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LaNasBuchclub

Bewertungen

Insgesamt 131 Bewertungen
Bewertung vom 14.09.2024
Das Haus in dem Gudelia stirbt
Knüwer, Thomas

Das Haus in dem Gudelia stirbt


sehr gut

Das beschauliche Dorf Unterlingen wirkt verlassen. Die drohende Flut hat die meisten Anwohner schon längst aus ihren Häusern vertrieben. Doch nicht Gudelia. Sie bleibt. Sie kann das Haus nicht zurücklassen, denn das Haus ist ihr Leben. Der Hüter ihrer dunkelsten Geheimnisse. Nein, Gudelia kann nicht gehen. Selbst wenn das bedeutet, in dem Haus zu sterben.

Thomas Knüwer hat mit „Das Haus in dem Gudelia stirbt“ ein hervorragendes Krimi-Debüt hingelegt. Der Schreibstil arbeitet mit kurzen, beinahe pragmatisch wirkenden Sätzen, wenig Dialog und der nüchtern wirkenden Betrachtungsweise der Ich-Erzählerin. Ich war mir am Anfang nicht sicher, ob mir dieser knappe Erzählduktus zusagt, allerdings hat sich die Frage schnell erübrigt. Es entsteht eine bedrückende Atmosphäre und die Spannung bleibt dicht und beständig, sodass ich im Sog der Geschichte vollkommen gefangen war.
Die Handlung erstreckt sich auf drei Zeitebenen, 1984, als Gudelias Sohn gewaltsam ums Leben kommt, 1998, als sie sich von ihrem Mann trennte und 2024, als sich Unterlingen einer Flutkatastrophe ausgesetzt sieht. Über den drei Handlungssträngen schwebt ein dunkles Geheimnis, das jede Entscheidung Gudelias lenkt und dem Leser nur sehr langsam offenbart wird. Es ist ein gelungener Drahtseilakt zwischen Vorhersehbarem und Unvorhersehbaren, der mich beim Lesen ungemein gefesselt hat.
„Das Haus in dem Gudelia stirbt“ ist in keiner Weise ein herkömmlicher Krimi, dadurch aber nicht weniger lesenswert. Es ist eine mitreißende Auseinandersetzung mit Verlust, Trauer und Schuld, die die Grenzen des Genres herausfordert und dabei bestens Unterhalten kann. Ich empfehle es auf jeden Fall weiter.

Bewertung vom 14.09.2024
Verbrannte Gnade / Die Punkrock-Nonne ermittelt Bd.1
Douaihy, Margot

Verbrannte Gnade / Die Punkrock-Nonne ermittelt Bd.1


weniger gut

Verbrannte Gnade von Margot Douaihy ist der Auftakt einer neuen, aufregenden Krimi-Reihe rund um die Punk-Rock hörende Schwester Holiday. Als ihre Klosterschule von einem schrecklichen Brand heimgesucht wird, und der Hausmeister tot aus einem der Fenster des brennenden Gebäudes stürzt, sieht Schwester Holiday ihren wohlgeordneten Alltag in Gefahr. Unzufrieden mit den Ermittlungen der Behörden nimmt sie die Sache selbst in die Hand und begibt sich auf die Spuren des Feuerteufels.
Dieses Buch hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet. Ginge es rein nach der Idee, hätte es aus dem Stand fünf Sterne verdient. Ich liebe unkonventionelle Ermittler und Schwester Holiday ist wohl die unkonventionellste Kandidatin, die mir seit einer ganzen Weile untergekommen ist. Nicht nur sticht sie als Nonne aus dem üblichen Schema der Ermittlerfiguren stark heraus, mit ihrem Musikgeschmack und den vielen Tattoos, ist sie auch unter den Nonnen ihres Klosters eine wahre Besonderheit. Ich habe mich so gefreut ihre Figur in Aktion zu erleben und mehr über sie zu erfahren. Leider stellte sich bei mir dann recht schnell die Ernüchterung ein. Eine tolle Idee reicht manchmal einfach nicht aus, wenn die Umsetzung so zu wünschen übriglässt.
Der Schreibstil ist Geschmackssache. Es wird Leser geben, die auf Anhieb mitgerissen werden, und solche, für die das nicht funktioniert. Für mich kam lange kein angenehmer Rhythmus beim Lesen zustande, die Kapitellänge hat ihr Übriges getan, um mir den Einstieg zu erschweren, aber mit der Zeit konnte ich mich doch irgendwie damit anfreunden. Spätestens ab der Hälfte war ich richtig drin. Die Autorin kreiert eine gute Stimmung, die Beklemmung und Düsternis nach den verheerenden Ereignissen in der Klosterschule sind spürbar. Schade fand ich allerdings, dass New Orleans als Setting sehr blass bleibt. Mir persönlich fehlte einfach die Atmosphäre, denn mehr als regelmäßige und sich wiederholende Beschreibungen oder Kommentare über die Hitze, hat die Erzählung nicht hergegeben. In anderen Rezensionen habe ich gelesen, dass die Atmosphäre toll rübergekommen ist, also ist das so ein klassischer Punkt, den jeder beim Lesen für sich selbst einschätzen muss.
Ein großer Knackpunkt für mich war der Plot. Während der Einstieg in den Fall noch recht stark daherkam, konnte die Handlung das Tempo und die Spannung nicht halten. Schwester Holidays Ermittlungen bestehen im Grunde nur aus dem Anstellen willkürlicher Vermutungen und glücklichen Zufällen, frei nach dem Motto „Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn“. Der ganze Mittelteil der Handlung bietet kaum neue Entwicklungen, jeder ist verdächtig, es gibt keine neuen Hinweise und keine möglichen Motive (nicht mal Vermutungen zu Motiven). Es tut sich einfach nichts und ohne Anhaltspunkte macht auch das Miträtseln keinen Spaß, weil man im Grunde genauso blind herumpickt wie Schwester Holiday. Die Seiten werden hauptsächlich mit Rückblenden in Schwester Holidays Vergangenheit gefüllt, die interessant im Bezug auf ihre Figur sind, aber ansonsten nichts mit dem Fall zu tun haben und oft eher ungeschickt in eine Szene eingebunden werden.
Das Finale wird im Rekordtempo abgewickelt, liefert zwar eine Erklärung, aber keine wirklich gute. Dem Leser wird ein sehr komplexes Tatmotiv geliefert, das nicht annähernd ausreichend ausgeführt wird und viele Aspekte oder Details, besonders die Umsetzung der Tat(en), blieben für mich weitgehend ungeklärt. Vieles verläuft hier einfach im Sand.
Ähnlich enttäuschend waren die Figuren. Es gibt kaum Charaktere die authentisch oder gar sympathisch sind, nur eine ganze Menge Klischees und Stereotypen. Ich konnte mit niemandem mitfiebern oder mitfühlen, mir war am Ende sogar gleichgültig, wer der Täter ist. Selbst zu Schwester Holiday habe ich keinen Zugang finden können. Sie bleibt unnahbar, ihre Emotionen und das Verhalten nur schwer nachvollziehbar und ihr Handeln immer wieder inkonsistent. Um ehrlich zu sein, mochte ich sie auch einfach nicht besonders gern.
Es mag vielleicht nicht so klingen, wenn man es liest, aber ich möchte mit meiner Rezension nicht davor abschrecken dem Buch eine Chance zu geben. Verbrannte Gnade hat auch viele sehr positive Stimmen bekommen und das wird seine Gründe haben. Mich persönlich hat es einfach nicht abholen können. Vielleicht waren meine Erwartungen dafür zu hoch, vielleicht war es auch schlichtweg Pech. Immerhin ließ es sich gut herunterlesen und das Cover ist ein richtiger Blickfang, dafür siedle ich das Buch irgendwo bei zwei Sternen an.

Bewertung vom 03.09.2024
Heartless / Chestnut Springs Bd.2
Silver, Elsie

Heartless / Chestnut Springs Bd.2


ausgezeichnet

Mit Heartless ist nun der langersehnte zweite Teil von Elsie Silvers beliebten Kleinstadt-Romance Reihe rund um Chestnut Springs erschienen.
Die Dinge geraten ins Rollen, als der zurückgezogene, stets mürrische Cade Eaton für die Sommermonate ein Kindermädchen für seinen Sohn Luke sucht. Keine Kandidatin scheint Cades Ansprüchen zu genügen und jede Zweite scheint sich für den Job ohnehin nur zu interessieren, weil sie sich Chancen auf eine Romanze mit ihm ausmalt. Es scheint hoffnungslos - bis Cades neue Schwägerin in Spe eine Lösung hervorzaubert. Eine Lösung in der Gestalt eines Wirbelsturms aus rotem Haar und Windspiel Gelächter. Willa Grant wird ihm nur Ärger machen, das spürt Cade ab der ersten Sekunde. Er sieht aber auch, wie sein Sohn in ihrer Gegenwart aufblüht und wie gut sich Willa mit ihm zu verstehen scheint. Was bleibt ihm also für eine Wahl?
Während ich den ersten Teil zwar charmant aber eben nicht super fand, hat mich dieser vollkommen mitgerissen. Mit Heartless hat die Reihe eine deutliche Steigerung erfahren.
Der Schreibstil war wieder sehr angenehm zu lesen und die Seiten sind nur so dahingeflogen. Besonders toll fand ich wie die Kleinstadt Atmosphäre nochmal ein wenig mehr in den Vordergrund gerückt ist, denn tatsächlich spielt sich die Handlung den Großteil der Zeit auf der Ranch der Eatons ab. Es wird allerdings keinesfalls langweilig. Die Geschichte ist gefüllt mit anrührenden Szenen, leichtherzigem Humor und vielschichtigen Gefühlen. Sie kommt sehr gut ohne künstlich aufgebauschtes Drama aus und dennoch fiebert man non-stop mit Willa und Cade mit.
Ich habe schon ewig keine so dermaßen gute Umsetzung des Grumpy x Sunshine Tropes gelesen und es war wirklich ein großer Spaß. Manchmal tendieren die Charaktere in einer solchen Konstellation ins Klischeehafte oder Karikaturistische abzudriften, aber so war es hier zum Glück nicht. Alles zwischen Cade und Willa hat sich so echt und authentisch angefühlt. Cade mit seiner mürrischen und stets aufopferungsvollen Art wirkt anfangs unnahbar, aber je mehr man über ihn, seine Vergangenheit und Gefühle erfährt, umso mehr erkennt man, wie viel Sinn alles an ihm und seinem Verhalten ergibt. Umso besonderer werden auch die leichten, herzlichen Momente, in denen man ihn wiederfindet.
Willa auf der anderen Seite war ein herrlicher frischer Wind mit ihrer schlagfertigen, frechen und herzlichen Art. Sie bringt ihre eigenen Unsicherheiten mit, lässt sich davon allerdings nicht definieren. Ich hab geliebt, wie wenig sie sich von Cades Schroffheiten beeindrucken ließ und wie sie jede Gelegenheit genutzt hat seine Marotten herauszufordern.
Zu Luke möchte ich auch noch was sagen, denn Willa und Cade währen ohne ihn wohl nicht komplett. Normalerweise bin ich nicht der größte Fan davon, wenn Kinder so einen großen Teil in der Story einnehmen, aber nicht hier. Luke gehört auf jeden Fall zu den am besten geschriebenen und in die Handlung integrierten Kindern, die mir in einem Romance Buch bisher untergekommen sind. Die Autorin hat viele Aspekte und Erinnerungen an Momente mit ihrem eigenen Sohn in seiner Figur untergebracht und das kann man beim Lesen spüren. Es sind wirklich durchweg wunderbar ausgestaltete Charaktere.
Alles in allem ein richtig tolles Buch, das die ganze Bandbreite der Emotionen bietet. Ich freu mich jetzt schon sehr auf den nächsten Teil. 4.5 Sternchen und eine begeisterte Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.09.2024
Mord in der Charing Cross Road
Hamilton, Henrietta

Mord in der Charing Cross Road


gut

Mord in der Charing Cross Road von Henrietta Hamilton entführt seine Leserschaft in das London der Nachkriegszeit, in ein renommiertes kleines Antiquariat, in dem sich ein mysteriöser Todesfall ereignet. Der unliebsame Mr. Butcher wird tot an seinem Schreibtisch aufgefunden, von hinten erstochen und dem milden Ausdruck der Überraschung auf seinen erkalteten Zügen. Von einem Täter keine Spur. Es müssen sich doch irgendwo Spuren finden lassen, ein Geist kann es schließlich nicht gewesen sein! – oder doch? Gemeinsam mit ihrem Chef Johnny Heldar geht Sally Merton den rätselhaften Begebenheiten um das Ableben ihres Kollegen auf den Grund.
Der Schreibstil war angenehm und leichtgängig zu lesen, hält sich nicht mit ausschweifenden Beschreibungen auf und kreiert trotzdem ein authentisches Bild der Zeit. Ich habe mich in der Atmosphäre des Antiquariats sehr wohlgefühlt und es war, wie zu erwarten, eine tolle Wahl für den Schauplatz eines Mystery-Krimis. Wertvolle Bücher, dunkle Ecken, Geistersichtungen und eine üppige Auswahl an potenziellen Verdächtigen – was will man mehr?
Die Handlung selbst war in Ordnung, aber richtig begeistern konnte sie mich nicht. Es plätschert alles recht gemütlich vor sich hin, man wird gemeinsam mit den Protagonisten auf die ein oder andere falsche Spur gestoßen aber im Grunde ist die meiste Zeit absehbar, wohin die Reise geht. Das hat mich allerdings nicht weiter gestört, einen atemlosen Ich-kann-mich-nicht-losreißen-Thriller hatte ich schließlich nicht erwartet, für einen Cozy-Krimi war es hingegen gerade richtig. Ein wenig schade fand ich aber, dass die Erzählung an entscheidenden Stellen sehr dialoglastig wurde. Da ausschließlich aus Sallys Perspektive erzählt wird, erlebt man nur die Szenen mit, an denen sie beteiligt ist. Wesentliche Momente, in denen Schlüsselaspekte der Handlung erklärt werden, finden nur zum Teil mit ihr, oder gar ganz ohne sie statt, sodass die Autorin darauf ausgewichen ist, Johnny in langen Monologen wiedergeben zu lassen, was passiert ist. Mit Blick auf die Spannung und das Bedürfnis die Handlung mitzuerleben, statt sie nur erzählt zu bekommen, hätte es dafür eine bessere Lösung geben können.
Sally und Johnny stellen ein sympathisches Ermittlerduo dar, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass beide ein wenig mehr Substanz gehabt hätten. Vielleicht kommt das noch mit den Fortsetzungen, aber bisher haben sich beide ein wenig zu austauschbar angefühlt. Die übrigen Charaktere fügen sich schlüssig in die Geschichte ein, auch wenn es so viele waren, dass ich hin und wieder etwas durcheinandergeraten bin. Ansonsten bleibt mir noch der Hinweis darauf, dass das Buch erstmals in 1956 veröffentlicht wurde, was sich zweifellos in der Darstellung der Geschlechterrollen widerspiegelt. Das sollte man beim Lesen immer im Hinterkopf behalten, da sich das logischerweise sehr auf die Charakterisierung der Figuren und ihren Umgang miteinander auswirkt.
Alles in allem war es ein gemütliches Buch was sich hervorragend zur Unterhaltung zwischendurch eignet. Das Buch ist gerade richtig für jemanden, der nach einem seichten, kurzweiligen Lesevergnügen sucht und hat als Reihe durchaus Potential.

Bewertung vom 30.08.2024
Saved Dreams / Whitestone Hospital Bd.4
Reed, Ava

Saved Dreams / Whitestone Hospital Bd.4


gut

Ava Reeds beliebte Buchreihe rund um das Klinikpersonal des renommierten Whitestone Hospitals geht mit „Saved Dreams“ in die nunmehr vierte Runde. Dieses Mal geht es um Jane und Abby, die, wegen eines unglücklichen Vorfalls und sehr zu Janes Missfallen, bis auf weiteres in der Gynäkologie zusammenarbeiten müssen. Abby, die sich mit Haut und Haar der Arbeit als Oberärztin auf der Gyn verschrieben hat, kann den Unwillen ihrer Assistenzärztin nicht nachvollziehen. Ist es Überheblichkeit, oder steckt doch mehr hinter der steinharten Fassade ihrer jungen Kollegin?
Die Reihe ist mir bereits mit dem ersten Teil ans Herz gewachsen und ich habe mich besonders darauf gefreut in diesem Buch etwas mehr über Jane herauszufinden. Auch wenn sie uns als Figur schon seit High Hopes begleitet, ist sie wegen ihrer ruhigen und in sich gekehrten Art stets im Hintergrund geblieben. Das wurde mit Saved Dreams nun offiziell geändert.
Das Buch ist wieder wundervoll geschrieben, lässt sich sehr gut lesen und spart nicht an Emotionen. In dieser Hinsicht reiht es sich nahtlos an seine Vorgänger an. Dennoch muss ich sagen, dass es für mich insgesamt doch der schwächste Teil der Reihe war.
Ich kann gar nicht so genau festlegen, woran es lag, vielleicht war ich auch nicht in der richtigen Stimmung für so eine Geschichte, aber der Funke wollte bei mir einfach nicht überspringen. Abby und Jane haben für mich als Paar toll zusammen funktioniert, aber für sich betrachtet hat mir bei beiden etwas gefehlt. Bei den bisherigen Büchern konnte ich immer ein gutes Gefühl für die ProtagonistInnen entwickeln und all ihre Seiten kennenlernen. Hier haben mir genau diese Facetten bei den Figuren gefehlt. Jane, so wie sie sich mir dargestellt hat, hat sich ausschließlich über ihr Trauma definiert. Wenn sie nicht als die sensible Ärztin aufgetreten ist, war da nur ihr Schmerz und ihre Trauer. Da war im Grunde gar kein Raum für eine Persönlichkeit, was ich sehr schade fand.
Mit Abby hatte ich ein ähnliches Problem, wenn auch aus anderen Gründen. Der Fokus der Geschichte liegt so sehr darauf Janes Vergangenheit zu ergründen und aufzuarbeiten, dass Abby meiner Meinung nach ein wenig auf der Strecke blieb. Ich fand, dass ihr Charakter besser ausgearbeitet war, aber bis auf den Wink sie müsse mehr Zeit für ihre Eltern aufbringen und eine im Schnelldurchlauf runtergeratterte Liste ihrer Interessen, weiß ich auch über sie nicht viel. Es gab kaum Interaktion zwischen Abby und anderen Figuren, die nicht Jane waren und sonst lag ihr gesamter Fokus von Anfang an nur auf Jane.
Ich denke, was ich versuche zu sagen ist, dass mir zwar beide Protagonistinnen sympathisch waren, aber Alles in Allem irgendwie zu blass, um wirklich an ihnen zu hängen.
Schließlich war auch die Handlung in meinen Augen eher schwach ausgearbeitet. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, es gab beinahe keine. Bis auf einige wenige Ausnahmen, besteht der Plot aus einer Aneinanderreihung von gynäkologischen (Not-)Fällen, in dem jeweils ein wichtiger Aspekt der Frauenheilkunde in den Fokus gerückt wird. Im Nachwort geht die Autorin nochmals genauer darauf ein und erklärt, wie wichtig es ihr gewesen ist, das Augenmerk auf die Dinge zu legen, die so viele Frauen überall betreffen und über die dennoch längst nicht genug gesprochen wird. Das ist ihr hervorragend gelungen und die Recherche, sowie die Mühe, die sie in jeden einzelnen Fall gesteckt hat, ist beeindruckend. Es ist alles sehr sensibel und verständnisvoll dargestellt und man bekommt ein starkes Gefühl für die hohen Höhen und tiefsten Tiefen der Arbeit auf einer gynäkologischen Station. Es fühlte sich beim Lesen aber auch sehr danach an, als würde nur eine Liste von Krankheitsbildern abgearbeitet werden. Klammert man diese aus, bleibt kaum etwas an Handlung übrig. Die besten Szenen im Buch waren für mich die Momente, in denen auch Laura, Nash, Mitch, Sierra usw. dabei waren.
Insgesamt ist Saved Dreams ein intensives, hochemotionales Buch, aber auch eines, das sich weitaus weniger leichtherzig herunterlesen lässt, wie seine Vorgänger. Es fügt sich jedoch sehr gut in die Whitestone Hospital Reihe ein.

Bewertung vom 30.08.2024
Long Live Evil
Brennan, Sarah Rees

Long Live Evil


gut

Der Traum eines jeden Bücherwurms: Einmal in die eigene Lieblingsgeschichte eintauchen und in die Rolle der Heldin Schlüpfen - nur dass die Bösen immer viel mehr Spaß zu haben scheinen. Das denkt sich jedenfalls Rae, als ihr die unglaubliche Chance geboten wird, in ihre Lieblingsbuchreihe „Zeit des Eisens“ einzutauchen. Im echten Leben wartet nur der Krebs, nicht enden wollende Schmerzen und Wut über vergangenes Unrecht. Warum also sollte sie nicht ihr Glück als waschechte Schurkin versuchen und mal alle Moral in den Wind schießen? Sie hat nichts zu verlieren und alles zu gewinnen. Doch während Rae fleißig daran arbeitet sich schurkische Gehilfen zu suchen und den Plot zu ihren Gunsten zu formen, beginnt sich die Geschichte um sie herum auf unvorhersehbare Weise zu verändern.
Sarah Rees Brennan hat mit „Long Live Evil” ein sehr vielversprechendes Buch geschrieben, das mit seiner Inhaltsbeschreibung sofort mein Interesse geweckt hat. Die Rolle einer Schurkin aus dem eigenen Lieblingsbuch übernehmen? Wie cool! Während ich also noch sehr enthusiastisch ins Buch gestartet bin, konnte sich die Begeisterung nicht allzu lange halten.
Ich will in keinem Fall sagen, dass ich das Buch nicht gut fand, allerdings fällt es mir schwer es für mich einzuordnen. Es war eins dieser Bücher, das sich gut lesen lässt, wenn man es erstmal in der Hand hat, aber legt man es hin, braucht es Überwindung es wieder aufzunehmen. Jedenfalls ging es mir die meiste Zeit so. Ich habe auch recht lang für die knapp 600 Seiten gebraucht.
Ich glaube im Kern war mein größtes Problem, dass mir in Allem irgendwie die Balance gefehlt hat. Das World-Building war interessant, aber man wird regelmäßig mit massenweisen Informationen zugeschüttet. Gerade zu Anfang war das etwas überwältigend. Auch das Tempo habe ich immer wieder als unausgeglichen empfunden. An mancher Stelle war es super mitreißend und an anderer wird es über Seiten hinweg schleppend. Die Geschichte ist von Anfang bis Ende durchzogen von Komik und nicht selten begegnet man einem düsteren Witz, was einerseits sehr zu Rae und ihrer Situation passt, andererseits wurde es mir teilweise etwas zu sehr ins Lächerliche gezogen. Die über mehrere Seiten vollständig ausgeschriebene Musical-Nummer war mein persönliches „zu viel des Guten“.
Ein letzter Punkt, der mir Schwierigkeiten bereitet hat, sind die Charaktere. Das Buch nimmt durchweg und auf witzige Weise die gängigsten, vielleicht auch etwas veralteten Fantasy Klischees auf die Schippe, von der reinen und allseits geliebten Heldin hin zum listigen Ränkeschmied, an dem kein gutes Haar gelassen wird. Das sorgt zwar regelmäßig für Lacher und macht durchaus Spaß beim Lesen, je weiter ich kam, desto eher bekam ich allerdings den Eindruck, dass es die Autorin auch damit ein bisschen zu weit getrieben hat. Wenn im Grunde jede Figur nur darauf ausgelegt ist, die Parodie eines gängigen Fantasy-Archetypus zu verkörpern und in ihren Motiven und Entscheidungen einzig und allein daran festgemacht wird, habe ich keinen Anreiz mich für sie zu begeistern oder an ihrem Schicksal zu hängen. Dann sind es einfach eine menge Figuren, die nur da sind, um ihren Zweck zu erfüllen. Aus diesem Grund fand ich auch die gelegentlich eingeschobenen Perspektivwechsel eher uninteressant. Etwa die Kapitel aus der Sicht von Lord Marius, der letzten Hoffnung. Er übernimmt in die Rolle des „weißen Ritters“, dessen Ruf und Moral nach außen hin ohne Tadel sind, der innerlich jedoch einige Dämonen zu bekämpfen hat. Sein Handeln und seine Wahrnehmung sind so stark vom Klischee geleitet, dass ich darin kaum einen Mehrwert für die Story finden konnte.
Letzten Endes hat mich an diesem Buch am ehesten die Handlung gefesselt. Es ist ein unterhaltsamer Seiltanz zwischen Vorhersehbarem und Unvorhersehbarem, der mich immer wieder bei der Stange gehalten hat. Dadurch dass Rae eine Version der Handlung kennt, wenn auch nur lückenhaft, glaubt man zu ahnen, wie sich die Dinge entwickeln, muss aber, wie die Protagonistin selbst, relativ schnell feststellen, dass der Plot an den unvorhersehbarsten Stellen in eine ganz unerwartete und unbekannte Richtung abbiegt.

Alles in Allem war Long Live Evil für mich kein herausragendes Buch, aber eins, das doch viel Spaß gemacht hat beim Lesen. Wenn man sich ein wenig auf die Albernheiten darin einlässt, kann man sich definitiv von der Geschichte mitreißen lassen.

Bewertung vom 26.08.2024
Die unergründlichen Wege einer Lady / Bevelstoke Bd.2
Quinn, Julia

Die unergründlichen Wege einer Lady / Bevelstoke Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem Lady Olivia Bevelstoke ihre beste Freundin Miranda an ihren älteren Bruder verloren hat, fehlt es ihr an unterhaltsamer Ablenkung, um sich die Londoner Saison erträglicher zu machen. Da kommt ihr der mysteriöse Junggeselle, der erst kürzlich in das Haus nebenan eingezogen ist, gerade gelegen. Geradezu unerhörte Gerüchte kursieren über diesen Sir Harry Valentine, von Schlägereien in Herrenclubs bis zum Mord an seiner Verlobten, und Lady Olivia muss einfach herausfinden, ob er wirklich so ein Schurke ist, wie ihre Freundinnen behaupten. Wie praktisch also, dass ihr Schlafzimmerfenster einen hervorragenden Blick auf Sir Harrys Arbeitszimmer bietet, wo dieser von morgens bis abends nichts anderes zu tun scheint, als irgendwelche Sachen aufzuschreiben. Das heißt, bis er sie eines Tages beim Spionieren erwischt und sich fortan einen diebischen Spaß daraus macht sie deswegen in Verlegenheit zu bringen.
Die unergründlichen Wege einer Lady von Julia Quinn ist der zweite Roman aus der Bevelstoke Reihe und hat mich komplett im Sturm erobert. Ich lese die Bücher von Julia Quinn schon seit einer ganzen Weile und obwohl mir fast jedes gut gefallen hat, kann ich mich nicht daran erinnern, welches mir zuletzt so viel Spaß gemacht hat beim Lesen, wie dieses hier. Ich bin geradezu durch die Geschichte hindurchgerauscht. Das war zugegeben, aber auch keine allzu große Herausforderung, denn der Schreibstil macht es einem wirklich leicht sich in den Seiten zu verlieren.
Olivia war mir schon aus dem ersten Bevelstoke-Buch als sehr sympathische Figur in Erinnerung geblieben und der Eindruck hat sich hier ab ihrem ersten Kapitel nur verstärkt. Harry wirkte im ersten Moment eher grantig und recht pragmatisch aber entpuppte sich dann als wenigstens genauso gewitzt und clever wie Olivia. Ich kann gar nicht sagen wie oft die beiden mich mit ihrem Geplänkel und den Schlagabtäuschen zum Lachen gebracht haben. Mir hat außerdem sehr gefallen, wie natürlich sich alles zwischen den beiden angefühlt und entwickelt hat. Sicherlich hätte das Buch hie und da etwas mehr in die Tiefe gehen können, aber ich hatte während des Lesens nicht ein mal das Gefühl, dass mir etwas fehlt, also kann ich das auch nicht als Manko ansehen.
Mit der Handlung hat die Autorin jetzt auch nicht das Rad neu erfunden, aber es plätschert gemütlich vor sich hin, entwickelt sich schlüssig und bietet sogar ein wenig Aufregung am Ende. Für mich war es das perfekte, leichtherzige und humorvolle Buch um etwas abschalten zu können, daher kann ich es nur empfehlen.

Bewertung vom 26.08.2024
Salute - Der letzte Espresso
Kalpenstein, Friedrich

Salute - Der letzte Espresso


gut

Eigentlich hatte Paul Zeitler die Welt der Kapitalverbrechen und Polizeiermittlungen hinter sich gelassen, als er seine Zelte bei der Münchener Kriminalpolizei abgebrochen und gegen ein gemütliches kleines Café in Bardolino getauscht hat. In der beschaulichen Ortschaft direkt am Gardasee ist er schnell zum Teil der Gemeinschaft geworden und genießt jeden Tag aufs Neue da zu arbeiten, wo andere Urlaub machen. Bis er eines Abends nach Ladenschluss in den Waschräumen seines Cafés über eine frische Leiche stolpert und es erstmal aus ist mit dem neugewonnenen Frieden.
Zeitler kann nicht anders – er ist fest entschlossen herauszufinden, weshalb der Mann in seinem Café den Tod gefunden hat, selbst wenn das bedeutet sich ein paar Feinde zu machen. Ganz vorne dabei ist Commissario Lanza, der dem Ex-Polizisten nicht so recht über den Weg trauen will. Könnte er sogar selbst hinter dem Mord stecken?

„Salute: Der letzte Espresso“ ist der neuste Roman von Autor Friedrich Kalpenstein und begründet gleichzeitig den Auftakt zu seiner neuen Gardasee-Krimireihe rund um Zeitler & Lanza. Nachdem mich die Kommissar Tischler Bücher zum Fan gemacht haben, war ich sehr gespannt auf dieses komplett neue Setting und das neue Ermittler Duo. Mit dem wunderschönen Bardolino als Handlungsort und reichlich italienischem Flair passt der Krimi hervorragend in die Sommermonate und die Mordermittlungen bieten gute Unterhaltung. Alles in allem habe ich das Buch als guten Einstieg für die neue Reihe empfunden. Der Schreibstil ist locker und leichtgängig, mit kurzen Kapiteln und witzigen Überschriften, was es meiner Meinung nach super fürs gemütliche Runterlesen macht. Ich hatte nach Lesepausen nie Schwierigkeiten zurück ins Buch zu finden. Zeitler ist als Protagonist sehr angenehm und es fällt leicht ihn sympathisch zu finden. Etwas überraschend war hingegen, dass der Commissario Lanza (noch) eher als Randfigur fungiert hat. In groben Zügen lernt man ihn kennen, aber ein richtiges Gefühl für seinen Charakter habe ich noch nicht bekommen können. Ähnlich ging es mir mit den meisten anderen Figuren. Ich hatte das Gefühl dieser Teil dient dazu alle der Reihe nach vorzustellen und grob zu etablieren, um sie dann in späteren Teilen weiter auszubauen.
Die Handlung bzw. der Fall war gut ausgeklügelt und ich fand tatsächlich richtig gut, wie undurchschaubar es bis zum Schluss geblieben ist. Miträtseln und Spekulieren gehört hier auf jeden Fall zur Leseerfahrung dazu! Mit der Auflösung war ich am Ende nicht super zufrieden. Obwohl alles schlüssig erklärt wurde, hätte man meiner Meinung nach ein bisschen mehr daraus machen können, aber das ist natürlich alles subjektiv.

Der Unterhaltungsfaktor bei diesem Buch war auf jeden Fall da und ich glaube mit den nächsten Teilen wird es nochmal besser werden. Als Einstieg hat es für mich jedenfalls gut funktioniert und ich hatte beim Lesen meinen Spaß.

Bewertung vom 13.07.2024
Das Lied des Propheten
Lynch, Paul

Das Lied des Propheten


sehr gut

Paul Lynchs „Das Lied des Propheten“ ist ohne jeden Zweifel einer der außergewöhnlichsten Romane, die ich dieses Jahr lesen durfte. Er erzählt von dem Aufstieg eines totalitären Regimes und einer Gesellschaft, die ungebremst auf einen blutigen Bürgerkrieg hinsteuert - alles aus der Perspektive einer gewöhnlichen Familie. Die Protagonistin des Romans, Eilish, entwickelt sich schnell zur Stellvertreterin für all die Mütter, die im Angesicht eines immer ruchloser agierenden Staates verzweifelt versucht, ihre Familie zusammenzuhalten, nur um festzustellen, dass nach und nach ihre Welt entgleitet. Der Wandel ist brutal und unaufhaltsam, doch Eilish darf nicht schwanken. Die Zukunft ihrer Kinder und ihres alternden Vaters hängt davon ab.
Der Roman ist angelegt als Dystopie, in einem zeitgenössisch anmutenden Irland zu einer nicht näher bezeichneten Zeit, liest er sich jedoch erschreckend nah an der Realität. Lynch liefert nur die nötigsten Rahmeninformationen, doch genau in dieser Abstraktheit offenbart sich die Möglichkeit die im Buch geschilderten Entwicklungen auf unsere Zeit anzuwenden. Das ganze Buch ist eine Mahnung und eindringliche Warnung davor, wie nah wir einer solche Abwärtsspirale sind und wie leicht wir hinabstürzen können. Angesichts des Aufschwungs rechtspopulistischer Politik in vielen westlichen Staaten, könnte die Thematik kaum aktueller sein.
Der Schreibstil war für mich besonders zu Anfang gewöhnungsbedürftig und es hat gedauert, bis ich in einen guten Fluss gekommen bin. Lynch bedient sich vorwiegend knapper Halbsätze und einer nicht unerheblichen Menge Kommata, wodurch sich bisweilen richtige Satzungetüme bilden. Dialoge werden nicht gekennzeichnet, sondern nahtlos in den Satz integriert. Eine Szene folgt auf die Nächste, Absätze gibt es keine, erst wenn ein neuer Abschnitt eröffnet wird. Die Kapitel sind lang. Man bekommt keine Pausen, keine Möglichkeit zu Atem zu kommen. Was mich eingangs maßlos irritiert hat, wusste ich mit der Zeit allerdings immer mehr zu schätzen. Dieser einzigartige Erzählstil überträgt die Beklemmung und Dringlichkeit der Lage, in der sich die Protagonistin befindet, auf außerordentliche Weise auf den Leser. Es bleibt kein Raum für Beschreibungen, Persönlichkeiten und nebensächliche Details, wenn die Welt um einen herum untergeht. Es gibt nur das Weitermachen.
Ein weiterer interessanter Aspekt war meiner Meinung nach auch, dass die handelnden Figuren – das sind im Wesentlichen Eilish, ihre drei ältesten Kinder (das vierte ist nur ein Baby) und ihr allmählich dement werdender Vater – ähnlich abstrakt gehalten werden, wie alles andere in dieser Geschichte auch. Durch den Schreibstil habe ich mich nah genug an allem gefühlt, um betroffen zu sein, aber im Grunde bleiben die Figuren austauschbar. Wer die Bindung zu den Charakteren in einem Buch besonders wichtig findet, wird mit diesem Kunstgriff vermutlich eher nicht glücklich werden, aber je mehr ich drüber nachdenke, desto cleverer scheint es mir. Wenn die Rahmenbedingungen abstrakt gehalten sind, sodass man den hier beschriebenen Konflikt quasi beliebig auf jede Gesellschaft, auf jedes Land übertragen kann, dann kann die Austauschbarkeit der Figuren bedeuten, dass jede beliebige Familie in die Rolle von Eilish Familie schlüpfen kann.
„Das Lied des Propheten“ ist ein ausnahmslos bedrückendes und gleichsam bedeutendes Buch, das sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Ich kann auch nicht sagen, dass es zu hundert Prozent meinen getroffen hat, doch es hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Bewertung vom 13.07.2024
VIEWS
Kling, Marc-Uwe

VIEWS


ausgezeichnet

Ein verstörendes Video versetzt ganz Deutschland in den Ausnahmezustand. Nach dem spurlosen Verschwinden der 16-jährigen Lena Palmer, taucht diese drei Tage später in einem Video unbekannten Ursprungs auf. Die Öffentlichkeit ist entsetzt über die Gewalt, die der Jugendlichen darin angetan wird und während die Ermittlungsbehörden versuchen dem Druck standzuhalten, kochen die Emotionen innerhalb der Gesellschaft unkontrolliert hoch. Rechtspopulisten, Reichsbürger und eine neu aufkeimende Bewegung, die sich „Aktiver Heimatschutz“ nennt, nutzen das Video, um ihre eigene Agenda gnadenlos voranzutreiben.
BKA-Kommissarin Yasira Saad, selbst Mutter einer 16-jährigen Tochter, ist fest entschlossen das Schicksal der Vermissten aufzuklären und kämpft verzweifelt darum, den rechtsstaatsfeindlichen Gruppierungen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dabei stößt sie auf eine Entdeckung potentiell verheerenden Ausmaßes.

Mark-Uwe Klings Debut-Thriller „Views“ greift hochaktuelle Themen unserer Zeit auf und verpackt sie in eine beklemmend glaubwürdige Rahmenhandlung. Das Hörbuch, wie auch schon seine anderen Romane von Mark-Uwe Kling selbst eingelesen, hat mir sehr gefallen. Ich höre seiner Stimme super gerne zu, das war hier nicht anders. Die rund 6 Stunden Hördauer sind wie im Flug vergangen.
Der Autor fackelt nicht lange und wirft seine Leserschaft nach einer kurzen Einstiegsszene direkt in eine Abwärtsspirale. Was als Vermissten Fall beginnt, entwickelt sich in schwindelerregender Geschwindigkeit zu einer gesellschaftsgefährdenden Massenhysterie. Und als wäre die Bedrohung von Rechts nicht beängstigend genug, offenbart sich eine noch erschreckendere Entwicklung. Der Thriller-Effekt manifestiert sich in diesem Buch nicht durch einen besonders blutigen Mord oder einen kaltblütigen Killer, sondern durch die extreme Realitätsnähe. Bei so vielen Stellen habe ich innegehalten, war gleichzeitig gebannt und entsetzt, weil ich nur dachte: „Meine Güte, das könnte tatsächlich passieren.“ Views ist definitiv kein Buch, um sich mal aus dem Alltag auszuklinken. Es erinnert einen eher daran, wie fragil der Status Quo unseres Alltags sein kann.
Yasira, die einen als Protagonistin zuverlässig und nahbar durch die Handlung führt, war für mich ein angenehmer Ruhepol inmitten des Chaos. Sie geht den Fall trotz des enormen Drucks von außen rational und organisiert an, tritt aber gleichzeitig sehr empathisch auf. Das Team um sie herum hätte vielleicht noch ein wenig mehr Raum in den Ermittlungen bekommen können, hat mir aber insgesamt auch gut gefallen. Eine interessante und glaubwürdige Mischung von Figuren. Was ich bei allem auch ganz schön fand, war dass der charakteristische Humor des Autors ebenfalls seinen Platz gefunden hat. Es nimmt der Thematik keineswegs die Schärfe, gibt dem Buch aber nochmal eine vertrautere Note. Und es war wirklich schön, auch mal was zum Schmunzeln zu haben.
Alles in allem ein sehr gelungener Thriller.