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carola1475

Bewertungen

Insgesamt 173 Bewertungen
Bewertung vom 07.11.2024
Mord im Himmelreich
Winkelmann, Andreas

Mord im Himmelreich


sehr gut

Unterhaltsam und spannend, Cosy-Crime mit liebenswerten Protagonisten

Björn Kupernikus ist ehemaliger Schauspieler, jetzt im Ruhestand und muss an seinem ersten Morgen auf dem Campingplatz Himmelreich einen kleinen Hund von einem auf dem See treibenden Paddleboard retten. Mit Hund und Board wieder an Land, staunt Kupernikus nicht schlecht, als er auf der Board-Unterseite eine Leiche festgebunden findet. Kupernikus hat sich sein ganzes Berufsleben lang auf die Rolle eines Tatort-Kommissars vorbereitet und ist entschlossen, der Polizei bei der Aufklärung des rätselhaften Todesfalls unter die Arme zu greifen. Unterstützt wird er von der Einheimischen Annabelle, deren unverblümte Art Kupernikus zwar aus der Fassung bringen kann, die ihn aber auch mit ihrer Bewunderung für seine Rettungsaktion, ihrer Eleganz und Anmut, ihrem Wissen und nicht zuletzt ihren Kochkünsten sehr beeindruckt.

Der erste Cosy-Crime Krimi des Thriller-Autoren Andreas Winkelmann ist gelungen, das Verhältnis von Humor und Spannung ist ausgeglichen und hat mir sehr gefallen. Ein bildhafter, lebendiger Schreibstil, Situationskomik und witzige Dialoge werden durch Kupernikus' durchaus professionelle Ermittlungen zur Aufklärung des Falls ergänzt.
Kupernikus trifft auf dem Platz und in der Nachbarschaft auf so einige lebensnah beschriebene und auch skurrile Typen und das Campingplatz-Setting erscheint mir authentisch und atmosphärisch, hier bringt der Autor eigene Erfahrungen ein, wie er im Nachwort schreibt. Die Figurenzeichnung der vielfältigen, teilweise auch klischeehaften Charaktere ist glaubhaft, die Beschreibung der idyllischen Landschaft am Templiner- und Schwielowsee weckt die Reiselust, Caputh und den tatsächlich existierenden Campingplatz mit dem titelgebenden Namen zu besuchen.
'Mord im Himmelreich' ist ein lesenswerter, spannender Cosy Crime mit liebenswerten Protagonisten, von denen ich gern mehr lesen würde. Mich hat das Buch sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 20.10.2024
In der Erde / Lilly Hed Bd.3
Ericson, Pernilla

In der Erde / Lilly Hed Bd.3


sehr gut

Spannender dritter Teil der Vier-Elemente-Reihe mit aktuellem Setting

Lilly Hed und ihr Team müssen eine Explosion aufklären, bei der eine Familie ums Leben kam und das Haus völlig zerstört wurde. Lange steht die Frage im Raum, ob es sich um einen Unfall handelt oder um einen Anschlag. Die Ermittler sind unterschiedlicher Meinung. Zu den mühsamen Untersuchungen kommt erschwerend hinzu, dass Lilly auch im sechsten Schwangerschaftsmonat immer noch unter dauernder Übelkeit leidet mit allen Begleiterscheinungen, so dass sie nach einigen Tagen von den Ermittlungen abgezogen und krankgeschrieben wird. Sie ermittelt von Zuhause aus allein weiter und kann ihren Kollegen hilfreiche Hinweise geben und bleibt trotz allem mit ihnen in engem Kontakt.

Der Leser weiß von Anfang an und durch eine zweite Erzählperspektive, dass das Kind der Familie entführt wurde und gefangen gehalten wird, doch das Motiv des Täters bleibt rätselhaft und erst komplexe und langwierige Recherchen bringen Lilly erste Erkenntnisse.

Die Figurenzeichnung ist gelungen, die Charaktere sind glaubhaft und Lilly ist mit Jesper an ihrer Seite wieder selbstsicher und kämpferischer geworden nach der schlimmen Zeit mit ihrem früheren Lebensgefährten. Hinweise auf die Ereignisse der Vergangenheit sorgen dafür, dass auch Neueinsteiger in die Vier-Elemente-Serie keine Verständnisschwierigkeiten haben. Nur die Beschreibung von Lillys dauernden Schwangerschaftsbeschwerden nahm mir zu viel Raum ein und ich halte es auch für wenig glaubwürdig, dass sie anfangs Ermittlungsleiterin ist und zu Beginn der Schwangerschaft nicht zu einer ruhigen Schreibtischtätigkeit versetzt worden ist. Lilly ist vor allem eine Ermittlerin und setzt sich mit ihrer bevorstehenden Rolle als Mutter nur zögernd auseinander und gefährdet im Laufe der Geschichte das Leben ihres Kindes.

Die anhaltende, für alle anstrengende Hitze und Trockenheit wird ebenso thematisiert wie die zunehmende Verzweiflung und Hilferufe der Landwirte. Pernilla Ericson, die Autorin und Journalistin ist, bringt die Auswirkungen des Klimawandels ebenso wie soziale Probleme gekonnt auch in diesen dritten Teil der Krimiserie ein.
Die Autorin schreibt bildhaft, packend und einfühlsam, die Ermittlungsarbeit wird realistisch beschrieben und der Spannungsbogen bleibt bis zum Ende hoch. Mir hat 'In der Erde' gut gefallen und ich freue mich auf den vierten Teil der Reihe.

Bewertung vom 13.10.2024
Die Schuld des Vergessens / Kat und Lock ermitteln Bd.2
Callaghan, Jo

Die Schuld des Vergessens / Kat und Lock ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Gelungener, spannender zweiter Band um ein Ermittlerteam aus Menschen und einer KI

DCS Kat Frank und ihre Future Policing Unit haben mehrere Cold Cases erfolgreich aufgeklärt und Kat möchte nun einen aktuellen Fall aufklären, um zu beweisen, wie gewinnbringend die Beteiligung einer AIDE (Artificially Intelligent Detecting Entity), also eines KI-Partners, bei den Ermittlungen ist. Kats Motivation ist nicht nur, die neue Art der Polizeiarbeit bekannt zu machen und Akzeptanz zu schaffen, sie selbst braucht einen neuen Fall, um sich daran festzuhalten. Die Trauer um ihren verstorbenen Ehemann ist immer noch groß und ihr Sohn Cam ist von Zuhause ausgezogen und studiert jetzt.
Als ein nackter gekreuzigter Toter auf der ehemaligen Abraumhalde eines Steinbruchs gefunden wird, hat Kats Team seinen aktuellen Fall, den es aufzuklären gilt.

Erzählt wird meistens aus Kats Sicht, aber es gibt auch Perspektiven der Teamkollegen und des Täters. Seine Kapitel sind kursiv gedruckt und in Ich-Form, so dass seine Gedanken und Gefühle deutlich werden. Alle Charaktere sind glaubwürdig, sie werden authentisch geschildert und bekommen durch ihre Vorgeschichte und ihre Beziehung zueinander Komplexität. Ich habe den ersten Band der Reihe um Kat Frank und AIDE Lock ebenfalls gelesen und freue mich über die Entwicklung der Figuren, aber auch Neueinsteiger in die Serie werden ohne Probleme folgen können, da bei passender Gelegenheit Infos aus der Vergangenheit eingestreut werden.

Spannend ist nicht nur der rätselhafte Fall, sondern auch der Gegensatz zwischen der Logik der KI und dem Vorgehen von Kat Frank, die über Instinkt und viel Erfahrung verfügt und deren Entscheidungen für die KI Lock oft nicht nachzuvollziehen sind. Auch Takt und menschliches Sozialverhalten sind der KI natürlich fremd und so sind die Dialoge zwischen Kat und Lock, der alles wörtlich versteht und nicht lügen kann, für den Leser oft sehr humorvoll und unterhaltsam.
Jo Callaghan schreibt klar, lebendig und angenehm zu lesen, die technischen Details zur KI sind leicht verständlich und für mich optimal dosiert. Die Autorin thematisiert auch gesellschaftliche Probleme wie zunehmende Vereinsamung im Alter, Rassismus und Anfeindungen in 'social media'.
Mir hat 'Die Schuld des Vergessens' sehr gut gefallen und ich kann diesen Krimi mit seiner fesselnden Handlung, beeindruckenden Figuren und innovativem Ermittlerteam uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 10.10.2024
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


ausgezeichnet

Eine warmherzige und berührende Geschichte, die locker und klug unterhält

Constanze ist der Neuzugang in einer WG, sie will nur vorübergehend bleiben, aber es stellt sich heraus, dass die vier WG-Bewohner trotz aller Unterschiede sehr gut zusammen passen und zu einer Wahlfamilie werden. Alle sorgen sich umeinander, unterstützen und helfen einander. Das gemeinsame Essen ist sehr wichtig, das wird schon beim Cover deutlich. Was es mit dem gesprungenen Teller auf sich hat, zeigt sich im Lauf der Geschichte.
Durch die verschiedenen Ich-Perspektiven teilen die Figuren ihre Gedanken, sie erzählen vom Alltag und ihrem Miteinander, aber auch, was sie über die Mitbewohner denken. Auf ungewöhnliche Art geschriebene Szenen aus dem gemeinsamen Leben vervollständigen die Geschichte. Am besten hat mir Murat gefallen, er zeigt, wie wichtig Toleranz im Zusammenleben ist und seine Lust am Garten und dem Kochen ist ansteckend.

Die mehrfach ausgezeichnete Übersetzerin und Autorin Isabel Bogdan schreibt mit Einfühlungsvermögen, humorvoll, leicht und doch tiefsinnig, der Schreibstil ist dem jeweiligen Charakter angepasst und lässt Jörg, Anke, Murat und Constanze zu lebendigen und authentischen Figuren werden, ihre Sorgen und Leidenschaften haben mich berührt und ich hätte die Vier gern länger begleitet als zwei Jahre, über die sich die Geschichte erstreckt. Mir hat 'Wohnverwandtschaften' viel Freude gemacht und ich empfehle das Buch jedem Lesenden, der sich schon mal Gedanken über alternative Wohnsituationen gemacht hat.

Bewertung vom 03.10.2024
Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3
Sten, Viveca

Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3


ausgezeichnet

Wieder ein spannendes Lesevergnügen

Statt eine ruhige Osterwoche mit der Familie zu verbringen, müssen Hanna Ahlander und Daniel Lindskog in ihrem dritten Fall ermitteln. Die Immobilienentwicklerin Charlotte Wretlind, die ein verlassenes Hochgebirgshotel in Storlien neu und größer als zuvor wieder aufbauen wollte, ist brutal ermordet worden. Spuren gibt es kaum, dennoch kristallisiert sich eine Reihe von Verdächtigen heraus. Die Ermittlungen sind umfangreich und werden realistisch beschrieben.

Das Cover mit seiner winterlichen Atmosphäre passt gut zum Schauplatz und zu den beiden Vorgängerbüchern der Reihe. Die Umgebungskarten vorn und hinten innen im Einband finde ich hilfreich, auch um sich die Entfernungen besser vorstellen zu können, die die Menschen in der dünn besiedelten Gegend oft zurückzulegen haben. Das selbst noch zu Ostern winterliche Wetter und die Natur um den Wintersportort Åre spielen wieder eine Rolle und werden von der Autorin atmosphärisch beschrieben.
Die Charaktere, allen voran Hanna und Daniel, aber auch alle anderen Figuren sind lebensnah und authentisch dargestellt, mit ihren Sorgen, ihren Ecken und Kanten. Diese gelungene Figurenzeichnung sowie der lebendige, bildhafte, angenehm zu lesende Schreibstil zeichnen Viveca Sten aus und machen ihre Bücher für mich zum Vergnügen. Diesmal fand ich den Anteil des Privatlebens fast etwas zu viel, obwohl ich die Entwicklung der Protagonisten natürlich gern verfolge. Bei den Recherchen und Ermittlungen thematisiert die Autorin auch aktuelle gesellschaftliche Probleme wie Hass im Internet oder Misogynie.

Der Krimi ist wendungsreich und spannend und die Autorin legt einige irreführende Fährten, beim Miträtseln war ich lange auf der falschen Spur. Wechselnde Erzählperspektiven und kurze Rückblenden in die Vergangenheit, deren Zusammenhang zur Geschichte sich erst spät erschließt, steigern die Spannung und das Finale wird für Hanna wie für den Leser nervenaufreibend. Ich empfehle 'Blutbuße' gern allen Krimilesern, mich hat das Buch sehr gut unterhalten und ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 27.09.2024
Frau Morgenstern und das Vermächtnis
Huwyler, Marcel

Frau Morgenstern und das Vermächtnis


ausgezeichnet

Auch der sechste Band um Frau Morgenstern und Miguel Schlunegger überzeugt

Die pensionierte Lehrerin und Auftragskillerin Violetta Morgenstern und ihr platonisch geliebter Maurice von Brandenberg führen seit fast einem Jahr auf Gozo ein ruhiges Leben, bis das Tell-Killerministerium Violetta bittet, ihren inhaftierten früheren Partner Miguel Schlunegger zum Reden zu bewegen. Warum hat er unauthorisiert, auf eigene Faust, einen Mann erschossen? Miguels Exekution durch den ehemaligen Arbeitgeber ist nur noch eine Frage der Zeit, sollte Frau Morgenstern versagen.

Wie auch in den fünf Vorgängerbänden sprüht die skurrile Geschichte vor Wortwitz und schwarzem Humor, machen Huwylers Wortschöpfungen und Wortspiele großen Spaß und Violettas Einfallsreichtum und Ideen, ihre geistreichen und schlagfertigen Dialoge, viel Freude. Der Leser sollte schon frühere Bände der Reihe kennen, um Zusammenhänge und Anspielungen verstehen und genießen zu können.
Frau Morgenstern und Miguel Schlunegger sind einmalig schräge, unbedingt liebenswerte Charaktere, die ich schon vor langem ins Herz geschlossen habe. Diesmal muss sich Frau Morgenstern nicht nur mit Gegnern auseinandersetzen, sondern auch mit ihren eigenen Gefühlen.
Figuren in Nebenrollen sind ebenfalls gelungen gezeichnet und ich kann sie mir gut vorstellen, selbst wenn sie vom Autor nur skizziert werden, das aber immer treffend.

Marcel Huwyler schreibt bildhaft und sprachgewandt, die Geschichte ist kurzweilig und spannend, obwohl Frau Morgenstern lange allein ermittelt und es erst spät zur gewohnt grandiosen Zusammenarbeit mit Schlunegger kommt. Das Ende lässt mich das Buch zufrieden und mit einem Lächeln zuklappen. Ich kann die Reihe Krimilesern empfehlen, die das Besondere suchen. 'Frau Morgenstern und das Vermächtnis' bekommt von mir 4,5 Sterne.

Bewertung vom 19.09.2024
Tote klagen an / Raven & Flyte ermitteln Bd.3
Turner, A. K.

Tote klagen an / Raven & Flyte ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Raven und Flyte in ihrem dritten Fall

Zu Beginn des dritten Bandes um die unkonventionelle Sektionsassistentin der Leichenhalle Camden geht es Cassie Raven nicht gut. Seit Monaten hat sie keinen Hinweis der Toten auf ihre letzten Empfindungen mehr erhalten, so hat ihre Arbeit ihren Sinn für sie verloren. Außerdem gestaltet sich das Verhältnis zu ihrem vor kurzem wieder aufgetauchten Vater schwierig, Cassies Gefühle sind ambivalent, was ihn angeht.
Eine nicht identifizierte Wasserleiche führt zu einem Wiedersehen mit DS Phyllida Flyte, die es schwer hat, sich in ihren neuen Team bei der Major Crime Unit zu behaupten. Sie nimmt Ermittlungen zu dem Toten auf, dessen Gesicht ihr vage bekannt vorkommt.

Neben dem gut recherchierten, genau und sachlich beschriebenen medizinischen Hintergrund von Cassies Arbeit überzeugt auch die psychologisch glaubhaft dargestellte Entwicklung der beiden Protagonistinnen. Cassies in der Kindheit begründete Verlustangst prägt ihre Beziehungen, und Phyllida kann inzwischen ohne Selbstzweifel um ihre tot geborene Tochter trauern, schreckt aber davor zurück, sich mit ihrer sexuellen Orientierung auseinander zu setzen. Den so unterschiedlichen Frauen gemeinsam ist der unbeirrbare Willen, die Wahrheit heraus zu finden. Die Figurenzeichnung ist gelungen, auch andere Charaktere sind authentisch, wobei insbesondere Cassies Großmutter ein richtiger Schatz ist, um den ich Cassie beneide. Eingestreutes Hintergrundwissen aus den Vorgängerbüchern ermöglicht auch Neueinsteigern in die Reihe, sich zurecht zu finden.
Erzählt wird wechselnd aus Cassies und Phyllidas Perspektive.

Der Fall, den es aufzuklären gilt, erweist sich als komplex und mit gesellschaftlich aktuellem Bezug, es gibt spannende Ermittlungen, überraschende Wendungen und eine unerwartete Auflösung.
A. K. Turners Schreibstil ist bildhaft, sprachgewandt und angenehm zu lesen. Sie thematisiert in 'Tote klagen an' polizeiliches Fehlverhalten und kritisiert das Polizeisystem, immer noch sind intolerante, homophobe, sexistische weiße Männer vorherrschend, für die Diversität alles andere als erstrebenswert ist.
Mir hat die dritte Geschichte um Cassie Raven mit ihrem Gothic Look und der spröden Phyllida Flyte wieder sehr gut gefallen und ich freue mich, besonders nach dem Cliffhanger am Ende, auf den vierten Band.

Bewertung vom 15.09.2024
Das Haus in dem Gudelia stirbt (eBook, ePUB)
Knüwer, Thomas

Das Haus in dem Gudelia stirbt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ungewöhnlicher Krimi um ein altes Geheimnis vor dem Hintergrund einer zerstörerischen Flutkatastrophe

Als im fiktiven Unterlingen durch ein Hochwasser große Zerstörung droht und die Menschen sich in Sicherheit bringen, harrt die 81jährige Gudelia im ersten Stock ihres Hauses aus. Auf keinen Fall wird sie das Haus verlassen.

Neben den Ereignissen der Jetztzeit gibt es Handlungsstränge aus den Jahren 1984, als Gudelia ihren Sohn Nico verlor und 1998, als ihr Mann Heinz ihr das Haus überschrieb und mit einer Alkohol-Entziehungskur einverstanden war.
Bis auf den Prolog wird ausschließlich aus der Ich-Perspektive der Protagonistin erzählt, es entsteht praktisch eine Persönlichkeitsstudie, Gudelia entpuppt sich als eine selbstreflektierende, willensstarke und konsequente Frau ohne Selbstmitleid, die Schuld auf sich geladen hat.

Die Figurenzeichnung ist gelungen, die Charaktere sind authentisch und glaubhaft, Gudelias Schmerz, Trauer und ihre Wut nach Nicos Tod berühren mich. Auch die Beziehungen zueinander im Dorf finde ich treffend beschrieben.
Die Darstellung der Flut mit an Gudelias Haus vorbeitreibenden Kadavern und Gegenständen, sogar zwei Tote sieht sie aus dem Fenster, der zurückbleibende Schlamm und Dreck, das unglaubliche Ausmaß der Zerstörung, erinnert mich an die Ahrtalkatastrophe vor drei Jahren und ist beklemmend realistisch.

Thomas Knüwers Schreibstil ist Gudelias oft nüchternen Überlegungen angepasst, manchmal abgehackt und mit Gedankensprüngen, aber immer gut lesbar und gut zu verstehen.
Spannung ist zuerst latent vorhanden und steigert sich, je mehr ich aus der Vergangenheit erfahre und Vermutungen über das Geheimnis in Gudelias Haus anstellen kann. Mir hat dieser ungewöhnliche, atmosphärische Krimi um Gudelias durchaus tragische Geschichte sehr gut gefallen.

Bewertung vom 14.09.2024
Tränengrab (eBook, PDF)
Klementovic, Roman

Tränengrab (eBook, PDF)


ausgezeichnet

Nervenaufreibend spannend und unvorhersehbar

Evelyn hat ihren krebskranken Mann monatelang gepflegt und besucht einige Wochen nach seinem Tod die Familie ihrer Tochter, um zur Ruhe zu kommen. In der eigentlich verschlafenen Kleinstadt herrscht Aufregung, da ein junges Mädchen verschwunden ist und eine zweite Schülerin vor wenigen Wochen ermordet aufgefunden wurde. Auch Evelyns Familie hat sich verändert, sie erkennt ihren Schwiegersohn Hendrik kaum wieder, ihre Tochter Manuela scheint in ihrem Job und mit der pubertierenden Anja überlastet und aus der fröhlichen kindlichen Enkelin ist in den anderthalb Jahren, die Evelyn sie nicht gesehen hat, ein gelangweilter desinteressierter Teenager im Gothic-Look geworden, der jede Kommunikation abblockt.
Evelyn fragt sich, was da los ist, sie fühlt sich bei ihrer Familie nicht wohl. In einer schlaflosen Nacht wird ihr Verdacht geweckt und widerstrebend, aber auch hartnäckig, versucht Evelyn, mehr herauszufinden.

Der Leser erfährt durch zwei weitere, einmalig auftretende Perspektiven und Anjas Tagebucheinträge mehr als Evelyn, wodurch jedoch nichts klarer wird, sondern noch mehr Fragen und Befürchtungen entstehen.

Roman Klementovic gelingt es, Evelyns Überlegungen und Gefühle, ihre Zweifel und Ängste, die zunehmende körperliche und psychische Erschöpfung glaubhaft zu beschreiben, ich habe mit ihr gelitten. Andere Charaktere sind undurchschaubar und werfen Fragen auf, hier blieb ich lieber auf Distanz.
Auch die düstere Atmosphäre im Wald, dem Wasserpark oder die lähmende sommerliche Hitze werden anschaulich vermittelt. Der Schreibstil ist flüssig und sehr angenehm zu lesen und kurze Kapitel verlocken dazu, schnell noch eins zu lesen. Mir war es nicht möglich, eine Lesepause einzulegen, ich fand die Geschichte so spannend, dass ich das Buch in einem Rutsch zu Ende gelesen habe. Klementovic hat einen überzeugenden, fesselnden Psychothriller geschrieben, der mir ausgesprochen gut gefallen hat.

Bewertung vom 13.09.2024
Den Tod belauscht man nicht (eBook, ePUB)
Schulman, Ninni

Den Tod belauscht man nicht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Einfühlsam geschriebener und authentisch erzählter Krimi

Die ehemalige Polizistin Ingrid Wolt lässt sich nach drei Jahren im Gefängnis weit weg von Stockholm in einem kleinen Ort in Dalarna nieder, um neu anzufangen. Da sie keine Arbeit findet, macht sie sich als Privatermittlerin selbstständig. Ihr erster Auftrag kommt von Solveig, deren 12jähriger Sohn Mattias vor einem Jahr spurlos verschwunden ist. Ingrid beginnt in der kleinen Gemeinde, in der jeder jeden kennt und komplexe Beziehungen zueinander bestehen, zu ermitteln.

Eine zweite Zeitebene erzählt vom Sommer des letzten Jahres, schildert, wie Mattias und sein bester Freund Kaj die Ferien verbringen, und zeigt auch, wie Mattias öfter ausgeschlossen wird, da er noch kindlicher ist als Gleichaltrige, die bereits in die Pubertät kommen. Da die Geschichte sich Anfang der 1980er Jahre ereignet, sind die technischen Möglichkeiten andere als heute, was eine nicht unwichtige Rolle spielt.
Neben Mattias Sicht wird auch aus Ingrids und Solveigs personaler Perspektive erzählt.

Beeindruckend finde ich Ninni Schulmans einfühlsame Figurenzeichnung, ohne Ausnahme sind die Charaktere authentisch und glaubhaft, ob es sich um die Jugendlichen handelt, um die verzweifelte Solveig oder die Ermittlerin Ingrid. Die Gedanken, die sich beide Frauen machen, sind tiefgründig und berührend.
Nach der eher ruhigen Einführung der Protagonistin in ihrem neuen Leben werden nicht nur Ingrids Ermittlungen immer spannender, sondern auch das schrittweise Aufdecken ihres Hintergrunds, der betroffen macht.
Ninni Schulmans Schreibstil ist klar, fesselnd und angenehm zu lesen, die Autorin beobachtet genau und schreibt psychologisch glaubhaft.

Da Buch endet mit einem bösem Cliffhanger, der den für Juli 2025 angekündigten zweiten Band der neuen Serie, 'Das Paradies verrät man nicht' für mich zur Pflichtlektüre macht.