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Miro76
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 142 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2024
Scandor
Poznanski, Ursula

Scandor


sehr gut

Scandor ist ein völlig neuartiger Lügendetektor, dem wirklich nichts entgeht. Um ihn zu testen, veranstaltet die Firma einen Wettbewerb, dem sich 100 Teilnehmer*innen stellen. Wer lügt, fliegt raus und wer übrig bleibt, wird mit 5 Millionen Euro belohnt.

Das klingt ja ganz interessant, dachte Philipp, dem eine Eintrittskarte in Form einer Münze zugespielt wurde.

Doch ganz so einfach wird es nicht, denn auch die Teilnehmer*innen verpflichten sich einen Einsatz zu setzen. Sie müssen sich ihrer allergrößten Angst stellen, wenn sie rausfliegen. Quasi um die Motivation zu erhöhen. Für Philipp, der unter ausgeprägter Thalassophobie leidet, heißt das unter einem Steg durchzutauchen, wo fast ein Schulkollege ertrunken wäre. Dabei sträuben sich ihm schon die Haare, wenn er sich nur in eine Badewanne legen muss.

Auch Tessa hat einen heftigen Einsatz. Sie muss ein Jahr lang die Assistentin ihres verhassten Onkels sein, dem sie die Münze gestohlen hat.

Eröffnet wird der Wettbewerb mit einer Gala, wo sich Tessa und Philipp kennenlernen. Der letzte Abend, um noch mal kräftig zu lügen, bevor der Countdown startet. Leider kann man sich nicht zuhause einigeln, um so lange wie möglich durchzuhalten, denn wenn man das macht, bekommt man einen Auftrag vom Spiel. Also heißt es, jedes Wort abwägen und prüfen auf den Wahrheitsgehalt. Das ist ein sehr spannender Aspekt dieses Romans, denn da wird einem erst klar, wie oft man nicht die Wahrheit sagt. Als einfaches Beispiel fand ich das Bestellen im Lokal spannend, denn man bestellt nicht immer das was man wirklich möchte. Philipp hätte eigentlich gerne ein Bier gehabt, verkneift sich das aber, weil er nüchtern bleiben will. Somit darf er nicht mit "ich möchte" bestellen. Das sind die Kleinigkeiten, die den Alltag wahnsinnig anstrengend machen, nicht unbedingt die großen Gespräche.

Und dann steckt natürlich etwas mehr hinter diesem ganzen Szenario. Als Leser*innen erkennen wir das schnell, nur wissen wir lange nicht, was das sein könnte. Kleine Ungereimtheiten fallen auf und beginnen sich zu häufen. Die Zweifel nehmen dann auch bei Tessa und Philipp zu, die eine Weile als Team agieren und sich dann im letzen Showdown gegenüberstehen. Doch da erfahren wir auch das große Ganze und ich finde auch die Geschichte hinter dem Plot sehr spannend.

Das Buch liest sich locker flockig, wie es bei einem Jugendbuch sein soll. Es gibt Spannung, etwas Mystery, Liebe und Rache. Herz, was willst du mehr! Mich hat das Buch hervorragend unterhalten!

Bewertung vom 20.08.2024
Als wir Schwäne waren
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


ausgezeichnet

Reza ist 10 Jahre alt, als seine Eltern mit ihm aus dem Iran fliehen. Sie stranden in Bochum, in einer Hochhaussiedlung, die vor Armut strotzt und nach Eintopf riecht. Wo Gewalt auf den Straßen zum Alltag gehört und "Eigentumsdelikte eine Lebenseinstellung" sind.

Rezas Eltern stecken fest im Kulturschock. Ihre Abschlüsse werden nicht anerkannt und so bleibt dem Vater das Taxi fahren und stundenweise Arbeit in einem Kiosk. Die Mutter versucht es nochmal mit dem Soziologiestudium, das ihr nicht angerechnet wurde. Nur Reza weiß nicht wirklich wohin mit sich. Er hängt auf der Straße ab und macht sich die Gewalt zu eigen. Seine Wut wird immer größer. Wut auf ein Leben dazwischen, wo sich eine Tür geschlossen hat, die andere aber niemals richtig aufgeht. Wut auf ein Umfeld, dass an keine Zukunft glaubt und Wut auf einen Vater der trotz allem an seinem Stolz festhält.

Kahni beschreibt die Situation der Einwanderer in den 90er Jahren sehr eindringlich und schonungslos. Wir sehen klar, dass sich hier kaum Chancen eröffnen, dass es eine gute Portion Glück braucht, um dem Druck der Straße zu entkommen. Auch Reza wäre fast auf die schiefe Bahn geraten. Er hatte das nötige Quentchen Glück und wohl doch auch ausreichend Verstand. Doch immer wieder lesen wir in Nebensätzen, was aus den Menschen seiner Umgebung wurde. Der eine Freund sitzt im Knast, der andere hatte Kugeln in der Brust nach einem missglückten Raubüberfall. Und so ganz nebenbei erfahren wir auch, dass aus Reza schließlich ein Schriftsteller wird. Genau wie sein Vater.

Zuhause wird er sich wohl nie in Deutschland fühlen, aber die Sprache hat er sich zu eigen gemacht.

Stilistisch ist das Buch wahrlich großartig. Der Autor findet Metaphern, die so pointiert sind, dass sie wie Speerspitzen unser behütetes Weltbild aufbrechen. Er hält der Gesellschaft den Spiegel vor und will damit aufmerksam machen, dass hier Menschen leben, die mehr wollen als dankbar für den Frieden zu sein.

Dieses Buch hat mich regelrecht vom Hocker gehauen. Von der ersten Seite an konnte mich der Autor fesseln. Ich liebe seine Sprache, die mal fast poetisch, mal straßenhart daherkommt. Und ich mag Rezas Geschichte, die mich ein ums andere Mal überraschen konnte. Sie hat meinen Blick wieder ein Stückchen weiter geöffnet für die Hürden mit denen Menschen mit Migrationshintergrund zu kämpfen haben.

Bewertung vom 18.08.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


ausgezeichnet

Oscar sitzt endlich in seiner ersten Vorlesung für sein Mathematik Studium. Er ist zwar grade mal 17 Jahre alt, hat aber schon sein Abi in der Tasche und ist regulär zugelassen. Er scheint eine Inselbegabung zu haben und die Zahlen geben ihm Sicherheit, denn der Alltag überfordert ihn manchmal ziemlich. Er hat eine autistische Persönlichkeit, die ihn meistens zwingt die Wahrheit zu sagen, auch wenn das gerade nicht passend ist.

Da quetscht sich Moni zu ihm auf die Bank. Er ist sich ziemlich sicher, dass sie sich verlaufen hat, denn sie kann ja wohl nur die Putzfrau sein. Sie ist ziemlich bunt angezogen und sehr alt, über 50, und wohl kaum intelligent genug für diese Studium. Spätestens nach den ersten Ausleseprüfungen wird sie wohl mit dem Großteil der Studierenden wieder weg sein.

Gezwungenermaßen bildet er mit ihr eine Arbeitsgruppe für die Hausübungen und verbringt schnell auch die Mittagspausen mit ihr, denn alle anderen Kommilitonen überfordern ihn sowieso und außerdem bringt sie immer ein leckeres Pausenbrot. Seine speziellen Nahrungsrichtlinien wirft er mit Moni rasch über Bord.

Doch auch Moni birgt eine Überraschung. Schnell erkennen wir als Leser*innen, wie die Autorin mit den Klischees spielt, denn Moni ist wesentlich klüger als sie vorzugeben scheint. Ihre prekäre Situation lässt sie zwar nicht zur Höchstform auflaufen, aber sie zeigt rasch ihr Potential.

So treffen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten und fordern sich gegenseitig ihre Grenzen auszuweiten und über ihre Tellerränder zu blicken. Wie üblich zeichnet Alina Bronsky ihre Figuren mit ausgesprochener Liebenswürdigkeit, auch wenn klar ist, dass sie nicht immer leicht zu ertragen sind. Sie haben ihre Ecken und Kanten, werden dafür aber nie verurteilt.

Besonders gut gefallen hat mir außerdem, dass das Buch aus Oscars Sicht der Welt erzählt wird, die doch manchmal etwas anders anmutet, als Durchschnittsbürger die Welt beurteilen. Das ist meistens ganz amüsant und manchmal auch etwas anstrengend, denn seine Sicht ist häufig sehr urteilend. Gleichzeitig hat man das Gefühl alles mit einem Augenzwinkern erzählt zu bekommen.

Mir hat dieser Ausflug in die Welt der Mathematik ausgesprochen gut gefallen. Die Charaktere der zwei Protagonisten sind wirklich spannend gezeichnet! Nur leider war diese Geschichte viel zu kurz! Ich wäre gerne noch ein paar Seiten länger an Oscar's und Moni's Seite geblieben.

Bewertung vom 16.08.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


ausgezeichnet

Hanna, Zeyna und Cem waren beste Freunde. Sie sind in prekären Verhältnissen aufgewachsen in einer Vorstadt im Ruhrpott. Hanna und Zeyna teilen das Schicksal keine Mütter zu haben und Zeyna und Cem, beide Migranten zu sein. Aber zu dritt sind sie unschlagbar, halten zusammen und geben sich gegenseitig Rückendeckung.

Doch das Leben kommt ihnen irgendwie dazwischen. Zeyna reist durch die Welt als Fotoreporterin und Hanna folgt ihrem Freund in eine Stadt, die sie nicht haben will. Cem geht seinen Weg ganz ruhig und bedacht und bleibt immer da. Er wird zum Bollwerk zwischen den beiden Mädchen, die immer wieder mal in Streit geraten und sich immer wieder schnell versöhnen. Bis es zum ganz großen Clash kommt.

Als Hanna wieder in ihrem Heimatort lebt, weil es ihrer Großmutter sehr schlecht geht, beginnt sie Zeyna ständig zu sehen. Die Vergangenheit wird überpräsent und verfolgt sie an die ungewöhnlichsten Orte. All die ungesagten Worte nehmen ihre Gedankenwelt gefangen und lassen Hanna nicht mehr los. Nach dem Tod der Großmutter vereinsamt sie in deren alter Wohnung und ihr ganzes Leben dreht sich nur noch um die Vergangenheit und den Verlust der besten Freundin. Diese Kluft scheint unüberwindbar. Das Leben hat dieser Freundschaft zu übel mitgespielt.

Hanna trauert dieser Freundschaft nach und vergisst dabei ihr eigenes Leben weiterzuleben. Sie kann die ungesagten Worte nicht tragen. Sie halten sie in der Vergangenheit fest. Zeyna scheint alles abgeschüttelt zu haben. Ihr Leben geht weiter und weist in die Zukunft und das rät sie schlussendlich auch ihrer Freundin.

Ein schönes Buch über den Umgang mit Tragödien und über Freundschaften die bleiben oder gehen.

Eine Leseempfehlung für alle es auch mal etwas poetischer mögen!

Bewertung vom 08.08.2024
Wir treffen uns im nächsten Kapitel
Bickers, Tessa

Wir treffen uns im nächsten Kapitel


sehr gut

Erin versucht in ihrem Leben aufzuräumen, kündigt ihren Job, der ihr keine Freude bereitet und mistet radikal ihre Wohnung aus. Viele ihrer Bücher bringt sie in einen offenen Bücherschrank. Wenige Tage später entdeckt sie entsetzt, dass eines ihrer absoluten Lieblingsbücher mit der letzten Karte ihrer besten Freundin ebenfalls da gelandet ist.

In der Hoffnung ihr Lieblingsbuch mit ihren Randnotizen wiederzubekommen geht sie in den nächsten Tagen regelmäßig zum Schrank und wie ein Wunder steht das Buch plötzlich wieder da und auch die Karte ist noch drin. Hocherfreut schlägt sie es auf und entdeckt, dass ihre Notizen ergänzt wurden. Außerdem findet sich am Ende des Buches die Frage: "Treffen wir uns in Große Erwartungen?"

James hatte sich das Buch ausgesucht und war ziemlich begeistert von den Randnotizen. Endlich trifft er auf eine Person, die in uneingeschränkt zu verstehen scheint. Er hofft sehr drauf, dass die Kritzelqueen seiner Aufforderung folgt und sie ihre "Unterhaltung" fortsetzten.

Was die beiden nicht wissen, ist, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit haben. Wir Leser*innen erfahren das relativ früh, denn wir lesen abwechselnd aus der Sicht von Erin und James und lernen so auch ihre Vergangenheit kennen, die beide sehr geprägt hat. Sie hatten es beide nicht leicht in ihrer Kindheit und Jugend. Beide haben ein spezielles Verhältnis zu ihren Eltern und die Beziehungen zu ihren Geschwistern werden ebenfalls thematisiert. So bekommt dieser Roman eine etwas tiefgründigere Dimension und wird zum Liebesroman mit Mehrwert.

Dennoch liest sich das Buch ganz locker. Die Geschichte ist fesselnd und die Bezüge zu den Klassikern, die sich die Beiden zum Lesen vorschlagen sind von großer Literaturliebe geprägt. Man bekommt direkt Lust darauf wieder zu Dickens oder Bronte zu greifen.

Alles in allem hat mich das Buch hervorragend unterhalten und ich habe es fast in einem Rutsch gelesen. Ein wunderbare Sommerlektüre!

Bewertung vom 23.07.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Pia und Jakob werden in die Schule gerufen. Es gab einen Vorfall mit ihrem kleinen Sohn Luca und einem Mädchen. Genaueres erfahren wir Leser*innen vorerst nicht, denn auch Luca schweigt zu dem Vorfall und verteidigt sich nicht.

Lucas Schweigen hält an, obwohl Pia insistiert und während ihr Zorn hochkocht und sie an ihrem Sohn, den sie doch innig liebt zu zweifeln beginnt, beginnt sie auch ihre Kindheit zu hinterfragen. Ihr Kindheitstrauma kommt wieder hoch und beschäftigt ihre Gedanken. Ihre Vergangenheit drängt in die Gegenwart und beginnt ihr Denken zu dominieren. Die Frage, was damals am See wirklich passiert ist, als ihre 4jährige Schwester ertrunken ist, lässt sich nicht mehr aus ihrem Kopf verbannen. Sie beginnt ihre ganze Kindheit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und bewertet ebenso das Verhalten ihres Sohnes neu. Argwohn liegt in ihrem Blick auf ihn, denn sie scheint zu wissen, dass Kinder auch Monster sein können.

Zum Glück führt sie eine gute Ehe und ihr Mann gibt ihr halt in der Gegenwart.

Jessica Lind hinterfragt mit diesem Buch Mutterschaft ganz generell. Wie weit sollten Mütter Löwinnen sein, die ihre Kinder verteidigen? Wie viel Vertrauen bringen wir unseren Kindern entgegen und ab wann sollten wir an ihnen zweifeln.

Spannend ist ebenfalls der erwachsene Blick auf die Kindheit mit deren Prägungen. Sitzen wir fest in den Verhaltensmustern, die wir als Kinder erlernt haben oder können wir ihnen entwachsen und im Rückblick das Geschehene neu bewerten?

Die Autorin konnte mich mit diesem Buch komplett fesseln. Ihr Blick in diese Kleinfamilie mit all ihren Abgründen hat mir sehr gut gefallen. Ohne erhobenen Zeigefinger zeichnet sie ein mögliches Bild und zeigt realistische Zweifel einer Mutter auf, über die wohl eher selten gesprochen wird, denn sie entsprechen nicht dem idyllischen Familienideal, das wahrscheinlich eh nie wirklich existiert.

Bewertung vom 22.07.2024
Am Himmel die Flüsse
Shafak, Elif

Am Himmel die Flüsse


ausgezeichnet

Es war einmal vor langer Zeit, vor sehr langer Zeit, zu Urzeiten, da fiel ein Wassertropfen auf den grausamen König Assurbanipal und musste Schreckliches mitansehen bevor er wieder in die Atmosphäre verdunstete und tausend Jahre später wieder als Tropfen auf der Erde landete.

Dieser Wassertropfen verbindet die Schicksale:

Da ist Arthur, der an einem trüben Tag 1840 in den Abwasserkanälen Londons das Licht der Welt erblickte. Er hat eine spezielle Gabe; ein unfehlbares Gedächtnis. Er vergisst nichts.

Und wir lesen von Narin, ein Jezidi-Mädchen, das 2014 versucht mit ihrer Großmutter, ihre aussterbende Kultur zu erhalten. Quer durch die Jahrhunderte wurden die Jeziden verfolgt und ermordet und auch Narin hätte fast das Schicksal ihrer Vorfahren geteilt.

Und schließlich Zaleekhah, deren Ehe gescheitert ist und die daher 2018 in ein Hausboot auf der Themse zieht. Sie hat ihre Eltern sehr früh an das Wasser verloren und nun auch den Großteil ihres Lebenswillens.

Aber nicht nur der Bezug zum Wasser verbindet die drei, es ist auch ihre Liebe zu NInive, ihr Interesse an der Keilschrift und ihre Stellung in der Gesellschaft. Wie meistens bei Elif Shafak stehen auch hier Personen im Mittelpunkt der Erzählung, die Wissen wie es ist, am Rand zu stehen, unverstanden zu bleiben, Außenseiter zu sein.

Diese Geschichte ist äußerst vielschichtig, aber wunderbar verwoben. Es finden sich immer wieder Parallelen zwischen den Erzählsträngen, die mir beim Lesen ein Lächeln ist Gesicht zaubern konnte. Die Autorin spielt leichtfüßig mit Sprache und bringt uns so eine traurige und grausame Geschichte nahe.

Mich konnte sie mit diesem Werk stark beeindrucken. Ich denke, es ist ihr anspruchsvollster Roman. Die Geschichte ist so wunderbar aufgebaut wie beim Flüstern der Feigenbäume, doch sie hat noch mehr Gewicht!

Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.07.2024
Die Farbe der Sterne
Lukschy, Stefan;Briggs, Curtis

Die Farbe der Sterne


sehr gut

Nachdem Julia vor ihrer eigenen Hochzeit geflüchtet ist, versteckt sie sich in einem heruntergekommenen Hotel, um den Nachlass vor dem Verkauf zu organisieren. Doch der neue Besitzer denkt gar nicht dran, das Hotel, das schon seit Generationen in Familienbesitz war, zu veräußern.

Doch wie soll man den maroden alten Kasten retten?

Zur rechten Zeit entdeckt Max nach einer Verkettung unglücklicher Umständen ein geheimes Fach hinter der Rezeption und darin ein Frühwerk von Kandinsky, welches das Hotel am Kochelsee zu seinen besten Tagen zeigt. Eine Kopie davon hing immer schon über dem Tresen, doch niemand wusste, dass wo das Original abgeblieben war.

Bis hier ist das Buch schon recht witzig, denn die Figuren sind allesamt sehr überspitzt dargestellt. Die Autoren bedienen sich frech aller Klischees und schmücken diese in bodenlose aus. Man muss dieses Buch mit lachenden Augen und einem Zwinkern lesen, sonst erschließt sich der Humor nicht. Ich durfte mehrmals schallend lachen und genau das habe ich mir erwartet bei einer Krimikomödie.

Mit diesen zwei Bilder geht das Verwirrspiel direkt los, einmal ist der Bellagio verschwunden, dann wieder der Kandinsky, denn es gibt mehrer Leute, die hinter dem Bild her sind und so ihre Haut retten wollen. Julia und Max kommen sich während dieser Bilder-Rettungsaktion langsam näher und beide wachsen über sich hinaus.

Ernsthaft an diesem Buch sind immer nur die Rückblenden, die erklären, warum beispielsweise das Wissen um das Original verloren ging oder warum sie jemand verhält, wie er es eben tut. Diese kleinen Reisen in die Vergangenheit waren wichtig für die Geschichte und interessant zu lesen. Der Rest ist Slapstick und Klamauk und ich habe mich königlich amüsiert!

Somit empfehle ich dieses Buch allen, die mal wieder so richtig lachen wollen. Bitte erwartet euch keinen gut ausgearbeitet Krimi mit komischen Elementen. Das hier ist eine Verwechslungskomödie mit Krimielementen!

Bewertung vom 15.06.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


sehr gut

Meeresfriedhof ist der Auftakt einer Trilogie über eine der mächtigsten Reederfamilien Norwegens. Die Falck Familie hat altes Geld, Macht und politischen Einfluss und Olav Falck ist mit seinen 70 Jahren noch immer nicht bereit, seinen Sitz an eines seiner Kinder weiterzugeben.

Ein tragisches Unglück hat die Falks während des 2. Weltkriegs heimgesucht. Store Thor kam beim Untergang eines Hurtigrutenschiffs ums Leben. Seine Frau Vera und ihr kleiner Sohn Olav überlebten durch einen beherzten Sprung ins eiskalte Wasser. Kurz bevor sich das Unglück zum 75. Mal jährt, nimmt sich Vera Falck das Leben und hinterlässt ihrer Enkelin Sasha einen Brief mit der Bitte, endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen. Nicht alles hat sich damals so ereignet, wie es kolportiert wurde und so manche Helden werden ihr Ansehen dadurch verlieren.

Wer sich hier einen spannenden Thriller erwartet, könnte eventuell enttäuscht sein. Der Autor erzählt sehr ausufernd und streckenweise fühlt sich das auch etwas langatmig an. Dennoch bleibt die Geschichte spannend und vor allem der Schluss macht dann doch Lust auf mehr.

Man muss das Buch als Familiensaga lesen, die ihre Leichen im Keller hüten möchte. Es geht um Macht und Geld und deren Erhalt, frei nach dem Familienmotto "familia ante omnia". Leicht mafiöse Züge lassen sich da erkennen.

Ein bisschen erinnert dieses Buch an die Millennium -Trilogie. Auch hier gibt es einen Journalisten, der die Hintergründe beleuchtet und den Falck-Geheimnissen auf die Spur kommen möchte. Allerdings ist es nicht so spannend und die Charaktere sind auch nicht ganz so eckig und kantig. Trotzdem freue ich mich auf den nächsten Band der Saga!

Bewertung vom 11.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


sehr gut

Robert ist neu an der Schule, als er auf Friederika trifft, die ihn sofort bezaubert mit ihrem strahlenden Lächeln. Sie kommen sich näher und werden beste Freunde, obwohl Robert eigentlich schwerst verliebt ist. Doch Frie ist auf einem Freiheitstrip und verschwindet nach dem Abi erst mal für ein Jahr nach Australien.

Mit gebrochenem Herzen vertrödelt Robert seine Sommerferien, die die besten seines Lebens hätten sein sollen und fängt sich wieder beim Zivildienst in Hamburg, wo Frie wieder in sein Leben kommt. Die beiden verstehen sich sofort wieder blendend und Roberts Gefühle sind wie auf Knopfdruck wieder da.

Aber irgendwie scheint es nie so richtig zu passen. Sie lieben sich, aber ihre Leben scheinen nicht richtig kompatibel. Immer wieder vergehen Jahre, in denen beide ihre Leben leben, die nicht immer ganz geradlinig verlaufen. Frie wird sehr jung Mutter und verzichtet auf ihre Karriere, Robert startet als Musiker richtig durch, bleibt aber irgendwie ewiger Single.

Die Autorin beleuchtet alle Phasen ihrer Leben mit ihren Höhen und Tiefen, die sich wandelnden Beziehungen zu den Eltern, wie sich Freundschaften über die Jahre verändern und immer wieder lässt sie diese diffizile Freundschaft plus wach werden. Gut gefallen haben mir auch manche Nebenschauplätze, wie zum Beispiel die Freundschaft Roberts zu einem seiner Pfleglinge aus der Zivi-Zeit.

Mit der Lektüre begleiten wir Robert und Frie ins Erwachsenenleben und darüber hinaus. Ob sie sich als gesetzte 50er finden werden, wird hier natürlich nicht verraten. Aber kennen wir das nicht alle, dass wir einem Jugendfreund dieses Versprechen gaben, es noch mal zu versuchen, sollten wir mit 50 immer noch oder wieder single sein?

Ich mochte die Geschichte der beiden sehr. Das Buch liest sich flott, ist sehr unterhaltsam und trotz der Missverständnisse zwischen den beiden liebenswert und warmherzig.