und lasst Euch von Adele in diese aberwitzige Geschichte entführen! Für uns ist der neueste Adele-Band der bisher beste.

Bewertung vom 19.12.2022
Das Schloss der Smartphone-Waisen / Die Smartphone-Waisen Bd.1 (4 Audio-CDs)
Naoura, Salah

Das Schloss der Smartphone-Waisen / Die Smartphone-Waisen Bd.1 (4 Audio-CDs)


sehr gut

Schräg-verrückte, warmherzige Gangsterstory mit sehr sympathischen Kriminellen

Kalli, Leo, Tara, Bodhi und Bhavani sind Smartphone-Waisen. Ihre Eltern verloren ihr Leben, weil sie sich lieber mit ihren Handys als mit den akuten Gefahren des echten Lebens beschäftigten. Nun leben sie gemeinsam bei Marla in einem kleinen Haus in einem Berliner Hinterhof. Doch ihr Zuhause soll abgerissen werden und die Kinder brauchen dringend eine neue Bleibe. Als sie Hermine, eine ältere, sehr nette Dame, kennenlernen, hoffen sie, in deren Schloss unterzukommen. Doch Hermine droht selbst der Rauswurf aus ihrem Domizil. Also schmieden die Kinder einen aberwitzigen Plan, der mit der kuriosen Entführung von Hermines Enkel Archibald beginnt. Doch bald schon läuft alles völlig anders als erhofft…

Autor Salah Naoura schreibt humorvoll, kindgemäß, flüssig, abwechslungsreich und sehr lebendig. Er wendet sich immer wieder an seine Leserschaft, geht auf ihre potentiellen Einwände ein und spricht sie direkt mit „du“ an. Das macht den Schreibstil sehr unterhaltsam.
Kai Schüttlers witzige und drollige, schwarz-weiß Bilder passen ganz prima zur Geschichte.
Das Buch richtet sich an Mädchen und Jungen ab neun Jahren.

Alle wichtigen Charaktere finden sich auf dem bunten Cover. Marla, die „Heimleiterin“ ist liebevoll und nett, kümmert sich rührend um ihre Schützlinge, ist sie doch selbst eine Smartphone-Waise und weiß, was es heißt, seine Eltern zu verlieren. Bodhi und Bhavani streiten sich wie Geschwister das nun mal tun. Leo vergisst die Welt um sich herum, wenn er strickt, Tara ist überzeugt, die Tochter einer Fee zu sein und Kalli ist ziemlich gut im Pläneschmieden. Hermine mit ihrem Rennrollstuhl ist eine Seele von Mensch und schließt die Kinder sofort in ihr großes Herz. Und dann kommt auch noch Hermines Enkel Artschie ins Spiel, der zu Beginn recht unangenehm auffällt, doch schließlich ziemlich überrascht.

Teils ganz schön böse und skurril wie hier die Smartphonesucht der Gesellschaft aufs Korn genommen wird. Salah Naoura steckt sehr direkt den Finger in die Wunde der Elterngeneration. Und wenn man genauer drüber nachdenkt, ist das nicht nur komisch und originell, sondern auch eigentlich ganz schön traurig, weil es leider wirklich Eltern gibt, die ihrem Smartphone mehr Aufmerksamkeit angedeihen lassen als ihrem eigenen Nachwuchs. Eine Entwicklung, die durchaus kritisch zu sehen ist und hier auf sehr komische Art überspitzt dargestellt wird.
Was die Kinder unternehmen, um an ein neues Zuhause zu kommen, ist absolut illegal, kriminell , und mindestens genauso schräg, überdreht und interessant wie die Grundidee der Smartphone-Waisen. Diese ungewöhnlichen Gangster muss man einfach mögen und verteidigen.
Besonders gut hat uns der zauberhafte Laden „Tausend tolle Dinge“ gefallen. So einen Laden sollte es in jeder Stadt geben.
„Das Schloss der Smartphone-Waisen“ ist ein modernes, freches Märchen mit Gut, Böse, Schwarz, Weiß, Action, Witz und ganz viel Herz und Wärme. Uns hat die verrückte, phantasievolle, nicht ganz ernstzunehmende, aber sehr unterhaltsame und humorvolle Geschichte überzeugt.

Bewertung vom 18.12.2022
Alle für einen / Die Stoffis Bd.2
Städing, Sabine

Alle für einen / Die Stoffis Bd.2


sehr gut

Wohligwarmes Vorleseabenteuer mit drolligen, liebenswerten Figuren

Dass die Stoffis jetzt ein eigenes Zuhause in Hulda Regensteins Garten gefunden haben, heißt nicht, dass ihr Leben nun langweilig geworden ist. Als Sternchen bei einem Ausflug von einer Gruppe Kindergartenkinder aufgesammelt wird, müssen die Stoffis Sternchen natürlich unbedingt zurückholen. Doch das kann nur mit Huldas Hilfe gelingen. Ob die alte Dame dazu bereit ist? Unterdessen macht Sternchen in der Kita die Bekanntschaft von anderen abenteuerlustigen Kuscheltieren, die auch gerne mal die weite Welt sehen wollen. Ihr Wunsch soll sich schon bald erfüllen…

Sabine Städing erzählt lebendig, bildhaft und kindgemäß. Nadine Reitzs bunte, hübsche und niedliche Bilder illustrieren die Geschichte passend und ansprechend. Ein besonderes Highlight sind die Sticker mit Abbildungen der Stoffhelden im Anhang. Nach jedem gelesenen Kapitel können die kleinen Leserinnen und Leser einen runden Aufkleber nach Wahl auf den dafür vorgesehenen nummerierten Platz auf der Umschlaginnenseite kleben. So macht das Lesen natürlich doppelt Spaß, wenn das Zuhören auch noch belohnt wird.
Das Vorlesebuch richtet sich an Kinder ab vier Jahren.

Die Stoffis sind eine besonders nette, sympathische Truppe, die man sofort ins Herz schließen muss. Kater mag seinen eigentlichen Namen nicht, er ist clever und packt die Dinge an. Einhorn Sunny kann manchmal ein eingebildeter Angeber sein, hat aber das Herz am rechten Fleck. Hund Helmut lässt lieber Vorsicht walten, hat er doch schon viel erlebt. Sein Geruchssinn bringt die Stoffis oft auf die richtige Spur. Schildkröte Melisande ist zwar nicht schnellste, aber ziemlich weise und vernünftig. Dann gibt es noch den immer gut gelaunten Seestern Sternchen. Ohne Sternchen sind die Stoffis einfach nicht komplett. Der einarmige Bär Rumpel ist stark und kann ganz prima Probleme lösen. Diesmal bekommen die Stoffis noch weiteren überraschenden Zuwachs und müssen sich auch mit wirklich unangenehmen Zeitgenossen auseinandersetzen.
In der netten Hulda Regenstein haben die Stoffis eine verlässliche, geduldige Freundin gefunden.

Was für eine schöne und gemütliche Vorstellung, dass Stofftiere eigentlich lebendig sind und in einem Spielhaus in einem Garten ein eigenes Zuhause gefunden haben! Auch das zweite Buch um die Stoffis macht viel Spaß. Der Zusammenhalt der flauschigen Helden, die in „Alle für einen“ wie Musketiere immer füreinander einstehen, ist bemerkenswert. Jeder ist hier wichtiger Teil der Gruppe und wird uneingeschränkt akzeptiert. So sieht echte Freundschaft aus. Eine phantasievolle, wohlig-warme, abenteuerliche Freundschaftsgeschichte mit einnehmenden Figuren und gelungenen Bildern. Ein Muss für alle Kuscheltierfans.

Bewertung vom 11.12.2022
Fang jetzt bloß nicht an zu lieben
McFarlane, Mhairi

Fang jetzt bloß nicht an zu lieben


sehr gut

Von ungesunden und heilenden Beziehungen

„Wie das Sprichwort ganz richtig sagte: Eine Lüge war schon um die halbe Welt, ehe die Wahrheit sich die Schuhe angezogen hatte.“

Nachdem Hochzeitsfotografin Harriet den Heiratsantrag ihres Freundes Jon ablehnt, braucht sie dringend eine neue Bleibe. Über eine befreundete Immobilienmaklerin erfährt sie von einem freien Zimmer bei Cal. Sie mietet das Zimmer ungesehen und ohne Cal zu treffen. Die beiden WG-Bewohner verstehen sich zunächst gut. Erst später wird klar, dass Harriets Cals brisantes Geheimnis kennt, das die Situation zwischen den beiden verkompliziert. Auch Harriet schleppt allerhand Ballast mit sich herum. Sie glaubt nach schlechten Erfahrungen nicht mehr an die große Liebe. Ob die beiden Mitbewohner es schaffen, mit ihrer Vergangenheit abzuschließen?

Mhairi McFarlane schreibt unkompliziert und flüssig in der dritten Person Vergangenheit. Der lockere Schreibstil lässt sich leicht und angenehm lesen. Da soziale Medien im Roman eine größere Rolle spielen, sind auch Facebook-Posts oder WhatsApp-Nachrichten abgedruckt, die für die Handlung wichtig sind.

Dass Harriet ein Problem mit Beziehungen hat, zeigt sich spätestens dann, als sie den Heiratsantrag ihres Freundes zunächst unter Zugzwang annimmt und kurz darauf ihre Entscheidung revidiert und die Flucht antritt. Welches Trauma die junge Frau genau zu verarbeiten hat, wird im Verlauf nachvollziehbar erklärt. Harriet ist ein recht authentischer Charakter. Bei Cal wird ebenso rasch klar, warum er sich verhält, wie er sich verhält. Auch seine Erfahrungen und die Konsequenzen, die er daraus zieht, werden recht realistisch dargestellt. Cal wirkt auf mich allerdings etwas zu nett und glatt.

So locker-leicht und zuckersüß sich „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ gerade am Ende entwickelt, so enthält der Plot auch viel Stoff zum Nachdenken. Es geht im Roman um Freundschaft und Liebe, aber auch um verschiedene Wahrnehmungen der Wirklichkeit und um die Macht des Internets und der sozialen Medien, die gnadenlos und unerbittlich ganze Existenzen zerstören können. Für mich zwar nicht der spritzigste und überraschendste Roman der Autorin - gerade anfangs zieht sich die Handlung ein wenig- aber ein durchaus unterhaltsames und lesenswertes Buch fürs Herz und das Gemüt.

Bewertung vom 11.12.2022
Schülerin, Gamerin, Weltenretterin / Lina Knut Bd.1
Zwerschina, Franz

Schülerin, Gamerin, Weltenretterin / Lina Knut Bd.1


sehr gut

Moderner, abwechslungsreich gestalteter Comicroman mit wichtiger Botschaft

Lina Knut geht in die fünfte Klasse, sie ist Gamerin, lässt ihre Follower in Let’s- Play-Videos live beim Spielen zusehen und hat online eine feste Clique. Im echten Leben kann sie sich auf ihre beste Freundin Mia verlassen, die sie immer wieder stärkt und die ihr über ihr Stottern hinweghilft. Als Lina die Möglichkeit bekommt, eine Erweiterung ihres Lieblingsspiels Aarona exklusiv vorab zu testen, möchte sie ihren virtuellen Freunden ein einzigartiges Let’s-Play bieten. Doch bei all der Aufregung verliert sie ihre wirkliche Freundin Mia aus den Augen. Ob Mia ihr das verzeihen kann?

Lina erzählt in Tagebuchform. Das Buch ist aufgeteilt in echte Erlebnisse, wenn Lina von ihrem realen Leben in der Schule, der Familie und ihren Freunden berichtet, und Abschnitten, in denen es um das virtuelle Spiel und ihre Online-Kommunikation geht. Optisch sehen der Hintergrund und die Illustrationen dann wie die Grafik eines Videospiels aus. Wenn Lina von ihrem wirklichen Leben schreibt, sind viele motivierende, witzige und unterhaltsame Bilder eingefügt. Wie im Comicroman üblich sind manche Wörter in anderer Schriftart gestaltet oder fett gedruckt. So werden auch weniger lesebegeisterte Kinder die Geschichte ohne Anstrengung lesen können. Das Buch richtet sich an Kinder ab neun Jahren.

Lina ist ein nettes Mädchen mit wirklich guten Freunden, das unter seinem Stottern leidet. Gamen ist für Lina eine Möglichkeit, aus dem Alltag zu entfliehen und ihre Schwäche zu vergessen. Auf ihre immer fröhliche, offene Freundin Mia kann sie sich stets verlassen. Im Laufe der Lektüre wird sehr deutlich, dass Lina nicht die einzige ist, die Probleme hat. Mir gefällt, wie selbstverständlich und natürlich hier mit den vermeintlichen Schwächen der Figuren umgegangen wird.

Mit dem Gaming Trend Let‘s Play kann ich wenig anfangen. Mir erschließt sich nicht, was faszinierend daran sein soll, anderen online beim Computerspiel zuzusehen. Dennoch ist Lina Knut ein Buch, das sicher auch Nicht-Gamer abspricht. Die Botschaft, dass niemand perfekt ist, wie bedeutend Freunde und wie notwendig Spaß auch im echten Leben sind, ist für alle Kinder wichtig. Diese ist in einem absolut motivierend gestalteten Comicroman mit ungewöhnlicher Idee verpackt. Und wer weiß, vielleicht bringt gerade dieses Buch Kinder, die etwas zuviel Zeit vor dem Computer verbringen, zum Lesen?

Bewertung vom 03.12.2022
Das große Brotbackbuch
Bauer, Christina

Das große Brotbackbuch


sehr gut

Grundlegende, motivierende Einführung in das Brotbacken mit tollen Fotos

Christina backt wieder. Diesmal backt sie Brot.
In ihrem neuesten Buch „Das große Brotbackbuch“ werden alle wichtigen Basics zum Brotbacken sehr genau erklärt. Die Einführung beschäftigt sich mit den Fragen: Warum lohnt es sich Brot selber zu backen? Welche Ausstattung braucht man dafür? Welche Methoden und Techniken sind beim Brotbacken wichtig? Anschließend werden die vier Grundteige, klassischer, süßer, pikanter und Kleingebäckteig vorgestellt und erläutert, wie man selbst Sauerteig herstellt. Es gibt zudem eine Tabelle, wie sich Zutaten austauschen lassen, Tipps zur Brotaufbewahrung und schließlich jede Menge Rezepte: Brote für alle Lebenslagen, Weckerl und Kleingebäck, Vollkornbrote, süße Hefeteilchen und Snacks, Brote zum Verschenken, Rezepte zur Brotverwertung. Im letzten Kapitel findet man Hilfe bei Problemen, zum Schluss ist ein Glossar mit Fachbegriffen und ein alphabetisches Rezepteregister angefügt.

Die Texte sind gut verständlich, klar und anschaulich formuliert. Die Leserinnen und Leser werden direkt angesprochen, was recht persönlich und lebendig wirkt. Besonders gelungen sind die herrlichen Bilder der ausgesprochen lecker aussehenden Gebäcke, die den Appetit anregen und sofort Lust aufs Losbacken machen.

Brotbacken ist kein Hexenwerk, sondern mit guter Anleitung ganz einfach, das zeigt Autorin Christina Bauer. „Das große Brotbackbuch“ ist definitiv ein besonderer Augenschmaus. Wer sich bisher noch nicht mit Brotbacken beschäftigt hat, für den ist das Buch ein perfekter Einstieg in die Thematik. Es vermittelt wichtiges Grundwissen und alle notwendigen Techniken rund ums Brotbacken. Die Rezepte sind vielfältig und bieten sicherlich für jeden Geschmack etwas - ob Süßschnabel oder Herzhaftesser. Die bodenständigen Rezepte sind ideal für Anfänger, werden genau erklärt, sind einfach nachzumachen und gelingen leicht. Wer es etwas raffinierter und anspruchsvoller mag, wird die Rezepte an der ein oder anderen Stelle sicher noch abwandeln müssen. Insgesamt aber sehr empfehlenswert für alle, die das Brotbacken gerne einmal ausprobieren wollen.

Bewertung vom 28.11.2022
Tage des Lichts / Kinderklinik Weißensee Bd.3
Blum, Antonia

Tage des Lichts / Kinderklinik Weißensee Bd.3


ausgezeichnet

Politische und private Krisen in der Weimarer Republik - mitreißende, lesenswerte Fortsetzung

„Es fühlte sich an, als würde sie von einem Zeitstrudel durch jeden einzelnen Tag gewirbelt werden. Nicht einmal auf dem See kam sie zur Ruhe. Ihr Blick glitt nicht, er huschte über die Umgebung, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Dabei hätte ein Herbsttag kaum idyllischer sein können als der heutige.“

Während sich in der Weimarer Republik die politische Lage immer prekärer entwickelt, finden auch die Schwestern Marlene und Emma nicht zur Ruhe. Marlene und ihr Mann Maximilian hadern mit ihrer Kinderlosigkeit. Marlene, Ärztin in der Kinderklinik Weißensee, ist völlig überarbeitet und beschließt schweren Herzens, die Klinik zu verlassen. Sie hofft, dass sich ihr Traum vom Muttersein leichter verwirklichen lässt, wenn sie weniger Stress hat. Doch dann hört sie von Alexander Flemmings zufälligen Entdeckung des Penicillins. Sie erkennt die unglaublichen Möglichkeiten, die das Medikament bietet. Schnell gerät ihr Entschluss, sich aus der Medizin zurückzuziehen, ins Wanken…Ob das ihrem Mann Maximilian gefällt?
Für Marlenes Schwester Emma läuft es beruflich prima. Bis zur Oberschwester hat sie sich hochgearbeitet, doch dann taucht eine ehemalige Widersacherin an der Klinik auf und Emma bekommt mächtig Gegenwind. Emmas Sohn Theo hat ebenso Probleme. Am Gymnasium läuft es nicht gut für ihn. Dann lernt er einen Mitschüler näher kennen, der ihm neue Möglichkeiten aufzeigt, die seinen sozialdemokratischen Eltern gar nicht gefallen dürften…

Autorin Antonia Blum erzählt abwechselnd aus Marlenes und Emmas Sicht. Sie schreibt leicht, gut verständlich und flüssig.
Das einprägsame Cover, diesmal sind zwei Kinder von hinten zu sehen, die auf die Klinik blicken, ist sofort als Teil der Buch-Reihe zu erkennen.

Beide Protagonistinnen Marlene und Emma werden sehr sympathisch und einnehmend dargestellt. Die Schwestern sind absolut ehrlich, denken stets an andere und haben sich durch harte Arbeit selbstständig aus der Armut befreit. Ihre Disziplin ist bewundernswert. Marlene ist noch ein bisschen ehrgeiziger als ihre Schwester, für Emma steht mehr das Menschliche, der Umgang mit den Patienten und weniger die Forschung in der Medizin im Vordergrund. Dass die beiden bemerkenswerten Frauen schwere Krisen durchlaufen, ließ mich beim Lesen nicht kalt. Ich litt mit ihnen und hoffte für sie. Eine Reihe weiterer netter Figuren bereichern die Geschichte, Willy Pinke, Albert Kolpetzky oder Elwira Scharinski. Aber auch wirklich unangenehme Zeitgenossen wie Theodors Lehrer Rademacher oder die neue Oberin mischen das Geschehen kräftig auf und sorgen für viele Konflikte.

Auch der dritte Teil liest sich wunderbar leicht und unkompliziert. Die gesamte Geschichte um Emmas und Marlenes Schicksal ist derart fesselnd, dass es für mich unmöglich ist, die Serie nicht weiterzulesen.
Die Sorgen von Emmas Sohn Theo, seine ersten Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Bewegung stimmen nachdenklich, gehen nahe, machen traurig. Einmal mehr wird klar, wie stark Politik in das Leben der Menschen eingreifen kann.
Wer die ersten beiden Bücher der Reihe mochte, wird sicher auch vom dritten Band um die Kinderklinik Weißensee „Tage des Lichts“ begeistert sein. Allen anderen Fans von historischen Schmökern seien zunächst die ersten Bände ans Herz gelegt, denn mit Vorwissen bietet der dritte Band ein umso größeres Lesevergnügen.

Bewertung vom 28.11.2022
Wieso? Weshalb? Warum? Sonderband junior: Kennst du Formen, Farben, Gegensätze, Zahlen?
Rübel, Doris

Wieso? Weshalb? Warum? Sonderband junior: Kennst du Formen, Farben, Gegensätze, Zahlen?


ausgezeichnet

Grundwissen für Kindergartenkinder ansprechend aufgearbeitet - so macht Lernen Spaß

„Kennst du Formen, Farben, Gegensätze und Zahlen?“ ist ein weiteres Buch aus der erfolgreichen Ravensburger- Reihe“ „Wieso-weshalb-warum-Junior“. In diesem mit 24 Seiten recht umfangreichen Band werden zahlreiche ganz verschiedene Themen berührt: Gegensätze, unterschiedliche Gefühle, richtiges Anziehen, weitergerechte Kleidung, Standorte und Positionen, besondere Eigenschaften von Tieren, Zählen, Bestimmen von Mengen, Mengen im Vergleich, Formen, Muster, gleiche Paare und Farben.

Meist wird ein Thema auf einer Einzelseite behandelt, einige Themen erstrecken sich auch über eine Doppelseite. In der Regel findet sich zu jedem Thema ein gut verständlicher, kindgemäß formulierter Sachtexte. Teilweise ist dieser auch in Reimform gehalten und animiert zum Mitsprechen. Manche Themen werden hauptsächlich durch Bilder dargestellt. Auf jeder Seite finden sich zahlreiche passende, aussagekräftige, bunte und sehr ansprechende Illustrationen, die klar und deutlich zeigen, um was es geht. Da werden beispielsweise kleine Murmeln großen Wasserbällen gegenüber gestellt, was die gegensätzliche Größe sehr anschaulich verdeutlicht. Jede Seite enthält Verwandel- oder Entdeckerklappen. Die Kinder werden beim Lesen selber aktiv, öffnen nicht nur Klappen, sondern sehen sich die detaillierten Seiten mit Hilfe von konkreten Suchaufträgen genauer an, werden u.a. aufgefordert, Mengen zu bestimmen, einen Würfel zu falten, Formen nachzuspuren, Fragen zu beantworten oder Rätsel zu lösen. Das Buch richtet sich an Kinder von etwa zwei bis vier Jahren.

„Kennst du Formen, Farben, Gegensätze, Zahlen“ ist ein vielseitiges, prallgefülltes Mitmachsachbuch. Mir persönlich ist der Themenbereich allerdings zu weit gefasst. Nach meinem Geschmack hätten weniger Themen noch etwas intensiver behandelt werden können, anstatt viele teils etwas oberflächlich. Dennoch ist die Umsetzung insgesamt absolut gelungen. Besonders gut gefallen mir beispielsweise die Reime zu den Gegenteilen, die die Kinder intuitiv gleich richtig mitsprechen und sich so sicher gut merken können. Auch dass plötzlich durch Falten ein dreidimensionaler Würfel entsteht, ist ein beeindruckender Wow-Effekt. Insgesamt ein gut durchdachtes, motivierendes, informatives Buch der empfehlenswerten Reihe, das auch beim wiederholten Anschauen noch ganz viel Spaß macht.

Bewertung vom 14.11.2022
Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
Miller, Ben

Der Junge, der die Welt verschwinden ließ


sehr gut

Originelle, ein bisschen verrückte und spannende Geschichte mit wichtiger Botschaft

„Geschichten handeln oft von guten Menschen, die etwas Schlechtes tun, und diese Geschichte ist keine Ausnahme.“

Harrison ist fasziniert von allem, was mit Sternen und Planeten zu tun hat. Eigentlich ist er ein wirklich netter Junge, der fast alles alles richtig macht. Aber er hat ein großes Problem: Wenn Harrison wirklich wütend ist, sieht er absolut rot, verliert sich in seiner Wut und ist dann nicht mehr ansprechbar.
Bei der Geburtstagsfeier seines Feindes Hector Broom, der ihn immer heimlich piesackt, passiert nach einem von Harrisons Wutanfällen etwas Seltsames. Shelly, eine Astronautin, die mit den Kindern feiert, schenkt Harrison zum Abschluss einen ominösen schwarzen Ballon. Dieser stellt sich als schwarzes Loch heraus. Harrison lässt alles darin verschwinden, was ihm nicht gefällt: ekliges Essen, aggressive Hunde, Schulbücher und sogar Menschen. Doch dann rutschen in das Loch auch versehentlich Dinge, die er eigentlich mag. Ob Harrison es schafft, alles wieder zurückzuholen?

Autor Ben Miller schreibt lebendig, abwechslungsreich und gut verständlich in der dritten Person Vergangenheit. Teilweise ist die äußerliche Textgestaltung dem Inhalt angepasst, wenn die Kinder die Augen zumachen, ist der Text beispielsweise auf dunklem Hintergrund zu lesen, die Wörter eines Countdowns sind in Schlangenlinien gedruckt oder das Wort „Bämm!“ steht in einer Zeile alleine für sich. Die Geschichte wird durch einige hübsche, kleine, individuelle Illustrationen ergänzt, die Szenen aus der Handlung zeigen. Am Anfang jedes Kapitels ist das Bild von Harrison mit seinem schwarzen Luftballon zu sehen.
Das Buch richtet sich an Kinder ab acht Jahren zum Selberlesen.

Harrison, der Held mit der einen großen Schwäche ist ein Charakter, in den sich viele Kinder bestimmt gut hineinfühlen können. Er kommt mit anderen aus, ist rücksichtsvoll, auf ihn kann man sich verlassen. Nur seine Wutanfälle, die er nicht in den Griff bekommt, machen Harrison zu schaffen. Viele Kindern haben sicher auch schon die Erfahrung gemacht, dass sie in manchen Situationen die Kontrolle verlieren. Im Laufe der Geschichte gewinnt Harrison einen anderen Blick auf seine Anfälle.

Wird Harrison den Inhalt des Schwarzen Lochs retten können? Seine Mission führt ihn bis nach Chile. Die Idee zur Geschichte ist wirklich phantasievoll, faszinierend, spannend und witzig und regt zu Gedankenspielen an. Gegen Ende wird die Handlung dann ziemlich abgedreht. Aber Harrison lernt dabei einiges über sich selbst, die Wut, Hindernisse im Leben, Mut und Prioritäten. Auch wenn es manchmal ganz schön große Herausforderungen und Ärgernisse zu bewältigen gibt, die das Leben unangenehmer machen, gehören die einfach zu einem erfüllten Leben dazu und irgendwann findet jeder hoffentlich einen Weg damit umzugehen.
„Der Junge, der die Welt verschwinden ließ“ ist ein ungewöhnliches, originelles Kinderbuch, schräg und verrückt, komisch wie aufregend und dabei auch ziemlich klug.