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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

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Insgesamt 989 Bewertungen
Bewertung vom 06.04.2022
Eierlikörtage / Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen Bd.1
Groen, Hendrik

Eierlikörtage / Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen Bd.1


ausgezeichnet

»Gestern hatte unser Heim einen richtigen Supertag: ein Herzanfall, eine gebrochene Hüfte, und ein Bewohner ist beinahe an einem Mürbteigkeks erstickt. Jedes Mal wieder fuhr der Krankenwagen vor. Bei so vielen Gesprächsthemen bei Kaffee und Tee kam man kaum mehr hinterher.«

Hendrik Groen ist 83 ¼ Jahre alt und lebt in einem Altenheim in Amsterdam-Nord. Keins von der Sorte Luxusheim, sondern eben eins, in dem man landet, wenn man nicht mehr alleine zurechtkommt und nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügt.
Hendrik ist schwer genervt von seinen Mitbewohnern. Ständiges Jammern und Stöhnen ist nicht das, was er sich für den Rest seines Lebens anhören mag. Zu seinem Pech hat Hendrik auch noch ein überaus freundliches Naturell, hört jedem Meckerer lächelnd zu und traut sich nicht, eine eigene Meinung zu äußern. Aus im Grunde therapeutischen Gründen beginnt er, ein Tagebuch zu führen, in dem er ehrlich alles rauslässt, was ihn bewegt und was ihm durch den Kopf geht.

Für mich bedeutete das, dass mir Hendrik anfangs ziemlich auf die Nerven ging. Denn was er bei den anderen kritisierte, tut er nun selbst. Er meckert. Über das Heim, die Regeln dort, seine Mitbewohner, alles und jeden und natürlich über seine körperlichen Gebrechen. Alles sehr verständlich und richtig, aber trotzdem nervig.
Das ändert sich jedoch schlagartig, als Hendrik an einem Abend Mitte Februar zusammen mit drei anderen älteren Herren und zwei ebensolchen Damen beschließt, den Rebellenclub Alt-aber-nicht-tot zu gründen. Ein Club, der die chronische Ereignislosigkeit ihres Lebens bekämpfen soll, unter anderem durch gemeinsame Unternehmungen und Ausflüge.

Was dann folgt, packte mich so, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte. Die Clubmitglieder wuchsen mir blitzschnell ans Herz und ich bewunderte ihren Einfallsreichtum, ihr Miteinander und die Lebensfreude. Ich musste sehr lachen, als ich las, dass ein Punkt der Clubregeln lautet: »Die Teilnehmer dürfen nicht meckern.« Man kennt halt die eigenen Schwächen ;-)

Es war so lustig und rührend, was der Club gemeinsam unternahm. Und wie sie sich gegenseitig bestärkten im Kampf gegen die Widrigkeiten des Alltags. Die Leitung des Heims beispielsweise, die gefühlt nichts anderes zu tun hat, als wo eben möglich geplante Aktivitäten zu unterbinden. Begründet durch Vorschriften, die man aufgrund anderer Vorschriften leider nicht einsehen darf. Sarkasmus und schwarzer Humor sind nicht rar!

Leider gehört zu den Widrigkeiten auch der körperliche Verfall, der den Freunden immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht. So ist das Buch manchmal brüllend komisch, an anderen Stellen aber zum Heulen ergreifend. Ganz wie das Leben halt. Am Ende hatte ich einen dicken Kloß im Hals und obwohl ich ahne, dass das im Folgeband nicht besser werden wird, muss ich demnächst weiterlesen.

Fazit: Lachen und Weinen wechseln sich ab, so ist das Leben. Aber der Alt-aber-nicht-tot Club zeigt, wie Carpe Diem in Perfektion geht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2022
Headhunt - Feldzug der Rache / Pendergast Bd.17
Preston, Douglas;Child, Lincoln

Headhunt - Feldzug der Rache / Pendergast Bd.17


sehr gut

»Vincent, das hier ist wirklich eine Strafe. Bis auf die Enthauptung selbst sehe ich nichts, was diesen Mord auch nur im Geringsten interessant machen würde.“

Nun, auch Special Agent Aloysius Pendergast irrt gelegentlich. In diesem konkreten Fall erwacht das Interesse sehr schnell, als sich herausstellt, dass der Mörder eine höchst ungewöhnliche Präzision und Vorgehensweise hat. Hervorstechendes Merkmal ist der fehlende Kopf des Opfers. Als kurz danach weitere Enthauptete auftauchen wird klar, dass ein Killer offenbar dabei ist, sich eine besonders blutige Trophäensammlung zuzulegen.
Lieutenant Vincent D’Agosta und Pendergast ermitteln auf Hochtouren, doch finden sich kaum Spuren und bei den Opfern lediglich die Gemeinsamkeit, dass sie sehr reich sind. Führt hier jemand einen Feldzug gegen diese kleine Bevölkerungsschicht?
Während Reporter Bryce Harriman eine Chance wittert, mal wieder mit einer Story ganz groß rauszukommen und ein selbsternannter Wanderprediger für zusätzliche Unruhe sorgt, machen sich die Ermittler auf eine lebensgefährliche Jagd…

Endlich wird mal wieder „normal“ ermittelt! Herrlich! Ich habe mich ungemein gefreut, dass Pendergast sich nicht erneut mit den Schatten und dunklen Seiten der eigenen Familie und Vergangenheit auseinandersetzen muss, sondern einen ganz „normalen“ Serienmörder jagt. Und das gemeinsam mit D’Agosta, was die Freude noch größer machte. Dieser Band könnte sogar als Einzelband gelesen werden, ohne Kenntnis der sechszehn Bände davor.

Pendergast ist vielleicht noch nicht wieder in Höchstform, das wäre nach den Ereignissen der vorigen Bände auch ein Wunder. Aber immer wieder blitzt seine Genialität durch, zeigt er seine einmalige Arroganz und Coolness, mit der er vermutlich auf Dauer mein Lieblingsagent bleibt.
»Wenn ich schon mal hier bin, warum sollte ich da auf einen dramatischen Auftritt verzichten?«

Was ein wenig kurz kommt, sind die sonst üblichen wissenschaftlichen Anteile. Aber Spannung ist da, eine schlüssige Handlung und ein dramatisches Finale fehlen ebenfalls nicht. Natürlich lese ich in Kürze weiter.

Fazit: Wieder ein spannender Band einer meiner Lieblingsreihen. Endlich darf Pendergast mal wieder „normal“ ermitteln, das mochte ich besonders!

Bewertung vom 27.03.2022
Leichensache / Kommissar Kirchenberg Bd.1 (eBook, ePUB)
Horst, Norbert

Leichensache / Kommissar Kirchenberg Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

»K-Wache, Zimmermann. Die Nacht ist zu Ende, Junge. Wir haben ‘ne Leiche mit Löchern im Rücken.«

Eine Stunde Schlaf muss manchmal reichen, das Verbrechen fragt nicht nach Feiertagen, Arbeits- und Schlafenszeiten. Und so steht Kriminalhauptkommissar Konstantin Kirchenberg, Leiter einer Mordkommission in NRW (die Stadt wird nicht näher bezeichnet, mich erinnerte manches an Düsseldorf) mitten in der Nacht vor der grausam zugerichteten Leiche einer jungen Frau. Zum Glück gibt es eine Zeugin, die den mutmaßlichen Täter auf der Flucht vom Tatort gesehen hat und eine ganz ordentliche Beschreibung abgeben kann. Es findet sich auch schnell ein Tatverdächtiger, doch Kirchenberg hat Zweifel und wühlt weiter…

Norbert Horst weiß, wovon er schreibt, als Kriminalhauptkommissar hat er selbst in NRW in zahlreichen Mordkommissionen ermittelt. Und im Grunde klingt die ganze Story so, als würde man als guter Bekannter bei ihm zuhause auf dem Sofa sitzen und zuhören, wie er erzählt. Mit großartigen Umschreibungen hält er sich nicht auf, er schreibt, was sein Protagonist gerade denkt, sagt, empfindet. Und das reichlich ungeschminkt.

Nachdem ich mich kurz in diesen Stil eingelesen hatte, fand ich ihn in Sachen Authentizität sehr passend und gelungen. Näher dran am Ermittler kann man gar nicht sein. In der Folge erlebte ich ganz präzise und detailliert die Nachforschungen, Spurenauswertungen und Zeugenbefragungen mit, unterbrochen von Aktennotizen, die die Eindrücke und Ergebnisse der anderen Ermittler rüberbrachten. Das Tempo wechselt, passend zum jeweiligen Ermittlungsstand. Bei einer Verfolgungsfahrt merkt man förmlich das Adrenalin, das Klinkenputzen in einem Wohnblock hingegen ist schlicht mühevoll.

Natürlich ist der Ermittler auch Privatperson und da man als Leser ständig seine Gedanken begleitet, ist man auch dabei, wenn sie immer wieder auf reichlich männliche Art und Weise abschweifen. Das, muss ich gestehen, war für mich als Frau manchmal etwas anstrengend zu lesen. Jede Frau, gleichgültig ob Kollegin, Zeugin, Passantin… wird erotisch abgecheckt, das scheint vollkommen automatisch zu laufen.
Darüber hinaus vermischen sich manchmal in Kirchenbergs Gedanken tatsächliche Ereignisse und Erinnerungen bzw. Phantasien. Das ist reizvoll, teilweise auch unterhaltsam, erfordert aber auch Aufmerksamkeit. Zudem werden zahlreiche Abkürzungen genutzt, die sich mit ein wenig Krimierfahrung ableiten lassen, manchmal aber auch etwas Überlegung erfordern.

Fazit: Sehr authentisch, ein toller Polizeiroman! Wem realistische Ermittlungen wichtig sind, der ist hier richtig. Für Leserinnen könnte es schon mal etwas anstrengend werden. Ich werde die Reihe weiterverfolgen.

Bewertung vom 20.03.2022
Felsenfest / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.6
Maurer, Jörg

Felsenfest / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.6


sehr gut

»Die Geiseln saßen reglos auf dem Boden. Seit sie gesehen hatten, was geschehen war, wagte keiner mehr aufzublicken. Der grässliche Schrei klang allen noch in den Ohren.«

Wieder einmal wird der bekannte alpenländische Kurort mit Bindestrich von einem schrecklichen Verbrechen erschüttert. Ein Geiselnehmer hat aus einem Klassentreffen einen wahren Horrortrip gemacht! Besonders schlimm für Kommissar Jennerwein ist die Tatsache, dass es sich bei den Opfern um seinen alten Abiturjahrgang handelt. Der Fall wird extrem persönlich für den Kult-Kommissar!

Der sechste Fall für Jennerwein und sein Team hat mir wieder viel Spaß gemacht. Mittlerweile habe ich neun Bände aus der Reihe gelesen und mag sie alle. Jörg Maurer hat einen sehr speziellen Stil, vermutlich mag man den oder kommt gar nicht damit klar. Es gibt immer eine ordentliche Krimihandlung, durchaus spannend angelegt und mit reichlich Ermittlungsarbeit, aber auch viel unterhaltsames Drumherum voller Wortwitz und skurrilen Ereignissen. Bei diesem Autor sollte man sich weder Vorwort, Nachwort noch die Danksagungen entgehen lassen! Dazu kommen einige schräge Charaktere, die immer wieder in den Bänden auftauchen und mir jedes Mal Freude bereiten. So kann man diesmal z.B. die Eheleute Grasegger, Bestatter a.D., bei ihren Bestrebungen beobachten, als Bürgermeister zu kandidieren. Gleichzeitig stecken ihre ehemaligen Geschäftspartner, eine spezielle italienische Familie samt österreichischem Problemlöser, in der Planung neuer Aktivitäten, die auch den Kurort betreffen.

Bei dem Fall selbst habe ich schön miträtseln können, wer wohl der Täter ist. Nach und nach kann man Puzzlestückchen ergänzen, an falschen Fährten fehlt es aber auch nicht. Ohnehin darf man den Krimi nicht unterschätzen, trotz Unterhaltungswert wird es an einigen Stellen blutig. Ein gelungener Mix!

Fazit: Wieder einmal ein gelungener Mix aus skurriler Unterhaltung, Wortwitz und spannendem Krimi. Die Reihe verfolge ich gerne weiter.

»Hast du die Familie Grasegger bei unserem Projekt eingespannt, Swoboda?«
»Padrone, die kann man nicht mehr einspannen, die sind ausgestiegen.«
»Bei mir steigt niemand aus.«
»Die wollen in die Politik.«
»Ah, das ist gut, da werden sie uns noch mehr nutzen.«

Bewertung vom 11.03.2022
Elitewahn
Skalecki, Liliane;Rist, Biggi

Elitewahn


sehr gut

»Die sind hier, wie soll ich sagen, irgendwie altbacken, altmodisch. Nein, das trifft es nicht ganz. Ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll. Fast komm ich mir vor, wie in einer alten preußischen Kadettenanstalt.«

Manchmal sollte man besser auf sein Bauchgefühl hören. Malte Jensen wurde erst kürzlich als neuer Lehrer für Biologie und Sport beim Eliteinternat Schloss Waldesruh angestellt. Freute sich der junge Pädagoge zunächst über die vermeintlich reizvolle Aufgabe bei guter Bezahlung, kommen ihm doch schon bald verschiedene Vorgänge im Schloss höchst eigenartig vor. Er macht der Gärtnerin Malie gegenüber Andeutungen – und wird kurz danach tot aufgefunden. Angeblich war es ein natürlicher Tod. Malie glaubt das nicht und macht sich gemeinsam mit ihrer Freundin Lioba an Nachforschungen. Ein Professor, der sich für die Geschichte des Schlosses interessiert, könnte eine gute Informationsquelle sein. Doch auch er wird plötzlich tot aufgefunden. Den Freundinnen wird klar, dass mit dem renommierten Internat so einiges nicht in Ordnung sein kann…

Schon das Cover des Buchs hatte mich sehr neugierig gemacht. Wer Napola (Nationalpolitische Erziehungsanstalt) googelt, findet es sofort. Und jeder Leser merkt sofort, um was es hier geht, was für eine Elite in diesem Internat herangezüchtet werden soll. Gruselig.

In mehreren parallel verlaufenden Handlungssträngen, teils auch mit Rückblenden, verfolgt man Ereignisse im Internat, die Ermittlungen der Freundinnen und den Bericht eines Zeitzeugen, eines mittlerweile sehr alten Herrn, der als Junge die Napola Reichenau besuchte und einem Reporter dazu ein ausführliches Interview gibt.

Grundsätzlich finde ich Bücher mit einer solchen Thematik extrem wichtig. Nie darf die Vergangenheit vergessen werden und ebenfalls darf man nie die leider auch zur Gegenwart gehörenden rechten Strömungen verharmlosen, die sich gerne auch mit harmlos klingenden, alternativen Namen tarnen. Wie sehr sich das Gedankengut gleicht, wird im Buch schön dargestellt.

Als Krimi hatte das Buch allerdings keine großen Überraschungen oder Spannungsmomente für mich. Gut und Böse waren von Anfang an glasklar ersichtlich, die Frage, ob Verbrechen vorliegen und weitere geplant sind, stellte sich folglich ebenfalls nicht und die Art und Weise, in der einige „normale“ Bürger damals die Notlage der Juden ausnutzten, war mir bekannt und lag hier auf der Hand. Es ging also nur noch darum, wie Malie und Lioba für Aufklärung sorgen. Das war ordentlich und schlüssig beschrieben, wurde aber mit sehr viel reiner Romanhandlung aufgefüllt. Da wurde jede einzelne Blume beschrieben, die Malie pflanzte und über die Ernährungsgewohnheiten der Freundinnen bin ich jetzt ebenfalls im Bilde. Weniger von diesen Dingen wäre für die Krimihandlung besser gewesen.

Fazit: Wichtige Thematik, gut lesbar und berührend dargestellt. Der Krimihandlung hätte etwas weniger Drumherum gutgetan.

Bewertung vom 03.03.2022
Septemberschuld / Lappland-Krimi Bd.2
Nordin, Klara

Septemberschuld / Lappland-Krimi Bd.2


sehr gut

»Der Mörder war jemand, der wusste, wo man die Pistole ansetzt. Ein gezielter Schuss, wie im Rentiergehege.«

Jokkmokk, im schwedischen Lappland. Die Uhren ticken hier etwas anders und die Morde haben ebenfalls ihre ganz eigene Note. Kriminalkommissarin Linda Lundin, die früher im südlichen Teil Schwedens arbeitete, hat in ihrer Laufbahn zuvor jedenfalls keinen Mord gesehen, der mit einer Bolzenschusspistole vorgenommen wurde. Und weder sie noch ihre Kollegin Margareta Mattson, die sich als Polizeiinspektorin in der Gegend gut auskennt, haben zuvor eine Leiche in einem Container mit Schlachtabfällen vorgefunden…

Der zweite Fall für die beiden schwedischen Ermittlerinnen – bereits der erste Band „Totenleuchten“ hatte mir gut gefallen und auch dieser hier fesselte mich sofort. Allein die faszinierende Atmosphäre, hervorgerufen durch intensiv beeindruckende Landschaftsbeschreibungen und die Einblicke in die Kultur der Samen, hatte einen enormen Reiz. Alles wirkte geradezu exotisch.

An diesem hochinteressanten Schauplatz geschah nun ein brutaler Mord, der die Ermittlerinnen und ihr Team schwer beschäftigt. Das Leben der Ermordeten wirft diverse Fragen auf, es gibt zahlreiche Verdächtige und viele Auffälligkeiten. Wer gerne Krimis liest, in denen gute, ordentliche Polizeiarbeit durchgeführt wird, der kommt hier auf seine Kosten. Mir hat das sehr gefallen und ich habe gerne mitgerätselt. Angenehm überrascht war ich, welche Überraschungen im Laufe der Ermittlungen noch ans Licht geraten. Der Fall hat wesentlich mehr Tiefe, als man zunächst vermuten könnte.

Die Ermittlerinnen waren mir auch sehr sympathisch. Sie wirken wie ganz normale Frauen mit ganz normalen Problemen, die durch die Anforderungen ihres Berufs und ihr Umfeld verstärkt werden. Schade, dass es bislang keine weiteren Fälle für sie gibt, ich hätte gern noch mehr gelesen. Für das Verständnis dieses Bands ist die Kenntnis des Vorgängers übrigens nicht erforderlich.

Fazit: Viel gute, ordentliche Polizeiarbeit an einem faszinierenden Schauplatz. Es wäre schön, wenn es noch mehr Fälle für die beiden Ermittlerinnen geben würde.

Bewertung vom 28.02.2022
Obsidian - Kammer des Bösen / Pendergast Bd.16
Preston, Douglas;Child, Lincoln

Obsidian - Kammer des Bösen / Pendergast Bd.16


sehr gut

»Proctor lehnte sich vor, starrte auf den Schirm, konnte kaum glauben, was er sah. Seine Welt brach über ihm zusammen.«

Es braucht einiges, um einen Mann wie Proctor zu erschüttern. Seit vielen Jahren steht er in Special Agent Pendergasts Diensten, als Leibwächter, Chauffeur, Vertrauter und Mädchen für alles. Normalerweise kein Problem für den waffenkundigen, hochintelligenten Nahkampfexperten, doch die augenblickliche Situation fordert alles von ihm. Pendergast selbst wird vermisst, bei seinem letzten Fall soll er ertrunken sein, alle Suchmaßnahmen blieben ohne Erfolg. Und nun ist auch noch sein Mündel Constance Greene verschwunden, offenbar entführt von einem nur zu gut bekannten bösen Geist aus der Vergangenheit. Proctor macht sich sofort auf die Suche, eine wilde und lebensgefährliche Jagd beginnt. Währenddessen nimmt in Pendergasts nun unbewachter Villa in New York das Unheil seinen Lauf…

Ich bin so ein wenig hin und hergerissen. Dieser 16. Band einer meiner Lieblingsreihen war spannend, aber so richtig glücklich bin ich nicht damit. Es gab sehr viel Raum für die Aktivitäten von Proctor und Constance, beides starke Charaktere, die ich mag. Aber noch mehr mag ich halt Pendergast selbst und der hatte nicht so viel Gelegenheit zu glänzen wie sonst. Überhaupt mag ich es am liebsten, wenn er schlicht und ergreifend Verbrecher jagt und Fälle löst, die sonst kein anderer knackt. Das finde ich persönlich fesselnder als der soundsovielte Rachefeldzug oder Angriff eines Erzfeindes. Möglicherweise stellt dieser Band aber tatsächlich einige Weichen im privaten Umfeld Pendergasts neu und zeigt einige noch nicht bekannten Entwicklungen auf, weshalb man ihn als Fan der Reihe nicht verpassen sollte. Ich lande bei 3,5 Sternen, die ich aufrunde, da ich mich trotzdem gut unterhalten fühlte.

Für einen Neueinsteiger wäre dieser Band kaum geeignet, man sollte schon wissen, welche Besonderheiten die einzelnen Charaktere aufweisen. Auch die Brisanz einiger Bezüge auf frühere Ereignisse dürfte ohne Vorkenntnisse nicht nachvollziehbar sein.

Fazit: Spannend und actionreich, man muss aber Vorkenntnisse haben. Und trotz interessanter Entwicklungen im privaten Umfeld Pendergasts hoffe ich sehr, dass er demnächst wieder einfach nur ermitteln darf.

Bewertung vom 24.02.2022
Totenpfad / Ruth Galloway Bd.1
Griffiths, Elly

Totenpfad / Ruth Galloway Bd.1


sehr gut

»Wie kamen Sie eigentlich darauf, dass es sich um neuere Knochen handeln könnte?«
»Vor etwa zehn Jahren ist hier ganz in der Nähe ein Kind verschwunden. Wir haben nie eine Leiche gefunden. Ich dachte, vielleicht ist sie das ja.«

Bereits seit zehn Jahren sucht Detective Chief Inspector Harry Nelson von der Norfolk Police nach der kleinen Lucy. Das fünfjährige Mädchen verschwand spurlos, alle Suchaktionen blieben ohne Erfolg und die einzigen Hinweise für die Ermittler waren obskure Briefe mit kryptischen Nachrichten. Als in den Salzwiesen kleine Menschenknochen gefunden werden, hofft Nelson, den verzweifelten Eltern nun wenigstens die Leiche ihrer Tochter übergeben zu können. Doch Dr. Ruth Galloway, forensische Archäologin und als Expertin hinzugerufen, muss Nelson enttäuschen. Die Knochen sind für sie beruflich zwar hochinteressant, können aber nicht von dem verschwundenen Kind stammen.
Ruth, der das alles nahegeht, versucht Nelson weiter zu unterstützen und macht sich an die Entschlüsselung der Briefe. Bald gibt es tatsächlich einige Ansatzpunkte, aber auch eine weitere Zuspitzung des Dramas, denn erneut wird ein kleines Mädchen entführt, treffen neue Briefe ein. Ob die Ermittler wenigstens die kleine Scarlet retten können?

Dieses Buch hatte mich sehr gereizt, denn alles rund um die Thematik forensische Archäologie finde ich sehr spannend. Trotzdem hatte ich Anlaufschwierigkeiten mit dem Buch, die vermutlich an der Gegenwartsform lagen, in der das Buch geschrieben ist. Aber je mehr ich mich an den Stil gewöhnte, desto mehr konnte ich die Handlung genießen. Neben der Archäologie sind auch Mythen, heidnische Kulte und Rituale bei der Suche nach dem Täter wichtig. Die Atmosphäre, die durch die Beschreibungen dieser Punkte sowie der überaus passenden Umgebung entsteht, ist einfach toll!

Die Protagonisten Ruth und Nelson waren mir beide sehr sympathisch. Beide sind sie Charakterköpfe, eigensinnig und nicht immer sehr umgänglich, aber bei ihrer Arbeit enorm engagiert und clever. Ich halte es für möglich, dass sich zwischen den beiden im Laufe der Reihe eine Beziehung entwickeln könnte, gegenseitige Anziehung ist vorhanden.

Der Fall selbst ist sehr spannend. Kleine entführte Mädchen sind eh schon an Dramatik kaum zu überbieten, aber hier entwickelt sich auch für Ruth eine extrem gefährliche Situation. So schwer ich mich zu Beginn mit dem Buch tat, so wenig mochte ich es nachher aus der Hand legen.

Fazit: Tolle Atmosphäre, spannend und mit sympathischen Charakteren: Das wird wieder eine Reihe für mich. Nach diesem ersten Fall für Ruth Galloway freue ich mich schon auf weitere Bände.

Bewertung vom 22.02.2022
Prost, auf die Jugend
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Jugend


sehr gut

»Das hättest du dir heute Morgen nicht gedacht, oder, Resi? Wanderung mit dem Herrn Kommissar, Natur, Kühe, eine Leiche … Ja, auf dem Land, da erlebt man noch was.«

Sein freies Wochenende hatte Kommissar Constantin Tischler sich anders vorgestellt. Doch Dackeldame Resi stellt mal wieder ihre besondere Fähigkeit unter Beweis und findet abseits eines einsamen Wanderweges in den Chiemgauer Alpen die Leiche eines jungen Mannes. Tom Wiesinger, Sohn aus gutem Haus und frischgebackener Abiturient, hatte diesen Anlass mit seinen Mitschülern auf einer Almhütte gefeiert und dann auf dem Rückweg den Tod gefunden. Tischler und sein junger Kollege Felix Fink nehmen die Ermittlungen auf und suchen zwischen Eishockey und Partydrogen denjenigen, der den angeblich überall beliebten Tom eben doch nicht so mochte…

Auch dieser dritte Fall für Tischler und Fink hat mir gut gefallen. Hatte ich beim ersten Band aufgrund des Covers noch mit reichlich Kalauern gerechnet, weiß ich es nun besser. Die Fälle sind zwar unterhaltsam und haben witzige Momente, die Spannung kommt aber auch nicht zu kurz. Es gibt verschiedene Verdächtige, reichlich Ermittlungsarbeit und eine schlüssige Auflösung, also alles, was einen ordentlichen Krimi richtig rund macht.

Daneben lebt die Reihe von den unterschiedlichen Charakteren der Ermittler. Während Tischler aus München kommt und für einen durchweg modernen Lebensstil steht, liebt Fink alles Traditionelle. Seine Heimat, seine Mama, die gute bayerische Küche und seinen Janker, den er stets trägt. Und dann ist da ja auch noch die Resi, die immer mal wieder durch die Handlung dackelt und der schon lange mein Herz gehört.

Die Fälle der Reihe sind in sich abgeschlossen, doch merkt man, dass sich an Nebenschauplätzen weitere Handlungsstränge durchziehen. Einer führt auch zurück in Tischlers Vergangenheit und lässt erwarten, dass in künftigen Bänden dadurch noch mächtig Probleme auf ihn zukommen werden. Ich werde es rausfinden!

Fazit: Spannend und unterhaltsam zugleich, ich mag diese Reihe. Und Resi ;-)