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LEXI
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Österreich

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Insgesamt 384 Bewertungen
Bewertung vom 08.02.2019
Das Geheimnis der schwedischen Briefe (eBook, ePUB)
Bern, Tanja

Das Geheimnis der schwedischen Briefe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Zwischen Hoffnung und Sehnsucht. Eine tragische Liebe in den Wirren des Zweiten Weltkrieges.

„Du musst Curt finden und ihm einen Brief von mir geben, den ich vor sechzig Jahren geschrieben, aber niemals abgeschickt habe. Wirst du das für mich tun?“

Johanna Arndt ist eine warmherzige und liebevolle Frau über neunzig, der es gesundheitlich nicht gut geht und die sich mit dieser eindringlichen Bitte an ihre Enkeltochter wendet. Es ist ihr ein großes Anliegen, endlich jemandem die Wahrheit zu offenbaren. Und so erzählt die alte Dame ihrer Enkelin Emilia die Geschichte ihres Lebens. Sie taucht tief in die Vergangenheit ein und kehrt gedanklich mit der jungen Frau an der Seite ins Jahr 1945, zurück. Johanna lebte damals mit ihrer Mutter und ihrer Schwester auf einem kleinen, idyllischen Hof in Pommern, nahe der Stadt Pyritz, der Vater und die Brüder kämpften an der Front. Während die Rote Armee immer weiter vorrückte und die drei Frauen sich vergeblich um eine Abreisebescheinigung bei der Deutschen Wehrmacht bemühen, entdeckt Johanna am Waldrand den verletzten deutschen Soldaten Curt Ehlert. Sie rettet ihm das Leben, und trotz seiner Verwundung beschützt er Johanna und ihre Familie, versucht, sie in Sicherheit zu bringen. Dieses Unterfangen gestaltet sich als lebensgefährlich, da nicht nur die immer rascher vorrückenden russischen Soldaten, sondern auch der eisig kalte Winter ihre Flucht zu einem Kampf auf Leben und Tod machen.

Tanja Bern erzählt die Lebensgeschichte einer mutigen jungen Frau, die mitten in den Wirren des Zweiten Weltkrieges ihr Herz verschenkte. In wunderschönem Schreibstil und in äußerst einfühlsamen Worten beschreibt sie die Schrecken des Krieges, beleuchtet das Leben aus der Sicht eines Soldaten, aber auch die Schwierigkeiten, mit denen die Landbevölkerung konfrontiert war. Kälte, Hunger, Angst und schreckliche Verluste beherrschen die Menschen, und sowohl das Zuhause, als auch geliebte Angehörige zu verlieren, bringt sie an die Grenzen des Erträglichen. Die Autorin zeichnet ein sehr lebhaftes Bild dieser Zeit und schildert die Hoffnung der Bevölkerung auf ein baldiges Ende dieses Krieges. Sowohl die Protagonisten dieses Buches, als auch sämtliche Nebenfiguren wurden hervorragend charakterisiert, sie zeugten von großer Authentizität und haben mich emotional sehr stark in die Handlung einbezogen. Johanna wird als sehr starke Persönlichkeit dargestellt, die trotz schrecklicher Schicksalsschläge niemals der Mut verlässt, die Hoffnung nie aufgibt. Der Wehrmachtssoldat Curt trug als männlicher Gegenpart eine Menge zum Kampfgeist der jungen Frau bei, in die er sich nach kurzer Zeit verliebte.

Die Handlung wird in zwei Zeitebenen erzählt, wobei die Ereignisse der Gegenwart mit Emilia Arndt als Protagonistin stets mit jener im Jahr 1945 und Johanna in der Hauptrolle wechselt. Obgleich mich die Ereignisse in der Zeit des Zweiten Weltkrieges tief betroffen machten und unglaublich berührten, vermochte ich mich auch dem Zauber der Gegenwart nicht zu entziehen, nachdem Emilia sich entschlossen hatte, nach Schweden zu reisen. Auch hier hat die Autorin eine wunderschöne Geschichte ersonnen, die mein Herz berührte.

Fazit: „Das Geheimnis der schwedischen Briefe“ stellte ein überwältigendes Lesehighlight für mich dar. Es war eine Lektüre, die betroffen macht, den Leser dermaßen fesselt, dass man das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Man leidet, hofft und weint mit der Protagonistin, versinkt in die bittersüße Geschichte einer lebenslangen großen Liebe und darf im zweiten Handlungsstrang auch die Geschicke der liebenswerten Enkeltochter Emilia miterleben.

Fünf Bewertungssterne für diesen außergewöhnlichen Roman und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.02.2019
Das Mädchen, das den Blumen zuhörte
Knipper, Stephanie

Das Mädchen, das den Blumen zuhörte


ausgezeichnet

Manchmal ist es ein Zeichen wahrer Liebe, wenn man loslässt

Antoinette und Lily Martin sind zwei ziemlich unterschiedliche Schwestern, doch sie lieben sich von ganzem Herzen. Der Tod ihrer Eltern hinterließ bei den beiden eine große Lücke, und die alleinerziehende Rose war auf die Hilfe ihrer Schwester Lily angewiesen. Aufgrund eines Zerwürfnisses sprachen die beiden jedoch nicht mehr miteinander. Rose blieb auf der Eden Farm in Redbud, Kentucky, während Lily in ein altes Backsteinhaus in Covington am Südufer des Ohio zog. Sie sehnt sich verzweifelt nach der Heimat, der geliebten Blumenfarm, doch weder Rose, noch sie selber schaffen es, den ersten Schritt aufeinander zuzugehen. Erst ein Hilferuf der schwer erkrankten Rose durchbricht die Mauer, die Lily um sich herum aufgebaut hatte, und sie macht sich auf den Weg nach Hause.

Stephanie Knipper erzählt die berührende Geschichte eines jungen Mädchens, das ganz genau wusste, was es bedeutete, anders zu sein. Lily Martin sehnte sich ihr gesamtes Leben lang danach, so zu sein wie ihre strahlende, beliebte und quirlige Schwester Rose. Beide Frauen haben mit ihren Einschränkungen zu kämpfen. Die Autorin wartet mit sehr authentischen und liebevoll ausgearbeiteten Charakteren auf, die ich auf der Stelle ins Herz geschlossen hatte. Rose Martin musste viele ihrer Hoffnungen und Pläne begraben, durfte aber durch die Geburt einer Tochter allergrößtes Glück erleben. Die Andersartigkeit der kleinen Antoinette stellt jedoch eine riesengroße Herausforderung für sie dar. Ihre Ängste, die Kraft, die sie aufbringen muss, um mit der Situation fertig zu werden, und ihre Sehnsucht nach Versöhnung mit der entfremdeten Schwester wurden unglaublich berührend dargestellt. Lilys kleine Eigenheiten erinnern oftmals an jene ihrer Nichte Antoinette. Das ungewöhnliche Mädchen, das nie zu sprechen lernte, jedoch über eine hohe Intelligenz verfügt und heilende Fähigkeiten besitzt, hat mich fasziniert. Antoinette zeigt zwar Symptome autistischen Verhaltens, ist aber dennoch nicht als klassische Autistin einzustufen. Um das Mädchen herum passieren Dinge, die sich niemand erklären kann. Ganz besonders beeindruckt hat mich die Fähigkeit der Autorin, die innere Welt dieses ganz besonderen Kindes darzustellen, ihre permanente Reizüberflutung zum Ausdruck zu bringen und sich trotz ihrer Unfähigkeit zu sprechen mit jenen Menschen, die ihr nahestehen, zu verständigen. Um anderen Lesern den Lesegenuss nicht zu schmälern, werde ich auf die Handlung und die Figuren nicht näher eingehen. Ich möchte jedoch anmerken, dass Stephanie Knipper durch die beiden Nebenfiguren William Grayson und Seth Hastings zwei ganz besondere Charaktere in die Handlung einbrachte, die nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass ich dieses Buch nicht mehr aus den Händen legen konnte.

„Das Mädchen, das den Blumen zuhörte“ ist eine in äußerst einnehmendem Schreibstil und in wunderschöner Sprache erzählte Geschichte mit tiefen Emotionen, die mir ausgezeichnet gefallen hat. Ich habe jede einzelne Seite dieser Lektüre genossen und kann sie uneingeschränkt weiterempfehlen.

Bewertung vom 08.02.2019
Das Kind aus dem versteckten Dorf
Joubert, Irma

Das Kind aus dem versteckten Dorf


ausgezeichnet

Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

„Jeden Tag müssen sie aufpassen, wegen allem und noch mehr: keinen Lärm machen, kein Feuer anzünden, kein Wasser verschwenden, vorsichtig sein mit dem Essen. Pass auf, oder es kostet dich das Leben.“

Indem Gerrit de Vries im Kriegsjahr 1943 einer jüdischen Familie auf seinem Bauernhof in Vierhouten Unterschlupf gewährt, riskiert der alleinerziehende Vater nicht nur sein eigenes Leben. Als er denunziert und von Soldaten mitgenommen wird, die auch nach seiner neunjährigen Tochter Mentje suchen, findet diese in einem „Pass-Auf-Lager“ mitten im Wald Unterschlupf. Als einzige Nichtjüdin und traumatisiert von der Verschleppung ihres Vaters fühlt das Mädchen sich einsam. Ungewissheit, Angst und Kummer sind ihre täglichen Begleiter, doch letztendlich siegt ihr Überlebenswille. „Den Mut verlieren, heißt alles verlieren“ ist ab sofort ihre Devise. Und obgleich Mentje bereits vor diesen Ereignissen eine eigenwillige und starke Persönlichkeit war, wächst sie infolge der Ereignisse noch weit über sich hinaus.

Tinus van Jaarsveld lebt bei seinen Großeltern im Bosveld und erfuhr bereits in frühen Jahren einen schweren Verlust: das Land und die Farm seiner Familie wurden versteigert. Tinus schwörte bereits als kleiner Junge, nicht eher zu ruhen, bis er sein geliebtes „Buffelspoort“ eines Tages zurückkaufen kann. Jahre später meldet er sich freiwillig und absolviert eine Fallschirmjägerausbildung in England. In der Schlacht um Arnheim kreuzen sich schließlich die Wege von Tinus und Mentje.

Irma Joubert verknüpft in ihrer aktuellen Neuerscheinung gekonnt fiktive Ereignisse mit wahren Begebenheiten. Die exzellente Recherche der historischen Fakten bildet eine perfekte Grundlage für diesen Roman. Der Autorin ist darüber hinaus ein wunderschöner Schreibstil zu eigen. Ihre gewählte Ausdrucksweise, die bildhaften Beschreibungen und fantastisch ausgearbeitete Charaktere, denen sie viel Raum und große Authentizität verleiht, haben mir ausgesprochen gut gefallen. Grundsätzlich bevorzuge ich in Büchern die gängige Zeitform des Präteritums/Vergangenheitsform. Irma Joubert ist jedoch eine der seltenen Autoren, bei der ich mich aufgrund des ausgezeichneten Inhalts mit ihrer favorisierten Erzählform Präsens arrangieren kann.

Mentje de Vries stellt eine äußerst vielschichtige und starke Protagonistin dar. Die einige Jahre umfassende Handlung mit den Ereignissen in Vierhouten, im „Pass-Auf-Lager“ und schließlich in Arnheim trugen dazu bei, dass Mentje sehr schnell erwachsen werden musste. Ich brachte auch dem großen, stillen Buren Tinus van Jaarsveld große Sympathie entgegen. Meine favorisierten Figuren waren jedoch die beiden Widerstandskämpfer Opa Bakker und Tante Cor sowie das Ehepaar Simon und Miempie. Dem impulsiven, unbeholfenen und im Grunde sehr ängstlichen Cousin Mentjes stand ich anfangs skeptisch gegenüber. Er war jedoch jene Figur, die aus meiner Sicht die größte Wandlung durchmachte und mich positiv überraschte.

Der christliche Glaube nimmt bei Irma Joubert einen hohen Stellenwert ein, so auch in diesem Buch. Während Mentjes tief gläubiger Vater Gerrit de Vries seiner Tochter christlichen Werte vorlebte, hadert das Mädchen einige Zeit mit Glaubenszweifeln. Der Glaube wird dezent in die Handlung eingeflochten und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Fazit: „Das Kind aus dem versteckten Dorf“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich möchte besonders den exzellenten Schreibstil, die wunderschön ausgearbeiteten Charaktere und die hervorragende Recherchearbeit hervorheben, die dem Leser den Kampf niederländischer Freiheitskämpfer gegen die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs deutlich vor Augen führten. Fünf Bewertungspunkte und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

(gekürzte Fassung)

Bewertung vom 03.02.2019
Geliebt. Getäuscht. Gefunden.
Czyz, Lidia

Geliebt. Getäuscht. Gefunden.


ausgezeichnet

Das alles war Gottes Plan

„Nichts, was sich in meinem Leben ereignet hätte, war zufällig passiert, sondern von Gott so beabsichtigt.“ (Janek/Hans)

Der kleine Janek wächst in einem liebevollen Elternhaus in Polen auf und erlebt eine glückliche und behütete Kindheit. Seine Eltern Piotr und Sonia sind tief gläubige Menschen, denen eine große Leidenschaft für Jesus ins Herz gelegt wurde. Piotr arbeitet als Pastor, und Janek fühlt sich dazu berufen, in seine Fußstapfen zu treten. Nach dem Tod des Vaters entdeckt der knapp fünfzigjährige Janek einen seltsamen Umschlag, der einen Brief und Adoptionsunterlagen enthält. Seine gesamte Welt stürzt plötzlich ein. Die Fragen nach seiner Herkunft und seiner Ursprungsfamilie beschäftigen ihn von diesem Augenblick an ununterbrochen, und mithilfe seines Cousins Mariusz macht er sich schließlich auf die Suche nach jenen Menschen, die ihm das Leben schenkten.

„Es ist schwer zu beschreiben, wie man sich fühlt, wenn sich plötzlich herausstellt, dass die Leute, die man sein Leben lang für seine Eltern gehalten hat, es gar nicht sind.“

Lidia Czyz erzählt in diesem Buch, das sie sehr treffend als „eine deutsch-polnische Moses-Geschichte“ tituliert, von einer wahren Begebenheit. Ihrer Erzählung liegt die Lebensgeschichte eines alten polnischen Pastors zugrunde, der in den Wirren des Krieges in Gleiwitz zurückblieb und in einem Kinderheim landete, wo er kurze Zeit darauf von einem kinderlosen polnischen Ehepaar adoptiert wurde. Wie auch bei Mose damals musste Janeks Mutter ihr geliebtes Kind loslassen, in der Hoffnung, dadurch dessen Überleben zu ermöglichen. Und genauso wie Mose wurde auch Janek durch den Feind gerettet und wie ein eigenes Kind geliebt und aufgezogen.

Der einnehmende und tief berührende Schreibstil von Lidia Czyz hat mich bereits in ihren beiden anderen Lebensgeschichten vollständig für sich eingenommen. Auch in dieser vorliegenden Neuerscheinung gelang es ihr auf der Stelle, mich gedanklich und emotional ganz tief in die Ereignisse um den deutsch-polnischen Jungen namens Janek (Hans) einzubeziehen. Zu gerne hätte ich darüber hinaus auch Bilder von Janek, seiner Herkunftsfamilie sowie seiner Adoptiveltern im Buch gefunden. Als einzigen winzigen Kritikpunkt möchte ich die eigenartige Darstellung des Buchstaben „g“ anführen, der mich 220 Seiten lang permanent irritierte.

Obgleich der Klappentext bereits einiges über das Leben von Janek verrät, verspürte ich die gesamte Handlung hindurch dennoch einen latenten Spannungsbogen, der schließlich in der Familienzusammenführung seinen Höhepunkt findet. Die Autorin rollt die Geschichte des kleinen Jungen behutsam auf und einige ihrer Zitate ließen mich aufgewühlt und nachdenklich zurück:

„Welche Eltern sind wichtiger: die, die ein Kind zur Welt gebracht haben, oder die, die es großgezogen haben?“

„Manchmal ist es besser, ein Geheimnis zu bewahren“

„Weißt du, die Dinge sind nicht immer so, wie sie uns erscheinen.“

Im Nachwort berichtet Lidia Czyz über die Entstehung dieses Buches und auf welche Art und Weise sie von Janek erfuhr. Diese Hinweise sowie die geschichtlichen Hintergrundinformationen bildeten eine perfekte Ergänzung dieser beeindruckenden Geschichte, die mir ausgezeichnet gefallen und mich zutiefst berührt hat. Ich kann nicht nur das vorliegende Buch „Geliebt. Getäuscht. Gefunden“, sondern auch die beiden anderen außergewöhnlichen und emotionalen Lebensberichte aus der Feder dieser Autorin uneingeschränkt weiterempfehlen.

Bewertung vom 01.02.2019
Die Fischerkinder. Im Auge des Sturms
Feurer, Melissa C.

Die Fischerkinder. Im Auge des Sturms


sehr gut

Ein Leben im Untergrund

„Mira hasste den Staat von ganzem Herzen. Er hatte das Wunderbarste zerstört, das in dieser abscheulichen Enge noch geblieben war. Die Bücher, in die sie sich so viele Jahre lang geflüchtet hatte.“

Das junge Mädchen aus Leonardsburg hatte ihrem Leben als unbescholtene und gesetzestreue Bürgerin eines Staates in der fernen Zukunft den Rücken gekehrt. Miras Begegnung mit dem weisen und gutherzigen Besitzer des Buchladens „Porters Höhle“ namens Edmund und der Kontakt zu den Fischerkindern hatten ihr die Augen geöffnet. Im vorliegenden zweiten Band dieser Buchreihe aus der Feder von Melissa C. Feurer befindet sich Mira nun nach Veras schmählichen Verrat an den Fischerkindern ebenfalls auf der Flucht. Chas, der abtrünnige Sohn des Königs, möchte sie dabei unterstützen, ihren besten Freund Filip aus dem Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses zu befreien. Die beiden jungen Menschen begeben sich auf eine Reise voller Entbehrungen und gefährlicher Abenteuer, und aufgrund der ausgeklügelten Überwachungssysteme des Staates geraten sie dabei in allergrößte Gefahr.

Melissa C. Feurer schließt in ihrer Neuerscheinung eng an den ersten Band an und setzt ihre Geschichte auch mit den Figuren aus „Das verbotene Buch“ fort. An der Seite der weiblichen Protagonistin Mira steht der Königssohn Carl Auttenberg, der Edmunds und Miras Liebe zu Büchern teilt, sich jedoch zurückhaltend und ruppig gibt. Sein vorrangiges Ziel ist es, dem grausamen Einfluss seines tyrannischen Vaters zu entkommen, der die Menschen unterdrückt, ausbeutet und Existenzen zerstört. Durch Machtinstrumente wie einen völligen Importstopp, eine Ausgangssperre, ein Versammlungs- und Ausreiseverbot vermag der König zwar sein Volk zu kontrollieren, es gelingt ihm jedoch nicht bei seinem Sohn. Ich habe mich in diesem lange erwarteten Nachfolgeband über das Wiedersehen mit dem kleinen Waisenjungen Ari sowie Urs und seiner Partnerin Biene gefreut, denen eine nicht unwesentliche Nebenrolle zugedacht wurde. Meine Begeisterung über das Auftreten der ehemals besten Freundin Miras, Vera Petersen, hielt sich angesichts ihres Verrats im ersten Band in Grenzen. Sämtliche Charaktere waren sehr gut ausgearbeitet und bewiesen in ihrem Denken und Handeln Authentizität.

Auf erschreckende Art und Weise veranschaulicht Melissa C. Feurer das Leben in einem totalen Überwachungsstaat. Die Stimmung im Buch ist angesichts des Inhalts oftmals düster, doch die Person des Edmund Porter bildet einen Lichtblick für die Mitglieder der rebellierenden Kleingruppen. Seine Lebensaufgabe ist es, den Menschen zu helfen und Hoffnung zu vermitteln, indem er ihnen von Gott erzählt und die Inhalte der Bibel nahebringt. Durch diese sympathische Nebenfigur bleibt der christliche Glaube in diesem Buch stets präsent.

Der Autorin ist ein einnehmender Schreibstil zu eigen, und meine Neugier auf den Fortgang der Geschichte um Mira und die Fischerkinder ließ eine hohe Erwartungshaltung in mir entstehen. Durch die gefährliche und aufreibende Flucht und die Notwendigkeit, sich stets im Untergrund zu bewegen, wurde ein hoher Spannungsbogen in die Handlung eingebracht, der im Befreiungsversuch Filips seinen spektakulären Höhepunkt findet.

Der vorliegende Roman hat mich sehr gut unterhalten, zugleich aber auch tief berührt. Er macht bewusst, dass eine Freiheit des Redens, des Handelns und des Glaubens keine Selbstverständlichkeit ist. Nach dieser Lektüre verspürte ich erneut eine große Dankbarkeit dafür, in einer freien westlichen Welt mit ihren vielen Annehmlichkeiten leben zu dürfen. Ich empfehle dieses Buch gerne weiter, möchte jedoch darauf hinweisen, dass eine Lektüre des Vorgängerbandes „Die Fischerkinder. Das verbotene Buch“ für das Verständnis um Miras und Chas‘ Vergangenheit sowie für die Geschichte der Fischerkinder aus meiner Sicht unabdingbar ist.

Bewertung vom 01.02.2019
Die Villa an der Elbe
Belago, Linda

Die Villa an der Elbe


sehr gut

Das Feuer von Hoboken

„Das Feuer von Hoboken war das prägendste Ereignis im Leben der Schwestern. Es verband sie, und war gleichzeitig das Datum, das sie entzweite.“

Die Verlobungsfeier der eleganten und selbstbewussten Helena van der Haard mit Gustav Clausen, dem Erben einer angesehenen Reederfamilie aus Hamburg, fand im Jahre 1900 auf einem der größten und bedeutendsten Dampfschiffe der Welt statt. Die Eltern wähnten sich am Ziel ihrer Wünsche, die junge Braut wäre hingegen vor Kummer und Verzweiflung am liebsten von Bord gesprungen. Helena verbrachte ihr gesamtes bisheriges Dasein in einem goldenen Käfig und sehnte sich nach einem Leben in Freiheit und Selbstbestimmung. Ein Schiffsbrand am Tag nach der Verlobung eskalierte, ein brennendes Inferno zog den gesamten Hafen in Mitleidenschaft. Unter den vielen Toten war auch Clara Hauser, das Dienstmädchen von Helena van der Haard. Ein verzweifelter Plan reifte in Helena, die das Unglück mit knapper Not überlebt hatte. Die junge Frau ergriff ihre einzige Chance, sich der Heirat mit einem grausamen Tunichtgut und Schürzenjäger zu entziehen.

Linda Belago erzählt die Geschichte der Reederfamilie Clausen in drei verschiedenen Zeit- bzw. Handlungsebenen. Sie schildert zum einen die Ereignisse um den schrecklichen Hafenbrand im Jahr 1900, beginnend mit der Anreise des Ehepaares van der Haard und ihren beiden Töchtern Annemarie und Helena. Der zweite Handlungsstrang thematisiert die Geschicke des Ururenkels Jonas-Franz Clausen, der infolge des unerwarteten Todes seines Vaters die Geschicke der Reederei in seine Hände nehmen muss. Bei der Durchsicht alter Dokumente entdeckt er Hinweise auf ein beachtliches Vermögen in Form eines Depots. Der dritte Handlungsstrang schildert ebenso wie der zweite die Ereignisse der Gegenwart, beleuchtet hierbei jedoch die Familie Thompson, deren Vorfahrin ebenfalls ein diesbezügliches Dokument hinterlassen hat.

Die Autorin ließ ihren handelnden Figuren große Aufmerksamkeit zuteilwerden, dennoch schafften sie es nicht, mich vollends für sie einzunehmen. Annemarie und Helena wiesen zwar große Authentizität auf, die männlichen Darsteller wie beispielsweise Gustav, Albert und Jonas Clausen hingegen blieben ebenso wie die nur im Ansatz beschriebenen Nebenfiguren eher blass. Linda Belagos locker-leichter Schreibstil wirkt sehr einnehmend. Vor allem ihre bildhaften Schilderungen der Handlungsschauplätze haben mir gut gefallen. Dem Buch liegt zudem ein gewisser Spannungsfaktor zugrunde, der auf den im Klappentext erwähnten Wiedererkennen der vermeintlich toten Schwester Annemaries beruht und die Neugier des Lesers auf die Geschichte hinter diesem Rätsel schürt. Letztendlich hat das aus meiner Sicht zu rasch abgehandelte Finale meine Erwartungen nicht ganz erfüllt und mich mit offenen Fragen zurückgelassen.

Fazit: „Die Villa an der Elbe“ bot mir anregende Unterhaltung, ein spannendes Abenteuer, das abwechselnd in der Gegenwart und in der Vergangenheit spielt, untermalt mit bildhaften Beschreibungen des Lebens in New York und Hamburg. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Aufgrund des etwas übereilten Ausgangs, der mich ein wenig enttäuschte, vergebe ich dafür jedoch nur vier Bewertungssterne.

Bewertung vom 01.02.2019
Gehetzt / Jane Hawk Bd.2
Koontz, Dean

Gehetzt / Jane Hawk Bd.2


ausgezeichnet

Die Stadt der Verdammten – wenn Alpträume Realität werden

Die beliebte Lehrerin Cora Gunderson aus Minnesota hat ein großes Herz, sie ist eine freundliche Romantikerin, die ihre poetischen Gedanken gerne zu Papier bringt. Seit einiger Zeit jedoch leidet sie an starken Migräneanfällen und träumt von loderndem Feuer. Und völlig unvermittelt wird Cora zur Massenmörderin. Mit einem Auto voller Benzin rammt sie ein Hotel, in der darauffolgenden Explosion sterben viele Menschen, darunter auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Jeder, der Cora kannte, ist angesichts dieser unerklärlichen Tat fassungslos, doch die Fakten sprechen für sich. Als das FBI die Angelegenheit übernimmt, weckt deren auffällig nachlässige Vorgehensweise das Misstrauen des County Sheriffs Luther Tillman. Der gesetzestreue und selbstbewusste Mann war ein langjähriger guter Freund Coras, und strengt daher auf eigene Faust Recherchen an. Doch damit bringt er nicht nur sich selber, sondern auch seine Ehefrau und seine beiden Töchter im Teenageralter in allergrößte Gefahr.

Die FBI-Agentin Jane Hawk gilt als Abtrünnige und ist abgetaucht. Ihr Wissen über bestimmte mächtige Leute ist brandgefährlich. Um ihrer habhaft zu werden, wird sie des Diebstahls von Militärgeheimnissen bezichtigt und aufgrund einer angeblichen Bedrohung der nationalen Sicherheit erbarmungslos gejagt.

In Iron Furnace, Kentucky, treffen Jane und Luther schließlich aufeinander, und versuchen ab diesem Zeitpunkt, diesen Verschwörungsfall unfassbaren Ausmaßes gemeinsam aufzudecken. Doch es gibt niemanden, dem sie noch trauen können – sowohl FBI, als auch CIA, die gesamte Legislative und Exekutive, scheinen in diese Verschwörung involviert zu sein. Es beginnt ein atemberaubender Wettlauf mit der Zeit…

Der Schreibstil des Autors ist umwerfend - detailverliebt, mit bildhafter Sprache und von der ersten bis zur letzten Seite von hohem Spannungsbogen durchdrungen, der den Leser in die Geschichte hineinzieht und mitreißt. Nervenkitzel und Anspannung geben sich in diesen beinahe schon alptraumhaft anmutenden Szenarien die Hand.

Koontz erzählt seine Geschichte in verschiedenen Handlungssträngen und beschäftigt sich darin abwechselnd mit den einzelnen Protagonisten, bis dem Leser nach und nach die Zusammenhänge offenbart und die losen Enden schließlich verknüpft werden. Der Autor erzählt von intellektuellen Fanatikern, die eine Möglichkeit entdeckten, Menschen zu manipulieren, sie ihres freien Willens zu berauben und vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Die heutigen Möglichkeiten der digitalen Überwachung, die in dieser spannenden Abhandlung Janes und Luthers abenteuerliche Flucht erschweren, werden dem Leser drastisch vor Augen geführt und eindringlich ins Bewusstsein gerufen.

Was ich an diesem Autor schätze ist die Gepflogenheit, sich seinen handelnden Personen sehr ausführlich zu widmen. Die Charakterzeichnungen sämtlicher handelnder Figuren weisen stets sehr hohe Authentizität auf. Im vorliegenden Buch hat abgesehen von den beiden Protagonisten ganz besonders auch Bernie Riggowitz mein Herz gewonnen. Der liebenswürdige alte Witwer darf in seinen alten Tagen noch einmal ein aufregendes Abenteuer erleben und Fluchthelfer für Jane Hawk spielen. Als bekennender Hundeliebhaber darf in vielen Büchern von Dean Koontz auch ein Hund eine winzige Nebenrolle einnehmen. In diesem Fall handelte es sich um die Therapiehündin „Miss Dixie“, eine kleine, dynamische Persönlichkeit mit seelenvollem Blick in Gestalt einer gescheckten Langhaardackel-Hündin.

Fazit: „Gehetzt“ war ein großartiges Leseerlebnis, das mich von der ersten, bis zur buchstäblich allerletzten Minute gefesselt und ausgezeichnet unterhalten hat. Gerne vergebe ich klare und uneingeschränkte fünf Bewertungssterne für diesen rasanten Thriller!

(gekürzte Fassung)

Bewertung vom 27.01.2019
Weil du siehst, wie schön ich bin
Hauck, Rachel

Weil du siehst, wie schön ich bin


sehr gut

„Ist dir je in den Sinn gekommen, dass du zu so viel mehr geschaffen wurdest?“

Als Maggie Boyd in den Ruhestand tritt, verkauft die alte Dame ihren Schönheitssalon an die erfolgreiche Stylistin Ginger Winters, die nach zwölf Jahren wieder in ihr Heimatstädtchen Rosebud zurückgekehrt ist. Gingers Talent, durch ihre Arbeit die Schönheit von Frauen zutage zu bringen, ist bereits legendär. Sie avancierte zur persönlichen Stylistin einer berühmten Persönlichkeit, mit der sie durch die Welt reiste. Nun möchte Ginger jedoch auf eigenen Beinen stehen und renoviert mit großem Einsatz Maggies ehemaligen Salon, als unvermittelt ihre Jugendliebe Tom Wells auftaucht. Er brach Ginger vor zwölf Jahren das Herz und kam nun ebenfalls zurück nach Rosebud, um als Pastor eine Gemeinde zu gründen. Die ehemalige Anziehungskraft zwischen Ginger und Tom ist durch die jahrelange Trennung zwar nicht erloschen, doch Ginger kann weder an Toms Zuneigung, noch an ihren eigenen Wert glauben. Seit einem fürchterlichen Brand in ihrer Kindheit ist ihr Körper durch schwere Brandwunden entstellt und Ginger spricht sich selbst das Recht auf Glück und Liebe ab. Ob Toms beharrliche Zuneigung und sein sanfter Versuch, sie von Jesu Liebe zu all seinen Kindern zu überzeugen Erfolg haben wird?

Rachel Hauck hat mit diesem kleinformatigen dünnen Büchlein eine bezaubernde Liebesgeschichte geschrieben, die an die bekannten Märchen vom hässlichen Entlein und Aschenbrödel erinnern. Sie legt das Hauptaugenmerk auf die Wertigkeit der inneren Schönheit eines Menschen und gibt dem Glauben großzügigen Raum in ihrer Geschichte. Die handelnden Figuren wurden allesamt sympathisch und authentisch dargestellt, wobei der Fokus jedoch auf den beiden Protagonisten liegt. Aufgrund der geringen Seitenanzahl wird den Nebenfiguren eher weniger Aufmerksamkeit zuteil, ihre sorgfältige Charakterzeichnung ließ sie aber dennoch glaubwürdig erscheinen. Sehr gerne hätte ich mehr über Toms Großvater „Pop“ erfahren, dessen Weisheit und Seelenruhe Tom stets Trost in im Leben gab. Auch die ewige Optimistin Ruby-Jane war eine vielversprechende Figur, von der ich ebenfalls gerne mehr gelesen hätte. Als Gingers beste Freundin kennt sie deren Sorgen und Emotionen nur allzu genau und steht ihr nicht nur als Angestellte, sondern auch als Mut Macherin und Trösterin zur Seite. Sie scheut sich zu alledem nicht, sensible Themen anzusprechen und Ginger ins Gewissen zu reden. Einzig die abrupte Veränderung der Einstellung und des Verhaltens einiger Mitglieder der Hochzeitsgesellschaft sowie das etwas überhastete Ende konnten mich nicht vollends überzeugen.

Anhand des Klappentextes und des aussagekräftigen Coverfotos wird der Verlauf dieser Geschichte bereits im Vorfeld angedeutet, und dadurch birgt das Buch keine allzu großen Überraschungen. Mir hat sehr gut gefallen, dass Rachel Hauck trotz der Kürze in diesem Roman viele wichtige Botschaften transportiert und allen voran die Gewissheit vermittelt, dass wir geliebte Kinder Gottes sind, er seine Hand schützend über uns hält und uns führt, auch wenn wir dies in Momenten des Schmerzes und des Leids nicht immer erkennen mögen. Der einnehmende und flüssige Schreibstil der Autorin und die an einigen Stellen perfekt platzierte Situationskomik machten diese Lektüre darüber hinaus zu einem reinen Vergnügen.

Fazit: In ihrer Neuerscheinung „Weil du siehst, wie schön ich bin“ vereint Rachel Hauck eine romantische Liebesgeschichte zum Träumen, die Bewältigung eines tragischen Kindheitstraumas, das für Tiefgang sorgt, sowie den Weg zum Glauben an Jesus und ist daher trotz der geringen Seitenanzahl ein Garant für sehr gute und tiefgründige Unterhaltung.

Bewertung vom 27.01.2019
Die Tochter der Toskana / Toskana-Saga Bd.1
Seemayer, Karin

Die Tochter der Toskana / Toskana-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Das Kastanienmädchen aus den Bergen

„Ich werde das alles nie wiedersehen. Ich werde niemals mehr die Nebel am Monte Ventasso aufsteigen sehen, von denen die Alten sagen, dass in ihnen die Feen tanzten.“

Antonella Battistoni stammt aus dem kleinen Dorf Cerreto in den Apuanischen Alpen. Die hübsche Schäferstochter soll in Kürze Paolo, den wohlhabenden Sohn des örtlichen Müllers heiraten. Als dieser jedoch seinen wahren Charakter offenbart, bleibt dem Mädchen angesichts der Unnachgiebigkeit ihres Vaters nur noch der Weg in die Flucht. An der Seite eines gutaussehenden Fremden, den sie im Wald getroffen hat, macht sie sich auf den Weg nach Genua, um ihre Tante Einede aufzusuchen und eine Anstellung zu finden. Auf dem langen und beschwerlichen Weg in die Freiheit, der von Aufregung und Abenteuern geprägt ist, behandelt Marco Michele di Raimandi sie stets wie ein Gentleman. Er ist höflich, zuvorkommend, und möchte seine Begleiterin wohlbehalten zu ihrer Tante nach Genua bringen. Dass die beiden jungen Menschen sich ineinander verlieben, war weder vorhersehbar, noch passt es in deren Lebenspläne. Marcos Vergangenheit stellt zudem ein unüberwindliches Hindernis für ihre Liebe dar, und nach der Enthüllung seiner wahren Identität scheint eine gemeinsame Zukunft ausgeschlossen…

Karin Seemayer beschreibt in eindrucksvollen Worten und sehr einnehmendem Schreibstil das Leben des Bauernmädchens Antonella in dem kleinen Dorf in den Bergen. Die Situation der Menschen, ihr Lebensalltag, ihre Hoffnungen, Wünsche und Träume werden ausgezeichnet vermittelt. Die Autorin erzählt vom Streben ihrer jungen Protagonistin nach Bildung, dem großen Wunsch, lesen und schreiben zu lernen. Antonella darf auch ihre Leidenschaft für das Kochen nicht ausleben. Sowohl die Berufswahl, als auch die Wahl des zukünftigen Ehemannes werden durch den Vater getroffen. Die Charakterisierung der handelnden Figuren war ausgezeichnet – man konnte sich in die Personen hineinversetzen, deren Überlegungen und Handlungen wirkten höchst authentisch. Durch den männlichen Protagonisten Marco wurde dem Leser ein Einblick in die Welt des Adels gewährt. Karin Seemayer schildert das Leben in der sogenannten besseren Gesellschaft und erwähnt auch die Verpflichtungen und Zwänge, denen die Söhne und Töchter aus gutem Hause unterworfen waren. Ebenso wie Antonella hatte auch Marco sich sein Leben anders vorgestellt, und auch ihm wurden Unverständnis und Unnachgiebigkeit entgegengebracht. Auf dem langen Weg nach Genua kreuzten interessante und liebenswerte Nebendarsteller den Weg der beiden Flüchtenden. Karin Seemayer widmete sich jeder Person mit großer Aufmerksamkeit und bereicherte die Geschichte durch lebendig wirkende und sehr überzeugende Figuren.

Die historischen Fakten waren vortrefflich recherchiert und mit der Handlung verwoben. Die Autorin skizziert die politische Situation und gibt einen kleinen Einblick in die Carbonari als bedeutendste der Geheimbünde in den italienischen Staaten des 19. Jahrhunderts. Sie thematisiert auch die von Guiseppe Mazzini gegründete Vereinigung namens „Giovine Italia“ und den Kampf für ein freies Italien, für Gerechtigkeit, ein leichteres Leben für die Bauern, niedrige Steuern und Handel. Die gesamte Geschichte beinhaltet nicht zuletzt dadurch einen konstanten Spannungsbogen, der am Ende des Buches schließlich in ein atemberaubendes Finale mündet. Antonella und Marco müssen viel Mut und Einfallsreichtum aufwenden, um alle Hindernisse zu überwinden.

Fazit: „Die Tochter der Toskana“ ist ein beeindruckender und atmosphärischer Roman, der mir nicht zuletzt durch den wunderschönen Schreibstil der Autorin und deren authentisch gezeichneter Figuren großes Lesevergnügen bereitet hat. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen und ich empfehle es nur allzu gerne weiter.

(gekürzte Fassung)

Bewertung vom 27.01.2019
Das Mädchen mit dem Schmetterling
Hannah, Kristin

Das Mädchen mit dem Schmetterling


ausgezeichnet

Auf das Herz kommt es an

Als im kleinen Städtchen Rain Valley nahe des Olympic National Forest, am Rande des Regenwaldes, plötzlich ein verwahrlostes kleines Mädchen auftaucht, sucht die örtliche Polizei nach einer Vermisstenmeldung oder Hinweisen auf eine Entführung. Doch das traurige, zerbrechliche Mädchen spricht nicht, und es scheint auch von niemandem vermisst zu werden. Sie kam eines Tages auf der Suche nach etwas Essbarem aus den unberührten, unerforschten Wäldern. Aufgrund ihres wilden und zutiefst rätselhaften Verhaltens wird eine Spezialistin hinzugezogen. Julia Cates ist Kinderpsychologin und ihre besondere Gabe, mit traumatisierten Kindern umzugehen, macht sie zur idealen Therapeutin für das „Wolfsmädchen“, wie die kleine Unbekannte bald genannt wird. Julia macht es sich zu ihrer ganz persönlichen Aufgabe, diesem Kind zu helfen. Durch ihre hartnäckigen und liebevollen Bemühungen sowie ihre fachliche Eignung verzeichnet sie bald auch erste Erfolge. Doch kurz nachdem Julia zur temporären Pflegemutter für ihren Schützling bestimmt wird, taucht plötzlich der leibliche Vater auf, der das Kind zurückfordert. Sowohl für das kleine Mädchen, als auch für Julie und alle Menschen in Rain Valley, denen dieses Schicksal nahe geht, bricht eine Welt zusammen.

Kristin Hannahs Geschichte eines Wolfskindes, das inmitten eines hunderttausende Hektar großen und unerforschten Waldgebiets festgehalten wurde, hat mich regelrecht gefesselt. Durch die Protagonistin Julia erfährt man fachliche Hintergründe über diese „wilden Kinder“, sie thematisiert jedoch auch andere mögliche Ursachen wie beispielsweise Autismus für das seltsame Verhalten dieses Kindes. Darüber hinaus erzählt die Autorin die Geschichte zweier Schwestern, die sich nach dem Tod der Eltern ein wenig entfremdeten, sich jedoch trotz äußerlicher Unterschiede gar nicht so unähnlich sind. Julia Cates und Ellen Barton erhalten durch ihre Bemühungen um das Wolfsmädchen eine neue Chance, ihre geschwisterliche Beziehung aufzufrischen.

Die handelnden Personen dieses Buches empfand ich als ausgezeichnet charakterisiert. Julia Cates wird als intelligente Frau dargestellt, der durch ihre Hochsensibilität ein ganz besonderer Zugang und eine hervorragende Eignung für ihren Beruf gegeben ist. Sie leidet an einem beruflichen Rückschlag und hat zudem eine zerbrochene Beziehung zu bewältigen. Ihre Schwester Ellen ist eine umwerfend schöne und extrovertierte Persönlichkeit. Sie sorgt als Polizeichefin für Recht und Ordnung in Rain Valley. Das Auftauchen des Wolfsmädchens stellt sie vor die bislang größter Herausforderung ihres beruflichen Lebens. Ellen stehen in Cal Wallace, Penelope Nutter und Earl Huff drei äußerst sympathische Kollegen zur Seite. Der seit sechs Jahren in Rain Valley niedergelassene Arzt Dr. Max Cerrasin ist ein gutaussehender Einzelgänger, der ebenfalls mit einem traumatischen Ereignis aus seiner Vergangenheit zu kämpfen hat. Kristin Hannahs authentische Charakterzeichnung erzeugte sogar entgegen der gegen ihn sprechenden Fakten Verständnis für die Forderungen des leiblichen Vaters. Die Autorin versteht es, die Beweggründe und Emotionen ihrer Figuren auf beeindruckende Art und Weise darzustellen. Der kleinen Protagonistin, die von ihren Betreuern schließlich Alice genannt wird, flog mein Herz vom ersten Moment an zu. Ich habe dieses kleine, hilflose Wesen mit ihren vielen körperlichen und emotionalen Narben auf der Stelle ins Herz geschlossen.

Die Ungewissheit über die Herkunft, den bisherigen Aufenthaltsort und die Identität jener Person, die das Kind irgendwo in den Tiefen der Wälder festgehalten hat, erzeugte einen durchgehenden Spannungsbogen im Buch. Die Kombination mit dem wunderschönen Schreibstil, der Kristin Hannah zu eigen ist, machte diesen Roman zu einem wahren Pageturner. „Das Mädchen mit dem Schmetterling“ war eine tief berührende Lektüre, die mir ausgezeichnet gefallen hat.

(gekürzte Fassung)