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Benutzername: 
eulenmatz
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 184 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2024
Die Frauen jenseits des Flusses
Hannah, Kristin

Die Frauen jenseits des Flusses


ausgezeichnet

MEINUNG:

Kristin Hannah ist sicher viele LeserInnen ein Begriff und auch ich habe sie seit Der Nachtigall, ein Buch, welches mich wirklich nachhaltig beeindruckt und berührt hat, für mich entdeckt habe. Auch viele von ihren darauffolgenden Bücher habe ich gelesen. Ich mag es, dass sie immer wichtige Themen aufgreift, die Frauen und ihre Geschichten in den Vordergrund rückt.

Auch in Die Frauen jenseits des Flusses, was ich ehrlich gesagt einen relativ nichtssagenden Titel finde, geht es um Frauengeschichte und zwar um die vergessenen Geschichten von den amerikanischen Frauen, die in Vietnam als z.B. Krankenschwestern gedient haben. Diese Geschichte erzählt anhand der fiktiven Figur Frances McGrath, genannt Frankie, die ihrem geliebten Bruder nach Vietnam folgt, um bei ihm sein zu können. Von ihren Eltern wird dies nur mit Schrecken und Unverständnis aufgenommen. Sie hat keine Ahnung, auf was sie sich da einlässt und wie sehr es für immer ihr Leben verändern wird.

Frankie findet ihr Vietnam wächst an ihrer Aufgabe und findet in Vietnam ihre Bestimmung. Sie ist stolz darauf, was dort leistet. Die größte Herausforderung erwartet sie als sie nach 3 Jahren zurück kehrt. Gut eine Hälfte des Buches spielt in Vietnam. Es wird eindrücklich geschildert, wie dort der Alltag stattfindet. Die Autorin liefert sehr viele Details, vor allem militärische Details , so dass man spürt, wie viel Recherche hier hinter steckt. Im Nachwort sagt sie, dass sie fast zwei Jahrzehnt daran gearbeitet hat, was man auch wirklich merkt. Ich habe so viel gelernt über den Vietnamkrieg, über den ich bis dato nicht so viel wusste und bisher auch noch nichts aus amerikanischer Sicht gelesen hatte, denn generell bin an der Geschichte von Vietnam sehr interessiert. Ich empfand den ersten Teil als etwas lang, denn an sich passiert nicht so wirklich viel, wenn man das Kriegsgeschehen einmal ausnimmt und ein paar Liebschaften von Frankie. Es wird allerdings schon dort deutlich, dass sie als eine andere Person zurück kehren wird.

Der zweite Teil ist einiges eindringlicher, denn als Frankie zurück kehrt, erwartet sie kein Dank und keine Ehrung. Im Gegenteil wird auch noch beschimpft und bespuckt, weil die amerikanische gegen den Vietnamkrieg ist und ständig protestiert. Von außen betrachtet ist das nachvollziehbar, aber zum ersten Mal habe auch ich verstanden, was es für die Veteranen und Veteranninen bedeutet haben muss, die hier ihrem Land gedient haben. Ich habe sonst nicht so viel übrig für die obsessive Verehrung der Amerikaner für ihre Militärs, aber hier konnte ich es absolut nachfühlen. Es löst in Frankie Verwirrung und Wut aus, denn auch ihre Eltern wollen ihr dafür auch keinen Respekt zollen, geschweige denn darüber reden. Es kommt immer wieder die Aufforderung nach vorne zu sehen, doch Frankie kann das nicht. In den frühen Jahren nach Ende des Vietnamkriegs, gab es die Diagnose "Posttraumatische Belastungsstörung" noch nicht, aber mit dem Wissen von heute, war natürlich offensichtlich, dass Frankie davon betroffen war. Noch schlimmer ist es eigentlich, dass viele regelrecht verleugnet haben, dass es Frauen in Vietnam gegeben hat. Der zweite Teil hat mich sehr aufgewühlt, denn Frankie scheitert immer wieder daran wieder ins Leben zurück zu kehren. Mir gefiel sehr, dass hier keine rosa rote Welt dargestellt wurde, z.B. dass Frankie durch Liebe zu einem Mann "geheilt" wird, auch wenn es einige gibt, die ihr viel bedeuten. Die Autorin skizziert an Frankie sehr eindrücklich, was der Krieg aus Menschen wir Frankie, die dort gedient haben, gemacht hat und wozu es führen kann, wenn dies nicht aufgearbeitet wird und durch professionelle Hilfe unterstützt wird. Das alles war damals aber noch in der Entwicklung und Erforschung.

FAZIT:

Die Frauen jenseits des Flusses widmet Kristin Hannah den amerikanischen Frauen, die auch im Vietnamkrieg gedient haben und die gerne vergessen und z.T. verleugnet worden sind am Beispiel der fiktiven Protagonistin Frankie. Mit Frankie habe ich so viel gelernt über diesen Krieg, der kein einfaches Thema in der amerikanischen Geschichte ist und es hat mich mitgerissen und aufgewühlt. Trotz ein paar Längen im ersten Teil, konnte ich Frankie nicht loslassen. Eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 22.09.2024
Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1


sehr gut

MEINUNG:

Ich lese nicht so oft historische Romane, aber die von Miriam Georg haben es mir angetan. Ihr gelingt eine wirklich gut, spannende Story mit vielen historischen Fakten zu unterfüttern. Als Wahl-Hamburgerin finde ich spannend mehr über die Stadt zu erfahren. Aus diesem Grund war ich schon sehr gespannt auf Im Nordwind.

Alles beginnt damit, dass Alice von ihrem Mann wieder einmal körperlich misshandelt wird. Sie möchte aus dieser Ehe raus. Zu dieser Zeit scheint es schon möglich zu sein. Dabei trifft sie auf John, der eine Art soziale Rechtsberatung anbietet. Obwohl eine Scheidung schon möglich ist, offenbart ihr John, dass in der Regel dem Mann das Sorgerecht zugesprochen wird und das ist das größte Problem, denn Rosa bedeutet Alice alles. Wie immer erzählt Miriam Georg multiperspektivisch und so lernen wir auch Johns Familie, dem die Holstenbrauerei gehört und Alices Bruder kennen, der als Stallmeister in der Brauerei arbeitet. Alices und Johns Leben könnte nicht unterschiedlicher sein, dennoch ist da eine magische Anziehung - eine Anziehung, die auch nicht sein darf, da beide aus unterschiedliche sozialen Schichten stammen und die alles nur noch komplizierter macht.

Das Leben von Alice ist keines, mit dem ich tauschen wollen würde. Ich habe bei der Lektüre des Buches wirklich oft daran gedacht, wie dankbar ich dafür sein kann, dass ich erstens nicht in der Zeit geboren worden bin und dass ich auch heute eine gutes Leben haben mit genügend Essen, guter Gesundheit, Bildung und einen Job, mit dem ich von keinem Mann abhängig sein muss. Es gibt auch immer wieder Rückblicke in Alice Vergangenheit, die bereits andeutet, dass Alice furchtbare Sachen erlebt hat, die sie für immer geprägt haben. Es gibt da auch Dinge, die mich unfassbar sauer gemacht haben, nämlich das Frauen immer noch die Schuld gegeben wird, wenn diese ungewollt und unverheiratet schwanger werden. Der Titel leitet sich tatsächlich vorm sogenannten Nordwind ab, von dem ich bisher noch nichts gehört habe. Es gibt außerdem spannende Einblick in die Geschichte des Hamburgers Doms und in die Geschichte der Holstenbrauerei.

FAZIT:

Alices Schicksal und ihr Leben als Frau zu dieser Zeit in der sozialen Schicht macht Im Nordwind düster, oft kaum ertragbar, denn ich hatte oft schön böse Vorahnungen, aber auch authentisch. Miriam Georg schafft einen starken Kontrast zu anderen Frauenpersonen in dem Roman, die ein deutlich besseres Leben führen, aber dennoch nicht mehr Rechte haben. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil und wie da weiter gehen wird. Das Ende hat mir eigentlich das Herz gebrochen.

Bewertung vom 22.09.2024
Die vorletzte Frau
Oskamp, Katja

Die vorletzte Frau


gut

MEINUNG:

Katja Oskamp habe ich entdeckt, nach dem ich ihre Kurzgeschichte Marzahn, Mon Amour gelesen und sehr gemocht habe. Ich bin zwar deutlich jünger, aber in Berlin-Lichtenberg aufgewachsen und habe mich hier sehr verbunden gefühlt. Seit dem behalte ich die Autorin im Blick und wollte auch ihren neuen Roman "Die vorletzte Frau" lesen.

Die vorletzte Frau ist eigentlich gar kein richtiger Roman, denn Katja Oskamp erzählt hier aus ihrer eigenen Biographie und ihrer Beziehung zu dem Schweizer Schriftsteller Thomas Hürlimann, genannt Tosch. Das es sich um diesen realen Schriftsteller handelt, wird nicht erwähnt, aber man kann es durch Googeln herausfinden. Sie begenet dem deutlich älteren Mann im Studium. Zu der Zeit ist sie eigentlich mit einem anderen, auch deutlich älteren Mann zusammen und hat mit ihm eine Tochter. Doch sie ist mutig und verlässt ihn, um Tosch zusammen zu sein. Allerdings ist die Beziehung eher eine "Wilde Ehe", denn jeder lebt getrennt und Tosch macht auch ein bisschen was er möchte. Er bestimmt, wann es zu Nähe kommt und wann er lieber auf Distanz bleibt. Sie akzeptiert das.  Für mein Gefühl war es keine wirklich Beziehung auf Augenhöhe, denn man erfährt auch, dass er sie finanziell unterstützt und dass er auch ein großer Treiber und Unterstützter ist für ihre eigenen Texte. Nichts wird veröffentlich, ohne dass er es gelesen hat. Der Titel deutet schon an, dass sie heute nicht mehr zusammen sind und dass sie deswegen die "vorletzte Frau" ist.

Sie schreibt sehr schonungslos, vor allem als Tosch krank wird und sie zu seiner persönlichen Pflegerin. Ich konnte nicht soviel Sympathie für ihn aufbringen, da als sie auch mal krank war, er sich geweigert hat, sich zu kümmern, es aber von ihr verlangt. Sie lässt dafür alles stehen und liegen und pendelt dafür ständig in die Schweiz, wohin er dann wieder zurück gekehrt ist. In meinen Augen war er da ziemlich egoistisch, sie dafür auszunutzen, anstatt sich in professionelle Hände geben zu lassen. Die Erkrankung macht zum ersten Mal deutlich, was auch der Altersunterschied bedeutet und wie es die Beziehung der beiden für immer verändert. Ich könnte mir vorstellen, dass sie noch heute zusammen wären, wenn er nicht so krank geworden wäre. Teil der Geschichte ist aber auch die Beziehung zu Tochter Paula, welche sehr innig ist sowie zu einem Kater namens Übü, dessen Tod mich zu Tränen gerührt hat, mehr als die Erkrankung von Tosch. ;) Mir hat gefallen, dass es auch einen Bogen gibt zu ihrer Tätigkeit als Fusspflegerin, deren Geschichten in Marzahn, Mon Amour verarbeitet sind. So hat sich der gedankliche Kreis geschlossen.

FAZIT:

In Die vorletzte Frau gibt Katja Oskamp bzw. die Ich-Erzählerin, von der ich vermute, dass sie es selbst ist einen ehrlichen und schonungslosen Einblick in ihre Beziehung zu Tosch, einem berühmten Schweizer Schriftsteller. Für meinen Geschmack war die Beziehung nicht wirklich auf Augenhöhe und sie hat sich seinen Launen 19 Jahre lang hingegeben. Trotzdem ist in dem Text auch viel Liebe und schöne Szenen einer langer Beziehung. Eine gute Erzählung, wenn sich mehr für Katja Oskamp interessiert. 

Bewertung vom 07.08.2024
Cascadia
Phillips, Julia

Cascadia


sehr gut

MEINUNG:

Cascadia war mir bereits früh in der Vorschau aufgefallen. Ich war von der Idee mit dem Bären irgendwie angezogen, weil ich wissen wollte, wie sich Bär auf die Beziehung der Schwestern auswirken wird. Natürlich war ich hat mich auch der Spielort - Nordwesten der USA - magisch angezogen.

Der Roman gibt einen sehr guten Einblick in das Leben in den USA, vor allem in die finanzielle Situation der Schwestern, die die Arztrrechnungen ihrer schwerkranken Mutter bezahlen müssen. Sam arbeitet auf einer Fähre und ihre Schwester Elena hat einen festen Job bei einem Golf Club. Die Krankheit der Mutter fesselt beide an ihre Heimat auf der Insel San Juan, die zwischen Vancouver Islands in Kanada und Seattle in den USA liegen. San Juan ist Teil einer Inselgruppe und mir hat die Atmosphäre gut gefallen, da ich vor einiger Zeit selbst in Seattle und Vancouver war. Es ist ein Ferienort für viele reiche Touristen und Urlauber. Im Kontrast dazu steht das Leben von Sam und Elena, welches sich um das nackte Überleben dreht. Der Ton des Buches ist relativ ruhig, schraubt sich aber langsam hoch. Am Ende gibt es eine Situation, die alles kippt. 

Zunächst wirkte das Verhältnis zwischen Sam und Elena sehr eng, wobei Elena immer diejenige ist, nach der sich alles richtet und die sich auch um das meiste kümmert. Elena ist 30 und Sam 28 Jahre alt. Mir kam besonders Sam oft deutlich jünger vor, da sie in meinen Augen noch nicht so gefestigt war, wie Elena. Sam lernt man besser kennen, da die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt wird. Beiden ist klar, dass ihre Mutter nicht mehr lange leben wird. Nach deren Tod planen beide das Haus zu verkaufen und woanders ein neues Leben zu beginnen. Die Schwesternbeziehung fängt an zu bröckeln als plötzlich ein Bär von ihrem Haus erscheint. Sie gehen beide damit recht unterschiedlich um. Sam reagiert darauf, wie vermutlich die meisten von uns, sie begegnet dem Bären mit Angst. Es kommt auch zu einem Kontakt zu einer Biologin, die sie ausdrücklich warnt sich dem Bär zu nähern oder diesen zu füttern. Elena dagegen ist absolut fasziniert von dem Bären.

Der unterschiedlich Umgang mit der Situation führt dazu, dass es zwischen den beiden erstmals zu Meinungsverschiedenheiten führt und beide bemerken, dass sie Geheimnisse voreinander haben. Das gilt besonders für Sam, die langsam begreifen muss, dass die Beziehung zu ihrer Schwester nicht mehr so ist, wie als als beide noch Teenager waren. Mir erschien sie wirklich irgendwo in ihrer Jugend stecken geblieben, was auf Grund der familiären Umstände nachvollziehbar ist. Ihre Mutter hatte auch einen Partner, der gewalttätig war, was beide sehr geprägt hat. In dem Alter würden beide Schwestern vermutlich normalerweise bereits jede ihr eigenes Leben führen. Meiner Meinung nach fehlt es hier an Kommunikation und Elena schützt bzw. belügt ihre Schwester aus falscher Rücksicht. Umso bitterer ist das Ende der Geschichte.

FAZIT:

Cascadia ist ein ruhiger Roman über zwei Schwestern und einen Bären, der den Vergleich von Schneeweißen und Rosenrot durchaus zulässt. Der Bär führt sprichwörtlich dazu, dass die Beziehung der beiden Schwestern auf eine harte Probe gestellt wird. Das bittere Ende klingt noch lange nach. 

Bewertung vom 26.07.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


sehr gut

MEINUNG:

Der Roman Die Sache mit Rachel hat mich schon früh angesprochen. Irgendwie hatte ich anhand des Covers angenommen, dass es sich um eine eher lesbische Liebesgeschichte handeln könnte, da als queer gekennzeichnet war und vielleicht auch wegen dem pink und der Frau (?) auf dem Cover, aber da habe ich mich ein bisschen geirrt.

Im Mittelpunkt des Romans steht in meinen Augen die Freundschaft zwischen Rachel und James. Rachel erzählt die Geschichte in der Ich-Erzähler Perspektive retrospektiv, sprich sie ist erwachsen und erwartet ein Kind und erzählt die Geschichte von sich James aus Vergangenheitssicht. Natürlich habe ich mich gefragt, wie sich die Geschichte der beiden in die Gegenwart entwickelt hat. Rachel und James lernen sich im Buchladen kennen, in dem beide arbeiten. So richtig konnte ich die Faszination zwischen ihnen nicht nachvollziehen, aber sie waren schnell unzertrennlich und haben auch zusammen gewohnt. James bleibt für mich insgesamt etwas blass und nicht so wirklich greifbar als Charakter. Aus dem Grund habe ich die Freundschaft jedenfalls nicht so gefühlt, aber als gegeben hingenommen. Schwierig wird es als Rachels Professor Fred Byrne in das Leben der beiden tritt und die Beziehung zu ihm sich nicht so entwickelt, wie Rachel es sich gedacht hat. Ich fand die Geschichte ab der Mitte etwas lahm und habe dann auf das Hörbuch gewechselt. Ich muss sagen, dass es sich gelohnt hat dran zu bleiben, denn es gibt noch einen großen Twist, der das Leben von vielen Personen, allen voran James, Fred Byrne und Rachel für immer verändert. Das hat mir gut gefallen und erklärt dann auch die Gegenwart. Außerdem hat mir gut gefallen, dass man einen Einblick in das gesellschaftliche Leben von Irland zu der Zeit bekommt. Diese Zeit ist geprägt von eine Rezession, die auch James und Rachel zu spüren bekommen. Außerdem ist das fehlende Recht auf Abtreibung, welches in Irland tatsächlich erst 2018 gebilligt worden ist, und die Folgen davon ein Thema in dem Buch.

FAZIT:

Die Sache mit Rachel ist ein sehr irisches Buch, ein Buch über erste Liebe, eine große Freundschaft und den gesellschaftlichen Problemen Irlands Anfang der 2010er. Jahre. Nach einem kleinen Durchhänger, hat es sich gelohnt hier doch dran zu bleiben, denn alles in allem hat mir die Geschichte gut gefallen. 

Bewertung vom 05.04.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


sehr gut

MEINUNG:
Demon Copperhead der eigentlich Damon Fields heißt hat keine einfachen Startbedingungen ins Leben. Seine abhängige Teenager-Mutter bringt ihn im Trailer zur Welt. Für Demon bedeutet dies gleich ein Entzug. Sein Vater ist vor der Geburt verstorben. Als seine Mutter in eine Entzugsklinik muss, wird Demon in die erste Pflegefamilie geschickt - zu einem älteren Farmer, der eigentlich nur billige Arbeitskräfte sucht. Dort erfährt Demon körperliche Gewalt und sonstige Entbehrungen. Gefühlt bekommt er nie genug zu Essen. An vielen solcher Stellen, habe ich mein eigenes Leben wirklich zu schätzen gewusst. Es ist ein Privileg, dass man jeden Tag genug zu essen, einen Platz zum Schlafen und Bildung genießen kann. Privilegien, die Demon einfach nicht dauerhaft hat, dennoch verliert er auf der ganzen Strecke seinen (Galgen-)Humor und auch seinen Überlebenswille nicht. Es ist bewundernswert, wie die Autorin, die sich nicht mal annähernd in Demons Alter befindet den Roman aus seiner Sicht schreibt.
Das Buch lässt sich flüssig lesen und wir verfolgen Demons Leben zwischen 10 und ca. 18 Jahren. Ich habe ein bisschen gebraucht, um rein zu kommen. Die Erzählweise ist angenehm, aber auch sehr detailreich. Die ersten zwei Drittel des Buches empfand ich als relativ ausschweifend. Allerdings entwickeln sich in der Zeit auch die ganzen Beziehungen, die Demon auch in den Jahren später noch hat ud da sind viele Personen, die es gut mit ihm meinen. Ich hatte erwartet, dass das Buch mir und Demon noch viel mehr abverlangen, aber Demons Art hat es einem leichter gemacht hoffnungsvoll für ihn zu bleiben und er findet auch in der letzten Pflegefamilie endlich ein gutes Zuhause. Dazu kommt, dass er sich sogar eine Footballkarriere aufbauen kann. Wenn sich ein bisschen mit amerikanischer Kultur auskennt, dann weiß man, wie wichtig so eine Karriere sein kann. Sie kann vielen Jungs dazu verhelfen der Armut zu entfliehen. Allerdings gibt es auch immer eine Schattenseite und ein unglücklicher Unfall kann diese Karriere schnell beenden.
Das letzte Drittel beschäftigt sich mit der Opioid Krise in der USA, wozu auch das gefährliche Fentanyl und Oxycontin zählen. Vor allem letzteres wurde in den USA als Schmerzmittel, z.B. nach Unfällen verschrieben. Allerdings wurde verheimlicht, dass es abhängig macht. Im Jahr 2020 sollen 90.000 Personen in den USA an einer Überdosis gestorben. Diesen realen Fakt verarbeitet Barbara Kingsolver auch in ihrem Buch. Die vielen Drogentoten führen u.a. dazu, dass viele Kinder, wie auch Demon, ohne Eltern aufwachsen mussten und auch selbst in die Fänge geraten sind. Für mich war das der spannendste und dramatischste Part, denn natürlich wollte ich mein Happy End für Demon. Ob er das bekommt müsst ihr selbst lesen. :)
FAZIT:
Demon Copperhead ist wohl der amerikanische Roman des Jahres. Wenn man sich ein bisschen mit amerikanische Kultur und aktuellerer Geschichte auskennt, dann kann dies hier sehr gut nachvollziehen. Für mich ist der Pulitzer Preis verdient, aber für meinen Geschmack hätten es in den ersten zwei Dritteln auch gerne 200 Seiten weniger sein dürfen. Demons Geschichte wird mir aber definitiv in Erinnerung bleiben.

Bewertung vom 02.04.2024
Leuchtfeuer
Shapiro, Dani

Leuchtfeuer


sehr gut

MEINUNG:
Mich hat bei Leuchtfeuer gleich das Cover angesprochen, ohne dass ich überhaupt den Inhalt kannte. Ich liebe Bücher in einfach Geheimnisse, diese zu entdecken und zu lesen wie ein Ereignis über das Schicksal und die Leben von vielen Personen entscheidet.
Ein bisschen habe ich bei dem Klappentext erwartet, dass man besagtes Geheimnis eigentlich erst später erfährt, weil es einfach oft so üblich ist. Dem ist aber nicht so und man erfährt besagtes Geheimnis schon auf den ersten Seiten und der Klappentext verrät es auch schon zum Teil, denn es hängt mit dem Unfall zusammen. Zunächst hat mich das etwas enttäuscht und es hat mich auch nach Beenden des Buches etwas enttäuscht, da ich einfach auf die Spannung gewartet habe. Nach ein paar Gesprächen mit anderen Personen hat sich mein Eindruck aber etwas korrigiert, weil der Fokus in diesem Buch nicht das Geheimnis und deren Entschlüsselung ist, sondern was es mit den Protagonisten gemacht hat. Es handelt sich also um ein offenes Geheimnis, welches vor allem das Leben von Sarah und Theo und auch deren Erwachsen werden nachträglich und gravierend verändert hat. Beide haben enorme Probleme in ihrem Leben, die sie irgendwie versuchen in den Griff zu bekommen. Am besten damit umgehen konnten in meinen Augen noch Ben und Mimi, ihre Eltern. Ben habe ich als starken und gleichzeitig liebenswerten Charakter empfunden, der wie ein Kapitän ist und das Familienschiff versucht durch die Unwägbarkeiten des Lebens zu lenken.
Wirklich berührend ist die Geschichte von Waldo. Waldo wohnt mit seinen Eltern gegenüber von Sarahs und Theos Eltern, Ben und Mimi. Waldos Schicksal ist eng mit Ben verbunden. Ich mochte es, dass die Autorin die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven aller Charaktere geschrieben hat, auch aus der von Waldos Eltern. Waldos Verhältnis zu seinem Vater, Shenkman, ist ziemlich schwierig, weil Waldo anders ist und sein Vater damit einfach nicht klar kommt. Mich hat es geschmerzt, dass Waldo das natürlich gespürt hat und auch aus der Sicht von Shenkman erfährt man, dass er sich dessen sehr bewusst ist, aber da auch nicht heraus kommt. Ich finde die Autorin hat sehr eindrücklich geschildert, wie sich deren Beziehung dann entwickelt, als Waldo älter wird - nämlich eine nur sehr geringe emotionale Bindung zwischen den beiden. Die Autorin springt manchmal durch die Zeiten und greift ein bisschen was vorweg, was mich in Waldos Fall sehr froh gestimmt hat. Umso schöner ist die Beziehung, die sich zu Ben entwickelt, denn hier findet Waldo endlich jemanden, der ihn so sieht wie er ist. 
Durch die vielen Bilder von Sternen, löst sich einen gewissen Zauber aus, der zum Titel Leuchtfeuer passt. Für mich schaffen vor allem amerikanische AutorInnen eine solche Atmosphäre darzustellen, was man mögen muss. Motive wie Schicksal, die Kraft von Liebe und Familie, die auch zur Heilung führen kann sind dabei wichtige Themen, die auch hier verwendet werden.

FAZIT:
Leuchtfeuer ist eine Geschichte von Verlusten, aber auch von Heilung und Hoffnung, dass sich trotz einige Schicksalsschläge alles zum Guten wenden kann. Es braucht nur Personen, die an einen glauben. Meine Erwartungen an das Buch waren ein bisschen anders, aber auch auf mich konnte der Zauber der Geschichte am Ende noch wirken.

Bewertung vom 28.03.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


ausgezeichnet

MEINUNG:
Krummes Holz ist mir schon vor ein paar Monaten in den Vorschauen aufgefallen und nachdem ich so begeistert von Alina Herbings Tiere, vor denen man Angst haben muss gelesen hatte, erschien mir dieses Buch als ideale und vergleichbare Literatur.
Krummes Holz ist eine Gegend in der Mitte Deutschlands, im ländlichen Südwestfalen. Dort der heruntergewirtschaftete Gutshof von Jirkas Familie. Nun kehrt er nach 5 Jahren dahin zurück. Wir befinden uns im Sommer 1987 und das spürt man auch. Die Autorin gibt immer wieder Hinweis auf die Zeit. Jirka hat eine ältere Schwester, Malene. Jirkas Rückkehr löst bei Malene keine Freundenstürme aus, sondern eher das Gegenteil. Zwischen den beiden Geschwistern gibt es so viel aufgestaute Emotionen und auch Wut, was ich nachvollziehen konnte. Ich habe so oft gedacht, dass sie doch einfach nur miteinander zu reden bräuchten, aber das ist einfach nicht so einfach. Schweigen bis es eh weh tun steht auch so im Text. 
Nach und Nach erfährt man zwischen dem herausragenden poetischen Schreibstil, was so in der Kindheit der beiden passiert ist und das ist nicht ohne. Jirka und seine Schwester müssen durch den Vater körperlich Misshandlungen und Züchtigungen ertragen. Ihre Mutter verstirbt früh und sie bleiben mit dem Vater und der Großmutter zurück. Auch von dieser gibt keinerlei Nähe und Geborgenheit. Ich habe oft gedacht, dass es für Jirka wohl das Beste war, auf dem Internat zu sein. Malene, auch wenn vier Jahre älter, musste zurück bleiben und musste vieles weiterhin ertragen. Malene Wut würde ich daher als im Stichlassen deuten. Mir Jirkas Rückkehr gibt es einen Punkt, nämlich die Abwesenheit des Vaters, die zunächst nicht erklärt wird. Die Autorin verwebt sehr geschickt Gegenwart und Vergangenheit. Beim Lesen erfordert es etwas größere Konzentration, aber ich mochte es, wie es alles miteinander verschwimmt und wie Jirka auch so langsam das Erinnern wieder einsetzt. Lobend ist auch die Atmosphäre auf dem Hof zu erwähnen. Ich habe förmlich gespürt, wie die Sonne mir auf die Haut scheint und auch das Haus konnte ich mir sehr gut vorstellen.
FAZIT:
Krummes Holz hat mich sofort begeistert. Ich mochte diese raue, ländliche Atmosphäre, die im krassen Gegensatz zu den sensiblen Charakteren Jirka, Madlen und Leander stehen, die so viel ertragen mussten. Vor allem die Sprache der Autorin konnte mich begeistern. Für mich ein Highlight!

Bewertung vom 24.03.2024
Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
Kvensler, Ulf

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück


sehr gut

MEINUNG:
Das Buch fiel ganz klar wieder in meine Beuteschema, weil es skandinavische Spannungsliteratur ist. Bisher habe ich von Ulf Kvensler noch nicht gelesen und war sehr gespannt auf Der Ausflug.
Die Geschichte wird zum größten Teil aus der Sicht von Anna erzählt. Mir hat gefallen, dass es zwischendurch immer wieder Kapitel gibt, die eine Art Vernehmungsprotokoll sind. Dadurch ist auch schon relativ am Anfang klar, dass nicht alle überleben werden. Es gibt auch ein paar Kapitel, die deutlich erkennbar Rückblicke sind. Die Schrift ist anders und es auch am Datum erkennbar. Ich mochte diesen Aufbau, da es das Ganze so etwas aufgelockert hat. Ein Nachteil ist, dass man vieles nur aus Annas Sichtweise erfährt und irgendwann kam auch bei mir das Gefühl auf, dass sie vielleicht nicht zu zuverlässigste Erzählerin ist. Von Henrik, ihrem Freund bekommt man noch den besten Eindruck. Es ist spürbar, dass es Henrik psychisch nicht so gut geht, auch schon vor dem Beginn des Trips. Während des Wandertrips wirkt er wie das schwächste Glied in der Kette. Er leidet an Höhenangst und nach meinem Empfinden war er eigentlich auch schon zu schnell stark erschöpft, eventuell auch unterkühlt. Die Beziehung zwischen Anna und ihm wirkte irgendwie auf der Kippe. Anna war unübersehbar die Stärkere von beiden. Es macht Anna stellenweise unsympathisch, dass sie das auch genau wusste.
Was mir besonders gute gefallen hat, sind die vielen sehr detaillierten Beschreibungen der Wanderung in den Sarek in Nordschweden, oft als die letzte Wildnis Europas bezeichnet. Ich wandere selbst sehr gern und auch mit dem Rucksack, daher kommen hier auch Wandersfans ganz auf ihre Kosten. Allerdings hätte ich vor dem Sarek wirklich höchstens Respekt. Selbst der Autor schreibt im Nachwort, dass man hier nicht leichtsinnig loslaufen darf. Es gibt nicht mal feste Wanderwege und es kann schnell lebensgefährlich werden. Eben genau deswegen ist es eigentlich die ideale Atmosphäre für diesen Thriller. Die Spannung baut sich sehr schnell auf und das nicht nur wegen der Wetterbedingungen und der rauen Bedingungen im Sarek, sondern auch wegen dem Aufkeimenden Misstrauen gegenüber Jacob von Seiten Anna. Mit diesen beiden Aspekten spielt der Autor. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und konnte mich gut rein fühlen, in die Angst und Verzweiflung, die die Umgebung einfach bis aufs Äußerte triggert. Das Ende würde ich als offen bezeichnen, denn es ist klar, dass nicht alle überleben, aber was nur nun wirklich richtig war, lässt Interpretationsspielraum.

FAZIT:
Der Ausflug ist ein äußerst nervenaufreibender, spannender schwedischen Thriller, der im nordschwedischen Sarek spielt. Der Autor weißt ganz gekonnt, wie aus der Wildnis und der Umgebung und aus menschlichem Misstrauen die allerbeste Atmosphäre für einen spannenden Thriller schafft.

Bewertung vom 22.03.2024
Klarkommen
Hartmann, Ilona

Klarkommen


gut

MEINUNG:
Ich folge Ilona Hartmann auf Instagram und ihr bissiger Humor trifft oft meinen Geschmack. Aus diesem Grund habe ich zu ihrem zweiten Roman Klarkommen gegriffen.
In dem Roman begleiten wir Leon, Mounia und die namenlose Ich-Erzählstimme beim Erwachsen werden. Sie ziehen nach dem Abitur zusammen in eine WG in eine größere Stadt. Damit glauben sie es geschafft zu haben bis sie plötzlich feststellen, dass alles ganz anders ist. Wie der Titel schon andeutet versuchen alle drei mit der neu gewonnenen scheinbaren Freiheit irgendwie klarzukommen und sind alle drei dabei unterschiedlich erfolgreich. 
Ich mochte die schnellen kurzen Kapitel, die gerne immer wieder zwischen Nostalgie der Jugend und Gegenwart hin und her gewechselt sind und manchmal gab es keinen wirklich Zusammenhang zur Handlung. Ilona Hartmann kann wirklich fantastische Sätze formulieren und das obwohl eigentlich nicht viel passiert, aber vermutlich sind diese Jahre des Lebens auch genau so. Es verändert sich eine Menge, aber am Ende passiert nicht viel. Das Buch kommt fast gänzlich ohne Dialoge aus, so dass man immer nur die Sicht der Erzählstimme hat, welche man im Gegensatz zu Leon und Mounia noch mit am besten kennenlernt. Am Ende bleiben aber alle drei sehr blass, da man von ihnen so gut wie nichts erfährt, mit dem zumindest ich entweder identifizieren könnte oder wo ich eine emotional Bindung aufbauen würde.

FAZIT:
Der Inhalt von Klarkommen konnte mich nicht so richtig abholen, aber dafür die Sätze und Erzählweise der Autorin schon. Vielleicht liegen meine Twentys einfach auch schon zu lange zurück, so dass ich mich hier nicht mehr richtig rein fühlen konnte. Der Autorin folge ich aber gerne weiter auf Instagram, weil ich ihren Humor mag.