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tines_bookworld

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 10.04.2021
Der Schneeleopard
Tesson, Sylvain

Der Schneeleopard


sehr gut

"Ich glaubte ihn in der Landschaft getarnt, doch es war die Landschaft, die bei seinem Erscheinen erlosch." ~ Seite 116

"Der Schneeleopard" erzählt vom Autor Sylvain Tesson und dem Fotografen Vincent Munier, die sich nach Tibet begeben, um den Schneeleoparden als Inspirationsquelle zu beobachten.

Diese Biografie oder Reiseliteratur liest sich aufgrund der wenigen Seiten eigentlich recht zügig, doch jedes Kapitel beinhaltet einen Gedankenanstoß inmitten einer tiefgründigen Thematik wie dem Kreislauf des Lebens oder das Dasein des Menschen, dass man doch seine Zeit braucht. Tesson beschreibt die Reise sehr poetisch und vollem Bewusstsein der Gegenwart. Seine Gefühle bleiben dabei außen vor, er beschränkt sich auf die Darstellung seiner Beobachtungen und verknüpft diese mit ausschweifenden Gedankengängen. Diese waren teilweise zu pompös, zu geschwollen formuliert, dass ich als Leser nicht wirklich verstand, welche Weisheit mir Tesson hier mit auf den Weg geben wollte.

Zu beachten ist weiterhin, dass der Schneeleopard zwar den Mittelpunkt des Buches bildet, jedoch nicht den Großteil des Inhalts ausmacht. Erlebnisse vor und nach den Begegnungen sowie Sichtungen von Yaks oder anderen Tieren dieser Gegend kommen hierbei wesentlich mehr zur Sprache. Wer hier Abenteuer oder die Widrigkeiten der Kälte sucht, ist leider falsch. Ich hätte mir in dieser Hinsicht mehr erhofft als nur die Beobachtungen der Tiere.
Es ist auch weiterhin lediglich ein Bild vom Schneeleoparden abgedruckt, offenbar gibt es die Fotografien von Munier als Extraband. Ich persönlich fand das nicht schlimm, hatte jedoch von beiden angesprochenen Punkten mehr erwartet. In Anbetracht dessen, dass eine tatsächliche Reise beschrieben wird und Fotografien natürlich verkauft werden wollen, ist das durchaus verständlich. Ich möchte dies nur anmerken, falls noch andere Leser diese Erwartungen an das Buch haben.

Als poetische Reiselektüre und Gedankenanstoß ist das Buch hervorragend geeignet. Durch die gehobenen Sprachausdrücke kann ich mir jedoch vorstellen, dass es nicht für jeden das Wahre ist. Ich vergebe 3,5/5 Sterne.

Bewertung vom 01.03.2021
Working Late / Free Falling Bd.1
Holmström, Helene

Working Late / Free Falling Bd.1


gut

"Working Late" wird aus vier Perspektiven erzählt - der Anwältin Charlotta, dem Nachhaltsigkeitschef der Gegenpartei im Rechtsstreit Ignacio, dessen Chef Christopher und seiner Ex-Geliebten Dessie, die gleichzeitig auch Charlottas Mentorin ist. Charlotta und Ignacio stehen hier jedoch klar im Vordergrund.

Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass ich mir von diesem Buch mehr erhofft hatte. Wer jedoch an Rechtsstreitigkeiten seine Freude findet, der ist hier gut aufgehoben. Der hier thematisierte Streit ist recht aktuell und bildet auch das Kernstück der Geschichte. Zwar tröpfelt er die ersten 2/3 etwas vor sich hin und die genannten Argumente der beiden Seiten wiederholen sich, wenn es dann jedoch zu den Verhandlungen kommt, wird es auf jeden Fall spannend und der wartende Leser kommt gut auf seine Kosten.

Charlotta als Anwältin der Klägerseite im Rechtsstreit ist eine Figur, mit der ich so meine Probleme hatte. Sie hatte eine schwierige Vergangenheit in ihrem Heimatort, von der sie sich nie erholt hat. Dies spiegelt sich auch in ihrem Verhalten wieder. Sie ist geradezu unterwürfig, es mangelt ihr an Selbstvertrauen und sie ist sehr misstrauisch. Im Laufe der Geschichte legt sie eine positive Wandlung hin, die aber auch geprägt ist von künstlich aufgebauschten Rückschlägen und Dramen in ihrer Beziehung zu Ignacio. Statt dass beide Parteien sich zuhören und die Probleme gemeinsam angehen, sind Charlotta und Ignacio geradezu Meister darin, von einer falschen "Erkenntnis" zur nächsten zu springen. Das ging mir ziemlich auf die Nerven. Die Geschichte wurde dadurch unnötig in die Länge gezogen und hätte auch gut um 200 Seiten gekürzt werden können.

Die Story um Dessie und Christopher war mir ein zusätzliches Rätsel. Ich habe bis zum Ende nicht verstanden, warum die Beziehung der beiden überhaupt thematisiert wurde. Ich konnte weder die Chemie zwischen den beiden spüren noch war ihre Story relevant für die Gesamtgeschichte. Das hat einfach nur ein großes Fragezeichen hinterlassen.

Das Ende des Buches war dann sehr schnell abgehandelt und hat einige Fragen offen gelassen. Dies fand ich sehr schade, da doch weniger wichtige Themen ebenfalls ihren Platz erhalten haben.

Das Buch an sich war deswegen trotzdem nicht langweilig. Der Schreibstil war sehr flüssig zu lesen und das Thema des Rechtsstreits sehr spannend. Auch das Setting einer Anwaltskanzlei in Schweden ist definitiv mal etwas Neues und mir sehr positiv aufgefallen. Ignacios und Charlottas Beziehung ist zwar von kindlichen und überdramatischen Szenen geprägt, im Großen und Ganzen jedoch durchaus gefühlvoll und berührend zu lesen. Ebenfalls ist zu erwähnen, dass das Cover wirklich ein absoluter Hingucker ist und die Atmosphäre der Geschichte gut einfängt.

Ich empfehle "Working Late" eher für Leute, die mehr Wert auf einen guten Rechtsstreit statt auf eine Liebesgeschichte legen. Noch bin ich unentschlossen, ob ich die Reihe fortsetzen werde. Für dieses Buch vergebe ich 3/5 Sterne.

Bewertung vom 23.02.2021
Schattenblick / Midnight Chronicles Bd.1
Iosivoni, Bianca;Kneidl, Laura

Schattenblick / Midnight Chronicles Bd.1


ausgezeichnet

Was für ein gelungener Auftakt der "Midnight Chronicles"-Reihe! Zugegeben, die Idee von Menschen, die übernatürliche Kreaturen jagen, ist nicht neu, aber das wissen die Autorinnen selber, da sie Beispiele wie Supernatural oder Ghostbusters anführen. "Schattenblick" ist trotzdem kein Abklatsch, sondern für sich originell und verfügt über facettenreiche Charaktere.

Roxy ist weder das sensible noch das ultra toughe Girl, sondern endlich mal eine realistische Mischung aus beidem. Ich liebe ihren Humor und ihre Freude an Fast-Food. Ihre Gedankengänge sind nachvollziehbar klar und machen sie zu einer Protagonistin, über die man gerne liest.

Shaw enthält auch so viel Potenzial für meinen Lieblingscharakter. Charmant, witzig, gutaussehend, fürsorglich. Ich bin super gespannt, was es mit seiner vergessenen Hintergrundstory auf sich hat und was seine Träume bedeuten.

Auch die Nebencharaktere existieren nicht nur für die Fülle der Story, sondern haben jede eine eigene Geschichte und tragen zur Handlung bei. Das ist ein dicker Pluspunkt!

Der einzige Kritikpunkt, den ich habe, ist der, dass die Handlung doch sehr gestreckt ist. Die Geschehnisse könnten wohl in 2-3 Sätzen wiedergegeben werden. Ich hoffe sehr, dass dies nicht nur der Fall ist, weil die Reihe auf Teufel komm raus 6 Bände hat, sondern dass die anderen Teile jeder für sich eine eigene spannende Story aufweist. Wenn ebenfalls jeder Band offene Fäden beinhaltet (so wie Band 1) und alles erst im letzten Band zusammenläuft, wäre das weniger optimal für den Spannungsbogen. Ich lasse mich aber überraschen! Nichtsdestotrotz war "Schattenblick phasenweise super spannend, so dass ich es kaum aus der Hand legen konnte! Ich möchte auch so gerne Roxy und Shaw wieder"sehen", ihre Geschichte ist ja auch noch gar nicht abgeschlossen...

Schattenblick ist auf jeden Fall ein spannender Auftakt und erhält von mir 4,5/5 Sterne.

Bewertung vom 08.02.2021
Alles, was wir geben mussten
Ishiguro, Kazuo

Alles, was wir geben mussten


weniger gut

Da ich die Verfilmung bereits 2 Mal gesehen habe und überaus begeistert war, wollte ich nun auch die Buchvorlage lesen. Wie sich schnell herausgestellt hat, hätte ich mir das auch sparen können.

Die Handlung plätschert von Anfang bis Ende auf einer Ebene dahin. Vom Spannungsbogen keine Spur, unerwartete Wendungen lassen sich nicht blicken. Dadurch, dass die gesamte Geschichte quasi als Rückblick erzählt wird, besteht auch eine gewisse Distanz zu den Figuren und den Situationen. Man fühlt nicht mit. Das zentrale Thema, was die Geschichte behandelt, wirkt überhaupt nicht brisant, weil einfach keine emotionale Nähe zu den Charakteren vorhanden ist. Auch wörtliche Rede ist so gut wie nichtexistent, so dass die Handlung oft auf der Stelle getreten ist, während man sich in Kathys teilweise doch sehr verwirrenden Gedankengängen verloren hat.

Und um noch einmal auf das zentrale Thema zurückzukommen: Die Art und Weise, wie es vermittelt bzw. wie damit umgegangen wurde, war doch sehr bedrückend. Ich dachte, dass man als Leser eine Moral erhält, aber dem war nicht so. Das Thema wurde durchaus diskutiert und ich habe darüber auch nachgedacht, aber es wurde eben nur eine Sichtweise vermittelt. Gerade bei so einem ethisch kontroversem Bereich hätte ich mir diesbezüglich mehr Beachtung gewünscht.

In einer Hinsicht konnte das Buch aber mehr glänzen als der Film: bezüglich der Details. Bestimmte Handlungen aus dem Film, die man nicht wirklich verstanden hat, waren im Buch ausführlich geklärt und auf einmal hat auch alles Sinn ergeben. Die Charaktere waren tiefgründiger ausgearbeitet und auch der Zusammenhalt, die besondere Kindheit auf Hailsham, haben hier mehr Platz erhalten. Das hat mir sehr gut gefallen.

Das Buch erhält von mir 2/5 Sterne - schaut euch lieber den Film an, der lohnt sich mehr :)

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Bewertung vom 31.01.2021
The One - Finde dein perfektes Match
Marrs, John

The One - Finde dein perfektes Match


sehr gut

Genauso wie die Charaktere ist "The One" nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint - von Romanze rutscht man schneller in einen Thriller rein, als man denken kann!

Die Geschichte wird aus 5 Sichtweisen erzählt: Mandy, Ellie, Christopher, Nick und Jade. Sie alle treffen durch "Match your DNA" ihren Seelenverwandten, doch die haben es teilweise echt in sich! Die Perspektiven wechseln alle 4-5 Seiten, wodurch es besonders am Anfang sehr verwirrend war, in die Geschichte hineinzufinden, weil man nie wusste, wer jetzt wer war. Ehrlich gesagt musste ich selbst am Ende noch manchmal nachschauen :') Durch diese rasante Abwechslung fällt es schwer, eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen, doch andererseits fliegt man auch nur so durch die Seiten, weil die Handlung gut gerafft wird und man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht. Einige Szenen waren nichtsdestotrotz sehr langatmig, 100 Seiten weniger am Anfang hätten dem Buch ganz gut getan.

Die zweite Hälfte von "The One" ist allerdings gespickt mit zahllosen unerwarteten Wendungen und nichtsahnenden Enthüllungen. Einiges hätte ich so niemals erwartet und war völlig von den Socken! Ich habe mich fast gefühlt, als würde ich einen Thriller lesen (was ich sonst aus Angst nie tue), so düster und packend waren die Handlungsstränge! Das Ende war dann eine gute Mischung - zwar recht offen, aber doch mit gewissen Hinweisen, so dass sich der Leser denke konnte, was nun passiert war.

Über der Handlung steht die große Diskussion, ob man sein Match kennenlernen möchte oder nicht. Riskiert man seine bisherige Beziehung, um seinen Seelenverwandten zu finden? Will man es lieber nicht wissen? Die Story reflektiert sich dabei selber und diskutiert an einem Matchpaar kontrovers, welche Vor- und Nachteile "Match your DNA" hat. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich selber bin für mich noch zu keinem Ergebnis gekommen, ob ich das herausfinden wollen würde, aber der Gedanke ist sehr spannend!

"The One" kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen und erhält von mir 4/5 Sterne.

Bewertung vom 31.01.2021
Das Traumbuch
George, Nina

Das Traumbuch


sehr gut

"Das Traumbuch" beschäftigt sich mit der Frage, ob da noch mehr ist zwischen Leben und Tod. Wenn man im Koma liegt, was bedeutet das? Wo ist man? Lebt man?

Die Autorin begegnet dieser Thematik unglaublich tiefgründig, zeigt wissenschaftliche und philosophische Sicht auf und lädt den Leser zum Nachdenken ein. Wir begleiten Henri, der im Koma "lebt", die wichtigen Wendepunkte seines Lebens in Revue passieren lässt und die Möglichkeiten sieht, falls er sich anders entschieden hätte. Eddie, die niemals wirklich über die Trennung von Henri hinweggekommen ist und einen Weg sucht, Henri zu erreichen. Und Sam, Henris Sohn, der seinen Vater nie kennengelernt hat und nun herausfinden will, wer er ist.

Die Charaktere wurden alle so gut ausgearbeitet, man hat mit jedem gelitten und keine Sichtweise kam zu kurz. Sämtliche Emotionen, von Angst, Trauer und Wut bis zu Hoffnung, Freude und Glück, sind vertreten und wechseln sich kontinuierlich ab. Der Schreibstil ist leicht und schwer zugleich, man fliegt durch die Seiten, beschäftigt sich aber noch tagelang danach mit der Geschichte. Es war wunderschön zu lesen.

Das Ende schließlich hätte ich so niemals erwartet und hat mich fast zum Weinen gebracht. Die Grenzen verschwinden und es tun sich ganz neue Wege auf. Denn es gibt so viel mehr zwischen Leben und Tod.

Den einzigen Kritikpunkt, den ich habe, ist die zwischenzeitliche Langatmigkeit. Einige Szenen hätte man raffen können, da die Philosophie dabei solche Dimensionen angenommen hat, dass die Handlung auf der Stelle getreten ist.

Ansonsten ist "Das Traumbuch" aber unglaublich empfehlenswert, besonders, wenn man seinen Horizont erweitern und sich auch jenseits von Wissenschaft mit dem Thema "Koma" beschäftigen möchte. Ich vergebe 4/5 Sterne.

Bewertung vom 20.01.2021
Für einen Sommer unsterblich
Niven, Jennifer

Für einen Sommer unsterblich


sehr gut

Die ersten knappen hundert Seiten des Buches haben sich ziemlich dahingezogen und ich habe wirklich mit dem Gedanken gespielt, das Buch erst einmal zur Seite zu legen. Die Sätze waren super einfach gebaut, fast schon zu einfach, und ich bin mit Claude als Charakter nicht warm geworden. Ich hatte keinen richtigen Zugang zu ihren Gefühlen und ihren Werten.

Sobald Claude und ihre Mutter auf der Insel waren, kam es mir vor, als hätte entweder ein anderer Autor weitergeschrieben oder als hätte Claude direkt eine positive Wandlung hingelegt. Ab hier war ich froh, doch weitergelesen zu haben! Die Gedankengänge der Protagonistin sind nun viel klarer und strukturierter, sie gehen mehr in die Tiefe und laden zum Nachdenken ein. Es hat mir so so gut gefallen, dass Claude endlich mal ein Charakter ist, der auch sagt, was er denkt, Probleme anspricht und nicht aus jeder Mücke einen Elefanten macht. In vielen NA-Büchern (Auch wenn ich dieses hier eher bei YA einordnen würde - wichtige Themen wie Das erste Mal, Scheidung der Eltern, Die erste große Liebe und Veränderungen im Leben werden behandelt) entstehen die Probleme zwischen den Personen nur, weil nicht vernünftig über etwas geredet wird und Missverständnisse entstehen. Claude spricht das direkt an, was wirklich super war. Dadurch gab es kein großes Drama in der Handlung, sondern nur ganz viel Gefühl.

Die Atmosphäre zwischen Claude und Miah war zärtlich, neckend, romantisch, leidenschaftlich - immer wissend, dass dies nur ein Sommer ist. Umso größer war meine Freude, dass statt Drama viel Abenteuer und tiefgründige Gespräche im Vordergrund standen und die beiden das beste aus ihrer Situation gemacht, den Moment genutzt haben. Beide haben sich in diesem Sommer positiv weiterentwickelt.

Das Ende hat mir dann doch noch das Herz gebrochen, obwohl es eigentlich absehbar war und ja auch nie ein anderer Abschluss im Raum stand. Die Autorin hat es geschafft, dass man sich sowohl in die Charaktere und auch die Insel hoffnungslos verliebt hat. Es war schwer, beide gehen zu lassen. Umso schöner war es, im Nachwort zu lesen, dass "Für einen Sommer unsterblich" eng mit der eigenen Geschichte der Autorin verbunden ist, in der sie dann letztendlich "ihren" Miah geheiratet hat :)

Ich vergebe 4/5 Sterne :)

Bewertung vom 18.01.2021
Feel Again / Again Bd.3
Kasten, Mona

Feel Again / Again Bd.3


ausgezeichnet

Was für ein Wahnsinnsbuch! Ich habe glaube lange nicht mehr solche Emotionen gespürt, von Tränen und Herzschmerz, über Witz und Humor zu Liebe und Magie war alles dabei!

Zuerst war ich etwas skeptisch, da ich Sawyer in den ersten beiden Bänden nicht allzu sehr mochte, aber Feel Again hat mir mal wieder gezeigt, dass man nicht vorschnell urteilen darf und in jedem Menschen eine Geschichte für sein Verhalten steckt. Sawyer hatte eine extrem schwierige Vergangenheit und gelernt, ihre Gefühle zu verbergen - bis sie dann gar nichts mehr gefühlt hat. Doch dann trifft sie durch ihr Abschlussprojekt auf Isaac. Isaac, der alle Mauern um ihr Herz zum Einstürzen bringt.

Isaac war wirklich ein absoluter Traumtyp. Intelligent, schüchtern, aufmerksam, vielschichtig. Er legt, genau wie Sawyer, im Laufe eine unglaubliche Charakterentwicklung hin. Die Autorin hat sehr gut dargestellt, dass Veränderung nicht durch ein anderes Aussehen hervorgerufen wird, sondern von innen kommen muss. Die Person muss es wollen. Und Issac und Sawyer sind ganz wunderbar miteinander gewachsen. Es war so schön, den beiden dabei zuzusehen, wie sie über ihren Schatten gesprungen sind und alles riskiert haben :)

Es gab einen einzigen Moment in der Story, in der ich das Buch gerne gegen die Wand geklatscht hätte, aber ich wurde schnell mit einer süßen Versöhnungsszene getröstet. Aber der Herzschmerz, der tat weh. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass das Buch mit emotional extrem mitgenommen - positiv und negativ ^^

Feel Again erhält von mir volle 5 Sterne und ist bisher mein Lieblingsteil der Again-Reihe. Es ist immer wieder eine Wohltat, nach Woodshill zurückzukehren :)

Bewertung vom 05.01.2021
Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück
Bernstein, Lilly

Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück


ausgezeichnet

Anna, ihre Tante Marie und ihr Onkel Matthias bedienen eine Bäckerei, die den dreien sehr am Herzen liegt. Doch mit dem Krieg kommt auch das Unglück. Matthias wird in den Krieg einberufen und die Bäckerei bei einem Luftangriff zerstört. Während des eiskalten Winters bangen Marie und Anna um ihr Leben, stets getrieben von dem Wunsch, die Bäckerei wieder aufzubauen und ihren geliebten Matthias wieder in die Arme zu schließen.

"Trümmermädchen" hat mich sämtliche Gefühle spüren lassen. Die Autorin weiß, den Hunger, die Angst und die Kälte so zu vermitteln, dass mir selber so war, als stünde ich mitten im Winter in Köln, ohne ein Zuhause, ständig auf der Suche nach Nahrung, nicht wissend, ob meine Liebsten diese Nachkriegsjahre überstehen.

Das Buch behandelt die Jahre 1941 bis 1948 und ist abwechselnd aus der Sicht von Anna (zu Beginn 11 Jahre) und ihrer Tante Marie geschrieben. Dadurch werden wunderbar die Kinder-/Jugend- und die Erwachsenenperspektive vermittelt und man erhält ein umfassendes Bild der Nachkriegszeit. Annas kindliche Sichtweise zu Beginn weicht schnell einem nüchternen, abgeklärten Ton, während sie zu schnell Erwachsen werden muss. Schwäche bedeutet Tod. Der Leser wird mit an die Front des Kampfes um Lebensmittel genommen, zittert vor Wut der Hoffnungslosigkeit, schaut in die ungewisse Zukunft und muss sich der Schikane der Mächtigen beugen. Doch es ist nicht alles sinnlos. Freundschaften, Hoffnungen und Trotz, das Leben so hinzunehmen, werden von den starken Protagonisten so reich an den Leser weitergegeben, dass es unmöglich ist, den Mut zu verlieren. Und Stein um Stein baut man mit ihnen die Bäckerei wieder auf.

Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes. Es hat mich dermaßen gefesselt, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe. Emotionen, Schauplätze und Charaktere werden so bildlich vermittelt, dass man gar nicht umhin kommt, während des Lesens einen steten Kinofilm vor dem inneren Auge laufen zu haben. Vor allem das Ende hat mich noch einmal mitten ins Herz getroffen. "Trümmermädchen" ist eine klare Leseempfehlung und erhält von mir 5/5 Sterne.

Bewertung vom 05.01.2021
Verlangen
Hofstede, Bregje

Verlangen


gut

Es fällt mir sehr schwer, die Beurteilung dieses Buches in Worte zu fassen. Zuerst einmal sollte gesagt werden, dass die Autorin in dieser scheinbar autobiografischen Erzählung ihre Beziehung zu ihrem Ehemann Luc reflektiert. Sie liest ihre Tagebücher aus all den Jahren der Ehe und stellt fest, dass sie sich zu eingenommen von ihrem Partner fühlt; teilweise fühlt sie sich nicht einmal als sie selbst. Die Erzählung erstreckt sich von ihrer Flucht aus dem gemeinsamen Heim an über die folgenden 40 Tage, in denen der Leser zum Großteil Einblick in die Gedanken der Protagonistin erhält.

Zu der Erzählerin habe ich leider bis zum Schluss keine Verbindung aufbauen können. Sie war mir teils zu passiv, wo sie hätte kämpfen müssen, zu unnahbar, wo doch Gefühle wichtig gewesen wären. Ich hätte gedacht, dass mir das Buch etwas mit auf den Weg gibt, eine Botschaft, wie man es in einer Beziehung gar nicht so weit kommen lässt. Oder dass die Protagonistin, die doch auf jeder Seite reflektiert, am Ende zu einem Ergebnis kommt, einer Art Selbstoffenbarung oder Wiederentdeckung des eigenen Ichs. Dem war jedoch nicht so, weshalb ich mich als Leser schwer tue, einen Sinn hinter der gesamten Geschichte zu finden.

Was mir immerhin positiv aufgefallen ist, waren das Cover und der Schreibstil. Die Beschreibungen aus der Ich-Perspektive haben mir wirklich gut gefallen, sie sind unglaublich ehrlich und eindrücklich erzählt. Teilweise sind mir diese Passagen jedoch zu langatmig, poetisch oder abstrakt geworden, so dass ich den Bezug zu der Geschichte verloren habe. Im Großen und Ganzen hat das Buch jedoch eine gewisse Sogwirkung an sich, die es einem schwer macht, es aus der Hand zu legen. Das ist nicht auf einen besonders gut aufgebauten Spannungsbogen zurückzuführen, sondern eher auf die unverfälschte, gnadenlos ehrliche Art, mit der das Geschehen geschildert wird.

Inhaltlich und charakterlich gibt es von mir Abzüge, der Schreibstil und das Cover haben mir jedoch sehr gut gefallen. Ich vergebe 2,5 Sterne.