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Bibliomarie

Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 22.01.2021
Vati
Helfer, Monika

Vati


ausgezeichnet

Monika Helfer hat in ihrem autobiografischen Roman ihren Vater zum Mittelpunkt gemacht. Josef ist ein stiller Mann, der Krieg hat ihm viele Pläne zunichte gemacht und ein Bein genommen. Aber sein Streben „etwas zu werden“ glimmt immer weiter. Schließlich war er der erste seiner Familie der aufs Gymnasium konnte, doch kurz vor dem Abitur wurde er noch eingezogen. Geheiratet hat er die Krankenschwester, die ihn nach der Kriegsverletzung pflegte, eine stille, aber wohl glückliche Ehe aus der sechs Kinder hervorgingen.

Vati und Mutti sollten die Kinder sagen, denn das klingt modern und die neue, moderne Zeit gilt etwas für Josef. Bücher liebte er, den Geruch, das Haptische, das Sinnliche daran. Das brachte ihn sogar einmal fast an den Rand der Legalität.

Monika Helfer teilt ihre Erinnerungen mit uns, in kleinen Episoden und Anekdoten, in Rückblenden und Deutungsversuchen lässt sie die Nachkriegszeit, den beginnenden Wohlstand lebendig werden. Wo ihre Erinnerungen nicht reichen, teilen die Geschwister, die Stiefmutter ihre Gedanken mit.
Daraus wurde ein schönes Buch, das mir richtig nahe ging, weil ganz unvermutet immer das Bild meines eigenen Vaters aufblitzte.

Eine Hommage an den Vater und eine gelungene Fortsetzung zu Monika Helfers erstem autobiografischen Roman „Bagage“.

Bewertung vom 21.01.2021
Das Verschwinden der Erde
Phillips, Julia

Das Verschwinden der Erde


sehr gut

Julia Phillips‘ Debüt „Das Verschwinden der Erde“ hat ein großes Echo gefunden. Immer wieder sehe ich Besprechungen und Interviews und ganz offensichtlich hat das Buch auch einen hohen Werbeetat bekommen. Der Verlag hat einige Pressestimmen abgedruckt und so bezeichnet es die Los Angeles Review of Books als „ausgeklügelten und kraftvoller literarischenThriller“. Das weckt ganz bestimmte Vorstellungen und ich fürchte, das wird einige Leser enttäuschen.

Die Autorin wählte die Kamtschatka als Setting für ihren Roman. In einzelnen Kapiteln, die nach Monaten geordnet sind, erzählt sie vom Verschwinden zweier kleinen Mädchen und was das bei den Bewohnern auslöst. Jedes Kapitel widmet sich einem Personenkreis, der irgendwie und weit verzweigt auch damit zu tun hat, ob es eine Zeugin ist, Nachbarn oder nur Bewohnern der Hauptstadt oder kleiner dörflicher Siedlungen weit im Norden. Im letzten Kapitel bekommen auch die Betroffenen eine Stimme. Manche dieser Figuren treten auch als Randfiguren in anderem Zusammenhang in Erscheinung, so dass sich allmählich ein Muster herausschält.

Auffällig ist das Zusammenleben zwischen Russen, die auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der Kamtschatka geblieben sind und den Ureinwohnern der Halbinsel. Beide Bevölkerungsgruppen scheinen sich argwöhnisch gegenüber zu stehen, auch wenn es immer wieder mal Verbindungen gibt. So ist zum Beispiel Ksjuscha, die es aus ihrem Dorf an die Uni geschafft hat und die mit dem übergriffigen Russen Ruslan befreundet und sogar stolz darauf ist, dass er sie auf Schritt und Tritt überwacht. Zwar fühlt sie manchmal dieses emotionale Gefängnis, aber so richtig ausbrechen möchte sie nicht, auch wenn ein indigener Volkstänzer ihr Interesse weckt. Auch bei anderen Frauenfiguren fällt mir diese Schicksalsergebenheit auf und Ausbrüche kommen nur in Form von vermehrten Wodkakonsum oder halbherzigen Fluchten vor, doch spürt man eine innere Stärke und Kraft. Die Zerrissenheit der Menschen, ihre innere Isolation wird dem Leser auch zwischen den Zeilen überdeutlich. Das hat vielleicht mit dieser einsamen, arktischen Halbinsel zu tun, die lange das Territorium sowjetischer Spione und für Besucher gesperrt war.

Trotz der Struktur des Romans lässt sich das Buch leicht lesen, hat mich in Bann gezogen und berührt. Kein überflüssiges Wort, keine überflüssige Nebenhandlung, alles hat Bedeutung und fügt sich zum Ende, ohne das die Autorin einen fertigen Schluss anbietet. Auch nach der letzten Seite bleibe ich noch in dieser Geschichte und lasse meinen Gedanken freien Lauf.

Bewertung vom 14.01.2021
Die Jägerin
Moss, Tara

Die Jägerin


ausgezeichnet

Ich kenne gar nicht so viele australische Krimis, deshalb hat mich der Titel von Tara Moss, „Die Jägerin“ sofort angesprochen. Die Protagonistin Billie Walker war Kriegsberichterstatterin und nach Ende des Kriegs eröffnet sie die Detektei ihres verstorbenen Vaters wieder. Anfangs erschien sie mir wie eine Schwester von Miss Phryne Fisher, aber schnell wird klar, Billie ist zwar genauso modebewusst, aber härter und professioneller. Ihr kleines Detektivbüro wirft noch nicht allzu viel ab. Im Jahr 1946 sitzt auch in Sydney das Geld nicht so locker. Die Kriegsfolgen sind überall spürbar, auch Billie hat ihren Liebsten in Europa verloren.

Als Mrs Brown den Auftrag erteilt ihren verschwundenen 17järigen Sohn zu suchen, scheinen wenigstens einige Tage die Einkünfte gesichert. Aber bald stellt Billie fest, dass hinter Adins verschwinden sehr viel mehr steckt. Zusammen mit ihrem Assistenten Sam sticht Billie in Wespennest von Kriegsgewinnlern und Gangstern, die offensichtlich von einzelnen korrupten Polizisten geschützt werden.

Ich war begeistert. Ein intensiver Fall und ein toll ausgedachter Plot, dazu der Erzählstil von Tara Moss, der mich sofort gefesselt hat. Die Autorin lässt sehr viel Geschichte in ihren Krimi einfließen und immer wieder fiel mir auf, dass sie auch die Behandlung der Aborigines durch die Regierung sehr kritisch hinterfragt. So versucht sie ihrer Informantin Shyla zu helfen, ihren Bruder zu finden. Den Aborigines wurden die Kinder weggenommen, um sie „christlich“ zu erziehen, was nur bedeutete, dass sie in Waisenhäuser gesteckt wurden und mit 13 oder 14 als billige Arbeitskräfte in die Fabriken und Bergwerke oder als Dienstmädchen vermittelt wurden. Auch das wird ein spannender Handlungsstrang, der plötzlich auch Verbindungen zu Billies aktuellem Fall zeigt.

Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, die vielschichtige Handlung hat mich in Bann gezogen. Hier stimmt wirklich alles, Hintergrund, Spannungsbogen und Protagonisten sind perfekt gelungen.

Ich hoffe, dass es für Billie Walker noch einige Fälle zu klären gibt, denn ich möchte von der Autorin unbedingt noch weitere Krimis lesen.

Bewertung vom 12.01.2021
Hopfenbitter
Bálly, Alexander

Hopfenbitter


ausgezeichnet

Sehr zum Leidwesen seiner Tochter frönt der Metzgermeister im (Un) Ruhestand weiterhin seinem ungewöhnlichen Hobby. Er hat sich auf seine unnachahmliche freundliche und gleichzeitige hartnäckige Weise als Hobby-Detektiv etabliert. Aber nicht nur seiner Tochter ist das ein Dorn im Auge, auch die zuständigen Kripo Beamten sehen das nicht gern, allerdings müssen sie schon zugeben, dass Wimmer ihnen allzu voraus war, wobei er seine Kenntnisse immer gern teilte. Wimmers Ruf hat sich bis München herumgesprochen, so engagiert ihn der Privatdetektiv Dirk Biss um einen alten Holledauer Bauernhof ausfindig zu machen. Nur ein altes, sehr unscharfes s/w Foto als Erkennungsmerkmal gibt es. Natürlich ist Wimmer erfolgreich, aber als kurz darauf die Leiche von Dirk Biss in der Nähe des Hofes gefunden wird, gerät er unter Mordverdacht. Gut, dass er ein Alibi hat, aber nun fühlt er sich erst recht herausgefordert.

Ein zweiter Handlungsstrang führt zurück in die Nachkriegsjahre. Die junge Münchnerin Franziska Wollner verbringt die Urlaubszeit als Hopfenpflückerin in der Holledau. Das ist ein gutes Zubrot zu ihrem Lohn als Fabrikarbeiterin und die harte Arbeit im Kreis der Frauen macht auch Freude. Allerdings wird sie von ihrem letzten Aufenthalt ein Andenken mitnehmen, sie ist nach einer kurzen Beziehung schwanger und als ledige Mutter hat man es in den 50iger Jahren nicht leicht.

Bálly hat nun schon den fünften Wimmer Roman vorgelegt und wie zuvor hatte ich eine ganze Menge Lesevergnügen. Da passen die schönen niederbayerischen Landschaftsbeschreibungen und der in kleinen Dosen eingestreute Dialekt, da machen die Vater und Tochter Reibereien Spaß und mit Enkelin Anna hat Wimmer noch eine ideale Verbündete.

Und immer wieder fließt so ganz nebenbei viel Wissenswertes ein, ob es über die Geschichte des Hopfenanbaus ist, der einen ganzen Landstrich veränderte, die Herausforderungen durch den Klimawandel oder die neuen Biersorten, der Leser erfährt eine Menge an Hintergrundinformation.

Ein rundum gelungener Krimi, der unterhaltsam und spannend ist und mit guter Menschenkenntnis punktet, die Protagonisten sind allesamt gut gezeichnet.

Ein sehr empfehlenswerter Regionalkrimi.

Bewertung vom 11.01.2021
Wie man seine Eltern erzieht / Eltern Bd.1
Johnson, Pete

Wie man seine Eltern erzieht / Eltern Bd.1


sehr gut

Wie gern hätte ich das Buch gemeinsam mit den Kindern aus meiner Lesepaten-Gruppe gelesen. Das Alter hätte gepasst und ich bin sicher, die Tagebuchseiten von Luis hätten selbst die Lesemuffel angespornt. Aber leider liegt meine ehrenamtliche Tätigkeit seit Monaten coronabedingt auf Eis, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

In kurzen und einfachen Sätzen, dabei mit Witz, der dem Alter angepasst ist, versucht Luis in seinem Tagebuch seinen Frust mit seinen Eltern zu verdauen. Seit sein Dad den tollen Job hat, sie umgezogen und er auf eine andere Schule gehen muss, passt es einfach nicht mehr. Die Schule ist für Kinder, deren Eltern das Leistungsprinzip auf ihre Fahne geschrieben hat und für Luis der reinste Horror. Vor allem als seine Mom und sein Dad – wohl weil sie sich von den anderen Eltern nicht unterscheiden wollen – plötzlich ganz verändert sind.
Das wird in schöner und altersgemäßer Weise erzählt und es gibt jede Menge witzige Situationen, die Kinder total gut nachvollziehen können. Wer kennt nicht die Wut auf jüngere Geschwister, auf blöde Lehrer und den überhaupt den ganzen Alltag, wenn es mal nicht so läuft. Dabei gibt es jede Menge Identifikationsmöglichkeiten für Kinder und finde ich bei Kinderbüchern sehr wichtig.

Die Geschichte funktioniert auch auf zwei Ebenen, denn auch die erwachsenen Vorleser haben ihren Spaß an den Aktionen der Eltern, die Luis erziehen möchte. Nicht umsonst hat das Buch schon seit seinem ersten Erscheinen vor 15 Jahren eine Menge Leser erreicht. Allerdings merkt man das Alter der Geschichte auch an einigen Passagen. Luis würde heute wohl eher seine Witze und seine kleinen Auftritte auf Insta oder Tiktok hochladen und damit schon eine Menge erreichen.

Bewertung vom 11.01.2021
Die Frauen von Paris
Jenoff, Pam

Die Frauen von Paris


gut

Romane mit zeitgeschichtlichem Hintergrund lese ich gern, neben der Unterhaltung mag ich es auch in die Zeit einzutauchen und die Geschichte aus persönlichem Blickwinkel zu erleben.

Hier geht es um eine Gruppe Frauen, die zur englischen SOE gehören. Diese Militärorganisation wirbt Frauen an, um sie im besetzten Frankreich als Kuriere und Funkerinnen einzusetzen um die Invasion vorzubereiten. Frauen wurden gewählt und ausgebildet, da sie sich unauffälliger bewegen können als Männer. Marie, die sehr gut französisch spricht wird angeworben und trotz einer kleinen Tochter, die zu einer Tante auf’s Land evakuiert wurde, willigt sie in die lebensgefährliche Agententätigkeit ein.
Die Arbeit steht unter keinem guten Stern, immer mehr Frauen werden von den deutschen Besatzern enttarnt und auch Marie ist in großer Gefahr.

Ein zweiter Handlungsstrang führt ins New York des Jahres 1946. Grace, eine junge Witwe, arbeitet in einem Flüchtlingszentrum. Eines Tages findet sie im Bahnhof einen herrenlosen Koffer und öffnet ihn, darin 12 Fotos von jungen Frauen. Ganz spontan steckt sie die Fotos ein, gleichzeitig wird sie fast Zeugin eines tödlichen Autounfalls vor dem Bahnhof.

Die Geschichte der Agentinnen der SOE war mir bisher unbekannt, umso interessierter war ich an einem Roman, der ihr Schicksal thematisiert. Die Autorin hält sich eng an die historischen Eckdaten und das macht den Reiz des Romans aus. Der zweite Handlungsstrang hat aber meinen guten Eindruck wieder relativiert. Nebensächlich und ein wenig weitschweifig hat mich dieser Teil nicht so gut unterhalten.

Der Stil der Autorin ist einfach, liest sich flüssig und spannend. In einigen Bereichen hätte ich mir mehr Details gewünscht, besonders was die Arbeit der Agentinnen und ihr Schicksal anging. Ich werde mir sicher noch weiter Lektüre über die Arbeit der Frauen der SOE besorgen, insofern hat Pam Jenoff auch etwas gegen das Vergessen getan und das kann ich nur positiv bewerten.

Ein interessantes Thema, das eine Menge Potential hat, dem dieser Unterhaltungsroman nicht ganz gerecht wurde.

Bewertung vom 08.01.2021
Yummy! Ganz easy Pause
Kührt, Christiane

Yummy! Ganz easy Pause


sehr gut

Ganz Easy Pause verspricht das kleine, sehr hübsch gestaltete Buch von Christiane Kührt.

Und gleich beim ersten oberflächlichen Durchblättern bleibe ich immer wieder an ansprechenden Bildern und witzigen Gestaltungsideen hängen. Pausenbrote, egal ob für Klein oder Groß, appetitanregend und abwechslungsreich vorzubereiten, ist oft eine Herausforderung. Schnell soll es gehen, vielleicht sogar schon am Vorabend machbar und trotzdem immer frisch und lecker sein. In diesem Buch habe ich wirklich gute Ideen gefunden. Mal ganz verspielt für die Kleinen, aber auch schmackhaft und ausgefallen für Erwachsene.

Nicht alles wird für mich persönlich umsetzbar sein. Suppen im Glas mitzunehmen ist für nebenbei am Schreibtisch-Esser nicht so praktisch. Aber die tollen Brotaufstriche haben es mir angetan. Vor allem die praktischen Tipps zum Abwandeln. Das bietet sich an, wenn mal vom Kochen eine Paprikaschote, eine halbe Zucchini oder ähnliches übrig ist. Auch habe ich einen Aufstrich schon mal mit Joghurt etwas flüssiger gerührt und einen tollen Dip daraus gemacht. Das scheint auch die Intention der Autorin zu sein: Anregungen zu geben, eigene Ideen zu verwirklichen.

Die Salatrezepte haben mir auch gut gefallen, da war einiges Neues für mich dabei. Schade, dass ich keine Kids mehr mit Pausenbroten versorgen muss, die kleinen Snacks wie Hexenbesen und Tomatenherzen finde ich einfach zu gelungen, die merke ich mir mal als Verzierung für ein Büffet vor. Ein kleiner Bonus ist auch dabei: wer nicht ganz so gut freihändig Tiere malen kann, für den gibt es die Vorlagen beim Verlag zum Download.

Manche Ideen sind mir allerdings für den Alltag zu aufwändig. Im morgendlichen Stress zwischen Frühstück und Schultaschen kontrollieren, kann ich mir nicht vorstellen, dass Mütter auch noch Herzchen aus Sandwichtoast stanzen ;-). Einen Teil der Rezepte und Vorschläge halte ich auch für Pausen nicht unbedingt praktikabel, die genießt man besser mal Snack zu Hause.

Insgesamt hat mich das hübsche Buch überzeugt und ich finde es auch als Geschenk sehr gut geeignet.

Bewertung vom 07.01.2021
Jetzt mach doch endlich mal das Ding aus!
Prüfer, Tillmann

Jetzt mach doch endlich mal das Ding aus!


ausgezeichnet

Leider schaffe ich es nicht oft die Kolumne „Prüfers Töchter“ in der Zeit lesen. Aber wenn ich sie nicht verpasse, amüsiere ich mich immer sehr über die Bemerkungen eines leidgeprüften Vaters.

Im neuen Buch gibt es nun die Kolumnen gesammelt, die von Prüfers Problemen mit den digitalen Endgeräten seiner Töchter handeln. Wer kennt das nicht, das Handy wird kaum aus der Hand gelegt, alles wird fotografiert und gepostet, es wird gestreamt, was das Zeug hält und ohne Ipod und in ear Kopfhörer sind die Töchter kaum mal zu sehen. Aber sind die Erwachsenen eigentlich besser? Und war es früher anders? Früher haben sich die Eltern über die ständige Musik aufgeregt, eine Dekade später über den TV Konsum, dann kamen die Computerspiele – also eigentlich wiederholt es sich, nur die Technik ist anders.

Die kurzen Geschichten sind einfach amüsant und alle Eltern werden sich dabei ertappen, dass sie unmerklich dazu nicken. Wunderbar beobachtet und mit einem tüchtigen Schuss Ironie muntern sie alle auf, die im Umgang mit Teenagern fürchten, total hinterm Mond zu leben. Auch für Eltern, die es noch nicht so locker nehmen, wenn sie von ihrem Nachwuchs auf Insta blockiert werden.

Tilmann Prüfer beherrscht die kurze Form perfekt, auf 2-3 Seiten sind seine Beobachtungen perfekt auf den Punkt gebracht.

Schade nur, dass das Buch so schnell gelesen ist, aber ich kann mich ja mit den nächsten Kolumnen trösten.

Ein Tipp für Eltern und als Geschenk fürs nächste Familientreffen perfekt geeignet.

Bewertung vom 05.01.2021
Waterlily
Deloria, Ella Cara

Waterlily


ausgezeichnet

Die Autorin Ella Cara Deloria (1889 – 1971)wuchs im Spannungsfeld zwischen christlicher und indianischer Kultur auf. Sie studierte und betrieb als Ethnologin Feldforschung im eigenen Stamm. Sie hörte aus erster Hand noch von den großen Büffelherden und dem teilnomadischen Leben ihres Volkes. Sie erfuhr von Riten, Sitten und Stammesregeln.

Sie verarbeitete ihre Forschungen auch in einem Roman. „Waterlily“ erzählt aus der Sicht von zwei Frauen, Blue Bird und ihrer Tochter Waterlily, vom Leben der Yankton-Dakota. Obwohl etwas distanziert im Stil, berührte mich diese Geschichte außerordentlich. Deloria verdichtete ihre Forschungsergebnisse und so steht Waterlily für ein exemplarisches, indianisches Frauenleben. Noch kann ihr Stamm und ihre Familie nach alter Tradition leben, Berührungen mit den weißen Siedlern und Soldaten gibt es nur am Rande, aber die Gefahr, die von ihnen ausgeht ist deutlich zu spüren. Sie kommen in Kontakt mit Krankheiten, für diese keine Medizin und Abwehrkräfte haben, sie sehen voller Verwunderung, wie die Weißen ungezählte Büffel schießen, ohne sich um die Kadaver zu kümmern. Was für sie Nahrung und Wärme bedeutet, wird von den weißen Siedlern und Soldaten grundlos abgeschossen.

Aber es geht natürlich auch eine Faszination von diesen Fremden aus. Die Schusswaffen sind begehrte Objekte für die Krieger des Stammes, Kattun wird wegen der Farben und des feinen Gewebes von den Frauen sehr geschätzt und die Decken wärmen und sind viel leichter als die bisher verwendeten Tierhäute.

Ella Cara Deloria kann durch ihre Gespräche sehr unmittelbar vom beginnenden Untergang dieser großartigen Kultur berichten und verleiht ihrem Roman dadurch eine faszinierende Authentizität. Das ist ein Paradebeispiel für den Stellenwert von Oral History. Der Roman endet mit Waterlilys Leben als junger Frau, gern hätte ich noch mehr über sie erfahren.

Die Autorin erzählt sehr zurückhaltend, Freude, Trauer und dramatische Ereignisse im Leben ihrer Protagonistinnen wirken deshalb wie aus der Ferne erzählt. Nichts desto trotz, hat mich der Roman und auch die Lebensgeschichte der Autorin gefesselt.

Schön, dass der Palisander Verlag diesen Text nun auch in Deutschland zugänglich macht.

Bewertung vom 02.01.2021
Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels
Kiechle, Marion;Gorkow, Julie

Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels


sehr gut

Ohne dass ich meine Ernährungsgewohnheiten oder mein Sportprogramm geändert hatte, begann ich während der Wechseljahre Gewicht zuzulegen. Meine Ärztin meinte lapidar, das läge am Fettstoffwechsel.
Genau deshalb hat mich das Buch „Die geheime Kraft des Fettstoffwechsel“ angesprochen. Ich möchte nicht irgendeine weitere Diät ausprobieren, die doch nur zum Jojo-Effekt führt, ich möchte auf einfache Weise meine Ernährung so anpassen, dass der Fettstoffwechsel ideal zu meinem Alter passt.
In diesem Buch finde ich Grundlagen, einfach erklärt und mit vielen Grafiken und Zeichnungen anschaulich dargestellt. Die Funktion der unterschiedlichen Fettzellen, weißes und braunes Fett, gesundes und ungesundes Fett fand ich einleuchtend. Was der Fettstoffwechsel für meinen Körper bedeutet und wie ich ihn mit einfachen Mitteln ankurbeln kann, habe ich so noch nicht kurz und bündig zusammengefasst gefunden. Es werden krankhafte Fettstoffwechsel angesprochen, Auswirkungen von Zucker und tierischen Fetten usw. Gesunder Schlaf, gesunde Psyche – alles hängt mit dem Fettstoffwechsel zusammen.
Sogar die Auswirkungen von Fettabsaugen und medizinischen Eingriffen wird angesprochen.
Der Rezeptteil war mir gar nicht so wichtig. Dass Quarkaufstriche gesünder als Butter sind, ebenso dass pflanzliche Öle den tierischen Fette vorzuziehen sind, ist ja nicht neu. Ich glaube eigentlich nicht, dass es da bei interessierten Lesern noch Wissenslücken gibt. Auch werde ich jetzt nicht zum Tofu oder Seitan-Fan. Aber ich wie ich grundsätzlich die Ernährung anpassen kann, wird mir wieder in Erinnerung gerufen und auf den Punkt gebracht. Ich finde die Zusammenfassung sehr einleuchtend und schlüssig und werde sicher immer wieder das eine oder andere Kapitel vornehmen, wenn sich alte Gewohnheiten einschleichen.
Wenn ich dann als Nebeneffekt auch noch einige Kilos verliere, werde ich das gern mitnehmen.