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Piecewartenoch

Bewertungen

Insgesamt 90 Bewertungen
Bewertung vom 03.10.2024
A Study in Drowning
Reid, Ava

A Study in Drowning


sehr gut

Effy möchte zwar lieber Literatur studieren, muss sich aber mit Architektur begnügen. Dadurch erfährt sie aber von einem Ausschreiben für das Fertigen neuer Baupläne für das Anwesen des jüngst verstorbenen, gefeierten und von Effy verehrten Autoren Emrys Myrddin – die Chance Einblick in das Leben ihres Idols zu bekommen und der einengenden Universität zu entfliegen. Dort angekommen muss Effy aber feststellen, dass nicht alles so ist wie es scheint. Gemeinsam mit dem Literaturstudenten Preston begibt sie sich auf eine mysteriöse Spurensuche, die für alle schwere Folgen haben könnte.
„A Study in Drowning“ von Ava Reid war eine positive Überraschung. Nach anfänglicher Skepsis nahm die Geschichte mehr und mehr Gestalt an und verzauberte mich zunehmend. Als einzige Schwachstelle des Buches möchte ich die Protagonistin als auch die Liebesgeschichte nennen: Mit Effy wurde ich lange Zeit nicht warm und auch die Liebesgeschichte ließ mich überwiegend kalt. Diese fühlt sich eher wie ein nachträglicher Gedanke an, im Sinne von: Oh, das ist ja ein Jugendbuch mit einer weiblichen und einer männlichen Hauptfigur; da muss noch eine Liebesgeschichte hinzu, logisch. Es wirkt etwas zu konstruiert und erzwungen.
Jedoch schmälert dies kaum die vielen Aspekte, die dieses Buch in meinen Augen absolut genial machen. Zunächst einmal der umwerfende, ausgefeilte Schreibstil der Autorin, als auch Ava Reids Vermögen eine stimmungsvolle, passende Atmosphäre mit ihren kreativen Worten zu zaubern.
Desweiteren ist ihre Geschichte ein stetes Zwielicht aus Realität und Fantasie, die Frage, was echt ist, was der Fantasie der Figur entspringt, inwiefern man der Wahrnehmung der Figur Glauben schenken kann. Dadurch greift Reid auf raffinierte Weise das Infragestellen der Aussagen von Opfern in beispielsweise Sexualdelikten auf. Doch nicht nur durch den gelegentlichen Sexismus in der Geschichte, sondern auch auf Ebene der Literatur sowie dem Umgang mit ihr zieht die Autorin Bezüge zu unseren Gegenwart. Beobachte man Effys sich verändernde parasoziale Beziehung zum Schriftsteller Myrddin, ihr anfängliches Gatekeeping, aber auch generell die Frage nach Urheberschaft. Ob dies ein Metakommentar Reids zu unserem eigenen Verhältnis zu Literatur, Autor:innen und Autorenschaft, als auch der Buchcommunity ist? Man kann es so interpretieren und diese Gedanken weiterspinnen.
Dieses Zwielicht wird aber nicht nur durch Effys zunächst labil wirkende Figur, sondern in der wiederholten Gegenüberstellung der allgemeinen Abergläubigkeit des Südens mit den Mythen und Legenden über den Elfenkönig und der nüchtern-logischen wissenschaftlichen Arbeit Prestons als Art Stellvertreter der akademischen Elite erzeugt. Somit befinden sich Lesende lange Zeit in einer spannungsvollen Schwebe zwischen Fantasie und Realität, die die Sogwirkung der Geschichte und des Mythos um den fiktiven Bestsellers ‚Angharad‘ nur verstärkt.
Dabei arbeitet Reid unterschiedlichste Themen und Motive tiefgründig in die Geschichte ein, sodass man als Leser:in Lust bekommt, den Text literarisch zu analysieren und sich auszutauschen. Eine dafür erforderliche Komplexität steckt definitiv in diesem fantastischen Buch, wie sie heutzutage leider nicht mehr allzu viele Jugendbücher besitzen. Es regt zum Nachdenken an, inspiriert und lädt zum Reden ein.
Dafür wird es aber teilweise sehr düster, sodass darauf geachtet werden sollte, es nicht in zu junge Hände zu geben.
„A Study in Drowning“ ist eine klug geschriebene, atmosphärische Geschichte mit interessantem World Building und geheimnisvollen Figuren. Doch vor allem ist Ava Reid eine Meisterin der Spannung, sodass man bis zur letzten Seite am Papier klebt und sich diese fantasievolle, schlaue Lektüre nicht entgegenlassen möchte.

Bewertung vom 29.09.2024
A Song to Drown Rivers
Liang, Ann

A Song to Drown Rivers


weniger gut

Ich wollte dieses Buch unbedingt lieben, jedoch fällt es mir nach der Lektüre schwer, positive Worte zu finden. Daher hier die wenigen, die ich finden konnte: Zhengdan war mit Abstand die ausgearbeiteteste Figur, darum auch wesentlich interessanter und spannender, aber auch die einzig wirklich sympathische. Dabei ist sie nicht einmal eine Haupt-, sondern als beste Freundin Xishis gerade mal eine Nebenfigur, der in meinen Augen von Seiten der Autorin großes Unrecht angetan wird. Zu dem gestehe ich, dass der Roman durchaus seine Momente hat und insbesondere zum Ende unerwartete Wege beschreitet.
Letztendlich täuscht dies nicht über das viel zu viel verschenkte Potenzial und die unendlichen Schwachstellen des Buches, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann, hinweg: So beginnt der Roman mit einer zu hohen Geschwindigkeit, sodass keine Zeit bleibt, um Figuren wie Xishis Eltern, das Dorf und die Umgebung kennenzulernen. Insbesondere die verstorbene kleine Schwester der Protagonistin wird immer wieder erwähnt, jedoch lässt ihr Schicksal kalt, da sich keine Zeit genommen wird, zum Beispiel längere, emotional involvierende Erinnerungssequenzen einzubauen, die das Leben und die Beziehung vor dem schrecklichen Tod zeigen. Wir müssen uns immer nur mit kurzen Aneinanderreihungen zufriedengeben. Aber in Wirklichkeit spielt die Familie gar keine Rolle, viel mehr zählt die Liebesgeschichte, die genauso rasant startet und genauso wenig Gefühle in mir wecken konnte. Es gibt keine Chemie zwischen den Hauptfiguren Xishi und Fanli, keinen Moment, in dem mein Herz sich gekrümmt hat vor Schmerz, weil diese verbotene, schmerzliche Liebe so bittersüß ist. Zum einen Teil ist dies dem pacing und dem fehlenden Feingefühl geschuldet, zum anderen Teil den blutleeren Charakteren, über die wir viel zu wenig erfahren – again. Wenn eine Nebenfigur interessanter, vielschichtiger ist als die Protagonisten, läuft irgendwas falsch, oder?
Diese Plumpheit zeichnet sich nicht nur in der Liebesgeschichte, sondern auch der Handlung und dem World building wieder: Bis auf das chinesisch inspirierte Setting hat man die Handlung schon dutzendfach gelesen – jedem fallen jetzt doch mindestens zwei weitere Geschichten ein mit derselben oder einer ganz ähnlichen Handlung, in der ein Mädchen einen König/Prinz töten oder manipulieren muss. Ich habe mich immer wieder an den Manga „Nina – Die Sterne sind dein Schicksal“ erinnert gefühlt – ohne der Autorin etwas unterstellen zu wollen. Dieser Manga hat nicht nur in vielen Elementen große Ähnlichkeit, sondern macht die vielen Tropes sowie Figurenentwicklung etc. auch noch wesentlich besser. Die Handlung ist nicht nur wenig originell, sondern zu weiten Strecken langatmig und spannungsarm, was ironisch ist, da der Einstieg gar nicht schnell genug gehen konnte.
Weiter zum World building, das genauso unausgegoren und fadenscheinig ist wie die Figuren und die Handlung, denn wir erfahren nichts, aber auch gar nichts über irgendwas. Wir wissen, es gibt drei Königreiche: Yue, Wu und Shu (oder so ähnlich). Die einen haben die anderen überfallen und so weiter und so vor. Alles bleibt unheimlich wage: die Geschichte der Länder, die Tradition und Kultur, die eigene Mythologie, Vegetation, Architektur und Kleidung, Sprache, selbst die Geografie ist kaum nachvollziehbar. Wenn es schon in einem Fantasybuch keine Magie, Fabelwesen oder Götter gibt, müsste man doch zumindest erwarten, dass das Setting durchdacht ausgearbeitet und detailliert beschrieben wird.
Aber nein, die Autorin verwendet ihren Wordcount auf überflüssige, sich wiederholende Beschreibung und Metaphern, innere Monologe oder generelle Satz- oder Wortwiederholungen. Dabei beschreitet sie einen schmalen Pfad zwischen einem poetischen und einem Schreibstil mit Hang zum Kitsch - so sehr, dass man sich manchmal fragt, ob diese oder jene Metapher überhaupt tieferen Sinn hat oder es doch nur oberflächlich schöne Worte sind.
Eine wechselnde Erzählperspektive hätte der Geschichte durchaus mehr Dimension gegeben und die Möglichkeit geweckt, die Handlung spannender und die Welt vielschichtiger zu erzählen, als auch einen tieferen Einblick in mehrere Figuren zu geben.
Zum Schluss möchte ich mich über die Übersetzung beschweren, die in meinen Augen nicht gelungen ist: Wörter wie „ultimativ“, „Riversong Cottage“ und „Killer“ störten die Immersion beim Lesen ungemein, da sie völlig unpassend zum Setting sind. Warum findet man keine Synonyme oder übersetzt englische Begriffe, die keinen Sinn in einem chinesisch inspirierten Setting ergeben.
Nun gut, es ist ziemlich offensichtlich, dass meine Lesezeit mit „A Song to drown Rivers“ durchzogen von Frust und Enttäuschung ist.
Nichtsdestotrotz kann ich mir vorstellen, dass vor allem jüngere Leser:innen Spaß mit diesem Buch haben könnten. Und natürlich werde ich trotzdem jedes weitere Buch von Ann Liang lesen.

Bewertung vom 12.09.2024
VIEWS
Kling, Marc-Uwe

VIEWS


sehr gut

Spannend, spannender, Kling
BKA-Kommissarin Yasira Saad sieht sich einem ihrer schwersten Fälle gegenüber: Im Internet wird ein Video veröffentlicht, dass eine grausame Tat zeigt. Und nun droht es unsere Gesellschaft zusammenbrechen zu lassen.

Marc-Uwe Kling ist zunächst für seine unvergleichlichen, lustigen Känguru-Geschichten bekannt, zeigte aber bereits mit Qualityland, dass er zwar immer noch lustig ist, aber sich gekonnt dem düsteren Genre der Dystopie nähern konnte. Nun reicht ihm die Zukunft nicht mehr aus, sondern offenbart meisterlich und treffend auf den Punkt genau formuliert, wie der Status Quo unserer Gesellschaft ist und in welche Richtung er zu kippen droht. In einem kurzen und bündig erzählten Thriller versetzt Kling in Schockstarre und fesselt mit seiner torbulenten Erzählweise, die es trotzdessen erlaubt, Figuren auszubauen und Sympathie zu entwickeln, so dass man direkt mehr mitfiebert.
Ich kann dieses Buch definitiv empfehlen - vor allem das Hörbuch ist in kling'scher Manier mal wieder fabelhaft.

Bewertung vom 12.09.2024
Das Geheimnis der Glasmacherin
Chevalier, Tracy

Das Geheimnis der Glasmacherin


sehr gut

Ein Glanzstück – so funkelnd wie eine Perle
Orsola lebt zur Blütezeit der Renaissance als Tochter der Glasmacherfamilie Rosso auf der venezianischen Nachbarinsel Murano und sieht sich jeden Tag Bergen von Wäsche gegenüber, obwohl sie sich lieber in der Werkstatt ihres Vaters dem tänzerischen Gebärden des Lehrmeisters und seiner Lehrlinge im Umgang mit Glas anschließen würde – undenkbar für eine junge Frau. Nach einem schweren Schicksalsschlag entschließt sich Orsola entgegen den Widerständen die Perlenherstellung zu erlernen und somit der Familie zu helfen. Doch sie stößt auf viele Hindernisse unterschiedlichster Natur, so auch eine verbotene Liebe, Krankheit und Tod.
Mit „Das Geheimnis der Glasmacherin“ beweist Tracy Chevalier mal wieder, dass sie ihr Handwerk, so wie Orsola, beherrscht und weiß, wie sie eine bewegende Geschichte erzählen kann. Dabei schreckt sie auch nicht davor zurück, ihre Leserschaft herauszufordern, in dem sie mit der ‚venezianischen Zeit‘ ein abstraktes, aber auch einzigartiges Element einführt, das mir persönlich noch nie in einem Buch begegnet ist. Ohne zu viel zu verraten, so viel vorab: Die Autorin führt uns nicht nur über Venedig, sondern mehrere Jahrhunderte hinweg bis in die Gegenwart. Ein Geniestreich, meiner Meinung nach, der Offenheit von Lesenden für eine Brise magischen Realismus erbittet. Somit bringt Chevalier uns sowohl den Ort als auch seine Geschichte näher, ohne dabei wie ein Geschichtsbuch zu klingen. Denn ihre meisterlich konzipierten Figuren fesseln und geben einen identifikatorischen Anker, damit wir im Strom der Zeit nicht verloren gehen. Jede Figur nimmt eine individuelle, wichtige Rolle ein, sodass keine hätte ersetzt werden können, sowohl auf charakterlichen als auch erzählerischen Ebene. Zugegeben, bei dem vielen Rosso-Nachwuchs fiel es dann doch etwas schwer, den Überblick zu behalten. Jedoch sind Orsola, ihre Brüder, Laura Rosso, Stella und Nicht-Muranesen wie Familie Klingenberg und natürlich Domenego starke, aber nicht idealisierte Figuren, die Ecken und Kanten aufweisen, die sie weder gut noch schlecht, sondern einfach nur menschlich zeichnen. Ich habe sowohl diese natürlichen, klug geschriebenen Figuren genossen, als auch den ausgefeilten Schreibstil der Autorin selbst, der einen über die Seiten hinweg schweben lässt mit seiner Eleganz und eindrücklichen Bildsprache. Chevalier erzählt dabei oft an den richtigen Stellen mal etwas langsamer und ausführlicher, mal etwas flotter mit einigen Zeitsprüngen, sodass die Handlung nie stagniert, sondern immer weiterfließt. Meiner Meinung nach hätte man das Buch jedoch um ein paar dutzend Seiten kürzen können, da es doch zu Beginn etwas zu langsam, zum Ende hin wesentlich schneller erzählt wird. Zumal lassen die ewiglangen Kapitel den Leseprozess langwieriger erscheinen als er ist. Einfache, kleine Zwischenkapitel hätten den Text etwas aufgelockert. Lobenswert ist dagegen das ausführliche Glossar im Anhang, in dem man die vielen italienischen Begriffe, die beim Lesen eine authentische Atmosphäre beschwören, nachschlagen kann.
„Das Geheimnis der Glasmacherin“ ist eine wundervoll erzählte Geschichte, die ein umfassendes Bild über Venedig, aber vor allem das Glashandwerk erschafft. Trotz kleiner Längen sollte jeder Fan von der Lagunenstadt zu diesem Werk greifen und sich von Orsolas Figur verzaubern lassen. Eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 14.07.2024
Geparkt
Fröhlich, Susanne

Geparkt


sehr gut

Monika, Mitte 30, Single, steht mitten im Leben, bis sie den zunächst charmanten Sven mit seiner wuundervollen Finka auf Mallorca kennenlernt und dann plötzlich "geparkt" wird. Zusammen mit Gleichgesinnten tüftelt Monika einen Plan aus, diesem Macho-Mann mal zu zeigen, wie es ist, die kalte sChulter zu spüren.

Im Gegensatz zu Susanne Fröhlichs Andrea-Schnidt-Büchern, die wie aus dem Leben gegriffen wirken, fühlt sich das neue Buch der Autorin "Geparkt" zwar unrealistisch, aber ebenso spaßig und unterhaltsam an. Wie gewohnt trumpft Fröhlich mit ihrem einmaligen und unverwechselbaren humorvollen Schreibstil auf. Mit viel Witz und herrlich geschriebenen Figuren lädt die Geschichte zum Schmunzeln ein. Aufgrund dessen und des flüssigen Erzählstils der Autorin hängt man an den Seiten und möchte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Durch die Erzählperspektive aus der Sicht von Monika fühlt sich die Protagonistin nahe und vertraut an, sodass man ihr gerne folgt.

Das Buch eignet sich als perfekte Urlaubslektüre, egal, ob man selbst vorort auf Mallorca ist und sich auf die Spuren von Monika begeben kann oder im sommerlichen Skandinavien ein paar tausend Kilometer vom Setting entfernt Urlaub macht. Ich kann es nur wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 14.07.2024
Das Superteam 1
Gorelik, Katerina

Das Superteam 1


sehr gut

Pete und Bob sind zwei Hunde die zwar Nachwuchsdetektive sind, aber zum Entspannen auchgerne mal einen Superheldencomic lesen. Da kommt ihnen eine Idee: Wieso schauen sie nicht einmal in ihrer Nachbarschaft welche Tiere wie die beiden Superspürnachen ebenfalls Superkräfte haben?
Auf diese kreative Art und Weise gestaltet die Autorin und Illustratorin ihres neuen Buches "Pete & Bob, die Hundedetektive: Das Superteam" Katerina Gorelik eine schöne Geschichte für Kinder, die ihnen die spannende Vielfalt der Tierwelt näher bringt. Mit aufregenden und überraschenden Fakten über Elefant, Gepard und Co. zeigt die Geschichte wie besonders und einzigartig jedes Lebewesen ist und dass in jedem eine Superkraft steckt, die es zu würdigen gilt.
Ein bisschen schade finde ich, dass es fast ausschließlich nur Dialog gibt und kein "Sagte der Elefant" oder Ähnliches. Dadurch wird es beim Vorlesen doch etwas schwieriger, da man sich als Vorleser:in sehr konzentieren oder im ersten Moment erraten muss, wer nun eigentlich spricht.
Jedoch sind die Illustrationen wie in dem vorherigen Werk der Autorin einfach köstlich: Nicht nur ist der Zeichenstil zuckersüß mit schön gestalteten Figurendesign sowie bunten, aber nicht übersättigten Farben, er steckt auch voller Detail und Humor, sodass man sich kaum an den lustigen und niedlichen Bildern satt sehen kann. Bei diesem Vorlesevergnügen kommen sowohl Klein als auch Groß auf ihre Kosten. Ich persönlich freue mich schon sehr auf weitere Abenteuer der kleinen Spürnasen. Definitiv eine Empfehlung.

Bewertung vom 22.04.2024
Wohin das Licht entflieht
Barnard, Sara

Wohin das Licht entflieht


sehr gut

Emmy verliert nicht wie die Fans der Girlgroup The Jinks nur ihre Frontsängerin und Promisternchen Lizzie Beck, sondern ihre geliebte Schwester Beth, als diese sich mit einundzwanzig Jahren das Leben nimmt und eine Kluft im Leben der Familie Beckwith hinterlässt. Wohin mit der Trauer und all den Fragen? Und wer ist Emmy eigentlich ohne ihr Licht?
Sara Barnard konnte bereits mit „Die beste Zeit ist am Ende der Welt“ unter Beweis stellen, dass sie ein Händchen dafür hat gefühlvolle, wichtige Geschichten über Jugendliche für Jugendliche zu erzählen, und dabei nicht vor ernsteren Themen zurückschreckt, sondern sie authentisch und angemessen behandelt. Eben dies gelingt ihr ebenfalls in dem neusten Jugendbuch „Wohin das Licht entflieht“, in dem sie versucht Worte für etwas zu finden, das so schwer ist in Worte zu fassen. Die Themen Trauer und Verlust eines geliebten Menschen, als auch sich selbst zu finden und zu verstehen werden ausführlich und mit Gefühl erzählt – dabei wird sogar das Layout des Textes auf interessante, spannende und leicht experimentelle Weise miteinbezogen.
Die Figuren fühlen sich lebendig und vielschichtig an; sie zeigen, dass es kein einfaches Gut und Böse, Schwarz und Weiß gibt, und wie unterschiedlich und vielfältig sich Trauer auf die eigene Persönlichkeit auswirkt. Jede Figur geht in dieser Geschichte mit dem Tod von Beth anders um. Besonders Emmy trifft Entscheidungen, die nicht immer klug sind, aber die Leserschaft daran erinnert, zu versuchen zu verstehen und nicht zu urteilen. Gerade Fehler zu begehen und daraus zu lernen, lässt Emmy sich weiterentwickeln. Und auch wenn die Schritte nur kleine sind, spendet das Ende ein wenig Hoffnung.
Das Einzige, das ich zu kritisieren habe, ist, dass doch sehr viele Dinge passieren, sodass es letztendlich schwerfällt, sich zu erinnern, was wann passiert ist. Und dass ein, zwei Kreise am Ende nicht geschlossen wurden, die zwar lediglich nebensächlich sind, mir aber persönlich wichtig gewesen wären. #einherzfürscottie
„Wohin das Licht entflieht“ ist ein Buch mit einer berührenden Geschichte, einer starken Protagonistin und einer inneren Reise, die zwar schmerzhaft und traurig, aber auch voller Gefühl und Liebe steckt. Eine warmherzige Empfehlung an alle, die ihren Taschentuchvorrat aufbrauchen möchten.

Bewertung vom 17.03.2024
Das Jahr ohne Sommer
Neumann, Constanze

Das Jahr ohne Sommer


gut

Die Protagonistin der Geschichte ist in einer Schwebe zwischen ihrer alten Heimat in der DDR und der neuen in Westdeutschland – zwei so unterschiedlichen Welten für das junge Mädchen.
Für mich ist das Buch „Das Jahr ohne Sommer“ von Constanze Neumann außerhalb meiner Lese-Komfortzone, also mal etwas anderes, doch wirklich begeistern konnte mich die Geschichte nicht. Die Thematik ist natürlich nichts neues, aber an sich interessant und spannend. Nur ist in meinen Augen die Umsetzung weniger gelungen. Das liegt meiner Meinung nach an dem distanzierten, sachlichen Schreibstil, wodurch der Leserschaft es schwer gemacht wird, Nähe zu den Figuren und der Geschichte aufzubauen. Ich habe das Hörbuch gehört und die Stimme sowie der Vorlesestil der Sprecherin verstärken leider diesen kühlen, distanzierten Eindruck noch mehr.
Trotz dessen ist das Buch schnell und leicht hör-/lesbar und eignet sich für eine Abwechslung im Leseprogramm. Nur der gewöhnungsbedürftige Schreibstil und die wenig innovative Handlung reduziert das Lesevergnügen

Bewertung vom 14.03.2024
Die Letzte der Sturmkrallen / Kings & Thieves Bd.1
Kim, Sophie

Die Letzte der Sturmkrallen / Kings & Thieves Bd.1


weniger gut

Shin Lina war eigentlich ein Mitglied der Bande der Sturmkrallen, doch nach einem schrecklichen Massaker wird sie von den gegnerischen Schwarzkranichen mit ihrer kleinen Schwester erpresst für sie als Diebin zu arbeiten. Doch eines Tages erbeutet sie das falsche Schmuckstück und wird von dem Spielmann, einer unsterblichen Gestalt, entführt. Um zu entkommen, soll Lina ihn töten, doch ihre Gefühle lassen sich schwerer kontrollieren als die Klinge in ihrer Hand.
Seit der Ankündigung vom Loewe Verlag hatte ich mich unheimlich auf dieses Jugendbuch gefreut. Ich lese sehr gerne Fantasy, die von ostasiatischen Kulturen und Mythologien inspiriert ist. Ich wollte es so sehr lieben, aber leider war „Kings & Thieves“ für mich eine Enttäuschung.
Nun, vielleicht erst einmal zu Aspekten, die mir gefallen haben: Einmal abgesehen von der optisch unwiderstehlichen Komponente, die sich aus dem wunderschönen Cover und Farbschnitt sowie der innerlichen Gestaltung zusammensetzt, ist der Schreibstil der Autorin Sophie Kim schön und detailliert beschreibend, als auch flüssig, schnell und leicht lesbar, sodass die Seiten schnell an einem vorbeiziehen. Doch leider ist er ebenso repetitiv; ich konnte gar nicht zählen, wie oft die Protagonistin eine vulgäre Geste macht oder Satz- und Wortwiederholungen aufeinanderfolgten – also ein zweischneidiges Schwert. Zum Ende hin kommt auch mehr Spannung auf und es gibt unerwartete Plottwists.
Doch leider kann mich das Buch aufgrund seiner Widersprüchlichkeit nicht überzeugen: Diese beginnt bei dem Vorwort, in dem die Autorin anmerkt, dass sie der koreanischen Mythologie mehr Raum in der Literatur geben möchte, jedoch ist es schwer ohne Glossar oder Vorkenntnisse zu wissen, was nun der Fantasie der Autorin oder der Mythologie entstammt, als auch ist es widersprüchlich, dass eine der beiden Hauptfiguren von einer deutschen Sage inspiriert ist. Dem World building war es ebenfalls schwer zu folgen, die der Geschichte immanente Mythologie wurde zudem viel zu spät und zu kurz erläutert.
Doch der größte Kritikpunkt für mich ist die Protagonistin Shin Lina und dem in ihr verkörperten erzählerischen Problem des Buches: dem only telling, never showing. Entgegen dem allgemein bekannten Ratschlag „Show, don’t tell“ wird nämlich immer nur behauptet, dass Lina eine phänomenale, kaltblütige, skrupellose Assassine ist und dass bereits in jungen Jahren. Dass das völlig unglaubwürdig ist, resultiert daraus, dass nicht einmal eine Mission der Sturmkralle erzählt wird. Wir müssen einfach glauben, dass es sich um eine legendäre Kämpferin handelt, die überall bekannt und von jedem gefürchtet ist. Alles, was wir sehen, ist ein Teppichdiebstahl in einem unbewachten, verlassenen Tempel. Die Autorin möchte uns eine junge Protagonistin mit überragenden Fähigkeiten weismachen, die besonders gerissen ist, aber anscheinend nicht ihre Gefühle und Emotionen kontrollieren kann, nicht weiß, wann man besser schweigen sollte und ständig freche Sprüche klopft bzw. damit herausplatzt. Zu dem wird sie im weiteren Verlauf reduziert und sexualisiert, in dem sie sich dazu entschließt, den Spielmann zu verführen – und ich dachte, sie wäre eine badass Assassine mit unfassbaren Fähigkeiten. Sehr widersprüchlich. All das unterwandert doch ihre Rolle als selbstbewusste, raffinierte Protagonistin.
Zu dem fühlt sich die Geschichte ziemlich handlungsarm und damit langatmig an. Der Rebellenarc sowie die Wendungen können zum Ende hin noch einmal Spannung erzeugen, jedoch ließen mich sämtliche Figuren, die allesamt blass und blutleer wirken, sowie die Liebesgeschichte kalt.
Für mich reiht sich dieses Buch in eine Reihe vieler durchschnittlicher Fantasybücher ein, die zwar mit dem Label der ostasiatischen Mythologie durchaus Interesse wecken können, letztlich aber durch eine ideenlose Handlung, generische Figuren und sich wiederholende Aspekte nicht aus der Masse herausstechen.
Trotz dessen kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das Buch super für junge Leser ist und diese besonders begeistern kann. Wer aber schon einige Bücher in diese Richtung gelesen hat, könnte feststellen, dass es entweder an diverse andere Buchtitel erinnert oder mit wenigen Überraschungen aufwartet. Mit dem koreanischen Aspekt hatte die Geschichte viel Potenzial, aber leider liest sich diese Buch wie der Debutroman, der es nun mal ist. Persönlich werde ich mir die Fortsetzung sparen, könnte mir aber vorstellen, dass Band 2 mit mehr Tiefgang und Spannung aufwartet und sich die Autorin verbessert hat.

Bewertung vom 29.02.2024
Die Perlenjägerin
Beck, Miya T.

Die Perlenjägerin


gut

Kai und Kishi waren mal unzertrennlich Zwillingsschwestern, aber je älter sie werden, desto mehr streiten sie sich und treten lieber in Wettkämpfen beim Perlentauchen gegeneinander an. Doch bei einem Tauchgang wird Kishi von einem Geisterwal verschlungen. Nun muss Kai, um ihre Schwester zu retten, großen Gefahren ins Gesicht sehen: Räubern, Kriegern, Göttern.
Auf „Die Perlenjägerin“ von Miya T. Beck hatte ich mich unheimlich gefreut. Das Vorwort alleine konnte mich bereits sehr berühren. Doch leider traf dies nicht so sehr auf die Geschichte, die darauffolgt, zu. Doch zunächst zu ein paar positiven Aspekten des Buches, derentwegen ich dem Buch gerade noch drei Sterne gebe – 2,5 Sterne trifft meine Stimmung schon eher, eigentlich. Was mich als Japanenthusiastin seit vielen vielen Jahren begeistern konnte, war natürlich, dass sich die Autorin beim Setting bzw. World building stark von japanischer Mythologie sowie Kultur, besonders im literarischen Sinne, aber auch historisch auf gesellschaftlicher und politischen Ebene, hat inspirieren lassen. Das sieht man bereits an der wunderschönen, detailliert illustrierten Karte in den Buchklappen. Die Welt wirkt bunt und vielschichtig, kann aber auch sicher etwas überfordernd wirken, wenn man nicht ein gewisses Vorwissen mitbringt. Auch die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern von Kia fand ich spannend und interessant. Für mich steckt da aber noch wesentlich mehr Potenzial drin, als daraus nun geschöpft wurde.
Nun ja, das war es leider aber schon wieder, denn ansonsten konnte ich der Geschichte nicht viel abgewinnen. Bereits zu beginnt wird man mit einem dichten Schreibstil konfrontiert, der zu dem ausufernden Info-Dumping zu Beginn den Einstieg zusätzlich erschwert. Weiter geht es damit, dass bis auf Kai und ihre Familie niemand wirklich sympathisch ist. Die Liebesgeschichte mit einer Nebenfigur wirkt auch sehr willkürlich und kaum nachvollziehbar. Zu dem gibt es leider auch ziemlich Durststrecken, langatmige Szenen und Dialoge, die leider nichts zu Handlung beitragen.
Insgesamt fühlt sich das Buch doch ziemlich jung an. Wäre ich nochmal zwölf oder dreizehn Jahre alt, hätte ich es sicher großartig gefunden. Aber leider hat sich bei mir eher das Gefühl eingestellt, dass ich schon zu alt dafür bin. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass es Kinder und Jugendliche, die sich besonders für Japan interessieren, eine durchaus lesenswerte Lektüre ist, die ihnen viel Spaß macht. Überzeugen konnte es mich aber leider nicht.