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rewa
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wien

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Insgesamt 361 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2021
Das lange Echo
Messner, Elena

Das lange Echo


gut

Der österreichisch- ungarische Offizier Milan Nemec, der seit 1916 im besetzten Belgrad stationiert ist erlebt sowohl Niederlage als auch Sieg im Ersten und Zweiten Weltkrieg hautnah mit. Viele menschliche Tragödien kommen dabei ans Tageslicht und Milan verzweifelt immer mehr an den Ereignissen und Erlebnissen die die Zeit während und nach den Kriegen mit sich bringt. Hundert Jahre später treffen die Direktorin des Wiener Heeresgeschichtlichen Museums und ihre Assistentin aufeinander und diskutieren heftig darüber was der Krieg mit den Menschen gemacht hat. Während die eine Uniformen, Medaillen.. aus dem Krieg stolz in ihrem Museum ausstellt übt die andere Kritik darüber, dass man sehr wohl eine moralische Verantwortung trägt und man über die damaligen Verbrechen auch heute noch reden muss und auch soll.
,,Das lange Echo“ ist der Debütroman von Elena Messner wo sie auf zwei Zeitebenen eine spannende und emotionale Geschichte beschriebt. Zuerst wird der Leser Zeuge davon, wie Milan Nemec sich selbst und die Sinnhaftigkeit eines Krieges in Frage stellt. Interessant sind dabei seine Gedanken, die ständig zwischen Wut, Verzweiflung und Verachtung hin und her wechseln. Im Laufe des Romans beginnt er aber selber zu erkennen, dass der Krieg, der zuerst von vielen noch verherrlicht wurde und für Propagandazwecke herhalten musste, nur Leid und Schmerz gebracht hat. Die Autorin zeigt dabei auch auf, dass es immer wieder zwei Seiten gibt, wie man den Krieg sehen und erleben kann. Wenn sich die Zivilbevölkerung gegen die Soldaten wehrt, sind sie selber schuld wenn sie misshandelt, vertrieben oder auch getötet werden, selbst wenn es Frauen und Kinder sind. In dem Roman gibt es einige Szenen die zeigen, dass es immer wieder Gewinner und Verlierer gibt wenn es darum geht für sich selbst den sichersten und einfachsten Weg zu gehen. In der Gegenwart angelangt entwickelt sich ein Streitgespräch zwischen der Direktorin und ihrer Assistentin, ob und wie das ,, Lange Echo“ der damaligen Ereignisse auch noch heute zu hören ist. Mir persönlich hat dabei der ,,einseitige“ Dialog der jungen Assistentin nicht gefallen, da war mir die Geschichte zu unpersönlich und die Ausdrucksweise dabei war mir zu respektlos ihrer Chefin gegenüber. Es ist ein Roman der nicht leicht zu lesen ist. Ich mag auch keine Schachtelsätze, die sich oft über eine halbe Seite gezogen haben. Es wurden geschichtliche Ereignisse eingebaut und auch tatsächliche Personen wie Rilke oder Roda Roda sind dabei erwähnt worden, wo viele von ihnen gar nicht am Krieg teilgenommen haben, aber in ihren Werken von schweren Entbehrungen berichtet haben. Es ist also ein Roman für den man sich Zeit nehmen muss und man nicht einfach nur drüber lesen kann. Selbst wenn viele Jahre vergangen sind ist es ein Thema, das auch heute noch aktuell ist und wo es gut ist, darüber zu reden. Die Kapitelüberschriften bestehen immer nur aus einem Wort, die aber zum Schluss einen schönen Satz bilden ,, WARUM WIR UNS AN NICHTS ERINNERN SOLLEN ES ABER DENNOCH TUN MÜSSEN “.

Bewertung vom 26.09.2021
Liebe / Liebe
Pelny, Marlen

Liebe / Liebe


ausgezeichnet

Sascha erlebt ihre Kindheit als trostlos. Ihre Mutter beachtet sie kaum und ihr Vater schenkt ihr seine besondere Zuneigung, die sie aber nicht möchte. Erst als sie mit 12 Jahren zu ihrem Großvater gebracht wird erlebt Sascha das erste Mal in ihrem Leben was es heißt herzlich aufgenommen zu werden. Ihre Freundschaft zu Charlie, die offenbar so wie sie schon schmerzhafte Erfahrungen in ihrem Leben gemacht hat und die aus dem Tierheim geholte Hündin Rosa, schenken ihr in den kommenden Jahren neuen Lebensmut. Aber es gibt immer noch ihren Vater, der mit ,,besonderen“ Geschenken ihr zum Geburtstag stets eine Freude machen will. Die Schatten der Vergangenheit verfolgen Sascha deshalb immer wieder und keiner weiß, ob oder wie sie diese jemals vertreiben kann.
Wenn man den Titel ,, Liebe/ Liebe“ liest, kann man sich im Grunde gar nichts darunter vorstellen. Wenn man aber dann den bewegenden und erschütternden Roman von Marlen Pelny gelesen hat, dann hat man sehr gut eine Vorstellung davon, was die Autorin damit aussagen wollte. Die ICH Erzählerin Sascha entführt den Leser in ihre traumatische Kindheit, wo die berührenden Gedanken von ihr sehr intensiv rüber kommen. Die Autorin hat dabei einen bildgewaltigen Schreibstil, wo man als Leser nicht nur einmal schlucken muss und Wut und auch Trauer dabei verspürt. Die Mutter wird dabei extrem gleichgültig gegenüber ihrer Tochter beschrieben, so als ob diese für sie gar nicht existieren würde. Die Hilflosigkeit und Verzweiflung von Sascha ist dabei in jeder Zeile zu spüren. Dann gibt es noch den Vater, der zwar nur am Rande erwähnt wird, dafür aber eine tragende Rolle im Leben seiner Tochter spielt. Dabei hat die Autorin extra eine Triggerwarnung ausgegeben, weil es in dem Roman um sexuelle Gewalt, Kindesmissbrauch und auch Selbstverletzung kommt.
Aber es gibt auch einen Hoffnungsschimmer in dem Roman, wo Sascha ein neues Leben bei ihrem Großvater beginnen kann. Hier hat Marlen Pelny sehr schön die andere Art von Liebe beschrieben, die Sascha nun kennen lernen durfte. Endlich hat Sascha die Möglichkeit bekommen, ein selbst bestimmtes Leben führen zu können, obwohl die Vergangenheit sie immer wieder verfolgt. Aber sie ist eine Kämpferin und hat nun Menschen um sich, die sich ehrlich für sie und ihre Bedürfnisse interessieren. Ein emotionaler und unter die Haut gehender Roman, den die Autorin mit einer starken und wunderschönen Ausdrucksweise toll rüber gebracht hat.

Bewertung vom 19.09.2021
Wenn die Stille schreit
Klementovic, Roman

Wenn die Stille schreit


ausgezeichnet

Tim möchte so schnell als möglich nach Hause zu seiner Frau Natalie da er weiß, dass sie sich schon Sorgen um ihn macht, weil ein gewaltiger Schneesturm über das Land zieht. Es ist kurz vor Mitternacht, als er endlich bei seinem Landhaus ankommt. Obwohl seine Frau auf ihn warten wollte und er noch kurz vor seiner Ankunft mit ihr telefoniert hat, ist im Haus alles finster und von Natalie fehlt jede Spur. Ungeachtet der Tatsache, dass sich zwei entflohene Mörder in der Gegend befinden beschließt Tim sich auf die Suche nach seiner Frau zu machen.
Der Kurzthriller ,, Wenn die Stille schreit“, ist mit seinen 123 Seiten spannender, als so manch längerer Roman. Der Autor Roman Klementovic schafft es eine geballte Ladung an Spannung und Nervenkitzel auf wenigen Seiten so zu komprimieren, dass man als Leser einfach weiter lesen muss. Seite für Seite wird man in einen Sog hineingezogen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Man spürt die Nervosität von Tim, wenn er in das leere und finstere Haus hineinkommt und nirgends eine Spur von seiner Frau zu sehen ist. Man schreckt genauso zurück, wenn plötzlich ein unbekanntes Geräusch auftaucht und man fragt sich ebenso entsetzt, wer denn nun die fremden Personen im Nachbarhaus sind, wo eigentlich Tims Nichte und ihr Mann leben sollten. Geschickt legt der Autor Spuren aus, die dann doch ins Leere laufen und vor allem endet die Geschichte nicht so, wie man vielleicht vermuten würde. Man findet nicht nur Spannung in dem Roman, sondern auch eine emotionale und tragische Hintergrundgeschichte, die der Autor wunderbar eingefügt hat. Das ,,Baby Buch“ das locker in jede Handtasche passt ist zwar klein, aber fein. Ein Lesevergnügen für jeden Thriller Fan.

Bewertung vom 18.09.2021
Französisch von unten
Gogolin, Wolfgang A.

Französisch von unten


sehr gut

Im kleinen verschlafenen Städtchen Arnaud in der Normandie, passieren wie schon so oft Dinge, mit denen keiner rechnen würde. Warum liegt plötzlich ein Baby genau vor einem Bordell und warum wird Malo von seiner Frau Bernadette gebissen? Auch Juste versteht die Welt nicht mehr als Blanche ihm beinahe seine Zehe zertrümmert, nur weil sie sich vor einer Spinne fürchtet. Auch Kater Merlin streift durch die Stadt und hadert wieder einmal mit der Göttin Isis, aber wer weiß, vielleicht hilft ihm dieses Mal der Menschengott, damit er endlich ein richtiger Kater sein kann. Arnaud wäre nicht Arnaud, wenn es nicht wieder einen Mord geben würde und wer weiß, vielleicht ist es sogar der letzte.
,, Sieben Todsünden“ aus der – Französisch von unten - Reihe, ist der dritte und letzte Band von Wolfgang A. Gogolin, wo der Autor den frechen und immer nach weiblichen Kätzinnen ausschauenden Kater durch das nicht immer friedliche Arnaud streifen lässt. Man trifft auf viele bekannte Protagonisten, wo man schon ihre Eigenheiten und vor allem ihre Schwächen kennt. Im finalen Band hat der Autor noch viele seiner bekannten zynischen und nicht immer ernst zu nehmenden Szenen eingebaut. So muss man auf eine ,,Vampirette“ gefasst sein, auf eine stinkende Socke, die vergraben werden soll oder auch auf Liebesdienerinnen, die sich liebevoll um ein Baby kümmern, selbst wenn das nicht jedem gefällt. Auch Kater Merlin hadert wie immer mit seinem Schicksal und dass er dabei seine vorlauten Äußerungen nicht für sich behalten kann, ist man ja schon von ihm gewohnt.
Die Beschreibungen der alltäglichen Handlungen und Ereignisse werden wie schon aus den früheren Geschichten sehr bildhaft dargestellt. Der Schreibstil ist dabei eher als ruhig zu bezeichnen, da die dargestellten Szenen oft gemächlich erscheinen, so lange bis wieder einmal ein humorvoller Geistesblitz auftaucht oder eine menschliche Tragödie kurz bevor steht. Der Humor ist vielleicht nicht jedermanns Sache, da er sicherlich auch als ,,abgedreht“ zu bezeichnen ist. Wer die Geschichten aber rund um Kater Merlin und den Bewohnern Arnauds kennt, mag gerade diese Szenen. Das Ende ist berührend und die Morde werden zum Schluss noch aufgeklärt. Es ist ein Abschiednehmen von Merlin und Arnaud und drei humorvollen Geschichten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2021
Das Jahr, in dem wir verschwanden
Jones, Tayari;Somann-Jung, Britt

Das Jahr, in dem wir verschwanden


sehr gut

Das Jahr 1979 sollte für die Kinder Tasha, Rodney und Octavia ein besonderes werden. Eine unheimliche Mordserie hält Atlanta in Atem. Immer mehr afroamerikanische Kinder verschwinden und werden ermordet. Jeder versucht auf seine eigene Art und Weise damit zurecht zu kommen. Doch als Kind ist das gar nicht so leicht.

Die Ereignisse und die Figuren in dem Roman ,,Das Jahr in dem wir verschwanden“ von Tayari Jones sind zwar fiktiv, aber die Verbrechen der Kindermorde hat es tatsächlich gegeben. Da die Autorin als junges Mädchen diese Verbrechen selber miterlebt hat, war es ihr ein großes Anliegen diesen Roman zu schreiben. Das besondere daran ist, dass alles aus der Sicht der Kinder erzählt wird. In drei Kapiteln wird der Leser Zeuge davon welche Sorgen und Ängste die drei Protagonisten ausstehen mussten. Jede Geschichte hat dabei einen anderen Erzählstil. Bei Tasha wird aus der dritten Person erzählt, wo Tasha oft mit ihren Gedanken alleine gelassen wird. Sie hört viele unschöne Dinge, kann sie aber nicht wirklich zuordnen. Sie ist eine Außenseiterin, die gerne zu den anderen Mädchen dazu gehören möchte. Eine unbedachte Äußerung verändert ihr Leben und ihre Schuld trägt dabei schwer. Bei Rodney wechselt die Autorin in die ,,du“ Perspektive, wo man sich als Leser immer intensiv angesprochen fühlt. Auch er hat es nicht immer leicht in seinem Leben und er tut Dinge, die er eigentlich gar nicht tun möchte. Eine herzlose und brutale Erziehung seines Vaters hat dabei dramatische Folgen. Bis man im dritten Kapitel auf Octavia stößt, die ihre Geschichte in der ,,Ich “ Form erzählt. Da ihre Mutter nachts arbeitet ist sie oft alleine und wenn sie da ist, dann hört Octavia viele Lügen von ihr. Auch die Beziehung zu ihrem kaum vorhandenen Vater zeigt, dass das Mädchen in ihrem Leben ziemlich alleine da steht.
Die Autorin zeigt sich in ihren Geschichten sehr einfühlsam und es sind oft nur kleine oder unbedeutende Dinge, die die Kinder ängstigen oder unsicher machen. Sie fühlen sich dabei sehr oft allein gelassen und werden dabei mit Situationen konfrontiert mit denen sie oft gar nichts anfangen können. Die Welt der Erwachsenen ist dabei immer wieder zu groß für sie, wo sie sich verloren fühlen und sie es oft schwer haben, diese zu verstehen. Es ist ein emotionales Buch, wo die Hilflosigkeit der Kinder gut zu spüren ist und wo es oft Familienmitglieder sind, die ihnen nicht zuhören, wenn sie Hilfe brauchen würden. Menschliche Schicksale werden dabei berührend erzählt.

Bewertung vom 12.09.2021
Zwielicht 14
Hildebrand, Achim

Zwielicht 14


sehr gut

Das Horrormagazin Zwielicht beschert dem Leser in Band 14 wieder einige gruselige Gustostücke. 14 Kurzgeschichten und 2 interessanten Artikeln, die sich unter anderem mit Kannibalismus oder dem Filmklassiker ,, Was geschah wirklich mit Baby Jane “ befassen, lassen wieder einmal das Horrorherz höher schlagen.
Die Bandbreite reicht dabei von unheimlichen Begegnungen bis abgefahrenen höllischen Szenen.
Interessant war dabei unter anderem die Geschichte von Holger Voss in ,,Scullcity“ , wo man als Leser die Handlung rückwärts, also vom Ende bis zum Beginn lesen konnte.
Wer so wie ich keine Spinnen mag wird bei Harry Harrison Kroll in ,,Altweibersommer“ auf seine gruseligen Kosten kommen.
Es ist immer schön, wenn man bekannte und auch neue Autoren kennen lernen kann, sowie Geschichten von Altmeistern des gepflegten Horrors wie Algernon Blackwood. Viele Geschichten überraschen zum Schluss, wie die eigentlich süße Geschichte von Jesse Franklin Bone ,, Einfuhrverbot für Horgels. Wo man als Leser nie ahnen würde, wie sich diese entwickelt. Man findet berührende Geschichten wie von Karin Reddemann in ,,Weh Mutterherz“, die fast einer Tragikomödie ähnelt, aber auch unheimliche und blutige wie bei Sascha Dinse in ,, Mel“.
Die bunte Bandbreite an Geschichten macht die Zwielicht Reihe immer zu einem Lesevergnügen. Die Artikeln am Ende von Achim Hildebrand und Karin Reddemann lesen sich sehr spannend und sind informativ geschrieben, so dass man sie fast schon als eigene Kurzgeschichten lesen könnte.
Das toll gestaltete Cover von Björn Ian Craig passt perfekt zu der Zwielicht Reihe.

Bewertung vom 04.09.2021
Engelspost
Muhl, Iris

Engelspost


sehr gut

Der erfolgreiche Unternehmer Eliott White wird als Studiogast beim New Yorker Radio eingeladen um über seinen Erfolg und sein Leben zu erzählen. Was keiner dabei ahnt ist, dass es eine Lebensbeichte sein wird , die die Hörer in Atem halten wird.
Im Jahre 1913 lebt Eliott als Betrüger und Dieb und egal wo und wie er andere ums Ohr hauen kann, tut er es. Dass er sogar früher einmal in einem Bordell seiner Cousine als Türsteher gearbeitet hat und er dort Dinge getan hat, die im später noch einmal leid tun werden, zeigt, dass es um seinen Charakter nicht zum besten steht.
Auf einer Zugfahrt aber trifft er auf ein kleines, verwahrlostes Waisenkind, das man wie eine Ware mit einer Briefmarke frankiert hat und ohne Essen und Trinken auf eine Reise durch halb Amerika in ein anderes Waisenhaus verschickt. Was Eliott bei dieser Fahrt mit dem Kind und den Mitreisenden erlebt, prägt ihn für den Rest seines Lebens.
Der Roman ,, Engelspost“ von Iris Muhl ist die traurige und sehr emotionale Geschichte aus einer Zeit, in der es tatsächlich zum verschicken kleiner Kinder gekommen ist, wo ein Mensch einfach einer Ware gleichgestellt war. Die Interaktion zwischen Eliott und dem kleinen Mädchen wird von der Autorin sehr bildhaft erzählt. Besonders Eliott muss dabei für sich selbst einen beschwerlichen Weg gehen, da er sprichwörtlich vom Saulus zum Paulus wird. Er macht in der Zeit der Zugfahrt eine große Wandlung durch wo er immer wieder von Selbstzweifel geplagt wird, ob seines Lebens, wo ihn bisher die Gefühle, Sorgen und Probleme anderer nicht tangiert haben. Ein Betrüger lebt nur für sich selbst und seinen Vorteilen. Das kleine Mädchen wird von der Autorin bislang etwas geheimnisvoll und auch ,,engelhaft“ dargestellt. Es war oft als Leser nicht leicht den Gesprächen, der versnobten Mitreisenden emotionslos zu folgen. Da hat Iris Muhl sehr gut die verschiedenen Charaktere heraus gearbeitet, wo Vorurteile, Ablehnung und wenig Mitgefühl für das verarmte Mädchen deutlich zu spüren waren. Die Kleine hingegen wird stets freundlich und dankbar dargestellt wenn sie merkt, dass es jemand gut mit ihr meint. Obwohl sie bisher unter widrigen Umständen aufgewachsen ist umgibt sie trotzdem eine Aura der Zufriedenheit und auch scheinbar einem sechsten Sinn, da sie es immer wieder schafft mit Worten oder Handlungen ihre Gegenüber zu verblüffen und auch demütig zu machen. Die Geschichte über Schuld und Sühne hat Iris Muhl mit angenehmen und intensiven Worten erzählt und dem Leser somit schöne und auch emotionale Lesestunden beschert. Die liebevolle Aufmachung des Romans sollte auch noch erwähnt werden, da die Hardcover Ausgabe mit Goldlettern und einem angenehm haptischen Stoffeinband versehen ist. Wer das toll gelungene Cover mit dem verwahrlosten Mädchen und dem Gentleman mit dem Zug sieht wird davon schon animiert den Roman lesen zu wollen, was er sicher nicht bereuen wird.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2021
Totentier: Psychothriller
Siemer, Nicole

Totentier: Psychothriller


ausgezeichnet

Kriminalhauptkommissar Markus Penning hat eine schwierige Zeit hinter sich. Seine geliebte Frau ist tot, er ist suspendiert worden und der Alkohol ist mittlerweile sein bester Freund geworden. Dass auch noch Aussetzer dazu kommen, wo er plötzlich an einem anderen Ort aufwacht, macht seine Situation noch schlimmer. Als eine brutale Mordserie beginnt, die sich gegen Tierquäler richtet, bietet ihm sein Vorgesetzter und Freund Frederick Weimar die Leitung der ,,Soko Tierrächer an und gemeinsam gehen sie auf Verbrecherjagd. Doch schon bald wird dabei Markus mit seiner Vergangenheit konfrontiert, in der seine wieder aufgetauchte Schwester Sabine eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Schon bald ist Markus in einen Strudel von Ereignissen gefangen wo er selbst nicht mehr weiß, was richtig und was falsch ist. Kann es sein, dass sogar er selbst der mordende Tierrächer ist?
Wieder einmal entführt die Autorin Nicole Siemer den Leser zu dem fiktiven Ort Grubingen, wo es nicht immer mit rechten Dingen zu geht. Dieses Mal hat sich die Autorin ein wichtiges und auch emotionales Thema für ihren Psychothriller ausgesucht. In dem Roman ,, Totentier“ lässt sie einen eiskalten Killer Jagd auf Tierquäler machen. Dass sie dabei nicht immer zimperlich ist, sei nur als Warnung gesagt. So wie die Tiere getötet wurden, so werden auch die Menschen getötet. Die Autorin schafft es dabei durch eine bildhafte und eindringliche Art und Weise nicht nur teils gruselige Spannung, sondern auch emotionale Gefühle aufkommen zu lassen. Das wichtige Thema der Tierquälerei steht dabei im Fokus. Die Morde, wie sie hier beschrieben werden, sind natürlich nicht in Ordnung, aber es soll ein wachrütteln sein um über die oft lächerlichen Strafen nachzudenken. Denn Tiere sind keine Sache, sondern Lebewesen, die es Wert sind dass man sie schätzt und gut behandelt.
In dem Roman muss Markus einen schweren Weg gehen. Selbst als Leser weiß man nie so genau, was ist Wahrheit und was Fantasie. Es ist ein Psychothriller, der auch ein wenig mystisch angehaucht ist, was die ganze Geschichte somit auch gruselig erscheinen lässt. Ein spannender Roman also, den man sicher nicht so schnell vergessen wird.

Bewertung vom 28.08.2021
Fantom
Ehlers, Jürgen

Fantom


sehr gut

Im Oktober 1966 detoniert im Hamburger Hauptbahnhof eine Bombe in einem Schließfach und der Erpresser fordert 100 000 DM. Das Fantom, das sich selbst Roy Clark, nach einem Titelheld eines Fortsetzungsromans aus der Bild Zeitung nennt, spielt ab dem Zeitpunkt ein Katz – und Mausspiel, nicht nur mit der Bundesbahndirektion Hamburg, sondern auch mit der Polizei, allen voran mit Horst Berger, dem leitenden Ermittler. Immer wieder kommt es zu Sabotageakten bei der Bahn und auch die Lösegeldforderungen variieren ständig. Eine vermasselte Geldübergabe macht das Fantom nur noch wütender und für Berger und sein Team ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ganze Sache endgültig eskaliert.

Der Kriminalroman ,,Fantom“ von Jürgen Ehlers entführt den Leser in eine Zeit in der die Bundesrepublik Deutschland selbst noch auf unsicheren Beinen gestanden ist.
In einem eher ruhigen und nüchternen Erzählstil beschreibt der Autor die auf wahren Ereignissen beruhende Geschichte von ,,Roy Clark“ dem Eisenbahn Erpresser, der mit etlichen Erpresserbriefen und Anschlägen die Menschen in Atem gehalten hat. Der Roman liest sich dadurch auch spannend, da der Autor immer wieder tatsächliche Ereignisse mit fiktiven Geschichten gemischt hat. So trifft man auf den Schah von Persien, der im Juni 1967 Hamburg besucht hat, ebenso wie auf den Student und Demonstrant Benno Ohnesorg, der dabei von einem Polizist erschossen wurde. Es ist interessant zu lesen wie dabei der Autor sich nicht nur auf die Fantom Geschichte konzentriert hat, sondern auch noch andere Handlungen dabei eingebaut hat. Die Polizei ist dabei noch nicht so ,,entwickelt“ wie heutzutage und deshalb mutet es auch immer wieder für den Leser seltsam an, wenn diese keinen wirklichen Fahndungserfolg aufweisen können. Jürgen Ehlers zeigt aber auch immer wieder sehr persönliche Gedanken der verschiedenen Protagonisten auf, so dass sowohl Horst Berger mit seiner Familie als auch ,,Roy Clark“ menschlich und verletzlich rüber kommen. Der Autor hat viel und gut recherchiert und lässt somit den Leser auch den damaligen Zeitgeist der Bundesrepublik miterleben, wo vieles aus der unrühmlichen Vergangenheit noch nicht wirklich aufgearbeitet war und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft trotzdem schon spürbar war.

Bewertung vom 15.08.2021
Die Saat des Hasses
Korb, Markus K.

Die Saat des Hasses


ausgezeichnet

Als Akoni am Sterbebett seines Vaters einen Schlüssel für ein Bankschließfach in der Schweiz erhält, ahnt er noch nicht welch furchtbare Geschichten und Ereignisse auf ihn warten werden. Eine alte Tasche mit scheinbar geheimen Akten und Protokollen werden ihn in lange zurückliegende Geschehnisse entführen, wo das Grauen sogar bis in die Gegenwart hinein reicht und selbst er dabei um sein Leben fürchten muss.
Der Roman ,, Die Saat des Hasses“ von Markus K. Korb, ist nichts für schwache Nerven. Die Mischung zwischen Spannung, subtilen Horror und auch blutrünstigen Szenen vermischen sich zu einem spannenden Roman, wo man zu lesen beginnt und dabei unweigerlich in der Geschichte gefangen ist.
Der Autor beweist dabei eine tiefgreifende Fantasie, wo er gekonnt tatsächliche Begebenheiten und Ereignisse in seine Geschichte einfließen lässt. So gibt es unter anderem einen Abstecher zu der Villa Diodati wo sich einst der bekannte Lord Byron oder Mary Shelley, die den Roman Frankenstein geschrieben hat, getroffen haben. Oder aber auch die Erwähnung aus der unrühmlichen NS Zeit, wo der Arzt Josef Mengele seine furchtbaren Menschen Experimente durchgeführt hat.
Der Autor hat dabei seine unterschiedlichen Geschichten für den Leser interessant dargestellt, in dem er Akonis gefundene Akten und Protokolle auf einem anderen Hintergrund, ähnlich Tagebuch Eintragungen niedergeschrieben hat. Sogar das Gerichtsprotokoll ist in dieser besonderen Art abgedruckt und vermittelt somit den Leser mehr Authentizität des Gelesenen.
Die Geschichten sind nicht chronologisch erzählt, was aber gar nichts ausmacht, weil man schnell herausfindet, wie sie zusammen hängen.
Der Schreibstil ist sehr bildhaft, wo ich mir die spannenden und unheimlichen Szenen, die sich immer wieder im dichten Dschungel abspielen gut vor mir sehen konnte. Gänsehautgefühl wird man dabei immer wieder verspüren, weil man ahnt, dass bald wieder etwas passieren wird, das der menschliche Verstand nicht begreifen kann. Es ist eine tolle Geschichte die zeigt, dass es schon immer Menschen gegeben hat, die Gott spielen wollten und die die Büchse der Pandora öffnen ohne zu ahnen, welch furchtbare Kettenreaktion sie dadurch in Gang setzen. Fanatiker, die selbst nicht merken, dass ihnen bereits alles über den Kopf wächst, aber immer noch glauben, dass sie alles unter Kontrolle haben. Wer blutrünstige und mordende Kreaturen mag, wo man nie so genau weiß, was als nächstes passiert, der wird von dem Roman ,, Die Saat des Hasses“ nicht enttäuscht werden. Markus K. Korb ist nicht nur ein gruseliger sondern im Grunde auch ein berührender Roman gelungen, wo das eher offenen Ende direkt nach einer Fortsetzung ruft.