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Büchermaulwurf
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Dreieich

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Insgesamt 153 Bewertungen
Bewertung vom 16.04.2024
Die Influencerin
Russ, Rebecca

Die Influencerin


gut

Solider Thriller über die Abgründe von Social Media

Rebecca Russ hat mit „Die Influencerin“ einen hochaktuellen Thriller über die Abgründe der Social-Media-Welt und die Schattenseiten des Influencer*innen-Daseins vorgelegt. Im Mittelpunkt steht die erfolgreiche Lifestyle-Influencerin Sarah, die gerade ihren Account nach dem Selbstmord einer Followerin deaktiviert hat. Ihre Community gibt ihr die Schuld daran und überschüttet sie mit Hasskommentaren. Sie verkriecht sich bei ihrer Familie, doch schon bald fühlt sie sich beobachtet und verfolgt.

Durch den angenehmen und leichten Schreibstil habe ich sehr schnell in die Handlung hineingefunden und konnte das Buch in kurzer Zeit durchlesen. Von Beginn an ist eine unterschwellige Bedrohung zu spüren. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Sarah erzählt. Dadurch bekommt man einen sehr guten Einblick in ihre Gefühlswelt, die von Verzweiflung und Schuldgefühlen bestimmt ist. Ihr gegenüber hatte ich gemischte Gefühle. Einerseits konnte ich mich gut in ihre verzweifelte Lage einfühlen, aber ihre teilweise naiven und unüberlegten Handlungen ließen mich manches Mal innerlich den Kopf schütteln. Die anderen Hauptfiguren wie ihre Schwester und ihr Mann blieben für mich leider zu blass.
Gut gefallen haben mir die Hasskommentare ihrer Follower zu Beginn jedes Kapitels, die zeigen wieviel Wut und Verachtung ihr im Netz entgegenschlägt. Auch die kursiv gedruckten Kapitel einer unbekannten Person, die von Sarah besessen ist und sie beobachtet, haben mir gut gefallen. Sie erhöhen die Spannung und geben einen Einblick in die Gedanken des Stalkers. Die Geschichte beginnt zunächst gemächlich und nimmt erst im letzten Drittel ordentlich an Fahrt und Spannung auf. Die Autorin konnte mich am Ende mit einigen geschickten Wendungen noch überraschen, die ich so nicht erwartet hatte. Allerdings fand ich den Plot am Ende zu überladen. Es wurden zu viele Themen angerissen und nicht vertieft, weniger wäre hier mehr gewesen.

Zusammenfassend war es für mich ein solider Thriller für zwischendurch, der die Abgründe der Social-Media-Welt enthüllt und zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 13.03.2024
OLAF ERMITTELT - Der Kanzler-Krimi
Hofer, Wolfgang

OLAF ERMITTELT - Der Kanzler-Krimi


gut

Erwartungen nicht ganz erfüllt
Bekannt wurde Wolfgang Hofer durch das Schreiben von Songtexten für viele bekannte Künstler. Nun legt er mit „Olaf ermittelt“ seinen ersten Kanzler-Krimi vor.

Der Bundeskanzler, der eine heimliche Leidenschaft für Kriminalfälle hegt, stolpert beim Gassigehen über eine Leiche und sieht sofort die Chance endlich einmal selbst zu ermitteln. Zusammen mit seiner Britta greift er dem ermittelnden Kriminalkommissar, der ein alter Studienfreund von ihm ist, zwischen seinen Regierungsgeschäften helfend unter die Arme. Unterstützt werden die drei von einer österreichischen Kellnerin, einem Kleinganoven und einer Obdachlosen.

Das Thema erinnerte mich sofort an die Miss Merkel-Krimis von David Safier und entsprechend hoch waren meine Erwartungen, die leider nicht ganz erfüllt wurden.
Der Schreibstil ist sehr leicht zu lesen und stellt keine hohen Ansprüche. Manchmal wirkte es noch ein wenig holprig. Sehr gut gefallen haben mir die Zitate von bekannten Persönlichkeiten über jedem Kapitel, die immer sehr gut zum Inhalt passten. Olaf fand ich als ermittelnden Kanzler zusammen mit seiner Britta und Hund Schröder sehr sympathisch. Man bekommt einen netten (wenn auch erdichteten) Einblick ins Private und ein wenig auch in seine Arbeit. Dabei werden seine Aufgaben und andere Politiker leider nur kurz erwähnt. Ich fand es sehr schade, dass der Berufsalltag des Kanzlers keine größere Rolle spielte und hätte mir auch richtige Dialoge mit den erwähnten Politikern gewünscht.
Der Einstieg hat mir noch gut gefallen, aber leider wurde es schon bald zäh. Viele Perspektivwechsel sorgen für Verwirrung und die Spannung bleibt leider auf der Strecke. Dafür sorgen auch viele Detailbeschreibungen zu Örtlichkeiten oder Personen. Die Ermittlungen treten auch sehr oft auf der Stelle. Ich fand den eigentlichen Kriminalfall deshalb leider enttäuschend. Die letzte Auflösung fand ich außerdem zu überstürzt und nicht überzeugend. Olaf kann hier leider nicht ganz mit Miss Merkel mithalten.

Für mich war der erste Kanzler-Krimi daher eine leichte und durchaus unterhaltsame Lektüre für zwischendurch, wobei mich die eigentliche Krimihandlung leider nicht überzeugen konnte.

Bewertung vom 27.02.2024
Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4


ausgezeichnet

Die Reihe wird immer besser!
Eigentlich hatte sich der Donnerstagsmordclub eine Pause gewünscht, doch kurz darauf wird der Antiquitätenhändler Kuldesh Shamar getötet. Er war eine guter Freund von Elisabeths Ehemann Stephen. Der Donnerstagsmordclub nimmt diesen Fall daher sehr persönlich und ist fest entschlossen den Mörder zu stellen. Die vier rüstigen Senioren stürzen sich erneut in turbulente und zuweilen unorthodoxe Ermittlungen und machen einer Bande von Drogendealern, Betrügern und Fälschern die Hölle heiß.

Dies ist bereits der vierte Fall für das sympathische Seniorenquartett aus der Seniorenresidenz Coopers Chase, auf den ich mich schon sehr gefreut hatte. Für mich ist es tatsächlich der beste Band der Reihe. Ich habe die vier sehr liebgewonnen. Richard Osman ist es gelungen mit jedem Band den Hauptfiguren neue Facetten hinzuzufügen, die sie noch greifbarer machen. Das gilt auch für alle Nebenfiguren. Natürlich sind auch bekannte Charaktere aus den anderen Bänden wieder mit von der Partie. Zum bessern Verständnis würde ich daher raten mit dem ersten Band in die Reihe zu starten.

Richard Osman hat sich erneut einen äußerst kniffligen und wendungsreichen Fall für seine Senioren-Gang ausgedacht. Mit seinem besonderen Erzählstil, sehr britisch, humorvoll aber auch warmherzig, hat er mich erneut sehr gut unterhalten. Dabei thematisiert er auch Probleme und Gebrechen, die das Altern mit sich bringt. So leidet Stephen, der Mann von Elisabeth an fortschreitender Demenz. Ein Thema, dass er sehr einfühlsam in die Handlung eingewoben hat, was mich besonders berührte und zum Nachdenken brachte.
Durch ihre clevere Kombinationsgabe gelingt es der Gang natürlich am Ende dem Mörder eine Falle zu stellen, wobei jeder wieder seine individuellen Fähigkeiten einbringt. Joyce darf diesmal über sich hinauswachsen. Ich hoffe, dass Computer-Bob im nächsten Band wieder mit von der Partie ist. Die Weichen für eine Fortsetzung wurden ja schon gestellt. Ich hoffe der Donnerstagsmordclub darf noch viel Fälle lösen.

Fazit: Das liebenswerte Senioren-Dream-Team hat mich wieder mit einem verzwickten Fall und viel britischem Humor bestens unterhalten.

Bewertung vom 09.02.2024
Verborgen / Mörderisches Island Bd.3
Ægisdóttir, Eva Björg

Verborgen / Mörderisches Island Bd.3


ausgezeichnet

Raffinierter Island-Krimi voller dunkler Geheimnisse
Die kleine isländische Gemeinde Akranes wird von einem Hausbrand erschüttert, bei dem ein junger Mann ums Leben kommt. Kommissarin Elma übernimmt mit ihrem Team die Ermittlungen und stellt schon bald fest, dass es sich um Brandstiftung handelte und der junge Mann nicht durch das Feuer starb. Als unweit des ersten Tatorts eine zweite Leiche entdeckt wird, sieht sich Elma mit einem äußerst komplexen Fall mit verschiedenen Verdächtigen konfrontiert.

„Verborgen“ von Eva Björk Ægisdóttir ist bereits der dritte Band ihrer fulminanten Island-Krimi-Reihe, der mich erneut begeistern konnte. Die Autorin versteht es mit einem düsteren und komplexen Fall von den ersten Zeilen an zu fesseln. Sie zeigt hier wieder ihr beeindruckendes Talent eine komplexe, fesselnde Handlung mit authentisch beschrieben Charakteren, in die man sich sehr gut einfühlen kann, zu verbinden. Die karge Landschaft Islands und das raue Wetter bilden einen atmosphärisch düsteren Hintergrund. Das Buch kann auch gut unabhängig gelesen werden, ich selbst bin auch erst mit dem zweiten Band in die Reihe eingestiegen.

Ich habe mich sehr über das Wiedersehen mit Elma, Sævar und ihrem Chef Hödur gefreut und auf ihre privaten Entwicklungen, die geschickt in die Handlung eingeflochten sind und mich sehr berührt haben. Besonders die sympathische Elma ist mir ans Herz gewachsen und ich habe sie wieder gerne bei den Ermittlungen begleitet. Obwohl Elma diesmal mit ganz persönlichen Problemen zu kämpfen hat, lässt sie nicht locker, um den verzwickten Fall zu lösen. Ihre beharrlichen Nachforschungen bringen sie schließlich auf die richtige Spur, aber zugleich in große Gefahr.

Die Handlung wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, die Einblicke in die Ermittlungen und auch in das Umfeld der Opfer (Familie, Freunde) ermöglichen. Am meisten berührt haben mich die Rückblicke in die Vergangenheit des zweiten Opfers. Es ist sehr spannend den Ermittlungen zu folgen, die durch Befragungen, Spurensuche und Recherchen immer neue Erkenntnisse zu Tage fördern. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig und komplex und einige überraschende Wendungen enthüllen so manches Geheimnis der Bewohner. Ich habe es geliebt, mitzurätseln und eigene Vermutungen anzustellen. Am Ende war ich dann doch sehr überrascht von der Auflösung, die schlüssig und nachvollziehbar war. Dass eine Kleinigkeit offen bleibt, hat mich nicht weiter gestört, denn der Fall wurde ja gelöst.

Mein Fazit:
„Verborgen“ ist ein durchweg spannender Island-Krimi, der mich mit seiner raffinierten und wendungsreich gestalteten Handlung und authentischen Ermittlern erneut begeistern konnte. Ich hoffe, dass es einen weiteren Band für Elma und ihr Team geben wird. Ich kann diese Reihe allen Fans skandinavischer Krimis nur ans Herz legen.

Bewertung vom 26.12.2023
Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung
Stehn, Malin

Nur eine Lüge - Zwei Familien, eine tödliche Verbindung


ausgezeichnet

Mitreißendes Familiendrama
"Nur eine Lüge" von Malin Stehn entführt die Leser in eine fesselnde Geschichte voller Geheimnisse, Spannung und Familienintrigen. Emily Brandt plant ihre Schlosshochzeit minutiös, doch das Unvorhersehbare lässt sich nicht kontrollieren. Während der extravaganten Feier entfaltet sich vor den Augen der Gäste schon bald ein Drama, als verschüttete Wahrheiten an die Oberfläche gelangen und kurz nach Mitternacht eine Leiche am Ufer des Öresunds liegt.

Malin Stehn präsentiert einen hochspannenden Krimi, der geschickt die unaufhaltsamen Ereignisse des Hochzeitstags mit den Verstrickungen der Vergangenheit verwebt. Die schwedische Bestseller-Autorin zeigt dabei nicht nur ihre erzählerische Finesse, sondern auch ihre Empathie, indem sie die Figuren facettenreich und tiefgründig gestaltet.
Der Schreibstil von Stehn ist mitreißend und prägnant, wodurch die Leser mühelos in die Atmosphäre des Geschehens eintauchen können. Die Autorin beherrscht die Kunst, Spannung zu erzeugen und sie geschickt zu dosieren, was das Buch zu einem regelrechten Pageturner macht. Die Umsetzung der Geschichte ist sehr gut gelungen denn Stehn versteht es, die Vergangenheit der Familien Brandt und Nihlzén auf packende Weise mit dem Hochzeitstag zu verknüpfen. Dabei enthüllt sie wohl dosiert das furchtbare Ereignis, das acht Jahre zuvor Freundschaften zerrissen und Ehen zerbrochen hat.

Die Charaktere sind vielschichtig und authentisch gezeichnet. Ihre Handlungen und Emotionen tragen maßgeblich zur Intensität der Geschichte bei. Die Hochzeit, die die Familien für immer verbinden soll, wird zum Schauplatz für Intrigen und unerwartete Enthüllungen. "Nur eine Lüge" ist ein meisterhaft konstruierter Krimi, der mit jeder Seite tiefer in die Abgründe menschlicher Beziehungen führt und mich bis zur letzten Seite in Atem gehalten hat. Mir hat er sogar noch besser gefallen, als ihr erstes Buch „Happy New Year“.

Bewertung vom 19.11.2023
Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2
Jürgensen, Dennis

Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2


sehr gut

Zweiter Fall für Teit und Lehmann
Lykke Teit und Rudi Lehmann, die bereits im ersten Band der Reihe einen grenzüberschreitenden Fall erfolgreich gelöst haben, dürfen erneut gemeinsam ermitteln. Diesmal in Norddeutschland, das von einer brutalen Mordserie erschüttert wird, deren Opfer scheinbar nichts verbindet außer jeweils einer toten Taube im Schoß. Gleichzeitig werden in einem Berliner Bunker aus der Kriegszeit die Leichen einer Familie entdeckt. Wo liegt die Verbindung zwischen den Fällen?

Was ich an dieser dänischen Krimi-Reihe besonders schätze, sind das sympathische Ermittlerpaar und die gut konstruierten Fälle. Der aktuelle führt weit zurück in die deutsch-deutsche Vergangenheit und kann eigenständig gelesen werden.
Ich habe mich darauf gefreut, Lykke und Rudi in ihrem zweiten Fall zu begleiten. Trotz des großen Altersunterschiedes (die beiden könnten Vater und Tochter sein) arbeiten die beiden sehr harmonisch zusammen und bauen ihre Freundschaft weiter aus. Dies hebt sie von vielen anderen Ermittlern ab. Für Rudi wird der Fall diesmal überraschend persönlich, wobei der Zufall allerdings eine große Rolle spielt. Lykke belastet immer noch der Tod ihrer Tochter und am Anfang des Buches erhält sie einen Hinweis auf den verantwortlichen Hundehalter. Für meinen Geschmack kam ihre Suche in diesem Band leider zu kurz und hätte gerne noch vertieft werden können.

Die Handlung wurde von Dennis Jürgensen wieder sehr spannend und flüssig erzählt. Kurze Kapitel, wechselnde Perspektiven und Schauplätze sorgen für Tempo, ebenso wie Einblicke in die Sichtweise des Täters. Dieser stand zwar schon früh fest, aber seine Motive blieben lange im Dunkeln, so dass die Spannung für mich erhalten blieb. Allerdings begleiten wir ihn auch an einige Tatorte, was gute Nerven erfordert. Der Schwerpunkt lag auf den Ermittlungen, die immer wieder neue Spuren zu Tage förderten und so den Spannungsbogen hoch hielten. Die wahren Hintergründe der Taten blieben lange im Verborgenen. Es hat erneut Spaß gemacht dem sympathischen Duo über die Schulter zu schauen und mit zu rätseln. Es endete in einem Showdown, der die Spannungsschraube nochmals anzog. Die Auflösung und die Hintergründe der Verbrechen sind schlüssig erklärt.

Insgesamt war es eine äußerst gelungene Fortsetzung der dänischen Reihe, der hoffentlich noch weitere folgen werden. Ich bin auf jeden Fall wieder mit dabei wenn Lykke und Rudi gemeinsam ermitteln.

Bewertung vom 05.11.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1


sehr gut

Bewegender und spannender Reihenauftakt
Die ehemalige Polizistin Liv Jensen ist gerade von Jütland nach Kopenhagen gezogen und sucht einen Neuanfang als Privatdetektivin. Ihre Vermieterin, die Krisenpsychologin Hannah Leon hat erst kürzlich ihren Bruder durch Selbstmord verloren und ist auf der Suche nach den Gründen dafür. Da bittet ihr alter Ausbilder Liv um eine Gefälligkeit. Sie soll für ihn einen drei Jahre alten Mordfall an einem Journalisten nochmals untersuchen, da er glaubt, etwas übersehen zu haben. Liv sieht darin ihre Chance wieder Fuß bei der Polizei zu fassen und stürzt sich in die komplexe Ermittlung. Eine Spur führt sie zurück in ihre alte Heimat Jütland und schließlich weit zurück in die Vergangenheit. Inzwischen ermittelt ihr Ausbilder in einem aktuellen Mordfall an einer Museumsangestellten. Ausgerechnet Nima Ansari, der iranische Automechaniker und ihr Nachbar gerät unter Mordverdacht. Alle Todesfälle liegen Jahre auseinander und weisen scheinbar keine Gemeinsamkeiten auf. Aber Liv ist hartnäckig und kann schließlich alle Puzzleteile zusammenfügen.

Ich mochte bereits Katrine Engbergs Kopenhagen-Reihe um Anette Werner und Jeppe Kørner. Auch der erste Fall „Glutspur“ von Liv Jensen konnte mich wieder überzeugen. Mit ihrem gewohnt ruhigen und unblutigen Erzählstil entwickelt sie einen komplexen Kriminalfall, der seine Wurzeln tief in der Vergangenheit hat. Was mich besonders berührt hat, ist der persönliche Hintergrund, den Engberg in die Geschichte einfließen lässt. Verfolgung und Flucht, Verlust und Trauer werden thematisiert. Es geht um Flucht in mehr als einem Sinn. Alle ihre Figuren fliehen vor irgendetwas.

Die Handlung in der Gegenwart wird aus der wechselnden Sicht der Hauptcharaktere erzählt, die gewohnt gut ausgearbeitet sind. Dabei gibt es immer wieder kurze Rückblicke in die Vergangenheit, die man erst nach und nach einordnen kann. Mich hat der komplizierte Fall schnell gefesselt und ich wollte unbedingt die Verbindung zwischen den verschiedenen Opfern erfahren. Liv war mir sofort sympathisch und ich habe ihr gerne bei ihren Nachforschungen über die Schulter geschaut. Sie ist eine gute Ermittlerin, die hartnäckig allen Spuren folgt und die einzelnen Puzzleteile zusammen trägt. Dabei wird sie auch mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert und man erfährt den Grund für ihren Wegzug aus Jütland. Am Ende schafft sie es alle Fäden zu verbinden und den wahren Mörder zu entlarven. Die Auflösung war für mich schlüssig und hat den komplexen Fall sehr gut abgerundet.
Ich freue mich schon auf weitere Fälle mit Liv und hoffe dabei auch Hannah und Nima wieder zu begegnen.

Mit „Glutspur“ ist Katrine Engberg ein vielschichtiger, anspruchsvoller und sehr gut konstruierter Krimi gelungen. Absolut empfehlenswert.

Bewertung vom 18.10.2023
Die graue Stadt
Kuhlmann, Torben

Die graue Stadt


ausgezeichnet

Grau hat viele Farben
Als großer Fan der Mäuseabenteuer war ich sehr gespannt auf das neueste Werk von Torben Kuhlmann. Das Buchcover mit der grauen Stadt, in der Robin mit ihrer gelben Lieblingsjacke der einzige Farbtupfer ist, machte mich sehr neugierig auf die Geschichte. Ein schönes Detail ist auch der Buchtitel, der zunächst grau wirkt, aber wenn man ihn im Licht bewegt, glitzert er in allen Farben des Regenbogens.

Robin ist mit ihrem Vater gerade in eine neue Stadt gezogen. Sie wundert sich sehr darüber, dass hier nicht nur die Häuser, Straßen und Autos grau sind, selbst die Menschen tragen ausschließlich graue Kleidung. Robin liebt Farben, deshalb trägt sie aus Protest fortan ihre leuchtend gelbe Regenjacke obwohl sie damit aneckt. Doch sie findet schon bald Verbündete und macht sich auf die Suche nach den Farben. Dabei kommt sie einem Komplott der Grauwerke auf die Spur. Wird es ihr mit Hilfe ihrer Verbündeten gelingen, die Farben in die Stadt zurückzubringen?

In seinem neuen Bilderbuch für Kinder ab 8 Jahren setzt Torben Kuhlmann ein Zeichen für Buntheit und Vielfalt. Die kurzen Kapitel sind kindgerecht geschrieben und jedes Kapitel wird von einem ganzseitigen Bild (manchmal sogar doppelseitig) sehr detailliert und liebevoll gezeichnet begleitet. Die gelungenen Illustrationen verleihen der Geschichte eine zusätzliche Tiefe. Es machte mir viel Spaß, die schönen Zeichnungen zu betrachten und immer wieder neue Details zu entdecken. Die vielen Schattierungen von Grau fand ich sehr beeindruckend. Ganz nebenbei erfahren die Kinder auch noch etwas über die Brechung des Lichts, Regenbögen und die Farbmischung. Auf der letzten Seite findet sich noch eine Seite mit kurzen Sachinformationen dazu.
Die Protagonistin Robin ist ein starkes, mutiges Mädchen, das für das kämpft, was ihr wichtig ist. Kinder können sich sehr gut mit ihr identifizieren und mitfiebern.
Darüberhinaus enthält das Bilderbuch eine wichtige Botschaft. Es wendet sich gegen das triste Grau, das auch mit Anpassung und Unterordnung gleichzusetzen ist und steht stattdessen für Buntheit, Kreativität und Vielfalt im Leben bzw. in der Gesellschaft.

Torben Kuhlmann ist es gelungen nach den Mäuseabenteuern erneut ein großartiges Bilderbuch zu schaffen, das mit einer mitreißenden, spannenden Geschichte und wunderschönen Illustrationen überzeugt. Kinder und Erwachsene werden gleichermaßen Spaß damit haben, denn es ist auch sehr gut zum Vorlesen geeignet. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 11.10.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

Gespenster und Spiritismus
Dies ist bereits der dritte Band der Totengräber-Reihe von Oliver Pötzsch, die mich bereits seit dem ersten Band begeistert. Inspektor Leopold von Herzfeldt muss sich erneut mit einem unheimlichen Phänomen, nämlich Gespenstern und spiritistischen Sitzungen beschäftigen. Mit von der Partie sind natürlich die Tatortfotografin Julia Wolf und der Totengräber Augustin Rothmayer mit seiner Ziehtochter Anna.

Gleich zwei Fälle halten Leo und seine Mitstreiter diesmal in Atem. In der Gruft des Stephansdoms finden Touristen die Leiche eines bekannten Wissenschaftlers, der schon einige Séancen als Schwindel entlarvte. Bei den damals sehr beliebten spiritistischen Sitzungen hatte er bereits einige Betrüger überführt und sich damit Feinde gemacht. Aber schon bald macht das Gerücht eines rachsüchtigen, mordenden Geists die Runde. Leo glaubt natürlich nicht an Geister und macht sich auf die verzwickte Suche nach dem wahren Täter.
Zur gleichen Zeit verschwinden in einem städtischen Waisenhaus Kinder. Als ein früherer Freund von Anna schwerverletzt auf dem Friedhof zusammenbricht und vom Nachtkrapp, einer Spukgestalt fantasiert, der die Kinder geholt hat, will Anna unbedingt mit Augustins Unterstützung herausfinden wer wirklich dahinter steckt. Doch dazu brauchen beide die Hilfe von Leo und Julia.

Beide Fälle sind spannend und fesselnd zugleich und schwer zu durchschauen. Es gibt bei den Ermittlungen viele Verdächtige und so manche Sackgasse. Wechselnde Perspektiven sorgen für einen hohen Spannungsbogen. Erst kurz vor dem Ende löst sich dann alles auf, der eine Fall endet sehr dramatisch, der zweite wird ganz im Stil von Sherlock Holmes von Leo aufgelöst. Pötzsch ist ein sehr guter Geschichtenerzähler, der den Krimi sehr spannend, mit Humor und viel Wiener Flair erzählt. Ihm ist es wichtig, die Zeit in der die Geschichte spielt, möglichst getreu abzubilden und das ist ihm wieder hervorragend gelungen. In seinem Nachwort erklärt er wieder viel Wissenswertes über die historischen Hintergründe.

Was mir an dieser Reihe neben den spannenden Fällen und dem historischen Setting besonders gefällt, sind die interessanten und authentischen Charaktere, die Ecken und Kanten und neben ihrer unterschiedlichen Herkunft so manches Geheimnis haben.
Es hat mir großen Spaß bereitet, Leo, Julia, Augustin und Anna erneut bei ihren spannenden Ermittlungen zu begleiten und wieder ein bisschen mehr über sie zu erfahren. Aber Leo wird nicht nur von den Ermittlungen gefordert, sondern auch von seiner Mutter, die für einen Besuch in Wien weilt. Dabei wird seine Beziehung zu Julia erneut auf die Probe gestellt. Augustin schreibt inzwischen an seinem dritten Buch „Spuk und Geistererscheinungen“, aus dem es wieder passende Auszüge zu lesen gibt. Er steht Leo wieder mit seinem Rat zur Seite, aber er recherchiert auch selbst im Fall der verschwundenen Waisenkinder, um der mutigen Anna zu helfen. Mehr als genial ist auch der Gastauftritt eines sehr bekannten englischen Kriminalschriftstellers, der wunderbar in die Handlung integriert wurde.

Ich mag diese historische Krimi-Reihe wegen ihrer liebenswerten und teils skurrilen Charaktere, dem unvergleichlichen Wiener Schmäh, der besonders durch den Dialekt unterstrichen wird und der detaillierten Beschreibungen des historischen Wien. Auch der dritte Band konnte mich wieder voll und ganz überzeugen. Ich fiebere schon dem nächsten Fall entgegen.