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Lesefee23.05
Wohnort: 
Stepenitztal

Bewertungen

Insgesamt 290 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2020
Das Funkeln einer Winternacht
Swan, Karen

Das Funkeln einer Winternacht


ausgezeichnet

Let`s do this

„Es gibt Momente im Leben, die sollten privat bleiben, die sind nicht für den Rest der Welt bestimmt.“

„Das Funkeln einer Winternacht“ ist ein Liebesroman von Karen Swan, übersetzt von Gertrud Wittich. Er erschien im Oktober 2019 im Goldmann Verlag.
Bo und ihr Freund Zac sind das, was viele gern sein würden und führen auch ein Leben, um das sie wohl viele beneiden: Sie sind erfolgreiche Influencer und können ihren Lebensunterhalten mit Reisen und Abenteuern bestreiten. Doch obwohl alles perfekt scheint, keimen in Bo immer mehr Zweifel an ihrem Lebensstil auf und bringen sie zu der Frage, weswegen sie eigentlich dauerhaft auf der Flucht zu sein scheint…

Bo war mir als Protagonistin von Anfang an sympathisch. Obwohl sie im Grunde weltweit bekannt ist, ist sie bodenständig und freundlich geblieben. Sie legt äußersten Wert darauf, dass ein Teil ihres Lebens privat bleibt. Dies gestaltet sich jedoch nicht immer so leicht, denn mittlerweile werden Zac und sie von immer mehr Leuten in der Öffentlichkeit erkannt und Medienrummel ist dann meist nicht mehr fern. Zudem leidet ihre Zweisamkeit unter dem gewählten Lebensmodell, denn im Grunde werden die Beiden dauerhaft von ihrem Kameramann Lenny begleitet und auch in privaten Momenten fotografiert.
Bekanntheit hat eben leider auch ihren Preis und seine Schattenseiten. Immer häufiger kommt es aus diesem Grund zu Streitigkeiten in der kleinen Dreierclique und das enge Zusammenleben in einer abgelegenen Hütte ohne Strom im Winterwunderland Norwegen, macht es auch nicht gerade leichter. Gerade Bo hadert immer mehr mit ihrem Leben und einzig der eher zurückhaltende Bergführer Anders scheint sie zu verstehen.
Bos Ängste und Zweifel werden im Roman sehr gut dargestellt und authentisch beschrieben. Der Zeitpunkt und die Entwicklung ihrer Gedanken und Gefühle sind passend gewählt und wirken sehr realitätsnah. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, dass das Leben, das sie und Zac führen, zwar auf den ersten Blick perfekt wirkt, auf den zweiten Blick dann aber definitiv seine Macken hat. Einem fehlt das typische Zuhause, die Pflege von Freundschaften und ein Familienleben sind im Grunde nicht möglich, wenn man permanent umherreist und gerade Momente der Zweisamkeit fehlen am Ende des Tages. In der norwegischen Einsamkeit und im Gespräch mit dem Einheimischen Anders beginnt Bo langsam zu erkennen, weshalb sie ein so unstetes Leben führt und dauerhaft auf der Flucht zu sein scheint. Sie hat Angst gefangen zu sein und versucht diesem Gefühl so wie ihrer Vergangenheit zu entkommen. Doch nach und nach merkt sie, dass dieses Leben irgendwann ein Ende haben muss, wenn sie glücklich sein will.
Der Handlungsverlauf ist klassisch gewählt und obwohl ich zunächst das Gefühl hatte zu wissen, worauf es hinauslaufen würde, wurde ich dann doch überrascht. Tatsächlich schafft die Autorin es, eine unerwartete Spannung in den Roman einzubauen und beleuchtet die Probleme der heutigen Sozialen Medien auf geschickte Art und Weise.
Die zweite Romanhälfte las sich für mich insgesamt etwas leichter und flüssiger, vorher waren manche Stellen etwas zu langatmig und detailliert beschrieben. Gerade der zweite Handlungsstrang, in dem es Rückblicke in die Vergangenheit von Anders Großmutter Signe gibt, sind für mich eher überflüssig gewesen. Auf ihre Art waren sie zwar durchaus interessant, sie tragen aber zur eigentlichen Handlung nur wenig bei und wirken daher eher wie Lückenfüller.

Mein Fazit: Letztlich bleibt „Das Funkeln der Winternacht“ für mich ein moderner Winterroman, mit dem ich mich grundsätzlich sehr wohl gefühlt habe, der sich unkompliziert und leicht lesen lies und einige Stunden gute Unterhaltung verspricht. Der Spannungsbogen ist für mich gut gelungen und lediglich einige Szenen hätten kürzer ausfallen können. Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 14.12.2020
First Comes Love
Kacvinsky, Katie

First Comes Love


ausgezeichnet

Carpe Diem

„Wir sind alle nur Menschen, also ist niemand perfekt, und gerade das sollten wir genießen.“

„First comes Love – Liebe mich, wenn du dich traust“ ist ein Liebesroman von Katie Kacvinsky. Er erschien zuerst 2012 und wurde im April 2019 im One Verlag neuverlegt.
Nach dem Tod von Grays Schwester baut diese eine Mauer um sich herum, denn niemals wieder möchte er einen solchen Verlust erleben. Doch dann taucht eines Tages Dylan in Phoenix auf und holt Gray Stück für Stück ins Leben zurück…

Ein Roman über die erste Liebe, den Verlust eines geliebten Menschen und die Rückkehr ins Leben. Detailliert, aber nicht zu ausführlich, aufs Wesentliche reduziert, aber nicht abgehakt. Kurzum, ein Roman, der unglaublich gutgeschrieben und interessant dargestellt ist.
Dylan und Gray sind sympathische und interessante Protagonisten. Auf den ersten Blick wirken sie etwas seltsam, im Laufe der Zeit muss man sie aber einfach gernhaben. Gerade Dylan mit ihrer verrückten, dabei aber völlig in sich ruhenden Art ist mir ans Herz gewachsen. Sie ist spontan, unabhängig und neugierig. Sie ist nicht bereit, sich an Menschen oder Orte zu binden, denn sie schwebt umher wie ein Schmetterling. Immer bereit, etwas Neues zu entdecken, immer auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer.
Trotzdem ist sie jemand, auf den man sich verlassen kann. Sie kann in Menschen hineinschauen, sie einschätzen und unterstützen – dabei handelt sie völlig selbstlos, vorurteilsfrei und denkt erst an alle anderen, bevor sie an sich selbst denkt. In Gray erkennt sie sehr schnell einen jungen Mann, der eine große Mauer um sich herum aufgebaut hat. Jemand, der niemanden an sich heranlassen will. Von seinem furchtbaren Verlust ahnt sie zu diesem Zeitpunkt nichts, trotzdem nimmt sie sich vor, ihn zum Lächeln zu bringen. Und was Dylan sich vornimmt, das wird auch in die Tat umgesetzt. Innerhalb kürzester Zeit schafft sie es, den zurückhaltenden und zurückgezogen lebenden jungen Mann aus der Reserve zu locken und ihn aus seiner Schockstarre zu befreien. Sie bringt ihm bei, wieder zu leben und ermutigt ihn, seine Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen.
Schließlich verlieben sich die beiden ineinander, doch die Liebe hat ein Ablaufdatum, denn Dylan ist nicht bereit, sich zu binden. Sie leben aber nach dem Motto „Carpe Diem“ und erleben wohl einen der schönsten und prägendsten Sommer ihres Lebens.
Die gemeinsamen Erlebnisse sind dabei wunderschön dargestellt, Emotionen und Gefühle nahezu greifbar. Als Leser hat man das Gefühl hautnah dabei zu sein und ein ums andere Mal musste ich einfach schmunzeln oder sogar mitlachen.
Trotzdem entbehrt der Roman nicht einer gewissen Ernsthaftigkeit, denn der Verlust von Grays Zwillingsschwester lastet sehr auf seinen Schultern und nur durch die tolle Unterstützung von Dylan beginnt er, zurück ins „richtige“ Leben zu kommen.
Dylans Art an die Welt heranzugehen hat mich begeistert. Ihre Gedanken sind philosophisch und „weltmännisch“. Insgesamt einfach faszinierend und wahnsinnig gut dargestellt.
Ich denke, dass es viel mehr Leute mit einer solchen Lebenseinstellung geben sollte. Es sollte uns allen egal sein, was die anderen von uns denken. Wir sollten mehr wir selbst sein und an unseren Träumen festhalten, uns treiben lassen und verrückt sein. Jedoch muss man auch erkennen, dass man mit dieser Lebenseinstellung andere verletzen kann und auch Dylan kommt irgendwann an diesen Punkt. Sowohl sie, als auch Gray machen im Laufe der Geschichte eine interessante Entwicklung durch. Er kommt aus sich heraus, während sie sich selbst immer besser kennenlernt und Seiten an sich entdeckt, mit denen sie vorher wohl nicht gerechnet hatte…

Mein Fazit: „First comes Love“ ist eine überraschende Geschichte über die „erste Liebe“ mit einem Kontext, der mich überzeugt und begeistert hat. Ich habe das Buch nahezu inhaliert und bin fasziniert von Schreibstil und Erzählweise. Ich kann es jedem Liebhaber von romantischen Geschichten empfehlen und vergeb

Bewertung vom 10.12.2020
Zeit der Pfirsichblüte
Beyer, Anja Saskia

Zeit der Pfirsichblüte


sehr gut

Die Autorin entführt uns in die wunderschöne Stadt Barcelona. Vor traumhafter Kulisse mit detaillierten und authentischen Beschreibungen der Umgebung gestaltet sie einen Roman, der eine fiktive Handlung mit einem kaum vorstellbaren aber leider realem Hintergrund: gestohlene Babys.
In der Geschichte hat es dies schon mehrfach gegeben, aus der DDR sind zahlreiche Fälle bekannt und auch in Spanien hat es lange Zeit zum Alltag gehört. Kinder wurden den Müttern direkt nach der Geburt weggenommen, die Eltern wurden in dem Glauben gelassen, dass ihr Kind plötzlich verstorben sei.
Anja Saskia Beyer beschreibt dieses traurige und ernste Thema auf sehr geschickte und berührende Art und Weise. Vor- und Nachteile, Schwierigkeiten und Hindernisse werden beschrieben und von mehreren Seiten beleuchtet, was wir mir wirklich gut gefallen hat.
Auch die Protagonistin Anna erleidet dieses Schicksal, oder ist sich zumindest sicher, dass es so gewesen sein könnte. Immerhin waren die Umstände der Geburt ihrer Tochter vor 20 Jahren alles andere als normal, doch seitdem versucht sie krampfhaft, die Vergangenheit zu begraben. Dies gelingt ihr mal besser und mal schlechter, von ihren Freunden weiß im Grunde niemand von ihrem Verlust. Ihr Mann Viktor ist davon überzeugt, dass Anna Gespenster sieht und ist eher wenig für sie da. Als ihre Freundin Carina ihr eine gemeinsame Reise nach Barcelona vorschlägt, sträubt sich alles in Anna gegen diese Reise. Diese Stadt birgt bisher nur schlechte Erinnerungen, dort hat sie ihr Kind und ihre große Liebe verloren und möchte einfach nur vergessen. Schließlich entscheidet sie sich aber doch für die Reise, denn ein erneuter Besuch kann ihr vielleicht helfen die Vergangenheit endlich zu akzeptieren oder vielleicht sogar neue Spuren zu finden.
Nachdem Annas Entschluss steht, ist sie von ihrem Vorhaben kaum noch abzubringen, in Barcelona setzt sie alles daran, herauszufinden, ob ihre Tochter damals wirklich gestorben ist, oder ob sie eben doch noch lebt…
Ihre Suche ist definitiv spannend beschrieben, der lockere und mitreißende Schreibstil lässt die Seiten nur so dahinfliegen. Ich habe mit Anna mitgefiebert und ihr bei der Suche so sehr die Daumen gedrückt. Durch die Rückblicke auf Annas erste Zeit in Barcelona bekommt man einen guten Einblick in die Geschehnisse vor 20 Jahren und entwickelt, wie Anna, eine gewisse Skepsis gegenüber dem angeblichen Tod ihrer Tochter. Trotzdem war ich mir eine lange Zeit nicht sicher, ob sie sich in die Sache verrennt, oder ob sie recht haben könnte. Das Ende war für mich in dieser Hinsicht auch nicht wirklich absehbar.
Die Liebesgeschichten allerdings, die sich parallel entwickeln waren für mich eher keine Überraschung und auch eher vorhersehbar. Annas und Pablos Beziehung hat sich für meinen Geschmack recht schnell entwickelt, blieb dabei aber authentisch, da Anna schon länger nicht mehr zufrieden war und dies erst im Laufe ihrer Reise und mit einigem Abstand von zuhause erkennen konnte. Ihre Entscheidung passt zu ihrer Entwicklung, denn aus der eher unsicheren Frau mit der „man alles machen kann“ wird eine Frau, die bereit ist zu kämpfen und die sich nicht mehr einfach abkapseln lässt. Diese Entwicklung hat mir sehr gut gefallen, denn mit der unsicheren und eher negativ eingestellten Anna konnte ich nicht wirklich viel anfangen und hatte daher auch zu Beginn des Romans Schwierigkeiten in die Geschichte einzusteigen.
Weniger nachvollziehbar fand ich die sehr rasante Entwicklung der Beziehung von Annas Freundin Carina. Aus einer Männern eher skeptisch gegenüberstehenden Frau, wird innerhalb kürzester Zeit jemand, der sich zu 100% auf einen fremden Typen einlässt und der sogar sein Leben für sie vollständig auf den Kopf stellt? Für mich ein wenig unrealistisch und einen Tick zu viel „rosarot in Plüsch“, auch wenn es natürlich die Handlung abrundet und Barcelona Paris als „Stadt der Liebe“ definitiv Konkurrenz macht.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen für einen Liebesroman mit ernstem

Bewertung vom 06.12.2020
Die Nachbarin
Corcoran, Caroline

Die Nachbarin


sehr gut

Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich… Jeder von uns ist sich wohl darüber im Klaren, dass die lieben Nachbarn mehr über uns wissen, als uns manchmal lieb ist. Wann sind wir zuhause, wann nicht. Wann haben wir Besuch, wann streiten wir mit dem Partner, wann backen oder kochen wir, wann sehen wir Fern?
Alles Dinge, die eigentlich niemanden etwas angehen. Aber Neugier ist etwas, dass sich nicht bezähmen lässt und im Grunde ist es doch so einfach zu beobachten, was der Nachbar nebenan tut. Doch was ist, wenn die Nachbarin eindeutig zu viel über uns weiß? Wenn sie unsere Post liest, sich in unser Leben einmischt und uns manipuliert…?
Eine Thematik, die mir Gänsehaut bereitet und ein Gefühl der ständigen Beobachtung vermittelt hat. „Die Nachbarin“ ist unblutig, aber ein Pyschothriller, der an die Nieren gehen kann. Caroline Corcoran beschreibt das Leben von Harriet und Lexie, die nebeneinander wohnen, sich eigentlich nicht kennen und doch ziemlich viel über die jeweils andere zu wissen glauben.
Auf der anderen Seite des Zaunes (oder Wand), ist das Gras eben immer grüner und die sozialen Netzwerke scheinen eine sichere Quelle zu sein, um sich über das durch die Wand gehörte hinaus, über die Nachbarin zu informieren…
Durch „glauben, ahnen und mutmaßen“ entsteht eine fiktive Wirklichkeit. Neid bleibt da nicht aus, denn während die eine das perfekte Leben in einer harmonischen Partnerschaft und einem großen Freundeskreis zu führen scheint, ist die andere das, was wohl jede Frau gern wäre: selbstbewusst, erfolgreich und wunderschön. Doch wie sieht es hinter der Fassade aus und ist das Leben auf der anderen Seite des Zauns wirklich grüner? Oder scheint es nur so und jeder trägt sein eigenes Päckchen, das eben doch verborgen bleibt?
Streckenweise war der Thriller vielleicht etwas langatmig, insgesamt aber fesselnd geschrieben und mit einem geschickten Spannungsaufbau und einer krassen Entwicklung der Figuren versehen. Ständig habe ich erwartet, dass nun etwas Schreckliches passieren würde, doch bis es dann wirklich zu einem Finale kommt vergeht einige Zeit. Währenddessen taucht man ab in psychotische Sichtweisen und Handlungen, stalkerische Aktivitäten und Gänsehautmomente. Die wechselnde Ich-Perspektive von Harriet und Lexie ist gut gewählt und verschafft tiefe Einblicke in die Gedanken und Gefühle beider Frauen. Beide Figuren sind authentisch und realitätsnah dargestellt, ihre Handlungen und Gedanken so wirklichkeitsnah, dass es schon beängstigend ist.
Der Roman dreht sich um Wirklichkeit und erdachte Wirklichkeit, um die eigene Unzufriedenheit und den Neid auf andere, aber auch um das Thema Treue, Partnerschaft und Kinderwunsch. Wahre Liebe und krankmachende Liebe werden ebenso thematisiert und die Handlung eingewoben.
Ich fand den Roman und sein Thema, beziehungsweise seine Themen, beängstigend und verstörend, gleichzeitig aber auch faszinierend und realitätsnah. Ich hatte einige Gänsehautmomente und habe vielleicht einmal öfter darüber nachgedacht, ob ich vielleicht beobachtet werde…

Mein Fazit: „Die Nachbarin“ ist ein unblutiger Psychothriller, der demjenigen, der Mord und Totschlag erwartet, wohl eher nicht gefällt. Mit seinem geschickten Erzählstil und den psychotischen Gedanken und Handlungen übte er aber einen gewissen Sog und eine beängstigende Faszination auf mich aus und hat mich dadurch absolut gefesselt. Ich ziehe lediglich einen Stern ab, da er an manchen Stellen etwas langatmig war und vergebe damit 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 27.11.2020
Wir sehen uns am Meer
Rabinyan, Dorit

Wir sehen uns am Meer


sehr gut

„Wir sehen uns am Meer“ ist kein typischer Liebesroman. Liat und Chilmi wären sich in Heimat niemals begegnet. Es wäre schlicht und ergreifend nicht möglich gewesen, denn es ist Palästinensern verboten in die Gebiete der Israelis zu kommen. In New York jedoch, ist alles anders und sogar eine Beziehung zwischen Israelin und Araber scheint möglich. Dennoch ist die Beziehung der beiden eine Liebe auf Zeit, denn Liats Rückflug in die Heimat ist bereits gebucht, ein Umdenken kommt für sie nicht in Frage.
Zudem ist die Beziehung während der gesamten Zeit von Vorurteilen überschattet. Liat schämt sich für Chilmi und leugnet seine Existenz vehement vor Freunden und Familie, was Chilmi fortwährend verletzt und traurig macht.
Über lange Abschnitte hatte ich das Gefühl zu wenig Kenntnisse über die Situation in Israel zu haben, um die Zusammenhänge und Konfliktpunkte im Roman vollständig zu verstehen. Diese Ahnung bleibt auch nach dem Beenden des Buches bestehen und zurück bleibt das vage Gefühl zu wenig Allgemeinbildung zu besitzen. Trotzdem habe ich einige Einblicke in den Konflikt um Israel gewinnen können und denke, dass die Vorurteile und angesprochenen Sichtweisen sich nicht nur auf dieses Land, sondern auch auf weitere Länder und Völker übertragen lässt. Viel zu oft lassen wir uns von Dingen leiten, die wir einmal gehört haben oder die man uns von klein auf beigebracht hat. Viel zu selten hinterfragen wir die Dinge oder geben Fremden eine wahre Chance.
Dieses wird im Roman sehr deutlich, denn durch die rückblickende Ich-Perspektive von Liat werden ihre widersprüchlichen Gefühle zu Chilmi sehr deutlich. Auf der einen Seite ist sie bis über beide Ohren verliebt, auf der anderen Seite verleugnet sie die Beziehung und erschreckt ein ums andere Mal über sich selbst und die „Ungehörigkeit“ ihrer „Affäre“. Da die Autorin selbst Israelin ist, gehe ich davon aus, dass Liats Gefühle und ihr Verhalten sehr realistisch und authentisch ist. Ich für meinen Teil fand ihre Gedanken jedenfalls sehr nachvollziehbar und logisch, die Beschreibungen aus ihrer Kindheit erschreckend und Ungleichheit der beiden Völker im selben Land beängstigend. Welten scheinen aufeinander zu treffen mit Sichtweisen, die kaum entgegengesetzter sein könnten und trotzdem doch dasselbe wollen: Frieden, Sicherheit und Heimat.
Ob Liat und Chilmi eine gemeinsame Zukunft haben oder nicht, ist die Frage, die man sich während des Lesens immer wieder fragt und irgendwie war für mich jeder Ausgang möglich. Dennoch hat mich das reale Ende dann wirklich überrascht und vollständig schockiert. Ich bin entsetzt, erschüttert und sprachlos. Die Verknüpfung zum Buchtitel ist großartig und dennoch kaum zu erahnen, bevor man es nicht gelesen hat. Ich weiß nicht wirklich, was ich davon halten soll und eine endgültige Bewertung fällt mir wirklich schwer.
Eindeutig weiß ich aber, dass das Buch mich bewegt und berührt hat, mich zum Nachdenken gebracht hat und eindeutig „schwerere Kost“ war, als die Romane die ich normalerweise lese.

Mein Fazit ist daher insgesamt auch positiv und ich vergebe 4 von 5 Sternen. Zwar hatte ich, gerade im letzten Abschnitt Probleme mit der ungewöhnlichen Erzählweise, die plötzlich vom klassischen Ich-Erzähler in einen Ich-Erzähler wechselt, der von „dir“ berichtet und hatte auch über lange Strecken das Gefühl zu wenig informiert für dieses Buch zu sein, trotzdem hat das Buch mich aber berührt und bewegt. Ich glaube, es ist ein großartiger Roman mit wichtiger Botschaft und denke, dass man ihn unbedingt gelesen haben sollte!

Bewertung vom 27.11.2020
Klang der Hoffnung / Die Warwick-Saga Bd.2
Archer, Jeffrey

Klang der Hoffnung / Die Warwick-Saga Bd.2


sehr gut

„Aber Kriminelle arbeiten nach anderen Regeln.“

„Klang der Hoffnung“ ist der zweite Band der „Warwick-Saga“ von Jeffrey Archer, übersetzt von Martin Ruf. Er erschien im November 2020 im Wilhelm Heyne Verlag.
William Warwick wurde endlich zum Sergeanten befördert. Mit seinem neuen Dienstrang gehen auch neue Aufgaben einher und anstatt Kunsträuber zu verfolgen, geht es jetzt darum einen großen Fisch im Drogenmilieu festzusetzen. Doch auch bei diesem Auftrag und im Privatleben bleiben alte Feinde bestehen und William ist erneut mit schwierigen und gefährlichen Aufgaben konfrontiert.

Zunächst hatte ich große Schwierigkeiten mich wieder in die Geschichte hineinzufinden. Die Zusammenhänge waren mir zu Beginn des Romans nicht ganz klar und die Themenwechsel eindeutig zu abrupt. Spätestens nach dem ersten Drittel hatte ich mich aber wieder in den außergewöhnlichen Schreibstil und die ebenso ungewöhnlich beschriebene Handlung hineingefunden und konnte mich auch tatsächlich vollständig von der Geschichte fesseln lassen. Lediglich gewisse Zeitsprünge und Abläufe waren für mich im gesamten Roman nicht immer vollständig nachvollvollziehbar. Darüber habe ich aber großzügig hinweggelesen, sodass sie mich nur kurzzeitig irritieren konnten.
Williams alter Feind Miles Faulkner spielt auch in diesem Band der Reihe eine große Rolle und ein weiterer Prozess gegen ihn ist Hauptschauplatz des Romans. Die Verhandlung ist bildhaft und spannend dargestellt, das Urteil nur schwer vorhersehbar. Ebenso wie die Romanfiguren habe ich mitgefiebert und gehofft, dass es endlich gelingen würde den Kriminellen festzusetzen. Wie wir es aber aus den Romanen von Jeffrey Archer gewohnt sind, gibt es immer wieder Hintertürchen, ausgeklügelte Pläne und wohl durchdachte Hinweise, die nur Menschen mit sehr wachem Verstand und einer hohen Intelligenz verstehen können. Geschickt spinnt der Autor so großartige und unvorhersehbare Zusammenhänge, die nur nach und nach ans Tageslicht kommen.
Neben dem Prozess um Faulkner ist die Suche nach einem großen Londoner Drogenboss ein weiteres Hauptthema der Handlung. Diese Fahndung ist ebenso spannend und interessant, die Handlungen der Kommissare nachvollziehbar und authentisch.
Doch auch privat ist es für William keinesfalls langweilig, denn die Hochzeit mit Beth steht kurz bevor.
Die Verknüpfung von Privat- und Berufsleben der Familie Warwick ist auch in diesem Band sehr gut gelungen. Nicht nur William entwickelt sich weiter, sondern auch das Leben seiner Schwester Grace schreitet mit großen Schritten voran. Besonders gefallen hat mir dabei die Entwicklung des Vaters der beiden. Sir Julian beginnt langsam zu akzeptieren, dass sein Sohn bei der Polizei einen guten Dienst tut und auch, dass seine Tochter Anwältin und dazu noch lesbisch ist, wird langsam aber sicher von ihm akzeptiert und honoriert. Diese Entwicklung hat mir sehr gut gefallen und ist deutlich erkennbar.
Auch der Abschluss des Buches ist sehr gut gelungen, denn ein Ausblick auf den nächsten band der Reihe wird bereits gegeben und am liebsten würde ich sofort weiterlesen, denn ich bin gespannt, welche Intrigen nun auf William und seine Kollegen warten und wie es mit ihm als Kommissar überhaupt weitergeht, denn er steht vor einem großen Gewissenskonflikt, den es zu lösen gilt...

Mein Fazit: „Klang der Hoffnung“ ist eine gute Fortsetzung einer ungewöhnlichen historischen Romanreihe um den jungen Polizisten Warwick. Weitere spannende und außergewöhnliche Aufgaben warten auf ihn, welche er mit viel Geschick und Intelligenz zu lösen weiß. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten lässt der Roman sich flüssig und spannend lesen, weshalb ich 4 von 5 Sternen für ihn vergebe.

Bewertung vom 21.11.2020
Am Anfang des Weges / Die Fotografin Bd.1
Durst-Benning, Petra

Am Anfang des Weges / Die Fotografin Bd.1


ausgezeichnet

Mimi Reventlow ist das, was man als moderne Frau bezeichnen kann. Zu Beginn eines Jahrhunderts in der sich die klassische Rolle der Frau noch hinter dem Herd abspielte, greift sie nach anderen und modernen Idealen. Sie ist kreativ und intelligent und kämpft für ihren Kindheitstraum: die Fotografie. Dafür schlägt sie sogar einen Heiratsantrag aus – Unabhängigkeit und Freiheit sind ihr Traum.
Obwohl ihr Weg zunächst steinig ist, gibt sie nicht auf und kann mit ihrer offenen und ehrlichen Art in der Regel schnell die Herzen der Menschen erobern. Auch ihre Fotografien sind einmalig und für die damalige Zeit besitzen sie Seltenheitswert. Mimi möchte weg von den eingestaubten und starren klassischen Motiven dieser Zeit. Sie möchte die Menschen mit ihrer Fotografie verzaubern und ihre Schönheit unterstreichen.
Bei vielen kommt diese Idee gut an, als Mimi jedoch in das kleine Dorf Laichingen zieht, um ihren Onkel zu pflegen, wird sie von den Dorfbewohnern nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Die Bewohner des Ortes halten an ihren Traditionen und Werten fest, für Neues und vor allem für Kreativität und Frauen, die einen Beruf ausüben, der nicht in Heimarbeit für die Weberfabrik ausgeübt werden kann, ist nahezu undenkbar. Trotzdem gibt Mimi nicht auf und versucht im Ort Freundschaften zu knüpfen und sich für die Menschen einzusetzen.
Mir hat Mimis Art von Anfang an unglaublich gut gefallen. Mir imponieren ihre Hartnäckigkeit und das Kämpfen für ihre Ziele, aber auch ihr gesamtes Wesen und ihre offene Art gefallen mir unglaublich gut. Ich bewundere, wie sie als Fotografin Fuß fassen konnte und dennoch weiß, was Familie bedeutet. Dass sie sich für ihren Onkel einsetzt und schließlich sogar darüber nachdenken muss, die Wanderfotografie für ihn aufzugeben, spricht für ihren tollen Charakter. Ihre Mutter hingegen hat mich sehr enttäuscht, denn eigentlich wäre es ihre Aufgabe gewesen, für ihren Bruder zu sorgen…
Insgesamt sind die Figuren aber alle sehr authentisch und liebevoll beschrieben. Die einzelnen Geschichten der Nebenfiguren fügen sich wunderbar ins Gesamtbild ein und runden Mimis Geschichte brillant ab.
Mimis Weg ist auf interessante und mitreißende Art und Weise beschrieben, der Schreibstil ist locker und leicht, sodass die Seiten nur so dahinfliegen. Gefühle und Emotionen werden anschaulich dargestellt und gerade Mimis Begeisterung an der Fotografie ist nahezu greifbar. Auch an humorvollen Szenen mangelt es nicht und gerade Mimis Unwissenheit in Sachen Haushalt sind wirklich niedliche beschrieben.
Auch das Ende des Romans ist gut gelungen, es macht direkt Lust weiterzulesen und gibt einen Ausblick darauf, welche Schwierigkeiten in Laichingen noch auf Mimi zukommen können. Mein einziger, wirklich sehr kleiner Kritikpunkt ist, dass ich mir noch ein bisschen mehr Details zu Mimis Karriere als Wanderfotografin gewünscht hätte. Man erfährt zwar, wie ihr erster Weg verläuft und auch noch einmal wie es mit ihr vorangeht, bevor sie nach Laichingen zu ihrem Onkel geht, die Jahre dazwischen fehlen aber.
Neben der fiktiven Geschichte werden einige interessante Details zur damaligen Fotografie beschrieben, die ich bisher überhaupt nicht kannte. Ich bin erstaunt, wie viel die Fotografen zur damaligen Zeit bereits konnten und grade die großartigen Retuschierfähigkeiten haben mich begeistert. Am Ende des Romans finden sich dann sogar Bilder, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts aufgenommen wurden. Sie veranschaulichen das vorher beschriebene noch einmal mehr.

Mein Fazit: „Die Fotografin – Am Anfang des Weges“ ist ein interessanter und spannender historischer Roman. Starke und individuelle Frauen, die für ihre Träume einstehen und für ihr Recht kämpfen gefallen mir immer sehr gut und auf Mimi Reventlow passt diese Beschreibung definitiv. Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen für einen wunderbaren historischen Roman!

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Bewertung vom 20.11.2020
Weil du mich riefst
Wagner, Emma

Weil du mich riefst


ausgezeichnet

Die Erzählung unterteilt sich in Rückblicke in die Vergangenheit und die Gegenwart. Deutlich wird, dass die Handlungen und Geschehen in der Vergangenheit eben immer Einflüsse auch auf die heutige Zeit haben. Nicht nur für jeden persönlich, sondern auch für ganze Länder bzw. die gesamte Menschheit. Dies hat mich mal wieder sehr beeindruckt und zum Nachdenken gebracht.
In der heutigen Zeit geht es um die junge Tina, die sich auf die Suche nach der Vergangenheit ihrer Eltern begibt. Schon immer hatte sie das Gefühl, dass ihre Mutter von einem zurückliegenden Ereignis belastet wird, ein Wort darüber verloren hat aber niemals jemand. Als ein Fremder im Restaurant sie auf ihren Armreif anspricht und ihr Zypern als Herkunftsort nennt, ist sie Feuer und Flamme. Der Reif stammt nämlich von ihrer Mutter und Tina hofft in Griechenland einen Hinweis auf das scheinbare Familiengeheimnis zu bekommen.
Kurzerhand reist sie daher mit ihrer Freundin Colleen auf die „Insel der Götter“. Glücklicherweise begegnen die beiden dann schon am Flughafen dem Einheimischen Alec, der ihnen nicht nur bei der Suche nach dem Hersteller des Armreifs behilflich sein kann, sondern auch nicht gerade unattraktiv ist…
Tinas Suche ist dabei natürlich von Glück und Zufall geprägt. Ohne Alecs Bekanntschaft hätte sie wohl kaum herausfinden können, was es mit dem Armreif auf sich hat. Dazu kommen weitere Zufälle, die wahrscheinlich im wahren Leben so eher nicht auftreten würden. Trotzdem sind Tinas Nachforschungen interessant und wunderschön beschrieben. Die unrealistischen Zufälle sind Teil der Geschichte und für diese zwingend notwendig, weshalb ich sie nicht als störend empfunden habe.
Die Vergangenheit beschreibt das Leben von der jungen Griechin Samira und dem Türken Yasin auf Zypern im Jahr 1974. Auf tragische und dramatische Weise zeigt sich, welche Begebenheiten gegen die Liebe der beiden sprechen und wie sie dennoch versuchen zusammen zu sein. Die Konflikte zwischen Griechen und Türken nehmen zu dieser Zeit wieder stark zu, Beziehungen zwischen den einzelnen Gruppen werden nicht geduldet.
Diese Konflikte und Bürgerkriege, die 1963/64 und -74 auf Zypern stattfanden sind nicht erfunden. Sie werden geschickt in die Handlung einbezogen und beschrieben. Viele Menschen verloren dabei ihr Leben und die Angst und Verunsicherung über das Erlebte dauert teilweise bis heute an. Diese Zusammenhänge und Bürgerkriege waren mir bisher vollkommen unbekannt und mir hat es gut gefallen, etwas mehr über sie zu erfahren. Die fiktive Geschichte lehrt uns, was Hass und Missgunst sowie Neid ausrichten und wie viel sie zerstören können. Mich hat dies sehr berührt und zum Nachdenken gebracht und ich hoffe sehr, dass die Menschen irgendwann verstehen, dass wir Menschen sind. Egal welcher Herkunft oder Religion wir angehören. Egal, wer oder was wird sind!
Insgesamt haben mich aber beide Zeitebenen von der ersten Romanseite an gefesselt und absolut begeistert. Gefühle und Emotionen werden gut vermittelt, eine nötige Portion Romantik und Spannung runden die Handlung ab. Das Ende des Romans hätte ich dann so tatsächlich ebenfalls nicht erwartet, ich fand es aber absolut passend und bezeichne es für mich als absolutes „Wohlfühlende“!
Gefallen hat mir außerdem, dass der Buchtitel in der Handlung noch einmal aufgegriffen wird und sogar eine tiefere Bedeutung bekommt, als man ahnt.
Der Schreibstil ist, wie wir es von der Autorin gewohnt sind, flüssig und mitreißend. Die Erzählperspektive wechselt zwischen Tina, Yasin und Samira und vermittelt dadurch die Gefühle der Drei auf sehr gute Weise. Auch die Romankulisse ist wunderschön beschrieben und die Landschaft nahezu greifbar. Die Figuren sind ebenso authentisch dargestellt und liebevoll charakterisiert. Eigenschaften und Eigenarten werden humorvoll aufgezeigt und verpackt.
Ich habe den Roman unglaublich gern gelesen und vergebe 5 von 5 Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.11.2020
Wenn du bei mir bist
Carlino, Renée

Wenn du bei mir bist


gut

Die Journalistin Kate hat in ihrem Leben schmerzhaft erfahren, was es bedeutet, einsam zu sein. Erst starb ihre Mutter, vor Kurzem nun auch ihre Ziehmutter Rose. Seitdem fühlt sie sich alleingelassen und einsam, ihre Power und ihren Antrieb hat sie verloren. Dies merkt man auch an ihren Artikeln für die Zeitung. Diese sind eher fad und langweilig, etwas mit Begeisterung und Feuer geschrieben, hat Kate schon lange nicht mehr. Trotzdem gibt ihr Chef ihr nun eine riesige Chance, sie soll denn interessanten und mysteriösen Weingutsbesitzer R. J. Lawson interviewen und möglichst etwas über sein gut gehütetes Privatleben herausfinden. Für diesen Auftrag fährt sie auf das Weingut und schon von Anfang and geht schief, was nur schief gehen kann, denn neben ihrer aktuell eher schwierigen Gefühlslage, ist Kate auch noch ein riesiger Tollpatsch. Diese Eigenschaft könnte sie eigentlich sympathisch machen, doch ich muss zugeben, dass ich während des gesamten Romans nicht wirklich mit ihr warmwerden konnte. Ihre unbeholfen wirkende Art und eher depressive und mitleidige Stimmung haben mir überhaupt nicht gefallen.
Das Zusammentreffen mit Jamie ist dann ein typisches Klischee und natürlich verfällt sie ihm in ihrer unsicheren Stimmung sofort. Er gibt ihr das Gefühl, die Einzige zu sein, wertgeschätzt und beschützt zu werden. Empfindungen, die Kate bereits vergessen glaubte. Die Kennenlernphase der beiden ist wunderschön beschrieben und hat mich sofort an einen Wohlfühlroman mit unkomplizierter Handlung denken lassen.
Als Jamie Kate dann aber fallen lässt, verschwindet die glückliche und leichte Romanstimmung allerdings wieder und übrig bleiben die depressiven Denkansätze bezüglich der Ansicht, dass man im Leben eben einfach nur sich selber hat und sich niemals auf andere einlassen sollte.
Die beschriebenen Gefühle konnten mich aber nicht wirklich berühren und haben mich eher genervt, auch die Ich-Perspektive von Kate konnte daran nichts ändern. Nur manchmal, wenn Kate ihren „Funken“, wie ihr Chef es bezeichnet, zeigt, hat sie mich stellenweise überzeugen können.
Leider ist diese positive Charaktereigenschaft im Roman eher selten zu sehen und aus einem Roman, der für mich als seichter und unterhaltsamer „Wohlfühlroman“ mit überraschender und gut gelungener Wendung begann, wurde dann eine Geschichte, die mir zu klischeehaft und zu hektisch wurde.
Die zweite Romanhälfte umfasst dann nämlich für mich zu viele, nur kurz angeschnittene Themen, die mit Kates und Jamies Geschichte eigentlich nichts mehr zu tun haben und die wie Füllmaterial wirken und die Auflösung des Konflikts hinauszögern. Auch das Ende war für mich dann zu kompakt und farblos. Zudem ist plötzlich alles wieder „rosarot in Plüsch“, was den bis dahin nur selten kitschigen Roman dann wirklich ins absolute Klischee wandelte.
Obwohl der Roman also wirklich flüssig und humorvoll geschrieben ist und auch zunächst locker und unterhaltsam begann, konnte er mich nicht wirklich überzeugen. Dabei haben mir die Plotidee sowie die Kulisse vor dem Weingut sehr gut gefallen, der wunderschöne Anfang wurde aber in der zweiten Hälfte leider kaputtgemacht. Ich habe mir insgesamt mehr positive Emotionen und gut dargestellten Herzschmerz gewünscht, dazu ein bisschen mehr Realität, weniger „heile rosarote Welt“ und weniger Ablenkung von der Beziehung zwischen Jamie und Kate in der zweiten Romanhälfte.

Mein Fazit: Letztlich kann ich nur 3 von 5 Sternen für „Wenn du bei mir bist“ vergeben. Der Roman startete überzeugend und war humorvoll und insgesamt flüssig geschrieben. Trotzdem konnte mich die Geschichte nicht vollständig abholen und war mir am Ende zu sehr gekürzt und klischeehaft.

Bewertung vom 08.11.2020
Das Spiel - Es geht um Dein Leben / Björk und Brand Bd.1
Beck, Jan

Das Spiel - Es geht um Dein Leben / Björk und Brand Bd.1


sehr gut

Jäger, die ohne Erbarmen die Jagd auf Menschen eröffnen, Opfer, die nicht wissen, dass sie auf der Hut sein sollten. Ermittler, die vor dem großen und undurchdringlichen Darknet stehen.
Makaber, brutal und rasant liest sich der Thriller von Jan Beck, der auf perfide und spannende Art und Weise von „dem Spiel“ berichtet. Direkt auf den ersten Seiten wird der Leser in die Handlung eingesogen und der Adrenalinspiegel ordentlich in die Höhe getrieben. Diese Spannung lässt dann auch im gesamten Buch nur selten nach und Puzzleteil für Puzzleteil setzt sich zu einem Gesamtbild zusammen.
Die Handlung wird dabei aus verschiedensten Perspektiven erzählt, wodurch man als Leser zunächst vor der großen Aufgabe steht, alle Personen zuzuordnen. Ist einem dies aber erstmal gelungen ist der gewählte Erzählstil ideal und schafft großartige Einblicke in das Handeln aller Akteure: Jäger, Opfer, Ermittler.
Die Ermittler Inga Björk und Christian Brand, die durch die mysteriösen Morde zu einem Team werden, sind interessante Figuren. Während man Brand relativ schnell durchschaut und ich ihn als ehrlichen und zuverlässigen Mann mit einer schnellen Auffassungsgabe und guten Intuition beschreiben würde, bleibt mir Björk eher ein Rätsel. Als Europol-Super Recogniser tritt sie als unnahbar, zielorientiert und kalt auf. Bis zum Ende ist es mir nicht gelungen sie vollständig zu durchschauen.
Ebenso ging es mir dabei auch mit der Handlung, obwohl am Ende der aktuelle Fall abgeschlossen scheint und es immer wieder unerwartete Wendungen und Überraschungen gab, hatte ich das Gefühl, nicht alles vollständig verstanden zu haben. Möglicherweise ist aber genau dies das Ziel des Autors gewesen, denn auch für Brand bleiben viele Fragen offen und weitere Teile um das Ermittlerduo sollen entstehen. Vielleicht erfahren wir dann mehr über Björk und ihre Vergangenheit sowie über die Hintergründe und Zusammenhänge des Falls.
Neben den Kommissaren haben mir aber auch Mavie und der Journalist Krakauer als Figuren sehr gut gefallen. Die jeweiligen Perspektiven, Gedanken und Handlungen haben mir sehr gut gefallen und gerade mit der jungen Mavie muss man einfach mitfiebern. Ich bin sehr gespannt, ob man erfährt, wie es mit ihr weitergeht…
Das Hauptthema des Buches, die Jagd auf Menschen mit einem bestimmten Tattoo, hat mir sehr gut gefallen. Unweigerlich stellt sich die Frage, wann und wo die jeweiligen Personen markiert wurden und auch weshalb ausgerechnet sie ausgewählt wurden. Diese Fragen sind auch für die Kommissare ein Rätsel und der bzw. die wahren Gegner bleiben durch die Anonymität des Darknets lange verschleiert.
Der Schreibstil des Thrillers rundet die spannende Handlung ab. Er ist fesselnd, flüssig und an den passenden Stellen sogar humorvoll, wodurch das Lesen wirklich sehr viel Spaß gemacht hat.
Ein wenig missfallen hat mir lediglich der Klappentext des Buches, der meines Erachtens in Bezug auf die Ermittler nicht ganz das beschreibt, was im Thriller passiert. Die Kommissare ermitteln eigentlich nicht direkt im genannten Fall, im Gegenteil, die Leiche wird überhaupt nicht gefunden, zudem ist Björk bereits genauestens über den Fall informiert, als Brand als Personenschützer in ihr Team aufgenommen wird.

Mein Fazit: Ich habe „Das Spiel“ sehr gerne gelesen und wurde von der geschickt inszenierten Handlung regelrecht in den Bann gezogen. Da mir allerdings am Ende noch etwas zu viele Fragen offenblieben und der Klappentext für mich nicht zum Buch passte, ziehe ich einen Stern ab und vergebe 4 von 5 Sternen für den Thriller von Jan Beck!