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Piecewartenoch

Bewertungen

Insgesamt 76 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2023
Psyche und Eros
McNamara, Luna

Psyche und Eros


gut

Bei Psyches Geburt wird prophezeit, sie schlüge ein Ungeheuer, dass selbst die Götter fürchten. So erhält sie die Ausbildung einer Heldin in spe. Leider fällt sie aufgrund ihrer Schönheit Aphrodite ins Auge, die Eros losschickt, um sich an ihr zu rächen. Doch es kommt ganz anders als gedacht.
Auf „Psyche und Eros“ hatte ich mich sehr gefreut, weil er in meinen Augen einer der schönsten Mythen ist. Dementsprechend waren auch die Erwartungen, die das Buch nur teilweise erfüllt hat.
Zunächst was mir gefiel: Der Schreibstil war überwiegend stimmig mit dem antiken Setting und nicht zu modern, wodurch man nicht aus der Immersion gerissen wird. Zu dem ist er angenehm und super lesbar. Auch die Götterwelt/-figuren wurden gut dargestellt. Eros als männlicher Protagonist mochte ich ebenfalls.
Doch leider wurde ich mit Psyche nie wirklich war, ich habe mich ihr nicht nahe gefühlt. Auch diese legendäre, tiefe und innige Liebesbeziehung zwischen Psyche und Eros war für mich nicht wirklich spürbar. Das liegt für mich vor allem an der Länge des Buches bzw. an der ungünstigen Aufteilung/Gewichtung: Denn bevor die beiden aufeinandertreffen, vergeht sehr viel Zeit und bis sie ~ 100 Seiten später wieder getrennt werden, ist einfach noch nicht eine glaubwürdige Verbindung entstanden. Obwohl da definitiv Potenzial war.
Des Weiteren hapert es der Geschichte auch an einer gewissen inneren Spannung, viele Szenen fühle sich unnötig lang an. Überraschen konnte mich die Geschichte auch nicht wirklich. Das Problem bei einer Neuerzählung eines bekannten Stoffs ist, dass man auch etwas Neues in dieser oder jenen Weise macht. Teilweise gelingt es der Autorin, doch letztlich, so hatte ich das Gefühl, fehlte ihr das Händchen für eine spannende Handlung, die selbst die abholt, die sich bereits sehr gut mit griechischer Mythologie auskennen.
Nun ist die Frage: Ist es also ein passendes Einsteigerbuch für Neulinge in diesem Themenfeld? Tendenziell ja, da viel zusätzlich zu Figuren erzählt bzw. erklärt wird, jedoch baut McNamara sehr viele Figuren aus den unterschiedlichsten Mythen ein, sodass es für Neulinge schwer sein könnte, den Überblick zu bewahren und nicht von Informationen erschlagen zu werden.
Das Buch ist zwar nicht frei von Logiklücken und schwächelt in der einen und anderen Hinsicht, glänzt aber durch einen schönen Schreibstil, der wunderbar zu der Atmosphäre der Antike beträgt. Auch die ‚authentische‘ bzw. überzeugende Darstellung der Götterfiguren kann durchaus punkten. Spaß beim Lesen hatte ich auch teilweise, aber schließlich ist es ein durchschnittliches Buch, das sich drei Sterne erkämpfen konnte.

Bewertung vom 20.09.2023
Für immer unter einem Himmel
Schumacher, Ashley

Für immer unter einem Himmel


sehr gut

Anna und Weston sind so verschieden – Anna hat gute Noten, lügt ihre Eltern nie an, ist unauffällig, wohingegen Weston sich seit der Scheidung seiner Eltern nicht mehr auf Tests konzentrieren kann und von allen schief angeguckt wird – und doch gleich. Als Weston und Anna für die Marching Band ein Duett einstudieren, merken sie, dass in dem jeweils anderen eine verwandte Seele schlummert. Doch dann passiert etwas, dass sie droht auseinanderzureißen.
„Für immer unter einem Himmel“ war für mich das erste Buch von Ashley Schumacher und garantiert nicht mein letztes. Ihr Schreibstil ist zum einen simpel und perfekt für lange Lesestunden, und zum anderen unheimlich poetisch, ohne unnatürlich und nervig zu wirken. Zu dem hat sie sich für diese Geschichte ein zumindest für mich besonderes Setting ausgesucht, nämlich eine Kleinstadt in Texas, die nicht nur die Eigenschaft besitzt, dass jeder jeden kennt, sondern zu dem auch allgemein sehr gläubig ist. So ist es kaum verwunderlich, dass Weston und seine geschiedenen Eltern ziemlich aus dem konservativen Rahmen in dieser Hinsicht fallen. Dadurch wird die aufgesetzte Frömmigkeit der Erwachsenen entlarvt, die zwar ihren Kindern Nächstenliebe predigen, aber selbst ohne Empathie und überhaupt diese Personen zu kennen über Minderjährige urteilen. Anna und Weston widersetzen sich dem. Die Liebesgeschichte ist wundervoll zart und einfühlsam, respektvoll und wholesome. Während die stressige, elitäre Marching Band und ihre Eltern sie einzwängen, versuchen die Protagonisten ihre Einsamkeit loszuwerden und frei zu atmen. Neben die wunderschön portraitieren Liebesgeschichte gibt es aber auch Momente voller herzerwärmender Freundschaft. So viele Figuren in diesem Buch haben sich klangheimlich in meine Herz geschlichen, sodass ich gar nicht wollte, dass es endet. Und das Ende – was soll ich sagen, ohne zu viel zu verraten? – hat perfekt den Kreis geschlossen, und trotzdem waren meine Augen bis zum Schluss feucht. Es ist ein oft ruhiges, einfühlsames Buch, das mir noch viel öfter direkt aus der Seele gesprochen hat, in dessen Figuren ich mich unheimlich schnell und gut hineinfühlen konnte und das ich nicht so schnell vergessen werde. Bittersüß ist wirklich ein sehr passender Ausdruck. Definitiv eine Empfehlung.

Bewertung vom 06.09.2023
The Lesson of Curses / Chronica Arcana Bd.1
Cardea, Laura

The Lesson of Curses / Chronica Arcana Bd.1


ausgezeichnet

Für Mathea geht ein Albtraum in Erfüllung, als sie ihr ruhiges, durchkalkuliertes Leben durch das Erwachen von magischen Fähigkeiten in ihr gegen eines voller zu freundlicher Leute, prüfungsloser Seminare und fluchiger Flüche in Prag tauschen muss. Ellie geht es nicht anders, als ihre arkanen Kräfte sie zur Academia Sinistra führen, Rivale der Univerzita, an der auch das Geschwisterpaar Atlas und Astra studieren. Ob sie es gemeinsam schaffen, Mathea von ihrem rätselhaften Fluch zu heilen?
„The Lesson of Curses“ ist der Auftakt der neuen Trilogie von Laura Cardea. Während mich „Splitter aus Silber und Eis“ einfach nur umhauen konnte, war „They who guard the night“ leider eine kleine Enttäuschung für mich, weshalb ich besonders auf das neue Buch der Autorin gespannt war – und well, wie man an der Bewertung sehen kann, hat es mich ziemlich begeistert. Noch bewundernswerter, weil ich eigentlich auch kein großer Fan von Urban Fantasy bin.
Die Handlung ist durch gehend spannend. Und wenn doch mal nicht sonderlich viel passiert, wird den Beziehungen zwischen den Figuren Zeit geschenkt. Diese sind unheimlich gut gelungen wie auch die Figuren an sich. Natürlich musste ich Mathea und Ellie erst einmal kennenlernen und mit ihnen warm werden, aber ich habe sie schnell ins Herz geschlossen, trotz oder vielleicht gerade wegen ihren Eigenheiten. Ebenso sympathisch und individuell sind die Nebenfiguren, die trotz großer Anzahl nie überflüssig wirken. Stattdessen haben sie mir alle viel Freude bereitet mit ihrem quirligen Auftreten oder den zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen Dextra und Sinistra, den beiden Studentengruppierungen. Ich konnte mit den Figuren wunderbar mitfühlen und habe auch die kleinen Momente zwischen ihnen sehr genossen. Doch es geht in diesem Buch nicht nur um Freundschaft, sondern auch um Liebe – und mit dem Slow Burn zwischen den beiden Pärchen hat Laura Cardea direkt ins Schwarze getroffen. Vor allem die Rivalität zwischen Mathea und Atlas war zum Dahinschmelzen. Die Geschichte lud zu dem zum Miträtseln ein, was nun hinter diesem oder jenem Geheimnis steckt. Aber jedes wurde im ersten Band noch nicht gelüftet. Daher kann sich schon mal auf weitere Spannung in den Folgebänden gefasst sein. Der Schreibstil ist herrlich humorvoll und voller pop-kultureller Anspielungen. Sicher eine Geschmacksfrage, aber mir hat es gefallen, weil es sehr pointiert eingesetzt wurde.
Weniger gut fand ich den Einstieg ins Buch, der zunächst etwas verwirrend wirkt zum einen und zum anderen, dass das Setting von Prag nicht so gut rüberkommt. Ich hätte mir gewünscht, dass es etwas mehr beschrieben werden würde und häufiger die Szenen an bekannten Orten gespielt hätten. So verbringt man leider viel Zeit auf den fiktiven Universitätsarealen.
Aber letztendlich hatte ich eines mit diesem Buch definitiv: Spaß! Und das nicht zu knapp. Daher kann ich das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen und bin auch schon unsagbar gespannt auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 27.08.2023
The Sea Serpent's Heir - Das Vermächtnis der Seeschlange 1
Scott, Mairghread

The Sea Serpent's Heir - Das Vermächtnis der Seeschlange 1


gut

Aella denkt, sie wäre ein ganz normales Kind – na ja, so normal wie man sein kann, wenn die eigene Mutter die gefährlichste Piratin aller Meere ist. Aber für das junge Mädchen gibt es leider keine Abenteuer, sondern nur ihr unaufregendes Heimatdorf. Bis eine göttliche Kraft in ihr erwacht, die die ganze Welt zu zerstören droht.
“Die Piratentochter” ist der Auftakt zu der neuen Graphic-Novel-Reihe „Sea Serpent’s Heir“. Zunächst war ich extrem begeistert von der Geschichte: Die Autoren schaffen eine große, detailverliebte Welt. Das World building ist damit absolut gelungen und überzeugend. Auch der farbenfrohe, detaillierte Zeichenstil weiß zu begeistern und die Welt weiter zu vervollständigen. Das Charakterdesign ist zudem recht eingängig, vielleicht manchmal etwas eigen. Aber insgesamt schafft der Comic eine düstere, packende Atmosphäre.
Doch leider verliert sich die Geschichte im letzten Drittel durch eine extrem schnell voranschreitende und damit schwer nachvollziehbare Figuren- und Handlungsentwicklung, sowie viel zu viel Action. Daher fiel es mir zunehmend schwer, mich in die Figuren hineinversetzen und mit ihnen mitfiebern zu können. Sodass sie mir letztendlich nicht ans Herz wuchsen und es mir schließlich egal war, was mit ihnen passiert.
Außerdem für den stolzen Preis von 18€ wäre eine Klappenbroschur wünschenswert gewesen, um für mehr Stabilität und folglich Qualität zu sorgen.
Insgesamt bin ich etwas unzufrieden mit dem Comic und werde die Reihe nicht weiterverfolgen. Aber sie besticht durch eine coole Welt, die für Piratenfans wie geschaffen ist und einem tollen, aufwendig kolorierten Zeichenstil.

Bewertung vom 05.08.2023
A Thousand Ships - Die Heldinnen von Troja
Haynes, Natalie

A Thousand Ships - Die Heldinnen von Troja


sehr gut

Der Krieg zwischen der einst uneinnehmbaren Stadt Troja und den geeinten Griechen herrscht lange und verheerend. Aber nicht nur die Männer kämpfen und fallen der Zerstörungswut beider Seiten zum Opfer, sondern gleichermaßen die Frauen, von denen Natalie Haynes, Autorin von „Stone Blind – Der Blick der Medusa“, in ihrem nächsten Buch „Die Heldinnen von Troja – A Thousand Ships“ erzählt. So begegnen wir nicht nur Hekabe, der Königin Trojas oder Kassandra, ihrer vom Wahnsinn gezeichneten Tochter, sondern auch der Griechin Penelope, Odysseus Ehefrau, und der ein oder anderen Nymphe und Gottheit, denn die überirdischen Wesen haben genauso Anteil an dem größten Krieg, den die Antike je gesehen hat. Wie bereits in „Stone Blind“ lässt uns die Autorin damit auf viele Figuren und somit Erzählperspektiven treffen, doch meistert es diesmal besser, den Überblick zu bewahren, sodass sich die verschiedenen Geschichten, die mal vor, während oder nach dem Krieg spielen, zusammenfügen. Die Schicksale der weiblichen Figuren fühlen sich trotz der Thematik und dem Grundstoff, welche sicher dazu einladen, aber nicht übertrieben bzw. melodramatisch, sondern authentisch und mitreißend an. Nicht minder hilft der Schreibstil bei der Spannung und dem Lesefluss, welcher sich wie die Erzählstruktur ebenfalls ausgefeilter anfühlt als noch bei „Stone Blind“ zuletzt. Zugegeben, am Anfang musste ich mich erst einmal zurechtfinden Es war nicht gleich ersichtlich, in welche Richtung das Buch gehen wollte. Aber mit der Zeit offenbarte sich der wundervolle, clever bestickte Teppich, der sich aus den vielen unterschiedlichen Stimmen zusammenwebt. An dieser Stelle ließe sich kritisieren, dass durch die Aneinanderreihung der Frauenschicksale sich nicht genügend mit einem alleine auseinandergesetzt werden kann. Und natürlich könnte man über jede einzelne Frauenfigur einen ganzen Roman schreiben, aber trotz der „Kurzgeschichten“ beleuchtet Haynes gekonnt die Figuren. Zudem steht in diesem Roman die Gemeinschaft der Frauen im Fokus – schließlich (be-)trifft der Krieg viele. Ebenfalls möchte ich noch das Nachwort lobend erwähnen, welches noch einmal mehr auf die zugrundeliegende Literatur eingeht und erläuternd fungiert. Für mich ist so etwas eine sehr geschätzte Ergänzung. Auch hatte ich bei diesem Buch weniger das Gefühl, dass man viel Vorwissen mitbringen muss, um der Geschichte und den Figuren folgen zu können – wie es leider bei „Stone Blind“ der Fall war. In meinen Augen schafft es Haynes den Mythos neu und umfangreich zu erzählen, aus einer anderen Perspektiv und dabei nichts zu verlieren, sondern nur dazu zu gewinnen. Ein packender Roman, der mich mehr und mehr in seinen Bann gezogen hat.

Bewertung vom 25.07.2023
Detektiv Samson
Gorelik, Katerina

Detektiv Samson


sehr gut

Der versierte Hundedetektiv Samson kann sich nicht eine Sekunde ein Päuschen gönnen, weil mal wieder in der Stadt allerhand los ist: Die Katzenmama vermisst ihre Kinder und dem Tausendfüßler fehlen einige Schuhe aus seiner Sammlung. Die Suchanfragen stapeln sich auf Samsons Schreibtisch. Nun liegt es an uns, ihm auf seiner Suche nach all den verschwundenen Dingen zu helfen. Aber so einfach ist das gar nicht.
In dem zauberhaft gestalteten Kinderbuch gibt es viele wundervolle und detaillierte Wimmelbilder voller tierischem Chaos, die zum Schmunzeln einladen. Dabei werden nicht nur die Kleinen ihren Spaß haben, auch für die Erwachsenen gibt es den ein oder anderen Bildwitz. Mein persönliches Highlight ist der Wolf im Schafspelz. Aber mehr möchte ich nicht verraten. In den süßen und farbenfrohen Zeichnungen steckt viel Liebe und Abwechslung ist garantiert. So reist Detektiv Samson mit uns mal in den Untergrund, mal an den Strand oder in den Wald. Überall gibt es etwas zu entdecken – dabei darf man natürlich nicht das Suchen vergessen. Besonders schön finde ich, dass noch zusätzliche Aufgaben auf die Hilfsdetektive warten. Auf diese Weise lohnt es sich das Buch auch mehrmals zu lesen, denn im Hinblick auf die Nutzungsdauer hatte ich Sorge, aber es warten genug Aufträge und die Bilder sind so reich bestückt, dass sich das Buch immer und immer wieder bespielen und angucken lässt. Das Hardcover ist zudem stabil und schön gestaltet mit einem süßen Guckloch im Cover. Langeweile wird garantiert nicht aufkommen. Meiner Meinung nach wäre ein bisschen mehr Text wünschenswert gewesen, aber auf diese Weise wird der Fokus auf das Suchen im Wimmelbild verlegt. Das Buch kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen durch die spielerische Idee und den putzigen Zeichenstil.

Bewertung vom 04.07.2023
STONE BLIND - Der Blick der Medusa
Haynes, Natalie

STONE BLIND - Der Blick der Medusa


sehr gut

Medusa ist eine Sterbliche, die mit ihren Schwestern an der Küste abgeschieden von jeglicher Zivilisation lebt. Doch ihre Familie besteht aus unsterblichen Wesen, so ist ihr Vater ein Meeresgott und ihre Schwestern sind gefürchtete Gorgonen. Behütet von Stheno und Euryale aufgezogen lebt Medusa ein schönes Leben - bis zu dem Tag, als sie sich dem Willen ihrer Schwestern widersetzt und alleine zum Tempel der Athene geht, wo ihr bereits einer der mächtigsten Götter auflauert, um ihr Leben zu zerstören.
„Stone Blind – Der Blick der Medusa“ von Natalie Haynes ist eine Neuerzählung des uralten und altbekannten Mythos, in dem Perseus für die Rettung seiner Mutter das Monster mit dem Schlangenkopf und dem versteinernden Blick tötet und noch nebenbei eine Prinzessin vor einem Seeungeheuer rettet. Doch die Autorin dreht den Spies um und gibt den weiblichen Figuren in dieser Geschichte eine Stimme, in dem aus deren Perspektiven erzählt wird. Interessanterweise erleben wir die Geschichte aber nicht nur aus Medusas Sicht, sondern erkunden das Buch durch mehrere Handlungsstränge, die sich mit der Zeit ineinander verweben, sodass am Ende ein Knoten alle Fäden zusammenhält. Auf diese Weise verfolgen wir Perseus‘, Medusas, Andromedas und Athenes Geschichte, wodurch dem Buch mehr Vielschichtigkeit zu Teil wird. Ein wenig experimental, aber durch aus lustig sind bizarre Blickwinkel wie zum Beispiel von Olivenbäumen, die mit ihrer überheblichen, vorlauten Art durchaus zu kleinen Sympathieträgern wurden – paradox, ich weiß. Doch die Perspektivenvielfalt hat auch ihre negativen Seiten. In meinen Augen nimmt die Anzahl nämlich überhand, sodass der Überblick schnell verloren geht. Doch der Schreibstil ist durchaus gelungen und (vielleicht nicht ganz, aber überwiegend) passend für das antike Setting und hat dazu beigetragen, dass ich mich wunderbar in die Welt, die Haynes mit ihren Worten zeichnet, hineinfühlen konnte. Letztlich hat die Geschichte es geschafft, dass ich mich in die Figuren hineinversetzte und mit ihnen mitfühlte. Kapitel wie das unausweichliche Aufeinandertreffen von Perseus und Medusa oder die innigen Momente zwischen den drei Schwestern sind wahrliche Highlights des Buches. In meinen Augen hat es Haynes geschafft, den Mythos neu aufzulegen, in dem sie ihn in ein neues Licht rückt, in welchem – ähnlich wie schon Christa Wolf mit „Medea. Stimmen“ – das „Monster“ als solches hinterfragt und als Opfer der Mächtigeren neu interpretiert wird. Ein definitiv empfehlenswertes Buch für Fans von Griechischer Mythologie, das vielleicht etwas realistischer die Geschehnisse erzählt als die Versionen zuvor.

Bewertung vom 16.05.2023
Babel
Kuang, R. F.

Babel


gut

Robin Swift ist kein gewöhnlicher junger Student an der Oxforder Universität: Als Kind aus der chinesischen Region Kanton von dem britischen Professor für Übersetzung Mr Lovell nach London gebracht, darf er nun am renommierten Institut Babel studieren und sich in dem magischen Silberwerken probieren. Doch zu welchem Preis? Die Fassade der Idylle bröckelt und ein Sturm zieht auf.
Puhhh, erst einmal kurz Luft holen. „Babel“ von R. F. Kuang macht es einem nicht leicht – aus mehreren Gründen. Es fällt mir unheimlich schwer, mich in meiner Bewertung festzulegen, weil das Buch so ambivalent ist. Ich finde es zum einen in vielen Aspekten sehr gut und gelungen, zum anderen in diesen oder jenen Punkten (stark) kritisierbar.
Erst einmal liebe ich das Genre: Historical Fantasy wird in meinen Augen zu selten Beachtung geschenkt und gibt es zu wenig. Ein Hoch also auf die Genrewahl der Autorin. Zusammen mit dem detailverliebten Beschreibungen und dem World Building wurde das Setting der Geschichte direkt zu einem Highlight für mich in diesem Buch.
Auch der fachliche Aspekt in Bezug auf Sprache und Geschichte gefiel mir ausgesprochen gut. Da ich mich generell viel mit Sprache auseinandersetze, war das Thema der Übersetzung besonders interessant für mich. Das viele Wissen, das sicherlich mit einem hohen Rechercheaufwand seitens der Autorin verbunden war, wird organisch in die Geschichte eingebaut, sodass ich mich in solchen Momenten nie gelangweilt habe. Dieser Seite von „Babel“ verlieht dem Buch zusätzlich Substanz.
Diese Substanz fehlt nämlich wesentlich bei der Handlung, die meiner Meinung nach nur teilweise geglückt ist. Mein größter Kritikpunkt am gesamten Buch sind die vielen Längen: Wenn die Geschichte endlich an Fahrt aufnimmt und durch einen Looping rauscht, wird statt die Geschwindigkeit zu halten direkt wieder auf die Bremse getreten – und zwar nicht nur für eine kleine Weile, sondern für eine gefühlte Ewigkeit. Ich liebe den detaillierten Erzählstil der Autorin und auch die vielen „Montagen“ des Freundeskreises habe ich genossen, aber leider verliert sich die Geschichte in dem ständigen Stop-and-go. Selbst im finalen Akt stellt sich eine gewisse Langweile ein.
Das Magiesystem möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen: An sich wird es erklärt, aber wirklich schlüssig und eingängig empfand ich es nicht. Es ist schwer zu beschreiben, weil ich die Idee, dass Übersetzungen magische Kräfte auslösen und diese für den Wohlstand der ohnehin Wohlhabenden missbraucht werden, genial finde, aber die Silberbarren als Magieträger sich immer merkwürdig und anorganisch angefühlt haben. Dadurch bin ich mit dem magischen Aspekt der Geschichte eher nur lauwarm geworden.
Trotz dessen lässt es sich nicht leugnen, dass „Babel“ mit unvorhersehbaren, überrumpelnden Wendungen daherkommt und weiß, zu überraschen. Eine weitere Stärke des Buches sind die interessanten Figuren und deren Beziehungen zueinander. Nur leider war Robin als Protagonist für mich eher weniger gelungen: Ich konnte mit ihm mitfiebern, aber ans Herz gewachsen ist er mir nicht. Im letzten Drittel macht er eine starke Entwicklung durch, doch leider fühlt sich diese sehr abrupt an, weil sein innerer Prozess kaum beschrieben wird. Abgesehen davon hat Kuang einen wunderschönen Schreibstil, der perfekt zu dieser Geschichte passt und qualitätvoll und kreativ wirkt.
Doch ebenfalls überzeugend sind die unterschiedlichen Themen, die Kuang anspricht – Rassismus, Sexismus, Kolonialismus, etc. – und damit sowohl über die Vergangenheit wie auch Gegenwart reflektiert. Sie schafft es immer wieder, der Leserschaft Denkanstöße zu geben, um über sich und ihre Umwelt nachzudenken.
Letztendlich fühlt sich das Buch in meinen Augen einfach zu lang an. Ich bin mir sicher, dass man mit zweihundert Seiten weniger es immer noch geschafft hätte, das zu erzählen, was die Autorin uns in über siebenhundert erzählt hat. Aber „Babel“ ist nichtsdestotrotz in vielerlei Hinsicht ein beeindruckendes und lesenswertes Buch, das definitiv für viel Gesprächsstoff sorgt und mit Diskussionspotenzial aufwartet. Alleine das Inception-Gefühl beim Lesen der deutschen Übersetzung eines Buch, in dem es um das Dilemma des Übersetzens geht, ist es wert ;)

Bewertung vom 07.05.2023
Das grüne Königreich
Funke, Cornelia;Hartung, Tammi

Das grüne Königreich


sehr gut

Caspia ist nicht nur ein wunderschöner Name, sondern auch ein sympathisches Mädchen und die Protagonistin von „Das grüne Königreich“. In der Geschichte muss Caspia ärgerlicherweise die Sommerferien statt auf ihrem geliebten Land in der Großstadt verbringen. Dabei lernt sie in Brooklyn nicht nur viele neue Menschen kennen, die zu Freunden werden, sondern findet mysteriöse, alte Briefe, in denen es um verrätselte Pflanzen geht. Ob Caspia vielleicht sogar Wurzeln schlägt und die Rätsel lösen kann?
„Das grüne Königreich“ von Cornelia Funke und Tammi Hartung ist einfach ein weitere wunderschönes Kinderbuch, das voller guter Werte steckt und dabei den Spaß nicht vergisst. Die Gestaltung von Franziska Blinde ist definitiv ein Augenschmaus und Highlight des Buches. Anfangs war ich etwas skeptisch, da auf den ersten Seiten sehr viel sehr schnell erzählt wird, aber nach und nach fand ich mich in der Geschichte ein und bemerkte wie bezaubernd nicht nur die vielen sympathischen und unterschiedlichen Figuren sind, sondern auch der grandiose, aber etwas ambivalente Schreibstil. Ein wenig zu mäkeln habe ich leider an dieser Stelle, da manche Dialoge etwas hölzern wirkten, aber es wiederrum so wundervoll ausformulierten Passagen gab, die man sich am liebsten an die Wand hängen wöllte. Aber Brooklyn als Handlungsort kam gut zur Geltung, sodass man sich direkt wohl fühlt in Caspias Wohnung, dem Gewürzladen oder Botanischen Garten. Jetzt habe ich richtig Lust auch mal einem botanischen Garten einen Besuch abzustatten und mich mehr mit Pflanzen, vor allem heimischen, auseinanderzusetzen. Denn dieses Interesse zu wecken, schafft das Buch sehr schnell. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Geschichte super Kinder motivieren kann, mehr auf die grünen Geschöpfe vor ihren Füßen zu achten und sich für diese zu interessieren. Die Rezepte im Anhang sind ebenfalls eine ganz phantastische Idee und passende Ergänzung. Wäre ja blöd, die ganze Zeit von Essen zu lesen und dann nicht auch die Möglichkeit zu haben, zu schlemmen.
Das Kinderbuch hat es geschafft mich in seinen Bahn zu ziehen und zu begeistern. Insbesondere die wunderschönen Illustrationen lassen das Buch zu einer Perle im Regal werden. Eindeutig eine Leseempfehlung. Cornelia Funke hat es mal wieder geschafft, eine liebevolle, relevante Geschichte zu erzählen und mich mehr Fan als ohnehin schon werden lassen.

Bewertung vom 07.05.2023
Baddog und Goodboy
Olschi

Baddog und Goodboy


ausgezeichnet

Für Hundefans ein Muss
Baddog möchte eigentlich nur Unruhe stiften, aber leider funkt ihm immer wieder der Superheld Goodboy dazwischen und missinterpretiert seine Randale als Akte des Guten. Das nervt, also sucht der Dackel nach einem anderen Weg, um als Bösewicht wahrgenommen zu werden und Angst unter den Menschen zu schüren.
„Baddoy und Goodboy“ ist das Debütwerk der Mangaka Olschi und ein Einzelband, der mit Überraschungen aufwartet. Dass dieser Manga das Debüt von Olschi ist, ist für mich fast nicht begreiflich, weil es einfach völlig rund ist und damit qualitativ sehr hochwertig wirkt. Neben dem genialen und komischen Konzept Hunde in Comichelden- und Bösewichtkostüme zu stecken, kann der Manga mit viel Tiefgang auftrumpfen, sowohl auf der thematischen als auch emotionalen Ebene. So wird Misshandlung von Tieren und Einsamkeit, aber auch Freundschaft, Vertrauen und Fürsorge behandelt – und das auf eine unaufdringliche, authentische Art und Weise. Doch trotz schwereren Themen ist der Manga unheimlich witzig mit einem tollen Humor. Und die Handlung ist auch besonders spannend. Lobend erwähnen möchte ich auch die vielen Bonus- und Farbseiten, die ganz wundervoll sind. Aber am allerallerbesten sind die Hunde, insbesondere der Dackel Baddog hat sich in mein Herz geschlichen. Der Zeichenstil hat sicher Entwicklungspotenzial, aber die Tierzeichnungen sind extrem gut gelungen. Ich bin sehr gespannt, mit welchen Werken uns Olschi noch überraschen wird, und hoffentlich wird der Manga ganz viel Aufmerksamkeit und Liebe bekommen – denn verdient hat der das auf jeden Fall.