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kopfimbuch

Bewertungen

Insgesamt 12 Bewertungen
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Bewertung vom 15.04.2021
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


sehr gut

Immer unter Verdacht: Ehrlich, nah, direkt.

Mein erster Eindruck: Ein Roman von Shida Bazyar, der Autorin von „Nachts ist es leise in Teheran“ — Das lässt Großes erwarten. Die Flammen auf dem Cover glänzen in der Sonne und untermalen die Geschichte, die sich im Inneren des Buches befindet. Sie erzählt von der tiefen Freundschaft von drei jungen Frauen, ihren alltäglichen Begegnungen mit Rassismus, Klassismus und Sexismus und endet in einer zugespitzten Wendung. Kasih, Saya und Hani wuchsen als Kinder von Migranten in der selben Gegend auf und wurden von der Kindheit, über die Jugend bis zum Erwachsenenalter mit den gleichen Problemen konfrontiert. Gleich am Anfang erfährt man durch einen Zeitungsbericht von einem Großbrand, den Saya vermeintlich gelegt hat und wodurch sie in den Medien in die Schublade „islamistisch radikalisiert“ gesteckt wird. Die Ich-Erzählerin (Kasih) wartet in der Gegenwart auf Saya’s Entlassung aus dem Gefängnis, während sie aus ihrer gemeinsamen Jugend und Kindheit erzählt.

„Wir nehmen das, was uns als Realität verkauft wird, und übermalen damit unsere eigenen Biografien.“

Das Buch gibt mir von der ersten Sekunde an das Gefühl, dass ich mit Bekannten auf den Treppenstufen meines Viertels sitze, mit einem Getränk in der Hand und über die Themen spreche, die uns bewegen. Der/die Leser*in wird direkt angesprochen — klar und ehrlich — und es wird eine angespannte Verbindung zwischen Erzählerin und Leser*in aufgebaut. Die Autorin folgt ihrer eigenen Linie; springt (sehr treffend) zwischen verschiedenen Ereignissen der Vergangenheit hin und her. Es wird nicht drum rum geredet und nichts verschönt. Es fühlt sich wie ein Gespräch mit einer Bekannten an; locker, frei heraus, aber doch distanziert. Gleichzeitig fühlt es sich als Leser*in manchmal beklemmend an und man hat das Gefühl, es gibt für kein „richtig“ in dem Umgang mit den angesprochenen Situationen.

Vielleicht ist auch gerade das, was die Autorin uns spüren lassen will: Immer unter Verdacht zu stehen, immer über einen Kamm geschert zu werden. Vielen wird das wohl nicht gefallen, aber manchmal muss es eben auch unbequem sein.

Bewertung vom 05.04.2021
Der Schneeleopard
Tesson, Sylvain

Der Schneeleopard


ausgezeichnet

- Schönheit der Natur durch die Linse eines Fotografen und Tinte eines Schriftstellers -

Mein erster Eindruck von dem Buch war durchweg positiv. Die Covergestaltung ist wirklich schön und spiegelt die ruhige, kühle und einsame Atmosphäre wider, die in der tibetischen Hochebene allgegenwärtig ist. Die Verarbeitung des Buches wirkt sehr hochwertig und auch das Lesezeichenband finde ich toll!

Schlägt man das Buch auf, fallen direkt die wunderschönen, handgezeichneten Karten ins Auge mit „Namen einer poetischen, individuellen Geographie“ über die man die Reise des Fotografen Vincent Munier und des Schriftstellers Sylvain Tesson auf der Suche nach dem Schneeleoparden begleiten kann.

Das Thema des Buches trifft genau meinen Geschmack und ich habe mir sehr viele Zitate heraus geschrieben. Das Buch ist eine sehr philosophische und poetische Beschreibung der Schönheit der Natur, des Blicks auf die kleinen Details und der Schärfung der eigenen Sinne gespickt mit sehr interessanten, wissenschaftlichen Hintergründen und dem richtigen Funken Humor. In der trubeligen und schnellen Welt vergisst man manchmal einen Moment inne zu halten, einen Moment ruhig zu sein, sein Handy wegzulegen, die Kopfhörer aus den Ohren zu nehmen um die Natur um sich herum wahrzunehmen: das Zwitschern der Vögel, das Rascheln im Gebüsch, das Klopfen des Spechts oder das Spielen der Feldhasen. Um uns herum gibt es so viel zu beobachten. „Stillstand kam mir vor wie eine Generalprobe für den Tod.“

Nach dem Lesen dieses Buches hat man Lust in der Natur zu sein, im Gras zu liegen und nachts im Wald auf Tiere zu warten. Seit Jahren schon möchte ich unbedingt einen Waldkauz sehen. Das Projekt habe ich dank des Buches wieder aufgenommen! Man fragt sich, wieso man das nicht schon viel früher gemacht hat? Es gibt so viel zu sehen!

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