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bolie
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Langscheid

Bewertungen

Insgesamt 870 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2023
Der Waisenjunge und der Kardinal
Stolle, Michael

Der Waisenjunge und der Kardinal


sehr gut

Es ist im Jahr 1640, als Pierre und Armand in einer Klosterschule bei Reims eng befreundet sind. Pierre hat eine traurige Zukunft vor sich. Seine Mutter starb und sein Vater ist unbekannt. So wird er wohl bis zum Lebensende im Kloster bleiben müssen. Dabei hat er es jetzt schon nicht leicht, wenn er sich von den Annäherungsversuchen des Priesters und Lehrers „Bruder Jeronimus“ wehrt. Dieser hat nämlich Gefallen an ihm gefunden und lädt ihn kurzerhand zu „Privatstunden“ in seiner Klause ein. Tja, was macht der gewitzte Pierre? Er täuscht Durchfall vor und rettet sich auf diese Weise vor den Annäherungsversuchen. Erst mal. Und kurz danach macht Armand ihm einen Vorschlag, der zwar gefährlich ist, den er aber nicht abschlagen kann.

Sein Dasein in einem „christlichen“ Jungeninternat zu fristen, das ist wahrlich kein einfaches Unterfangen. Wie mag es im Jahr 1640 den Jugendlichen in einer dieser Einrichtungen wohl ergangen sein? Pierre ist hier als Waise untergekommen und Armand widersetzte sich häufig den Anordnungen seines Vaters, der in der Klosterschule den Willen des Jungen brechen möchte. Die Abenteuer der beiden jungen Männer sind gefährlich. Immer wieder geraten sie an falsche Freunde, die ihnen nicht ohne Grund nach dem Leben trachten. Auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Dass dabei auf detaillierte Beschreibungen des Aktes verzichtet wurde, war für mich wohltuend.

Ein dicker Wälzer, der mir zu keiner Zeit langweilig wurde. Die abwechslungsreiche Sprache ließ mich eintauchen in eine Vergangenheit, die interessanter nicht sein konnte. Fäden, die gesponnen wurden, klar, alles zum Wohle der „Einzig wahren Kirche“, das war schon unglaublich. Politik war zu der Zeit ein Privileg des Adels und des Klerus. Nicht immer sind es Fakten, die der Autor dokumentierte. Aber das ist seiner künstlerischen Freiheit geschuldet und störte mich keineswegs.

Bewertung vom 08.04.2023
Geliebte Kinder (eBook, ePUB)
Müller-Erichsen, Maren

Geliebte Kinder (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Autorin des Buches „Geliebte Kinder“ ist die Mutter von Olaf. Einem liebenswerten Jungen, der mit Trisomie 21 geboren wurde. Was sie damals, 1975 erlebte, das schildert sie in dieser Biographie. Sie beschreibt, wie ihre Umwelt auf die Geburt reagierte und mit welchen herabwürdigenden Kommentaren sie konfrontiert wurde.

Das wunderschöne Cover zeigt zwei fröhliche Kinder. Sie wollen leben und bereichern nicht nur das Leben ihrer Familie. Wie kann eine Gesellschaft es zulassen, dass 98% der Kinder mit DS (dem Down-Syndrom) abgetrieben, also im Mülleimer entsorgt werden? Selbst die sogenannte „Spätabtreibung“ ist gestattet. Aber zurück zum Buch. Frau Maren Müller-Erichsen erzählt vom Leben mit Olaf und auch ihren eigenen Lebensweg erwähnt sie. Nach dem ersten Schock wächst Olaf gemeinsam mit seinem größeren Bruder gut behütet, und vor allen Dingen gefördert auf.

Olaf hat das große Glück, dass sein Bruder ihn mit unter seine Fittiche nimmt. Er lehrt ihn sprechen und sie unternehmen sehr viel miteinander. Olaf kann ein selbständiges Leben führen, welches dann leider viel zu früh beendet wurde. Er starb am 08.04.2021 auf der Intensivstation im Uniklinikum Gießen. Das zu der Zeit grassierende tödliche Virus, war Schuld an seinem Tod.

Neben dem Leben Olafs erfährt der Leser auch einiges über die Anfänge der „Aktion Sorgenkind“ und seiner Einrichtungen. Heute heißt es „Aktion Mensch“ und die Initiative wächst zum Glück weiter. Zum Schluss schenkt die Autorin den Lesern auch einige Bilder von Olaf. Das Buch hat mich sehr berührt und zuweilen erbost. Es wäre so schön, wenn wir auch oder gerade Menschen annehmen könnten, die anders sind als die sogenannte „Norm“.

Bewertung vom 06.04.2023
Sylter Gier / Kari Blom Bd.8 (eBook, ePUB)
Tomasson, Ben Kryst

Sylter Gier / Kari Blom Bd.8 (eBook, ePUB)


sehr gut

Kari ist frustriert. Dieses Herumsitzen im Büro mag sie gar nicht. Viel lieber wäre sie wieder im Außendienst auf Sylt unterwegs. Schwangerschaft hin, Schwangerschaft her. Ihrem Krümelchen täte ein wenig Abwechslung auch gut. Da kommt der Auftrag ihres Chefs wie gerufen. Er vermutet, dass unter anderem in einem Schwangerschaftszentrum in Westerland Abrechnungsbetrügereien mit Krankenkassen stattfinden. Kari freut sich und Jonas Voss ist besorgt. Wer kann es ihm verdenken? „Sylter Gier“ ist ein weiteres Abenteuer der undercover Ermittlerin Kari.

Die vier Häkeldamen freuen sich sehr, dass Kari endlich wieder in ihre Mitte tritt. Alle sind davon überzeugt, dass die Recherche bald erledigt ist und sie sich schönen Dingen zuwenden können. Aber leider gibt es dann doch Komplikationen und es bleibt auch nicht bei einem Toten. Kari und ihre „Häkelmafia“ sollten aber aus vergangenen Abenteuern wissen, dass die Gefahr ihr ständiger Begleiter ist.

Das Buch lässt sich gut ohne Vorkenntnis lesen. Zwar nimmt die private Situation von Kari und Jonas viel Raum ein, die Autorin macht es aber leicht, der Story zu folgen. Wichtige Ereignisse aus der Vergangenheit erwähnt sie und stört dabei keineswegs den Lesefluss. Mit viel Humor, der mir zuweilen dann doch zu plump daherkam, und gut dosierter Spannung, machte das Lesen Freude. Ein Schmöker zum Ablenken. Sehr gut gefiel mir mal wieder die Beschreibung der Insel. Obwohl ich noch nie dort war, kenne ich mich fast schon gut aus.

Kari und die Häkeldamen ergänzen sich auf ihre Art perfekt. Der Arme Jonas tut mir bei den vielen Damen dann doch leid. Er hat es nicht leicht. Vier Sterne und eine Leseempfehlung gebe ich gerne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.04.2023
Nicht ohne meine Schwester
Marion, Kummerow

Nicht ohne meine Schwester


ausgezeichnet

Rachel Epstein, 17 Jahre alt, lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in einem Dorf und bisher verschlossen sie ihre Augen vor den Deportationen der Juden. Auf ihrem Hof hatten sie alles, was sie zum Leben brauchten. Bis dann eines Tages der Landrat Keller, ein strammer Nazi, ihre Eltern als Gefangene vom Hof holte. Zum Glück war Rachel mit ihrer kleinen Schwester, 4 Jahre alt, nicht zuhause. Sie wurden gewarnt und konnten vor den Häschern flüchten. Ihr Glück währte aber nicht lange. Schon bald wurden sie verhaftet und kamen 1944 ins Lager Bergen-Belsen. Bei ihrer Ankunft dort musste die kleine Mindel mit ansehen, wie Rachel von ihr fortgezogen wird. Sie weint und ruft, aber die Aufseher haben kein Verständnis für ihre Not. Dabei fühlte sich für sie die Gefangenschaft doch gar nicht so schlimm an, wenn sie zusammen wären.

Bergen Belsen besuchte ich vor vielen Jahren mit meinen Eltern. Ohne Vorbereitung oder Aufklärung durch die Schule. Diesen Schock beim Anblick der Fotos werde ich nie vergessen. Rachel und Mindel vegetierten also in diesem Lager dahin. Unter den wachsamen Augen der Aufseher und ohne jegliche Zuwendung. Besonders für die kleine Mindel war das kaum zu ertragen. Und die Große kam fast um vor Sorge. Und trotzdem wurden Freundschaften geschlossen. Wie wichtig diese zum Überleben waren, kann niemand nachempfinden, der es nicht selbst erlebte.

Marion Kummerow schrieb einige Bücher über die grausame Zeit des zweiten Weltkriegs. In diesem Band stellt sie ein Ehepaar vor, das sich für die Kinder im Lager einsetzte. Sie bemühten sich dabei, den Kleinen Liebe und Geborgenheit zu geben. Erstaunlich für mich, dass die Nazis ihnen das gestatteten. Es gibt also nicht nur Leid und Schmerz zu erlesen. Auch schöne Erlebnisse richteten die Gefangenen immer wieder auf und lockern die Geschichte der Mädchen ein wenig auf. So ist auch kurz erwähnt, dass Anne Frank und ihre Schwester zu den Freundinnen Rachels gehörten. Was mit Anne geschah, wir jedem bekannt sein, der Bücher zu ihrem Leben las.

Bewertung vom 01.04.2023
Im Bann des Bösen (eBook, ePUB)
Przyrembel, Alexandra

Im Bann des Bösen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ja, es gab wohl auch „nette“ Aufseherinnen in den Konzentrationslagern. Zu denen gehörte Ilse Koch aber nicht. Das belegen die Akten amerikanischer und deutscher Gerichte. Die Historikerin Alexandra Przyrembel zeigt in dem Buch "Im Bann des Bösen" den Werdegang Kochs. Von ihrem Eintritt in die NSDAP bis zu ihrem Suizid. Diese „Hexe von Buchenwald“ war der Schrecken vieler Gefangener und lebte selbst in Luxus und Sorglosigkeit, sehr nah an den Baracken der Gefangenen.

Kaum zu glauben, dass die Einwohner von Weimar damals nicht mitbekamen, was im Buchenwald vor sich ging. Zumindest die Stadtväter wussten es und es ist davon auszugehen, dass sie sich Vorteile durch ihr Schweigen erhofften. Ilse und ihr Ehemann kamen erst durch ihre Verbindungen ins Lager zu ansehnlichem Reichtum. Bis sie überhaupt heiraten durften, mussten sie ausführliche Befragungen über sich ergehen lassen. Die kamen vom „Sippenrat der SS“. Eine Institution, die ein wachsames Auge auf all ihre Mitglieder und deren hatte. Der einwandfreie Leumund und die Belege einer „reinen“ Rasse gestatten eine Heirat. Und diese durfte nicht in einer Kirche stattfinden.

„Das Christentum ist die Angelegenheit erbsündiger Menschen“, so hieß es damals. Auch die Hochzeitsfeier der Kochs wurde dem Brauchtum der Kelten angelehnt und nur mit SS-Kameraden veranstaltet. Die Gerichtsverhandlungen der Angeklagten Koch waren für etliche Deutsche ein Instrument zur eigenen Entlastung. Nach dem Motto: „Nein, so schlimm war ich aber nicht, oder Schau mal, was sie den Gefangenen antat“ ließ sie denken, dass sie zu den „Guten“ oder gar zum Widerstand gegen den Diktator gehörten.

Das Sachbuch hat eine sehr lange Einführung in die Geschichte. Es beleuchtet nicht nur den kleinen Kreis um Frau Koch und ihre Familie. Die ganze Situation damals wird aufgezeigt und es bedarf einer gewissen Stärke, dieses Sachbuch zu lesen. Wichtig ist es allemal. Wir, als nachfolgende Generation, dürfen nicht schweigend zusehen, wie Tendenzen rechter Gesinnung in unserer Gesellschaft Fuß fassen.

Bewertung vom 31.03.2023
Florentia - Im Glanz der Medici (eBook, ePUB)
Martin, Noah

Florentia - Im Glanz der Medici (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es sollte in rauschendes Fest werden. Lorenzo, der älteste Sohn der Eheleute Medici wird heiraten. Eine Römerin, die er noch nie sah. Guilamo, der jüngere Bruder von Lorenzo, holte sie nach Florenz. Obwohl er bei seinem Vater gar nicht gut gelitten war, verstand er sich mit seinem Bruder sehr gut. Die Medicis waren eigentlich die unangefochtenen Herrscher in Florenz. Warum nur eigentlich? Weil sie unter anderem von dem Clan der Pazzis verachtet und zuweilen sogar angegriffen wurden.

Fioretta Gorini ist die Tochter des Leibarztes der Medici. Sie verbrachte ihre Kindheit mit den beiden Söhnen und hatte lange ein inniges Verhältnis zu ihnen. Leonardo da Vinci, damals noch ein unbekannter Ausnahmekünstler malte immer mal wieder Familienangehörige der Medici und Fioretta schaute ihm dabei über die Schulter. Ihr inniger Wunsch war es, ebenfalls das Malen zu lernen und sich damit den Lebensunterhalt zu verdienen. Und wie passt nun der reiche Guilamo zu diesen jungen Menschen? Was verbindet die drei? Spannend und äußerst faktenreich berichtet die Autorin über das Leben im Florenz 1469. Gedanken, Sehnsüchte und Erwartungen unterscheiden sich kaum von jenen der heutigen Zeit.

Wie kann einem die Geschichte eines Landes eindrücklicher entgegengebracht werden, als durch einen gut recherchierten historischen Roman. „Florentia – Im Glanz der Medici“ ist solch ein Buch. Eintauchen in vergangene Tage, das konnte ich beim Lesen. Gleichzeitig erfuhr ich, in welcher Weise die „Heilige Mutter Kirche“ in Form des Papstes Einfluss auf das Leben ihrer Anhänger nahm. Brautpaare, die nur ganz selten aus Liebe zueinander fanden und Homosexuelle, die in abartiger Form verfolgt und sogar getötet wurden, das war damals normal.

Nicht nur die gute Recherche machen das Buch zu etwas Besonderem. Auch die abwechslungsreiche Sprache und der gehobene Stil ließen mich voller Begeisterung lesen. Viel mehr als die Höchstzahl der Sterne würde ich gerne geben. Fraglos ein Highlight im Lesejahr 2023.

Bewertung vom 31.03.2023
Durch das große Feuer (eBook, ePUB)
Winn, Alice

Durch das große Feuer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Neulich las ich bei Facebook, dass ein 13jähriger Junge Suizid beging. Er war homosexuell und wurde von seinen Mitschülern gemobbt. So sehr, dass er keinen Ausweg mehr wusste. Und das in unserer ach so aufgeklärten Welt im Jahr 2023. Wie mag es damals gewesen sein? Kurz vor dem Ersten Weltkrieg? In einem Eliteinternat unter lauter männlichen Jugendlichen? In England? Unvorstellbar, was die beiden Hauptpersonen in dem Buch „Durch das große Feuer“ erleiden mussten.

Henry und Sidney sind verliebt und scheuen sich vor der Realität, vor dem „Outing“. Sie befürchten, dass ihre Liebe in den Schmutz gezogen und von den Mitschülern verlacht wird. Dabei gibt es auch bei denen einige, die homosexuell sind. Als dann der Erste Weltkrieg ausbricht und Henry Gault sich freiwillig zum Dienst an der Waffe meldet, ist die unbeschwerte Zeit vorbei. Das Grauen ist wahr geworden. Wer nicht zur Front gerufen wird, ist ein Feigling, so war die einhellige Meinung der Unwissenden. Also meldet auch Sidney sich zum Kriegsdienst und hofft auf ein Wiedersehen mit seiner großen Liebe.

Nicht nur die Probleme der beiden jungen Männer sind realistisch und liebevoll beschrieben. Auch die schrecklichen Erlebnisse an der Front. Und das so bildhaft, dass ich sogar davon träumte. Alice Winn schrieb einen großartigen Antikriegsroman, der mitnimmt und mich immer noch beschäftigt. Wie gehe ich mit Vorurteilen um und wie reagiere ich auf Mitmenschen, die nicht in mein Bild der Welt passen? Fragen, die durch die Lektüre des Romans wach wurden. Meine Empfehlung ist klar, dass dieses Werk mit Sicherheit eine wertvolle Lektüre ist.

Bewertung vom 27.03.2023
Tödlicher Genuss / Die Hausboot-Detektei Bd.1 (eBook, ePUB)
Achterop, Amy

Tödlicher Genuss / Die Hausboot-Detektei Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Was macht ein Polizist, wenn er überraschend nach Hause kommt? Und seine Ehefrau im Bett mit seinem Kollegen und Freund vorfindet? Sagt er „Oh, fein. Dass du so viel Spaß hast, wenn ich arbeite“? Nein, das machte auch Arie nicht. Er holte seine Pistole aus dem Halfter und hielt diese seinem Konkurrenten an den Kopf. Tja, aus die Maus. Er wurde verurteilt und verlor Posten und Beamtenstatus. Ach ja, die Frau samt Kindern ebenfalls. Kurz entschlossen zog er auf ein Hausboot und gründete eine Detektei. Mitarbeiter sind rasch gefunden, denn es gibt in Amsterdam etliche Menschen, die keine Arbeit haben.

Es dauerte viele Seiten, bis ich einigermaßen in einen Lesefluss kam. Die Story hat keinen roten Faden. Sie wechselt vom Hausboot, über den Hund bis hin zu dem Privatleben der Ermittler. Ein Mord soll aufgeklärt werden, aber es spielt nur eine Nebenrolle. Es gibt zwar einige Verdächtige, aber spannend ist die Aufklärung nicht wirklich.

Was mir sehr gut gefiel, das waren die Darstellungen der sehr unterschiedlichen Charaktere. Eine stelle ich auch hier heraus. Da ist eine junge Frau Maddy, die mit ihrer behinderten Schwester zusammenlebt. Trotz aller Schwierigkeiten hält Maddy zu ihr und vergisst dabei häufig ihre eigenen Träume und Wünsche. Die anderen Besonderheiten verrate ich hier nicht. Sie sollen das Buch ja lesen.

„Die Hausboot – Detektei Tödlicher Genuss“ ist der erste Band einer Reihe. Meine Überzeugung: Die nächsten Bücher werden (noch) besser. Und auch für diesen Kriminalroman gibt es eine Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 21.03.2023
Ewig währt der Sturm
Oppenlander, Annette

Ewig währt der Sturm


ausgezeichnet

Emma ist ganz aufgeregt. Sie kann nicht ruhig sitzen, wirbelt in der Wohnung herum und fasst es nicht. Die Mauer ist gefallen. Jetzt will sie nur noch feiern und fragt ihre Mutter Anna, ob sie nicht auch mitkommen möchte. Raus auf die Straße und den Tag der Tage angemessen begehen. Aber Anna steht der Sinn nicht nach feiern. Sie möchte das Geschehen viel lieber im TV anschauen. Dann, sie erstarrt ganz plötzlich. Wirkt abwesend, während ein Reporter beschreibt, was an der Grenze los ist. Kann es denn wahr sein? Ist es wirklich ihre große Liebe Werner? Der, von dem sie Jahrzehnte nichts hörte und dachte, er sei tot?

Ein fesselndes Stück deutsche Geschichte. Anna und Werner leben in Ostpreußen, in der Nähe von Insterburg und sind seit Kindertagen ein Paar. Als der Krieg ausbricht, erfahren sie zunächst nur aus der Ferne davon. Das ändert sich aber schnell und Werner muss in den Krieg. Und dann kommt das Unfassbare. Anna und ihre Familie müssen ihre Heimat verlassen und so schnell es geht in Richtung Deutsches Reich fliehen. Nach dem Krieg dann die Teilung Deutschland und die Hoffnung auf ein Wiedersehen der beiden Liebenden schwindet dahin.

Kaum vorstellbare Qualen durchlitten die Vertriebenen. Sie kämpften nicht nur gegen Hunger, Kälte und Misstrauen. Nein, sie waren keineswegs willkommen. Es gab zu viele, die Zuflucht suchten. Die Autorin schreibt so realistisch, dass ich das Grauen förmlich spürte. Kinder verhungerten, Säuglinge erfroren und Frauen wurden geschändet. Und das alles geschah, weil ein Mann gute Reden schwingen und eine Nation zur Nachfolge bringen konnte. Welche ein außergewöhnliches Buch.