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Insgesamt 1498 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2023
Kochen hart am Alltag
Kotaska, Mario

Kochen hart am Alltag


gut

Alltagstauglich? Nicht so ganz in meinem Alltag!

Der Titel hat doch gleich gelockt – man hat oft wenig Zeit oder hatte einen so harten Tag, dass das Kochen am Abend einfach, schnell und unkompliziert sein soll. Am Ende staune ich jedoch darüber, dass hier recht viele für meinen Geschmack exotische und nicht gar so leicht zu bekommende Lebensmittel verwendet werden, die noch dazu nicht jedem schmecken und nicht jeder einfach so mal im Vorrat hat. Zu den Zeiten muss man dann also noch den Einkauf rechnen.

Das Buch ist in die Kapitel Hauptsache zum Mitnehmen; Hauptsache kalt; Hauptsache einfach; Hauptsache weg; Hoch die Hände, Wochenende eingeteilt. Es beinhaltet auch Rezepte für Granola und Porridge. Beides für mich Rezepte, die die Welt nicht braucht, die aber in gefühlt jedem Rezeptbuch aktuell auftauchen. Eine Schinkenstulle bekomme ich echt auch noch ohne Anleitung zustande. Den Tipp, aus alten Brötchen Semmelmehl zu machen, finde ich ja doch ein bisschen seltsam. Weiß man das nicht auch ohne Tipp? Und vor allem: Wie soll das mit Brötchen, die nur einen Tag alt sind, denn gehen? Ich persönlich lasse die sehr, sehr, sehr viel länger trocknen! Überhaupt erstaunt mich diese Art der Resteverwertung – hier werden jede Menge frische Zutaten benötigt. Das ergibt dann mehr Reste, als es verarbeitet. Nicht gut.

Die Rezepte selbst folgen dem klassischen Aufbau Menge/Zeitbedarf/Kalorien, Zutatenliste, Zubereitungsschritte, Tipp. Daneben dann ein Foto davon. Kennt man also schon, ist bewährt und nützlich. Zutaten wie Pimentón de la vera (forte), Cashewmus, Fenchelsalami, Sriracha, Harissa, Manchego, Koriander, Sumach, Mizunasalat, Kritharaki usw. muss man mögen und erst mal finden. Das nenne ich jetzt nicht wirklich alltagstauglich oder hart am Alltag. Ganz so fix, wie sich das anfangs las, geht das auch in nur wenigen Fällen. Nicht nur, dass man selbst doch ein bisschen langsamer als der Koch kocht, Vorbereitungs- und Kochzeit ergeben insgesamt häufig eben doch fast eine Stunde.

Zwischen den Kapiteln finden sich immer wieder kleine Interviews mit dem Koch. Mehr oder weniger sympathisch, aber eben doch typisch TV-Promi (den ich nur zufällig hin und wieder in Kochshows gesehen habe), mit vielen Fotos im lässigen Look beim Essen und Kochen. Mir ist das zu gestellt und zu gewollt und ich brauche das nicht in einem Kochbuch. Da soll es, bittschön, nur ums Kochen gehen.

Insgesamt finde ich hier für mich einfach zu wenig, das wirklich zu meinem Alltag passt und noch dazu meinem Gaumen gefällt. Ich finde die Gerichte zu ausgefallen und eher etwas für alle, die beim Perfekten Dinner teilnehmen und ein bisschen angeben wollen. Von daher bleiben von mir drei Sterne. Ich bin wohl einfach nicht die richtige Zielgruppe.

Bewertung vom 14.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


ausgezeichnet

So urkomisch, so tragisch, so wunderbar!

Lars ist 49 Jahre alt und wollte in der letzten Woche des Jahres noch alles schnell erledigen, das schon so lange aufgeschoben wurde. Und dann ist plötzlich der 31. Dezember und die Uhr tickt so laut, dass er es nicht mehr überhören kann. Da bleibt nur noch das Scheitern, also besser gar nicht erst anfangen. Oder doch?

Dieses Buch ist ein wahres Juwel! Es bringt so wunderbar auf den Punkt, dass das Aufschieben immer so viel leichter ist, als endlich in die Puschen zu kommen. Und dass sich das dann immer mehr summiert und Kreise zieht, die so hohe Wellen schlagen, dass man darin nur untergehen kann. Unser Protagonist hat einen unschlagbaren Grund, an nur einem Tag all das zu erledigen, das er ein Leben lang vor sich hergeschoben hat. Den Grund erfahren wir jedoch erst relativ spät, wodurch all die lustigen Stellen plötzlich anders aussehen.

Wir bekommen im Grunde von Lars erzählt, was in ihm vorgeht, was er tut (oder eben auch nicht) und was er noch tun muss. Die Kapitel sind quasi die Punkte auf seiner Liste. Es fängt mit dem Kapite Antworten an. Wie wichtig es ist, versteht man am Ende des Buches. Urkomisch geht es mit dem Aufbau eines Bettes weiter. Hier liebte ich jedes Wort und fand Lars einfach nur unwiderstehlich! Im Laufe der weiteren Kapitel mag man nicht nur lachen, sondern auch immer mal wieder weinen. So langsam ahnt man, dass Lars selbst nicht weiß, wie er sich das Ende wirklich vorstellt. Je aussichtsloser die Lage scheint, desto mehr strampelt und kämpft Lars, und wenn es noch so unsinnig und unlogisch ist.

Nele Pollatschek arbeitet hier gekonnt mit der Sprache. Sie lässt Lars Dinge nur halb sagen, nur halb denken, immer wieder Sätze abbrechen oder auch mittendrin umkehren und neue Wege gehen, ihn Wörter erfinden und die wahnwitzigsten Lösungen erdenken. Das strengt teilweise natürlich enorm beim Lesen an, zeigt aber wunderschön den psychischen Zustand von Lars, seine innere Zerrissenheit und seine Angst. Dass dann irrwitzige Theorien und Lösungen entstehen, ist nur stimmig. Der Hammer jedoch ist, dass aller Irrwitz einen dicken, fetten logischen und sinnvollen Kern hat. Das als Leser zu erkennen, sich selbst im einen oder anderen Satz wiederzuerkennen, das raubt den Atem und sorgt dafür, dass man nicht aufhören mag, zu lesen. Selbst wenn man am Punkt ankommt, an dem man Lars schütteln möchte, muss man einfach sehen, wo er landet.

Wer den Wert eines Ringes, der aus Papier und einer Nieze besteht, zu schätzen weiß, der wird das Buch lieben. Ich befürchte aber, dass viele nur den Kopf schütteln werden und nichts mit Lars anfangen können. Das finde ich schade, denn Lars ist mein Held des Jahres. Fünf Sterne!

Bewertung vom 13.09.2023
Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung (MP3-Download)
Stehn, Malin

Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung (MP3-Download)


gut

Wenig Spannung, viel Wiederholung durch vier Perspektiven

Emily Brandt liebt ihren William Nihlzén abgöttisch und freut sich auf die fulminante Hochzeitsfeier im Schloss. Dass ihre Mutter Annika William nicht ausstehen kann und ihr Bruder Erik schon seit Jahren den Kontakt mit ihr meidet, wird schnell zum Problem. Doch mit dem, was dann passiert, konnte niemand rechnen. Oder doch?

Nach „Happy New Year“, das mich ziemlich enttäuscht hatte, wollte ich Malin Stehn noch eine Chance geben. Viel gebracht hat’s nicht, aber immerhin ein Sternchen mehr. Diesmal bekommt sie drei Sterne von mir. Woran liegt’s? Nun, für meinen Geschmack kommt die Story zu langsam in Fahrt und erst kurz vor Ende in die Puschen. Bis dahin tröpfelt es so vor sich hin. Wie schon im ersten Buch der Autorin so ist auch hier schon zu Beginn klar, dass es ein tiefes Geheimnis gibt. Um was es genau geht, erfährt man ebenfalls erst kurz vor Schluss.

Die zwei Zeit- und vier Perspektivwechsel könnten Spannung erzeugen, schaffen es aber leider nicht. Man bekommt einfach nur unterschiedliche Sichtweisen vorgesetzt, bekommt Fetzen aus der Vergangenheit serviert und kämpft mit einer alkoholkranken Mutter, die ziemlich schnell nur noch nervt.

Es ist ja schon schlimm genug, wenn Autoren sich an andere Autoren anlehnen, aber hier hat die Autorin auf gewisse Weise sich selbst kopiert. Zwar ist es ihr diesmal ein klein wenig besser gelungen, insgesamt ist es aber einfach nur eine andere Version des ersten Buches mit anderem Setting und anderen Familien, das Grundgerüst ist jedoch identisch.

Sehr schwierig ist für mich schon mal, dass ich niemanden wirklich sympathisch fand und heilfroh war, nicht auf dieser Hochzeit Gast gewesen zu sein. Zwar sind die Abschnitte kurz und strengen nicht so sehr an, dennoch ist der Lesegenuss nicht daran schuld, dass man relativ schnell durch ist. Das Ende lässt ein paar der Figuren dann doch noch ein bisschen sympathischer werden, dennoch reicht es insgesamt nur für drei Sterne, wenn auch Anne Düe, Christiane Marx, Oliver Kube und Peter Lontzek ihre Parts sehr gut und zur Stimmung passend eingelesen haben. Ich vermute, eine dritte Chance gebe ich der Autorin nicht mehr.

Bewertung vom 11.09.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


gut

Gewalt und ihre Folgen

Evelyn Jancke ist forensische Psychologin und soll der Oldenburger Polizei bei der Ermittlung in einer Mordserie auf Campingplätzen im norddeutschen Raum helfen. Als es einen Zeugen und damit ein Phantombild gibt, verliert Evelyn den letzten Rest ihrer Fassung. Sie ist sich sicher, ihren seit zwei Jahren vermissten Bruder Fabian zu erkennen. Fieberhaft macht sie sich auf die Suche – sie muss ihn vor der Polizei finden!

Dieses Buch zeigt perfekt, wo meine Grenzen bei Thrillern sind. Gewalt gegen Kinder und psychopatische Vergewaltiger in dermaßen detaillierter Schilderung gehen bei mir schlicht gar nicht. Ich finde das nicht spannend, sondern ekelerregend. Spannung kann auch ohne diese Darstellung aufgebaut werden.

Für mich kam der Dreh am Ende nicht sehr überraschend. Ich hatte mit etwas in der Art von der ersten Seite an gerechnet. Es fehlen für mich ein paar Erklärungen und so einige Schlüsse, die gezogen wurden, fand ich dann auch ein wenig erzwungen und konstruiert.

Die Figuren sind allesamt so angelegt, dass man ihnen nicht traut. Das ist ein bisschen too much, finde ich. Selbst bei Evelyn ist man sich irgendwann nicht mehr sicher, was man von ihr halten soll. Zumal es schon ein bisschen ungünstig ist, wenn eine Psychologin psychische Probleme hat. Alkoholprobleme, Beziehungsprobleme, Alpträume und der Wunsch, den Bruder wieder zu haben, machen sie leider recht unglaubwürdig und als Beraterin der Polizei doch wirklich nicht gerade tauglich. Für mich war sie leider ein wenig bis stark nervig.

So schlängelt sich die ganze Geschichte dann dahin, mit Hinweisen und falschen Sicherheiten, Fehlinformationen, falschen Fährten und erschreckenden Erkenntnissen. Das wird dann noch durch den Perspektivwechsel zwischen Evelyn und dem Täter verstärkt. Die Motivation des Täters erschließt sich mir trotz der Vorgeschichte nicht und das hat den Lesefluss und Lesespaß dann doch sehr beeinflusst.

Der Schreibstil an sich ist so, dass man gern weiterliest, selbst dann, wenn sich mal wieder alles im Kreis dreht. Allerdings war ich am Ende einfach nur froh, dass ich nicht noch mehr kostbare Lesezeit verschwenden muss. Da half selbst die sehr gute Arbeit von Sascha Rotermund nichts mehr. Drei Sterne.

Bewertung vom 11.09.2023
Mein schrecklich schönes Leben
Smale, Holly

Mein schrecklich schönes Leben


ausgezeichnet

Farbfächer und Bananenmuffins

Cassandra Penelope Dankworth erlebt einen absoluten Katastrophentag – alles geht schief, die Beziehung und der Job liegen in Scherben vor ihr. Doch dann taucht ihr Ex auf, als sei nix geschehen, führt sie zum Essen aus und alles wiederholt sich. Cassandra erkennt, dass sie wohl eindeutig in einer Zeitschleife gefangen ist. Also nutzt sie diese Tatsache und versucht, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Aber schnell merkt sie, dass es gar nicht so einfach ist, zu wissen, wo der Fehler steckt!

Das Buch ist wirklich toll, aber es fordert den Leser auch immens. Holly Smale ist es gelungen, Cassandra auf den Leser ganz genau so wirken zu lassen, wie sie das bei allen ihren Mitmenschen tut. Dass da noch ein Geheimnis sein muss, weiß man schnell und früh, aber was genau das ist, verheimlicht Cassandra. Dass sie jedoch durch ein tragisches Unglück vor zehn Jahren ihre Eltern verloren hat und seither traumatisiert ist, ahnt man schnell.

Cassandras Zeitreisen sind anstrengend – auch für sie selbst. Man ahnt, worauf das Ganze hinauslaufen wird, liegt damit auch nicht ganz falsch, aber Holly Smale hat für den Leser noch die eine oder andere Überraschung parat. So, wie sich schnell das Cover erklärt, wenn man nur ein klein wenig auf Cassandra eingeht, passen auch alle anderen Puzzlestücke zusammen und ergeben ein wunderbares Bild. Besonders schön finde ich in diesem Zusammenhang auch die Danksagung der Autorin. Liest man am Ende die Texte auf den Klappen, wird einem so einiges klar.

Ja, das Buch bzw. die Geschichte ist zwischenzeitlich etwas anstrengend und wirr. Aber wer dranbleibt, wird erkennen, dass das genauso sein muss. Alles andere wäre nicht stimmig und unangemessen. Und ich verspreche: Wer durchhält, wird Cassandra am Ende unglaublich lieben!

Holly Smale bringt hier eine wichtige Botschaft rüber und das in einer wunderbaren Umgebung, mit herrlichen Protagonisten und in einer modernen, aber nicht flapsigen Sprache. Zum Glück ist dieses Buch auch kein Abklatsch von „Und täglich grüßt das Murmeltier“, sondern lässt Cassandra innerhalb der letzten vier Monate zeitlich zurückspringen, wohin sie will. Wichtig und gut geschildert finde ich die Folgen davon. Auch Cassandra muss diese irgendwann erkennen – und noch so viel mehr!

Kurz und gut – dieses Buch behandelt sehr viel mehr, als man auf den ersten Blick meint. Es hat einige wichtige Botschaften. Dabei ist es unterhaltsam und völlig anders, als alles, was ich bisher gelesen habe. Und darum bekommt es von mir auch die vollen fünf Sterne!