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Benutzername: 
Juti
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HD

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Insgesamt 668 Bewertungen
Bewertung vom 07.10.2024
Baedeker Reiseführer Rom
Schaefer, Barbara

Baedeker Reiseführer Rom


schlecht

Außer dass die Galleria Borghese als eins der meistbesuchten Touristenziele genannt wird, findet sich nichts über sie im Buch. Dabei hätte ich bei der Nachlese der Reise so gut einen Führer gebraucht, der mir zeigt, welches Kunstwerk ich aufgenommen.

Lens hilft manchmal weiter, aber eben auch nicht immer. Wer Rom gründlich ansehen will, braucht wohl für jedes Gebäude einen eigenen Führer oder das Internet.

Baedecker sollte mal klären, welche Reisende seine Zielgruppe sind, so lange gibt es aber nur 1 Stern.

Bewertung vom 06.10.2024
Georges-Henri Pingusson und der Bau der Französischen Botschaft in Saarbrücken.
Dittmann, Marlen und Kolling, Dietmar

Georges-Henri Pingusson und der Bau der Französischen Botschaft in Saarbrücken.


ausgezeichnet

gerettetes Kulturdenkmal

Was musst du machen, wenn du ein Gebäude vor dem Abriss bewahren willst? Du musst die Schätze des Hauses in die Öffentlichkeit tragen.

Genau dieses leistet der vorliegende Band. Die ehemalige französische Botschaft in Saarbrücken besteht aus drei Teilen: dem schmalen und hohen Verwaltungsgebäude, der heute nur noch eine übergroße Schallschutzwand der Stadtautobahn ist, dem Empfangsgebäude, das heute nicht mehr über den Ehrenhof betreten werden kann, weil die Autobahn den Weg versperrt und die ehemalige Botschafterwohnung, die heute durch Büros genutzt wird.

Nach dem Krieg hätte ganz Saarbrücken von französischen Stadtplanern wieder aufgebaut werden können, doch die Verhinderung der Europastadt und die Vereinigung mit der Bundesrepublik Deutschland führten dazu, dass die Botschaft der einzige Bau Pingussons in Saarbrücken blieb. Deswegen ist das Haus besonders erhaltenswert.

Schade nur, dass der Garten nicht als genauso erhaltenswert angesehen wird. Die Erweiterung der Handelskammer raubt ihm wieder ein Stück. Und der Zustand des Restes ließe sich verbessern.

Um einen anderen Zugang zum Gebäude als durch den Garten zuzulassen, wäre es wünschenswert, wenn die Stadtautobahn abgerissen werden würde. Aber das ist wohl Zukunftsmusik. 5 Sterne

Bewertung vom 03.10.2024
Kairos
Erpenbeck, Jenny

Kairos


sehr gut

politische Beziehungsgeschichte

Dieser Roman schildert die Beziehung zwischen der jungen Katharina und dem älteren Hans, der wohl verheiratet ist, aber trotzdem das junge Ding nicht missen will. Katharina ist dagegen total verknall in Hans und erlaubt dem Bonusfreund Vadim nicht sie zu küssen, so dass er mit ihrem Busen vorlieb nehmen muss.

Das ganze wäre nichts Besonderes, wenn nicht eine deutsch-deutsche Geschichte hinzukäme. Beide leben in Ost-Berlin, Katharina hat entfernte Verwandtschaft im Westen und Hans muss dort gelegentlich arbeiten.

So zeichnet der Roman das Bild der DDR-Kulturszene in allen Facetten und das ist es auch, was es preiswürdig macht. Ich fand es aber gerade anfangs schwer, den roten Faden zu behalten. Dies kann aber daran liegen, dass ich es im Urlaub lesen musste und nie zusammenhängend Zeit fand. 4 Sterne

Zitat: Warum fährt Honecker nicht gerne U-Bahn? Weil bei der Abfahrt des Zuges immer „zurücktreten“ gerufen wird. (293)

Bewertung vom 01.10.2024
DuMont Reise-Taschenbuch Reiseführer Rom
Schultz, Tanja

DuMont Reise-Taschenbuch Reiseführer Rom


gut

Lieblingsorte

Vielleicht ist die Zeit der klassischen Reiseführer vorbei. Wikipedia weiß doch mehr als jedes Buch je wissen wird. Doch gut gefallen hat mir die Rubrik Lieblingsorte. Sonst hätte ich die Piazza di Siena in der Villa Borghese glatt übersehen.

Anstatt aber über das Flüchtlingsschiff auf dem Petersplatz zu schreiben, gibt es nur einen Bericht über angebliche Nachwuchsprobleme bei der Schweizer Garde.

Insgesamt 3 Sterne

Bewertung vom 26.09.2024
Reclams Städteführer Rom
Höcker, Christoph

Reclams Städteführer Rom


gut

Zu klein

Stadtführer schwer wie ein Ziegelstein wird niemand auf die Reise mitnehmen. Aber dieses Band ist nahezu umgekehrt: Du hast ständig Angst, es zu verlieren.

So lese ich die Einleitung gerne im Hotelzimmer. Unterwegs bei Wind und Wetter jedoch, bleibt das Bändchen nicht offen. So wirst du auf den Baedecker ausweichen.

Wir loben dennoch die große Mühe, den filtrierten Inhalt und geben 3 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2024
Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt

Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt


sehr gut

Die Trennmauer

Dieses Jahrbuch lohnt sich wegen des Essays über die Trennmauer. Ewald Kessler begründet sehr schön, warum die Mauer zweimal abgerissen und erst auf Verlangen der pfälzischen Schutzmacht Preußen wiederhergestellt wurde. Das war noch im 18. Jahrhundert. Nach dem Unijubiläum 1886 mussten dann die römischen Katholiken vor dem Reichsgericht in Berlin den Wiederaufbau der Mauer erstreiten. Erst 1936 konnte die Trennmauer endlich abgerissen werden, weil die Römer erkannt hatten, dass der Besitz der Chorkirche nur Geld kostete, aber keinen Nutzen brachte.

Ich habe naturgemäß nicht alles gelesen, aber gerade die Berichte über den Krieg kommen nicht über das übliche Niveau von Lokalhistorikern hinaus. Deswegen 4 Sterne

Bewertung vom 12.09.2024
Petrus und Paulus in Jerusalem und Rom
Zwierlein, Otto

Petrus und Paulus in Jerusalem und Rom


gut

Thema gegessen

Mehr als 10 Jahre nach der Debatte kann ich nur sagen, dass alles gesagt wurde. Immerhin konnte man hier den Urheber des Sturms im Wasserglas Zwierlein nachlesen, der den anderen zumindest die Gelegenheit gegeben hat, ihre Meinung zum Martyrium der Apostel darzustellen.

Selbst wenn der Bonner biblisch recht hat – es mutet doch seltsam an, dass nach der Apostelgeschichte Petrus und Paulus in unterschiedlichen Gegenden unterwegs waren, aber letztlich beide im Rom nennen – , so sind ihm doch keine Archäologen hinzugesprungen.

Gegen ihn sprechen Quellen in den Apokryphen und auch das Argument, dass keine andere Stadt beansprucht das Grab der Urapostel für sich, wird nicht wirklich mit der Behauptung widerlegt, dass der Märtyrerkult erst im 3. Jahrhundert angefangen habe.

So brauchst du in diesem unterhaltsamen Buch dank des klarer Ergebnises gar nicht alles zu lesen. 3 Sterne.

Bewertung vom 10.09.2024
September
Mattern, Jean

September


sehr gut

Tagebuch des Versagens

Jahrelang steht diese Buch auf meiner Liste der zu lesenden Bücher. Jetzt, im September, habe ich es wegen der Kürze und des großen Drucks an den Badesee mitgenommen.

Diese Novelle behandelt die Olympischen Spiele in Münschen 1972 aus der Sicht eines BBC-Reporters, der sich in den Journalisten Sam einer amerikanischen jüdischen Zeitung verliebt.
Und während er zu Beginn der Spiele sich die Themen aus den Finger saugen muss – der Höhepunkt ist dank Sam das Exclusivinterview mit dem Superschwimmstar Marc Spitz – , wird er am Morgen des 5.Septembers geweckt, weil es im israelischen Haus im olympischen Dorf eine Geiselnahme gegeben hat.

Dank Sam erhält er Exclusivinformationen vom israelischen Geheimdienst. Gerüchte sagten nachher, er war nicht da. Aber es gab wohl zwei Beamten, die vor dem Blutbad in Fürstenfeldbruck jedoch nicht gefragt wurden. Es stellte sich heraus, dass die bayerische Polizei in der Lage völlig überfordert war. Dem BBC-Reporter gelingt es mit einem Beamten zu reden, der berichtet, dass sie eine Lufthansacrew darstellen sollten, die die Geiselnehmer zum Einsteigen in die Boeing verleiten sollten. Da sie aber zu wenige waren und gegen die Terroristen sich chancenlos fühlten, haben sie den Befehl verweigert und sind in den Tower geflüchtet. So entstand auf dem Flugplatz ein Blutbad, bei dem keine Geisel und keiner der Terroristen überlebte.

Trotz des bekannten Ausgangs ist die Geschichte spannend erzählt, einzig ob die Schwulenstory dazu sein musste ist die Frage. Deswegen gibt es von mir nur 4 Sterne.

Bewertung vom 09.09.2024
Leben für Versöhnung
Werner Keller

Leben für Versöhnung


gut

Der Nazi-Gegner in Heidelberg

Geboren wurde Hermann am 5.8.1877, als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Gengenbach. Er wuchs in Gernsbach auf und hatte dank der überkonfessionellen Schule schon in dieser Zeit einen jüdischen Freund.

Mehrfach wird die Anekdote erzählt, dass er als Neunjähriger mit seinem Vater die ungeteilte Heiliggeistkirche in Heidelberg erlebte, der Stadt in der er studierte, bis sein Onkel, bei dem er wohnte, nach Mannheim zog und er mitging. Vorher war er in Straßburg, wo er Albert Schweizer kennenlernte, der in später immer wieder in Heidelberg besuchte.
Maas war zunächst Vikar in Rheinbischofsheim, Weingarten, Pforzheim und Lörrach bevor er Dorfpfarrer in Laufen wurde. Der spätere Kriegsgegner ließ sich zu Beginn des Ersten Weltkriegs von der nationalen Kriegsbegeisterung anstecken, bis er 1915 auf die Pfarrstelle in Heidelberg wechselte.

Maas theologische Ansichten werden seitenlang diskutiert. Ellenlang wird aus seinen Aufsätzen in den Süddeutschen Blättern diskutiert, deren Leiter er von 1913 bis 22 war. Maas gehörte zu den liberalen Theologen. Schon früh war er Teilnehmer am Weltkongress, wobei sich seine ersten Teilnahmen aber nicht belegen lassen. Maas riet zwar zur Wahl von Hindenburg als Reichspräsident, weil ihm sein Konkurrent Marx zu katholisch war, aber ihn als Doktor der Theologie auszuzeichnen, hielt er für übertrieben. Maas arbeitete im Weltbund für die Ökumene und setzte sich mit den immer stärker werdenden Vorläufer der Deutschen Christen auseinander.

Nach diesem ersten inhaltlichem Einschub beschäftigt sich die Biografie mit seiner Arbeit als Heidelberger Pfarrer. Er war zuständig für den östlichen Teil der Heiliggeistpfarrei, wo seinerzeit, wie es dreimal im Buch heißt, so arme Leute lebte, dass sie sich nicht einmal Kleidung für den Sonntagsgottesdienst leisten konnten. 1921 wollte die Bonner Pfarrei ihn abwerben, aber die Unterstützung der Heidelberger war so groß, dass er am Neckar blieb.
Er arbeitete viel: „Menschen, die mich brauchen, stören nie.“ Ersten Ärger bekam der Pfarrer, als er auf Wunsch der evangelischen Schwester den aus der Kirche ausgetretenen Reichspräsidenten Ebert mit beerdigte. Glück im Unglück hatte Heidelberg am 1. Weihnachtstag 1928. Im Heizungsraum der Heiliggeistkirche brach ein Feuer und konnte gerade noch gelöscht werden, bevor schlimmeres passierte.

Neu für mich war die Gründung der Finanzabteilung am 18.5.1938, die faktisch dafür sorgte, dass die badische Landeskirche in die Hände der Nazis fiel. Sie schloss die Heiliggeistkirche, angeblich wegen Renovierungen. Dies war umso bedauerlicher, weil seit dem 24.6.1936 die Scheidemauer in der Heiliggeistkirche nicht mehr stand. Die Gemeinde musste in die Peterskirche ausweichen (198), bis diese nach Kriegsende durch Brand beschädigt war und man in die Providenzkirche umziehen musste. Herunterfallende Steine ließen schon 1928 Wiedervereinigungsdebatten aufflammen, doch scheiterten diese an den romtreuen Katholiken 1930. 1933 waren die Katholiken wegen den hohen Renovierungskosten dann zum Verkauf bereit. Die Altkatholiken feierten im Chorraum am 26.2.1936 ihren letzten Gottesdienst und wurden mit der Englischen Kirche entschädigt. (im Buch steht Annakirche)

Mitunter zitiert Geiger Angehörige und Zeitzeugen sehr unkritisch. Ein Beispiel ist auch die RNZ, die behauptet, es hätte in dieser Kirche 20 mal die Konfession gewechselt. Ich zähle nur 14, am häufigsten zwischen Lutheranern und Calvinisten.

Ausgerechnet während der Machtübernahme der Nazis brach Maas zu seiner ersten Palästinareise auf. Eine Absage war nicht mehr möglich. Maas zeigte damit, wofür er sich einsetzte. Bei den Nazis galt schon als Jude, wenn nur ein Viertel seiner Vorfahren jüdisch waren. Der Pfarrer setzte sich deswegen vor allem für verfolgte nichtarische Christen ein. Aber er half auch jüdischen Mitbürgern im Leben und bei der Ausreise. Bei Verhören mit der Gestapo stritt er alles ab, verhaftet wurde er erst 1943, als die Gestapo bei einer Jüdin seine Briefe fand, die die Empfängerin eigentlich sofort hätte verbrennen müssen. Maas bekam dank dem Oberkirchenrat 1942 nur eine Warnung, die Finanzabteilung hätte ihn schon damals entlassen. Ein Jahr später wurde er dann in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Entgegen Berichten in der RNZ kam Maas nie ins KZ, musste aber an der Westfront 1944 Verteidigungsgräben ausheben. Nach dem Krieg predigte Maas laut RNZ bereits am 6.5.1945 auf der Kanzel der Heiliggeistkirche! Er war der erste Deutsche in Israel und trat am 31.12.1964 zum zweiten Mal nach 1943 in den Ruhestand als ältester und dienstältester Pfarrer. Am 27.9. 1970 starb Maas im Alter von 93 Jahren.


Trotz der vielen Informationen enthält das Buch „Hermann Maas – Eine Liebe zum Judentum“ von Markus Geiger viele Druckfehler und viele Wiederholungen, so dass ich nur 3 Sterne geben kann. Ich habe die Ausgabe bei Bücher.de nicht gefunden, so dass ich meine Rezension hier schreibe.

Bewertung vom 02.09.2024
Haardt, Weinstraße und Queichtal, Ein Geo-Führer
Geiger, M.

Haardt, Weinstraße und Queichtal, Ein Geo-Führer


sehr gut

Großartiger Geo-Bildband

Vorweg möchte ich betonen, dass dieser Band nicht nur einzigartige Fotos enthält – vor allem die Luftbilder des Autors wird man so nicht wiedersehen, sondern auch der Text ist von lokalen Koryphäen geschrieben.

Vom Überblick, der fast auch das kleinste Dörfchen enthält, geht es in den Naturraum, d.h. zunächst Geologie in den Steinbrüchen, dann die Vulkane am Pechsteinkopf bei Forst und die Bäder Bergzabern und Dürkheim. Lieblingsort Geigers ist die kleine Kalmit. Weiter geht es mit dem pfälzisch-mediterranen Klima sowie Flora und Fauna.

Im Kulturraum überlappen sich Geschichte und Kulturraum zu sehr. Aber was willst du machen, wenn du so gute Autoren hast, dass du keinem vors Knie treten willst und sagen, dass der Vorgänger dasselbe bereits geschrieben hat. Ebenso hätte der ein oder andere Autor sich kürzer fassen sollen, aber welcher Lektor hat dazu schon den Mut? (falls es überhaupt einen gab)

Während die meisten Orte durch langweilige Neubaugebiete gewachsen sind, habe die Dörfer von N nach S Obersülzen, Dackenheim, Forst, Böbingen, Kleinfischlingen, Flemlingen Weyher, Ranschbach, Klingen, Oberhofen, Dierbach und Drusweiler nahezu ihre alten Siedlungsgrenzen bewahrt. (122)
Die reichsten Orte an Kulturdenkmäler sind dagegen Birkweiler, Burrweiler, Deidesheim, Forst, Freinsheim, Großkarlbach, Hainfeld, Leinsweiler, Neuleinigen, Rhodt, St. Martin und Wachenheim. (124)

Die Raumplanung geht in die gleiche Richtung, am Beispiel von Venningen bei Edenkoben wird gezeigt, wie ein Wunzerdorf gewachsen ist, was Geiger später auch an der kleinen Kalmit zeigt.
Der Artikel über die Wälder, Aufforstung zu Beginn der bayerischen Zeit aus Not, und der Wechsel der Baumarten ist sehr interessant, was dann auch mit drei Essays über den Weinbau fortgesetzt wird. Den Tourismustext kannst du dir dagegen getrost schenken.

So bleibt denn zum Abschluss der Kunstraum, der durch zahlreiche Bauwerke und Bilder mit Landschaftsmotiven der Pfalz erklärt wird. Ich will hier nur auf die Simultankirchen in Wachenheim und Dirmstein hinweisen und auf die Heiligengestalten vor der Kirche in Eschbach und dem „Barockdorf“ Hainfeld. (206)

Ein sehr lohnenswerter Führer, dessen kleine Mängel im Text beschrieben sind. 4 Sterne