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Bella von www.bellaswonderworld.de
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Karlsruhe
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Ich bin 31 Jahre alt und mein größtes Hobby ist das Lesen. Ich verschlinge alle möglichen Titel querbeet durch die verschiedensten Genres. Meine Leseleidenschaft teile ich mit anderen Lesebegeisterten auf meinem Blog www.bellaswonderworld.de

Bewertungen

Insgesamt 1143 Bewertungen
Bewertung vom 09.06.2021
En Garde!
Zuttion, Quentin

En Garde!


ausgezeichnet

Meine Meinung

Die Facetten im Comic-Bereich sind äußerst vielfältig und so findet man nicht nur actionreiche Superhelden-Storys, unterhaltsame Fantasy oder Biographien, sondern auch durchaus Ausgaben in denen schwerere Themen, wie in diesem Fall sexuelle Gewalt, angegangen werden. Durch das kunstvolle Medium Comic erhält man einen außergewöhnlichen, berührenden und emotional ergreifenden Zugang zu dem Sujet.

Quentin Zuttion rückt in seinem Werk »En Garde!« die Geschichten dreier Frauen in den Fokus, die auf verschiedene Weise sexuelle Gewalt erfahren haben und nun in einem einjährigen therapeutischen Fechtkurs ihr Trauma aufarbeiten.

Die Wirkung der Geschichte entfaltet sich über die eindringlichen Illustrationen des Künstlers, die ohne viel Text auskommen und gerade dadurch eine besonders fesselnde Sogwirkung entwickeln. Nicht zuletzt trägt die minimalistisch gewählte Farbpalette für eine eindringliche Atmosphäre bei, die die Ängste der Frauen auf das Papier bannt.

Bei dem Fechtkurs lernen sich Lucie, Tamara und Nicole kennen und bei jeder hat sich ein anderer Reaktionsmechanismus durch die Gewalterfahrung in Gang gesetzt. Während die eine vor lauter Angst vor ihrem Ex-Mann mit einem Messer unterm Kopfkissen schläft, versucht die andere mit ihrer draufgängerischen und wütenden Art ihr Trauma und den Schmerz zu übertünchen und eine zieht sich immer mehr in sich selbst zurück bis jegliches Selbstwertgefühl zu verschwinden droht.

Gemeinsam und mit der Entwicklung, die sich mithilfe des therapeutischen Fechtens zu zeigen beginnt, kämpfen die Frauen um eine Zukunft, in der sie frei und glücklich leben können. Doch dafür müssen sie noch einmal all den Schmerz und die Auswirkungen auf ihre Familie hochholen und die Geschehnisse verarbeiten. Die Heilwirkung entfaltet sich zusehends und man kann verfolgen, wie die Frauen lernen bewusster mit ihren Gefühlen umzugehen, Angst zu überwinden und dadurch neuen Lebensmut schöpfen.

Der Zeichenstil von Quentin Zuttion ist skizzenhaft und durch eine feine Linienführung geprägt, die besondere Note bekommen die Illustrationen durch eine verwaschene Kolorierung verliehen. Richtig gut gefallen hat mir, dass die Panels nicht durch scharfe schwarze Linien getrennt wurden, sondern über einen weicheren Übergang in den Weißraum eingehen.

Fazit

»En Garde!« ist ein wegweisendes Werk, das sicherlich betroffenen Frauen einen möglichen Ausweg aufzeigen kann, aber auch Personen im Umfeld von Opfern sexueller Gewalt zu mehr Verständnis verhilft.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 04.09.2020

Bewertung vom 09.06.2021
Gwenpool schlägt zurück
Williams, Leah;Baldeon, David;Hastings, Christopher

Gwenpool schlägt zurück


sehr gut

Meine Meinung

In der Mini-Comic-Serie »Gwenpool schlägt zurück« erhält die Titelheldin Gwendolyn Poole eine letzte Chance, um nicht von den anderen Superhelden-Comics mit (zumeist) männlichen Superhelden verdrängt zu werden.

Gar kein leichtes Unterfangen, denn Gwen verfügt über keine richtige Superkraft, ist sich jedoch im Gegensatz zu ihren Superhelden-Kolleg*innen bewusst, dass sie in einem Comic steckt. Diesen Vorteil nutzt Gwenpool und beeinflusst damit den Verlauf ihrer Geschichte, indem sie ihr Wissen über das Comicverse verwenden, im Weißraum zwischen den Panels verschwinden und auf beliebige Comics und deren Held*innen zurückgreifen kann.

Comic-Szenaristin Leah Williams hat sich der Aufgabe gestellt und einen humorvollen Plot kreiert, der sich Gewns Kampf um das Überleben in der Comic-Welt annimmt. Sogar Gwenpool Schöpfer Christopher Hastings erhält einen Auftritt, der wundervoll schräg von Zeichner David Baldeón in Bildern eingefangen wurde. Die cartoonesken Illustrationen haben mir wirklich gut gefallen, denn sie passen einfach herrlich gut zur witzigen Grundnote der Story.

Gwenpool hat sich mehrere Pläne zurechtgelegt, um nicht endgültig aus der Comic-Welt gestrichen zu werden, dabei greift sie nach jedem Strohhalm, der sich ihr bietet. Zunächst versucht sie sich von Spiderman beißen zu lassen, in der Hoffnung so an richtige Superkräfte zu kommen und demaskiert den guten Peter Parker dabei fast. Dann holt sie sich Unterstützung bei Deadpool, der ihr mit einem Einbruch bei den Fantastic Four hilft, für Aufsehen zu sorgen, schließlich kommt es zu einem Kuss zwischen Gwen und dem verheirateten Reed Richards.

In ihrem letzten Versuch sich der Comic-Leserschaft schmackhaft zu machen, baut sie darauf als Böse Gwenpool beliebter zu sein und ruft das halbe Marvelverse für ein Finale zusammen, das bei ihrem Kampf gegen Hulk als Zeuge fungiert. Ob das alles genügt für den Start einer weiteren Gwenpool Solo-Story? Mich hat die kurzweilige Geschichte auf jeden Fall unterhalten und ich mochte die flapsige Art der Titelheldin sofort. Allerdings hätte ich mir etwas weniger Gejammer (dieses ständige „Mimimi“ wollte einfach nicht zu ihrer tatkräftigen Art passen) und mehr Tiefgang erwartet.

Fazit

Eine Comicverrückte, die selbst zur Comic-Figur wird, schon alleine das liefert den Grund, Gwenpool kennenlernen zu wollen. Die abgefahrene Story liest sich wie ein parodistischer Mix, dem jeglicher Funke Ernsthaftigkeit fehlt. Genau das richtige für alle die nach einer witzigen und unterhaltsamen Zerstreuung suchen.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 03.09.2020

Bewertung vom 07.05.2021
Infidel
Pichetshote, Pornsak

Infidel


sehr gut

Meine Meinung

Der Thai-Amerikaner Pornsak Pichetshote sammelte jahrelang Erfahrung als leitender Redakteur beim Comic-Verlag Vertigo und schrieb nun seine erste eigene Geschichte, eine moderne und politisch geprägte Spukhaus-Geschichte mit dem Titel »Infidel« (deutsch: Ungläubiger/ungläubig/gottlos/irrgläubig), ohne zu ahnen, wie aktuell seine Story angesichts der »Black Lives Matter Bewegung« sein würde. Der Zeichner Aaron Campbell stellt mit diesem Werk seine erste eigenständige Arbeit vor, die von Kolorist José Villarrubia eindrucksvoll in Farbe gekleidet wurde.

Das Vorwort der Autorin und Pädagogin Tananarive Due, welche als Filmhistorikerin mit Erfahrung im Bereich »Black Horror« bekannt ist und mit dem American Book Award ausgezeichnet wurde, stimmt auf die kommende Geschichte über ein Spukhaus verknüpft mit dem vielseitigen Schichten vom Horror des Rassismus ein.

Die Geschichte basiert auf einem klassischen Spukhaus-Szenario, doch die Protagonisten sind nicht wie in den meisten solcher Storys Weiße, sondern PoC (People of Color) und der Plot wird mit politischen sowie kulturellen und religiösen Einflüssen unterfüttert. In erster Linie geht es um die junge Pakistani-Muslima Aisha, welche mit ihrem Freund und seiner Tochter Kris zu dessen Mutter Leslie zieht. Die Stimmung gegenüber Menschen aus anderen Kulturen ist momentan sehr angespannt, denn im Hochhaus gab es eine Bombenexplosion, die sich auf einen arabischen Bewohner zurückverfolgen lässt und sogleich als Terroranschlag verbucht wurde. Aisha ist den täglichen Rassismus gewöhnt, auch wenn dieser nun verstärkt hervortritt, und möchte Leslie nach diesem Vorfall nicht alleine in der Wohnung lassen.

Doch schon bald bekommt Aisha schreckliche Albträume. Sie schläft schlecht und leidet unter ständiger Müdigkeit durch den Schlafentzug. Als sie auch am helllichten Tag Horrorvisionen, geboren aus Fremdenhass und Angst, verfolgen, spitzt sich die Lage dramatisch zu. Ihre beste Freundin Medina ist Afro-Amerikanerin und zieht ebenfalls in das Haus und als sie bemerkt, dass etwas mit Aisha nicht stimmt, ist es auch schon zu spät…

Der Stil der Illustrationen von Aaron Campbell sticht besonders durch die Verwendung verschiedener Zeichenmaterialien wie Gouache, Kohle und Buntstift hervor und zeichnet sich durch teilweise kritzelige Schraffierungen und eine gestochen scharfe Mimik der Protagonisten aus.

Auch wenn es im Medium »Comic«, das ohne Ton und pointierte Schnitte auskommen muss, um einiges schwieriger ist gruselige Schockmomente und eine Atmosphäre die das Blut in den Adern gefrieren lässt zu kreieren, hat das künstlerische Team hier hervorragende Arbeit geleistet. »Infidel« ist nämlich garantiert nichts für schwache Nerven und sorgt mit einem Zusammenspiel aus düsteren Illustrationen bei denen ordentlich Blut fließt und eindringlichen Farben für Gänsehaut-Momente.

In der Geschichte gibt es immer wieder Cuts zwischen Traum, Gegenwart und Vergangenheit was durch verschiedene Stile kenntlich gemacht wird. Manchmal wird recht temporeich zwischen den Fäden gewechselt, sodass man auf jeden Fall mit genügend Aufmerksamkeit an die Lektüre herangehen sollte. Comic-Einsteiger könnten es mit diesem Band daher etwas schwieriger haben. Dennoch möchte ich diese unglaublich geschickt gestrickte Geschichte, in der klassischer Horror mit einer wichtigen politischen Botschaft und fein ausgearbeiteten Charakteren verschmilzt, einfach jedem der nicht zart besaitet ist ans Herz legen.

Das Nachwort von Comic-Künstler Jeff Lemire sowie ein umfangreiches Making-Of, welches einen Einblick von der Bewerbung bis hin zum Entstehen des Covers gewährt, rundet diese wundervolle Hardcoverausgabe ab.

Fazit

Moderner Spukhaus-Horror, der sich perfekt in die gegenwärtige Zeit einfügt und zudem mit einer facettenreichen Darstellung vom Rassismus in der heutigen Gesellschaft besticht.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 29.08.2020

Bewertung vom 07.05.2021
Liber Thanatamor
Rödel, Dirk-Boris

Liber Thanatamor


sehr gut

Meine Meinung

Der deutsche Journalist und Kulturwissenschaftler Dirk-Boris Rödel legt mit der Kurzgeschichtensammlung »Liber Thanatamor« sein Debütwerk vor und vermag sogleich mit siebzehn kurzweiligen Erzählungen in seinen magischen Bann zu ziehen.

Die Geschichten sind teilweise in der Gegenwart angesiedelt, entführen aber auch in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs oder sogar an vollkommen mystische Orte. Dirk-Boris Rödel berichtet über Menschen, Hexen, Geister, Vogelscheuchen, Waldmänner, Landsknechte den Fährmann und einiges mehr. Mysteriöse Ereignisse, Flüche und Legenden sind dabei ebenso essenziell wie Familie sowie die Werte Freundschaft und Liebe.

In den Erzählungen scheint auch immer wieder eine Verbundenheit zur Natur hindurch, so wird in »Der Waldmann und die Vogelscheuche« der immer kleiner werdende Lebensraum Wald für Tiere in Szene gesetzt und mit einer magischen Note versehen.

Hexerei, Okkultismus, Liebe und Tod sind die zentralen Themen der Geschichten, die durchweg fesselnd erzählt werden, zum Nachdenken anregen und auch subtile Gruselmomente bereithalten. Einige der Geschichten erinnerten mich an die TV-Serie »X-Factor: Das Unfassbare« aus den 90ern, da sie genau die gleiche realistisch-mystische Atmosphäre versprühen und in ihnen die Linie zwischen Fiktion und Realität verschwimmt. Kann es sich nicht wirklich so zugetragen haben, dass sich eine verstorbene Seele eines kleinen Jungen bemächtigt, um etwas abschließen zu können und dadurch Frieden zu finden?

Dirk-Boris Rödels Geschichten sind durch die verschiedensten Einflüsse geprägt, so kann man »Erlkönigs Tochter« als moderne Interpretation der Ballade von Johann Gottfried von Herder erkennen und »Gjöll« greift Fragmente aus dem Nibelungenlied auf. Durch diesen Abwechslungsreichtum entsteht ein magisches Potpourri, das unterhält und keine Langeweile aufkommen lässt.

In einigen Geschichten geht es recht lustig zu, so muss in »Moppelfee« ein dicklicher Kobold mit Berliner Dialekt als gute Fee Sozialstunden ableisten und gerät dabei mit dem glücklichen Wunschempfänger in einen weniger erfreulichen Dialog und in »Die Kekshexe« steht eine schusselige Hexe kurz vor dem Ausschluss aus ihrem Zirkel, da sie nicht nur unpünktlich ist, sondern auch schon so einige Zauber vergeigt hat. Doch mit ihren mitgebrachten und zugegebenermaßen recht improvisierten Weihnachtskeksen in Häschenform kann sie das Blatt doch noch zu ihren Gunsten wenden.

Zwei Geschichten sind unter dem Kapitel »Visionen« enthalten, auf mich wirkten diese sehr diffus und ich konnte nicht wirklich etwas damit anfangen. Somit waren das die einzigen Texte der Anthologie, die mich nicht überzeugen konnten.

Den Gesamteindruck konnte das jedoch nicht großartig beeinträchtigen, da man die Liebe zum Geschichten erzählen, für das Magische und Übernatürliche zwischen den Zeilen spürt aber auch die Bezüge zur Realität (ähnlich wie bei Fabeln) erkennbar sind. Meine absolute Lieblingsgeschichte ist »Das Einhorn von Magdeburg«, denn hier geht es um eine schicksalshafte Begegnung zwischen einem verletzten Mädchen und einem Landsknecht im Dreißigjährigen Krieg. Unschuld trifft auf Sünde und in dieser Kombination geht das Erzählte tief unter die Haut!

Fazit

Dirk-Boris Rödels magische Geschichten sind die perfekte Untermalung für sommerliche Abende am Lagerfeuer.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.08.2020

Bewertung vom 07.05.2021
Marvel Must-Have: Civil War
Millar, Mark;McNiven, Steve

Marvel Must-Have: Civil War


ausgezeichnet

Meine Meinung

Die Comic-Serie »Civil War« von Mark Millar und Steve McNiven zählt zu den erfolgreichsten Events des Marvel Universums und wurde nun in einem schicken Hardcover der Reihe »Marvel Must-Have« vom Panini Verlag noch einmal herausgebracht. Die perfekte Gelegenheit für mich dieses opulente Spektakel in dem es heißt »Superhelden vs. Superhelden« in Augenschein zu nehmen.

Autor Mark Millar ist mit dieser Geschichte ein Geniestreich gelungen, denn hier vereinen sich Action, Spannung und Story zu einer explosiven Symbiose der man sich nicht entziehen kann. Durch eine Katastrophe, die zahlreiche Opfer forderte, stehen die Superhelden in der Kritik. Die Forderungen nach einer Registrierungspflicht werden immer lauter und dies spaltet die Helden in zwei Lager, angeführt von Iron Man, der eine demokratische Lösung zum Wohle aller finden möchte und Captain America, der für die Freiheit und Eigenverantwortung einsteht.

In einer abgewandelten Variante konnte man 2016 unter dem Titel »The First Avenger: Civil War« eine ähnliche Konstellation als Blockbuster im Kino erleben. Auch hier stehen sich Tony Stark alias Iron Man und Steve Rogers alias Captain America auf zwei unterschiedlichen Seiten gegenüber, denn die Avengers sollen nicht mehr als private Organisation agieren dürfen und der UN unterstellt werden.

Dieser fesselnde Plot entfaltet nicht nur im Film eine Sogwirkung, sondern besonders im Comic wird die Szenerie authentisch dargestellt und mit den Zeichnungen von Steve McNiven in cineastischen Panels zum Leben erweckt.

Es war unglaublich beeindruckend mitzuverfolgen wie die Freundschaften gespalten werden, welcher Superheld sich auf wessen Seite des Konflikts positioniert und wie das Ereignis sogar Familien (wie die der Fantastic Four) auseinandertreiben kann. Die Geschichte ist schon unglaublich gut gestrickt, doch das Ende wartet dann erst mit so einem richtigen Knaller auf!

Fazit

Ein großartiger Comic mit geballten Allianzen und einem aufsehenerregenden Kampf Superhelden gegen Superhelden.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 26.08.2020

Bewertung vom 07.05.2021
Aristophania. Band 2
Dorison, Xavier

Aristophania. Band 2


ausgezeichnet

Meine Meinung

In »Der verbannte König« führen Xavier Dorison und Joël Parnotte die phantastische Geschichte von Aristophania und den Francoeur Sprößlingen Basile, Victor und Calixte weiter und ziehen mit einer düsteren und spannenden Entwicklung erneut in den magischen Bann ihrer Welt im Frankreich des 19. Jahrhunderts.

Adèle Francoeur wird bei der Überführung in ein anderes Gefängnis von einem mysteriösen Mann mit Zylinder, der »Der verbannte König« genannt wird, befreit und ihrer Kraft bestohlen im Reich Azur zurückgelassen. Nun haben die Kinder zwar ihre Mutter zurück, doch um diese von der Macht des Calamyrh zu befreien, müssen sie sich mit dem dunklen Hof anlegen, und um überhaupt eine Chance gegen einen aufkeimenden Krieg gegen den verbannten König zu haben, unbedingt die Morgenrot-Quelle finden. Die Königin von Azur möchte jedoch nicht das immense Risiko eingehen und gewährt Aristophania und den Kindern daher nur sieben Tage Zeit, um zu beweisen, dass die Kinder dazu im Stande sind.

Der positive Eindruck den ich vom ersten Band »Das Reich Azur« gewinnen konnte, wurde von Xavier Dorisons fesselndem Storytelling noch weiter verstärkt. Die herzliche alte Dame besticht mit ihrem klugen Charme, Mitgefühl und natürlich ihren magischen Kräften die immer wieder in Staunen versetzen. Außerdem begegnet sie der Abneigung der Bauern gegenüber allem Außergewöhnlichen mit stoischer Gelassenheit und eilt mit ihren heilenden Kräften zur Hilfe.

Das stimmige Artwork von Joël Parnotte erledigt dann den Rest und macht diese Comic-Fortsetzung zu einem rundum gelungenen Leseerlebnis. Die detaillierten Illustrationen sind der Wahnsinn und vor allem die ausdrucksstarken Gesichter brennen sich im Gedächtnis ein. Durch die großzügige Einsetzung von Schraffuren und dem zumeist düster gehaltenen Farbkonzept, welches zwischendurch mit frischen Grün- und Blautönen durchbrochen wird, wird eine dichte Atmosphäre erzeugt die perfekt zum märchenhaften Inhalt mit gesellschaftskritischen Einflüssen passt.

Bei diesem Comic handelt es sich um den zweiten Band einer 4-teiligen Reihe, die in sich abgeschlossen ist. Deshalb eignet sich »Aristophania« wunderbar als Objekt für Comic-Neueinsteiger, obwohl dieser Folgeband mit etwas mehr Text aufwartet. Durch übersichtlich angeordneten Panels lässt sich dennoch dem Handlungsverlauf leicht folgen.

Die Handlung hat nun so richtig an Fahrt aufgenommen und viele Fragen aufgeworfen, sodass ich es jetzt schon kaum erwarten kann zu erfahren wie es weitergehen wird. Der dritte Teil wird im April 2021 unter dem Titel »Die Morgenrot-Quelle« erscheinen.

Fazit

Ein märchenhafter Comic mit einer unglaublich bestechenden Titelheldin. Ich bin absolut begeistert!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 25.08.2020

Bewertung vom 07.05.2021
Vaters Wort und Mutters Liebe
Wähä, Nina

Vaters Wort und Mutters Liebe


sehr gut

Beschreibung

Siri und Pentti Toimi haben mit ihren zwölf (noch lebenden) Kindern eine wahre Großfamilie gegründet und sind auf einem Hof im finnischen Tornedal zu Hause. Die Mutter ist eine gutmütige Person, die ihre Kinder liebt, wenn auch nicht alle im gleichen Maße, während der herrischen Vater ein Klima von Angst und Schrecken verbreitet. Die meisten der zwölf Kinder sind bereits erwachsen und haben schon früh ihr Elternhaus verlassen, um ihr Leben im weit entfernten Stockholm oder sogar Helsinki zu führen. Doch die starke Verbindung zu ihrer Mutter zieht sie immer wieder nach Hause, so auch an diesem Weihnachten, nach dem sich alles verändern soll…

Meine Meinung

Die schwedische Autorin Nina Wähä hat mit »Vaters Wort und Mutters Liebe« einen faszinierenden Familienroman geschrieben, der auf mich eine unheimliche Sogkraft ausgeübt hat. Die Geschichte handelt von einer Familie mit zwölf Kindern, die im finnischen Tornedal auf einem Bauernhof leben, und stellt insbesondere die Beziehung der Geschwister untereinander, deren teilweise toxisches Verhältnis zu ihren Partner*innen und die Verbindung der Eltern in den Fokus.

Das Cover ziert nicht, wie man von weitem vermuten könnten, romantische Blumen, sondern durch ihre Schwänze verknotete Ratten. Dieses Phänomen gibt es tatsächlich in der Natur, man nennt es »Rattenkönig«.

Liest man den Roman wird der Bezug von Kapitel zu Kapitel deutlicher, und dann ist da auch noch die älteste Tochter Annie, die zum Großteil durch die Geschichte führt und sich und ihre Geschwister als Rattenschar beschreibt, die vom Rattenkönig gerufen wird.


Nina Wähä räumt in ihrem Roman tatsächlich alle Protagonisten Platz ein und zeichnet damit ein detailliertes Gesamtbild der Mikrosphäre Familie. Gerade zu Beginn verliert man leicht den Überblick über die zahlreichen Familienmitglieder, sodass die abgedruckte Dramatis Personae zu Beginn sowie das beiliegende Lesezeichen von großem Nutzen sind. Die Geschichte trägt sich vor allen Dingen in den 1980er Jahren zu, ausgehend von einer großen Familienzusammenkunft und einem schweren Unfall des jüngsten Toimi-Sprösslings, der die Dinge ins Rollen bringt. In den geschickt eingeteilten Kapiteln sind die Übergänge kaum spürbar und es werden schonungslos alle Seiten des Lebens zutage gebracht, egal ob es sich um Sexualität, Gewalt, Tierquälerei, Alkoholmissbrauch oder die durchweg kaputte Psyche der Protagonisten handelt. Aber auch die Vergangenheit der einzelnen Kinder sowie die Geschichte ihrer Eltern, die bis zum Krieg und dem elenden Hunger in dieser Zeit zurückreicht, wird beleuchtet.

Als Einzelkind war es für mich besonders spannend die Entwicklung zwischen den Geschwistern zu verfolgen, die sich durch ihren (teilweise) ziemlich großen Altersunterschied zu Bündnissen zusammenschließen, eine dementsprechend mehr oder weniger innige Beziehung zueinander haben, und es wird zudem dargestellt wie sich die Bindungen und Loyalitäten im Laufe der Zeit verändern oder einen Bruch erleiden können.


Bei den zahlreichen authentisch gezeichneten Charakteren kristallisierte sich Mutter Siri als meine Lieblingsprotagonistin heraus und ich habe wirklich mit ihr mitgefiebert und so sehr für sie gehofft, dass sie Ausbrechen und zu neuen Ufern aufbrechen kann. Ihr sanftes und unerschütterliches Gemüt, das die ganze Familie zusammenhält, hat mich tief beeindruckt. Ebenso prägend wie Siris Persönlichkeit ist die Herkunft und das Aufwachsen auf einem Hof weit weg von der städtischen Gesellschaft, welche eine deutliche Nuance in der Geschichte einnimmt und ganz nebenbei zusätzlich Wissen über den Norden vermittelt.

»Vaters Wort und Mutters Liebe« ist ein komplexes Familienepos das sich gut weglesen lässt und packende Momente bereithält, zwischendurch jedoch auch die ein oder andere Länge mit sich bringt.

Fazit

Ein intelligent erzählter Roman über Familie, Herkunft und das Leben selbst.

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© Bellas Wonderworld; Rez

Bewertung vom 07.05.2021
Fahrenheit 451
Bradbury, Ray

Fahrenheit 451


ausgezeichnet

Beschreibung

Guy Montag ist Feuermann. Anstatt Brände zu löschen, ist die Feuerwache dafür zuständig, Brände zu legen und bei ihren Einsätzen jeden Buchbesitzer vor dem gefährlichen Medium des Wissens zu befreien. Die Menschen werden durch seichtes Entertainment und stetige Berieselung unter Kontrolle gehalten. Doch als Guy mit einer neuen Nachbarin, einem siebzehnjährigen Mädchen, das verrückt zu sein scheint ins Gespräch kommt, und selbst beginnt in den streng verbotenen Büchern zu lesen, beginnt er sich dem Regime zu widersetzen.

Meine Meinung

Der zeitlose Klassiker »Fahrenheit 451« von Ray Bradbury existiert in zahlreichen Übersetzungen und Ausgaben. Wäre der Autor nicht 2012 verstorben würde er am 22. August 2020 seinen 100. Geburtstag feiern – zu diesem Jubiläum ist die dystopische Zukunftsvision Bradburys in einer Neuübersetzung von Peter Torberg im Diogenes Verlag erschienen.

In dem zuerst 1953 veröffentlichten dystopischen Science-Fiction-Roman zeichnet Ray Bradbury eine schauderhafte Zukunftsvision, die auch heute nichts an Aktualität eingebüßt hat. Besonders für Buchliebhaber*innen ist es ein Grauen, sich die Vorgänge in »Fahrenheit 451« zu vergegenwärtigen, denn hier ist Lesen und der Besitz von Büchern strengstens verboten. Wird bekannt, dass jemand doch noch Literatur besitzt, rückt Guy Montag mit seinen Feuermann-Kollegen aus und setzt die Buchseiten in Brand, die sich dem Titel zu Folge bei 451 Grad Fahrenheit (ca. 233 Grad Celsius) entzünden.

Die Geschichte ist zwar recht einfach gehalten, doch Bradbury trifft mit seinen Worten und subtiler Spannung gezielt in das Mark der Menschen und der Gesellschaft und gibt mit seinem Buch den Anstoß, sich selbst zu hinterfragen und nachzudenken. Lassen wir uns genau wie seine Charaktere von der nichtssagenden Unterhaltung die uns das Fernsehen, Radio und Internet liefert berieseln und setzten uns der Gefahr zu verblöden aus, ohne sich noch die geringste Mühe für eigene Gedanken zu machen? Sind wir genauso teilnahmslos wie Guy Montags Frau, die in einer vollkommenen Traumwelt lebt und am wahren Leben nicht mehr teilnimmt?

Guy Montag bricht jedoch aus der Kontrolle des Regimes aus, entzieht sich der Verdummung der Menschheit durch Fernsehwände, die die eigene Familie ersetzen und Ohrmuscheln, die einen durch hypnotisches Gebrabbel in eine Lethargie verfallen lassen. Dieser Ausbruch gibt Hoffnung darauf, dass es nicht zu spät ist, wenn wir nur damit beginnen alles zu hinterfragen.

Fazit

Mit seiner immensen Wortgewalt und der frappierenden Horrorvorstellung, dass ein solches Szenario tatsächlich möglich sein könnte, vermag »Fahrenheit 451« auch noch nach über 60 Jahren nach seiner Erstveröffentlichung zu fesseln. Dieser Klassiker ist ein absolutes MUST-READ!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 17.08.2020

Bewertung vom 07.05.2021
Magieflimmern / Krone der Dunkelheit Bd.2 (eBook, ePUB)
Kneidl, Laura

Magieflimmern / Krone der Dunkelheit Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Beschreibung

Prinzessin Freya hat ihren Bruder im Land der Fae gefunden und kehrt nun zurück nach Thobria, um sich dort dem Leben am Hof zu stellen. Als zukünftige Königin soll sie schon bald verheiratet werden. Doch die strengen Regeln und Verbote am Hof engen sie schon jetzt ein. Larkin befindet sich auf der Flucht und zieht als helfende Hand durch die Lande, die Angst, erkannt zu werden, immer im Gepäck.

Nachdem die Krönung des Fae-Prinzen Kheeran durch ein gescheitertes Attentat nicht vollzogen werden konnte, breiten sich die Unruhen unter dem Volk der Unseelie weiter aus, während die Wächter-Novizin Ceylan und der Halbling Weylin als Verdächtige im Kerker einsitzen.

Meine Meinung

Laura Kneidl knüpft in »Magieflimmern« die Handlungsfäden der Tetralogie »Die Krone der Dunkelheit« weiter und hält sich nicht lange mit Rückblenden auf. Am besten ist es daher, wenn einem die Ereignisse aus dem ersten Band noch frisch im Kopf sind und keine allzu lange Zeit zwischen dem Lesen der Bücher liegt.

Das klassische High-Fantasy Setting und die weitere Entwicklung der einzelnen Charaktere hat mir regelrecht durch die Story getragen, sodass ich die Geschichte regelrecht verschlungen habe. Geschickt eingefädelte Cliffhanger tragen einen von Kapitel zu Kapitel und besonders gut gefallen hat mir, das die Autorin nun etwas mehr über den séakischen Piraten Elroy preisgibt.

Die Verquickung der Handlung mit den Intrigen der Seelie hätte in meinen Augen allerdings etwas mehr Raum vertragen können. Meine Hoffnung ist, dass dies in den nächsten Bänden noch vertieft werden wird und wir Leser*innen endlich etwas mehr über den Hintergrund und die Beweggründe der Seelie-Königin Valeska erfahren.

Im Ganzen betrachtet hat mich die Entwicklung der facettenreichen Fantasy-Geschichte gut unterhalten, und vor allen Dingen die Abschnitte über Ceylan und Kheeran konnten mich begeistern. Am Ende wurden allerdings mehr neue Fragen aufgeworfen, als alte beantwortet und so hoffe ich sehr, dass die Fortsetzung »Schicksalsklinge« nicht lange auf sich warten lässt.

Fazit

Eine unterhaltsame Fortsetzung, deren Entwicklung die Neugier auf den weiteren Verlauf befeuert.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 15.08.2020