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Juti
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Insgesamt 631 Bewertungen
Bewertung vom 17.06.2024
Wenn der Wind weht / When the Wind Blows

Wenn der Wind weht / When the Wind Blows


schlecht

Dieses Buch ist ein Ausstellungskatalog. Dadurch hat es Ausmaße, die das Lesen eines Interviews mit Philip Blom zur Herausforderung machen.
Da dies aber mein größtes Interesse an diesem Buch war, wurde es für mich unnötig, es zu kaufen.
Wer dagegen die Bilder der Ausstellung genießen will, wir mehr vergeben als 1 Stern.

Bewertung vom 17.06.2024
Stoffwechselpolitik
Schaupp, Simon

Stoffwechselpolitik


gut

Klimaschutz aus Sicht der Wirtschaft

Da ich mich viel mit Klimaschutz, aber wenig mit Wirtschaft beschäftige, brachte diese Buch mir einige neue Erkenntnisse, andererseits war es teilweise anstrengend.

Auf Seite 51f lese ich die erste steile These: Wer in seiner Tätigkeit Kontakt mit der Natur hat, hat ein weniger romantisches Verhältnis zu ihr als Wissenarbeiterinnen. Zwanzig Seiten später erklärt er, dass erst Lohnarbeiter, die mit einer Tröte aufs Feld gebracht wurden, den Ausdruck von Benjamin Franklin „Zeit ist Geld!“ geschaffen haben.

Auf S. 288 beschreibt der Autor, dass BP den ökologischen Fußabdruck erfunden hat, um Regierungen von politischen Maßnahmen abzulenken. Am Ende von S.310 steht, dass mobiles Kapital tendenziell eher in Länder mit hoher CO2-Intensität wandert, also schlecht fürs Klima. Dies passt zur „Theorie der flüchtigen Moderne“, dass weder eine Bindung an den Boden noch an die Tradition gibt. (332)

Auf S.341 schreibt Schaupp dann, dass laut einer Studie die Erderwärmung zu einem Einkommens­rückgang von etwa 23% führen wird. Zuletzt zitiert er Berechnungen, dass eine Verringerung der Arbeitszeit um 1%, den CO2-Ausstoß um 0,8% verringern würde (358). So hätte Frydays for Future mit dem Streik ein wirksames Mittel zur Rettung des Klimas gefunden. Wenn die arbeitenden Bevölkerung sich dem Streik anschließen würde, wäre allein durch die Arbeitsniederlegung schon etwas zum Klimaschutz getan.

Einen Fehler habe ich auf S. 256 gefunden: Der Längengradpreis der Astronomen ging nicht an Nevil Maskelyne, sondern an den Göttinger Professor Tobias Mayer.


Neben den sehr interessanten Thesen gab es auch viele Längen. Deswegen nur 3 Sterne, allerdings mit Tendenz zu 4 Sternen.

Bewertung vom 29.05.2024
Magische Orte
Kuschel, Karl-Josef

Magische Orte


gut

Karl-Josef Reisen

Langjährige Professoren haben den Vorteil, dass sie sich selbst zitieren. Karl-Josef Kuschel hat zu jedem Kapitel dieses Buches mindestens schon ein ausführlicheres Werk veröffentlicht.
Doch damit nicht genug: Nun können Karl-Josef Fans schon mit Kuschel reisen und wenn er hundert wird, wird er nicht mehr auf den Spuren toter Dichter reisen, sondern sich selbst auf die Spuren von Karl-Josef begeben.

Der Autor schreibt zwar, er habe gelegentlich erst vor Ort seinen Dichter voll verstanden, aber einen konsistentes Pilgerprogramm hat er nicht. In Oberhausen geboren – und mehrfach erwähnt, dort schlechten Deutschunterricht genossen – findet der Professor bei Küng und Jens in Tübingen in der Schnittmenge zwischen Literatur und Theologie seine Heimat. Nebenbei kündigt er auf S.37 an, dass er uns sogar noch einen zweiten Band aufdrücken wird. Also denn, besuchen wir das Grab von Hölderlin und Horkheimer.

Nach fast hundert Seiten beginnt mit Lessing in Wolfenbüttel das zweiten Kapitel. Seine Wohnstube befand sich unweit der Bibliothek, wo er Direktor war. In seinem Haus verlor er Frau – Eva König, geboren in Heidelberg – und Kind bevor er den weisen Nathan schrieb,was unsern Kuschel dazu treibt über Lessing Beziehungen zum Islam einzugehen.
Friedrich Schiller musste dagegen aus seiner Heimat fliehen, weil der Württemberger Landesherr den guten Militärarzt nicht als Dichter im Mannheimer Theater, sondern lieber in Hohenasperg im Gefängnis sehen wollte. Im thüringischen Bauerbach beginnt des Dichters größte Schaffensperiode. Also nix wie hin. Kuschel gräbt die Beziehung Schillers mit einem berühmten Juden aus.

Gut Annette von Drüste-Hülshoff interessiert mich nicht, aber ihr Turmzimmer in Meersburg ist wohl doch eine Reise Wert. Die Dichterin schaffte jedenfalls ein halbes Jahr lang jeden Tag mindestens ein Gedicht. Da fahr ich lieber nach Gaienhofen zum Haus von Frau und Herrn Hesse. Klar könnte man auch auf Hesses Spuren ins Tessin Reisen, aber da sind die touristischen Pfade schon ausgetreten.

Wegen des schönen Bodensees hätte ich fast Heines Matratzengruft in Paris vergessen. In der Rue d’ Amsterdam 54, früher 50, ist Heine 1848 erkrankt, aber erst 1854 gestorben. 6 Jahre, um den Weg zu Gott zurück zu finden. Und natürlich Rilke in Duino an der Adria bei Triest, wo er seine große Schaffenskrise überwand.

Nun geht es wieder an den Bodensee, zu Hesse in Gaienhofen, weil die touristischen Pfaden im Tessin und in Tübingen schon ausgetreten sind. „Von meinem dreizehnten Jahr an war mir das ein klar, dass ich entweder Dichter oder gar nichts werden wolle.“ (271) ist ein Zitat von ihm. Seine in der indischen Mission arbeitenden Eltern haben ihn für Indien spiritisiert.

Friedhöfe tun es dem Autor an. In Berlin liegen Hegel, Fichte und – neues Thema – Brecht. Spannender ist aber Alfred Döblin, dessen Sohn eine Gleichung in der Wahrscheinlichkeitsrechnung entdeckte. (Buch: Die verlorene Gleichung) Alfred soll bei seiner Geburtstagsfeier von seiner Bekehrung berichtet haben, was Brecht in dem Gedicht „Peinlicher Vorfall“ kommentierte.

Thomas Mann und sein Haus in Litauen und in Kalifornien schließen sich an. Dann kommen Autoren, die über Jerusalem berichtet haben.
Es folgen noch Heinrich Böll, der in Köln in der Hülchrather Str. 7 lebte (493) und ein Haus in Langenbroich in der Eifel besaß, der mir unbekannte Wolfgang Hildesheimer und der Abschluss – natürlich am Bodensee – mit Martin Walser.


Der Epilog enthält leider wieder viel Selbstbeweihräucherung. Also viel Licht, aber auch viel Schatten, insgesamt 3 Sterne.

Bewertung vom 24.05.2024
Stadtplanung: Eine illustrierte Einführung
Gerd Albers

Stadtplanung: Eine illustrierte Einführung


schlecht

enttäuschendes Standardwerk

Wenn das ein Einführungsbuch in das Studienfach Stadtplanung sein soll, dann wundert es mich nicht, wieso heute alle Städte gleich aussehen. Das Wort Identität, das beschreibt wie sich eine Stadt von der anderen unterscheidet fehlt völlig.

Nein, Stadtplanung muss anders gedacht werden und dafür braucht es ein anderes Buch. 1 Stern

Bewertung vom 23.05.2024
Zauber der Stille
Illies, Florian

Zauber der Stille


sehr gut

Großartige Aufteilung

Nein, eine Biografie über Caspar David Friedrich ist dieses Buch nicht, es ist besser. Eine Biografie würde mit dem Tod enden. Dieses Buch erzählt aber über die Bilder von einem Maler, der schon in seinem letzten Lebensjahrzehnt vergessen und nach seinem Tod 1840 erst kurz nach der Jahrhundertwende wiederentdeckt wurde.

Brillant die Einteilung in die vier Elemente und äußerst gelungen mit Feuer zu beginnen, um zu berichten, welche Werke wir heute nicht mehr sehen können, weil sie verbrannt sind.

Wir lernen weiter, dass auch die Titel seiner Gemälde mit der Zeit ändern. Es ist also möglich, vom „Mann am Meer“ oder vom „Mönch am Meer“ zu sprechen. Damit sind wir beim Element Wasser, das besonders den Nazis gefiel, die ihren Friedrich hochjubelten.

Und so kommt im dritten Element der Watzmann zu Ehren, den der Führer als einziges Bild selbst mitfinanziert hat. Im Vordergrund ist der Trudenstein, ein Berg im Harz, zu sehen.
Dies führt zu der wichtigen Bemerkungen, dass Friedrichs Landschaften nur in seinem Innern existieren. Er hat öfter mal ein Element dazugedichtet. Ihm ging es nicht, um eine naturgetreue Darstellung

Im letzten Kapitel Luft wird das Malen der Wolken thematisiert. Das hat er von Dahl gelernt, der in Dresden über ihm wohnte. Dies ist nur eine kurze Zusammenfassung. Seine Frau Line, seine Kinder, Kunstdiebstähle, nichts kommt zu kurz.


Eins ärgert mich aber doch: Der Autor beschreibt den Konflikt zwischen Goethe und Friedrich und sieht darin ein Konflikt zwischen Klassik und Romantik. Meines Erachtens ist Goethe aber selbst Teil der Romantik. Wir haben es also mit verschiedenen Richtung innerhalb der Romantik zu tun. Goethe dachte viel europäischer als Friedrich. Da dies fehlt, gibt es nur 4 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2024
Geschichte von BOGS dem Uhrmacher
Brentano, Clemens;Görres, Joseph von

Geschichte von BOGS dem Uhrmacher


weniger gut

Trauerliteratur

Wenn diese kleine Geschichte Brentano half, den Tod seiner Geliebten zu überwinden, dann sei ihm dies von Herzen gegönnt. Ich selbst konnte damit herzlich wenig anfangen. Bis auf ein paar Redewendungen hätte ich mir die Lektüre auch sparen können.

Von mir gibt es 2 Sterne, weil die Geschichte kurz ist und ich durchgehalten habe. Brentanos Name ist vielleicht besser als seine Leistungen als Schriftsteller.

Bewertung vom 21.05.2024
Trophäe
Schoeters, Gaea

Trophäe


ausgezeichnet

Dem Jäger hinterherjagen

Ich hatte gehört, dass in diesem Buch ein weißer Jäger erst einem Nashorn jagen würde und dann auf Menschenjagd geht, doch es ist vielschichtiger.

Hunter, der steinreiche Amerikaner, hat bei seinem Freund van Heeren eine Jagd gebucht. Van Heeren besorgte die Nashornlizenz, doch Hunter geht leer aus. Sein Nashorn wird von Wilderern getötet. Er kann nur noch den warmen Kadaver besichtigen. Eine neue Lizenz zu bekommen, ist nahezu unmöglich.

Mit der Nashornjagd erfahren wir viel über das Jagen an sich. „Jedes Kind weiß, dass kein Schuss dem anderen gleicht“ (57), heißt es dort. Ebenso, „ dass es lebenswichtig ist, wer die Kugel abfeuert, die das Tier tötet, denn darin liegt der Unterschied zwischen Gut und Böse: wem der Finger gehört, der den Abzug drückt.“ (57f)

Laut Schoeters haben die Wilderer keine Zukunft, denn „die Armee erschießt jedes Jahr mehr Wilderer […] als Wilderer Nashörner abknallen. Auftrag der Regierung. Zum Schutz der Wirtschaft. Menschenjagd ist Nebenprodukt der Trophäenjagd.“ (93) Die Jagd reicher Weißer in Afrika wird also auch aus Einheimischer Sicht betrachtet.

Mit dem Vorwissen über das Buch glaubte ich nun, dass Hunter in der Folge Jagd auf Wilderer macht, die sein Nashorn erlegt haben. Aber es wendet sich. Hunter besichtigt von einem Hochsitz aus der Ferne, wie zwei junge Afrikaner eine Antilope erlegen, als Ritual zur Mannwerdung. Hunter übernachtet bei diesem Stamm und erschießt mit Ihnen einen Büffel, der besonders dickes Fleisch und noch als Erschossener meterweit laufen kann.

Während der Feier am Abend erfährt er dann, dass er einen seiner Jagdkollegen erschießen soll, weil die Götter es so wollen. Statt moralischer Skrupel geht er mit. In Rückblicken hören wir, wieso er vom Großvater und nicht vom Vater das Jagen gelernt hat. Wir lesen von Nahrungssuche und Durst stillen. Und die Jagd endet anders als erwartet. Mehr wird nicht verraten.


Die satirische Übertreibung, das Fachwissen über das Jagen und der politische Hintergrund des Jagdtourismus’ gefällt mir bestens. Einzig die Menschenjagd hätte doch etwas mehr Gewissensbisse verlangt. Dennoch 5 Sterne.

Bewertung vom 20.05.2024
Frühling der Revolution
Clark, Christopher

Frühling der Revolution


schlecht

unlesbares Gesamtwerk

Dieser Ziegelstein ist so umfangreich, dass wohl keiner mehr durchblickte. Ich will dem Autor nichts vorwerfen, aber der Verlag hätte merken müssen, dass Heidelberg im Register fehlt, das auch sonst ziemlich unzuverlässig ist.

Aber beginnen wir mit dem Inhalt und stellen verwundert fest, dass auf Seite 67 die Kartoffelernte in Hektolitern gemessen wird. Der Autor wollte die Bedingungen der Revolution darlegen und da gehörte der Hunger dazu. Alles, wirklich alles, wird aber so ausführlich dargestellt, dass es den Lesespaß verdirbt. Eine Revolution in ganz Europa war 1848 und tatsächlich schreibt Clark über ganz Europa.

Da ich aber keine Ewigkeit nur mit diesem dicken Schinken verbringen wollte, beschränke ich mich fortan auf deutsche Themen. Auf Seite 196 steht, dass Joseph Görres mit Blättern für das katholische Deutschland den politischen Katholizismus gründet. Nach ihm ist in Heidelberg eine Straße benannt. Die liberalen Abgeordneten trafen sich laut Seite 304 in Heppenheim im Gasthaus Halber Mond und Robert Blum gründet 1844 in Leipzig die Deutsch-Katholiken (308).

Hecker und Struve fehlen natürlich auch nicht, aber meine Lörracher Zeit ist vorbei. Auf S.778 war dann auch meine Zeit mit dem Buch vorbei.

Lieber Christopher Clark,
beschränken Sie sich doch in Zukunft auf 300 bis 400 Seiten und geben, falls nötig, mehrere Bände heraus. Ihr Buch ist zwar deutlich besser als ihre langweiligen Fernsehauftritte, aber abgebrochene Bücher erhalten nur 1 Stern. Da ist die Benotung unerbittlich.

Bewertung vom 04.05.2024
Abschied von den Boomern
Bude, Heinz

Abschied von den Boomern


weniger gut

Thema völlig verfehlt

Die Hamburger Lesemaus hat geschrieben, was in den Buch auf S.13 steht: Bude definiert die Jahrgängen zwischen 1955 und 1970 als Boomer. Es ist mir schleierhaft, wieso FAZ und SZ beide Boomer von 1955 bis 1965 definieren.

Der Autor selbst ist Jahrgang 54 und so scheint er dem Boomer-Leben knapp entronnen. Doch weit gefehlt: Bude schreibt eine Autobiografie seiner Generation, was auch der Rezensentin der FAZ am Beispiel des Kapitels Brokdorf aufgefallen ist. Der Vergleich der SZ mit Annie Erneaux hinkt aber, da der Autor nicht als Ich-Erzähler auftritt.

Ein Roman hätte dem Buch gut getan, denn sachlich ist es eine einzige Katasstrophe. Ein Beispiel: Für die Boomer prägend war laut Buch die Willy-Wahl. Sie fand 1972 statt. Am 1. Januar 1975 wurde die Volljährigkeit in der Bundesrepublik Deutschland erst von 21 auf 18 Jahre gesenkt. Die Willy-Wählerin musste 1972 also mindestens 21 Jahre alt sein und wir rechnen kurz: Wer Willy wählte, war Jahrgang 1951 oder älter, also kein Boomer.

Es wird nicht besser: Die nach den Boomern folgende Generation seien die zwischen 1981 und 1995 geborenen Millennials, steht auf Seite 106. Ich staune sehr, weil nach seiner Definition wurde in den 70er Jahren niemand in Deutschland geboren. Ich verrate ein kleines Geheimnis: Das stimmt nicht.

Auf Seite 66 ist mir noch etwas Absurdes aufgefallen. Die Interpretation des Scheiterns der Weimarer Republik wird mit einem Buch aus dem Jahr 1959 belegt, als die ältesten Boomer gerade vier Jahre alt wurden.

Das eigentliche Thema, dass die Boomer nun in Rente gehen, die Sozialkosten steigen und der Fachkräftemangel wächst, kommt in den schmalen Bändchen gar nicht vor.


Nein, der ehemalige Professor für Soziologie hätte besser einen Roman im Stile Ernauxs geschrieben. Wir lesen viele Titel von Büchern, die Bude vermutlich gerne gelesen hat. Ich bin froh, dass ich wegen der Kürze des Buches meine Wochenendlektüre schon am Samstag beendet habe und widme mich nun ehe einem dicken Schinken. 2 Sterne

Bewertung vom 04.05.2024
Die Heiliggeistkirche zu Heidelberg
Keller, Werner (Hrsg.)

Die Heiliggeistkirche zu Heidelberg


ausgezeichnet

Lohnenswert

Trotz des Alters des Buches lohnt sich die Lektüre des Buches, da es Beiträge enthält, die bei der Neuauflage von Petracca gar nicht oder anders dargestellt sind.

Wer sich wirklich für die Heilig-Geist-Kirche interessiert, kommt nicht umhin, beide Bücher zu lesen. 5 Sterne