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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hilou
Wohnort: 
Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 161 Bewertungen
Bewertung vom 15.03.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Als der Sklave Jim erfährt, dass er verkauft werden soll, verlässt er Frau und Tochter und läuft davon. Während er noch auf der Flucht ist, trifft er auf den kleinen Huck, der ebenfalls von zu Hause weggelaufen ist. Huck hat seinen Tod vorgetäuscht, um ein für allemal seinem gewalttätigen Vater zu entkommen. Jim befürchtet, dass ihm als Sklave der Tod des Jungen angehaftet wird, und nimmt ihn mit auf eine abenteuerliche Reise, bei der sie sich gemeinsam vielen Gefahren stellen müssen. Doch Jim hat nur ein Ziel vor Augen: Seine Frau und seine Tochter aus den Fängen der Sklaverei zu befreien. Wird er sie je wiedersehen?

Meine Leseerfahrung:
Percival Everett war mir bisher kein Begriff, was ich zutiefst bedaure. Auf "James" bin ich nur zufällig aufmerksam geworden und habe überraschenderweise nach langer Zeit wieder ein Meisterwerk lesen dürfen. Es ist nicht einfach für Autoren, berühmte Klassiker neu zu interpretieren, insbesondere wenn die Fussstapfen, die gefüllt werden sollen, so groß sind. Mark Twains "Huckleberry Finn" ist ein Meilenstein in der amerikanischen Literatur und wurde bereits mehrfach verfilmt. Eine Neuinterpretation aus der Sicht des Sklaven Jim war für mich allerdings neu. 

Jim ist ein intelligenter, gebildeter Sklave, der Lesen und Schreiben kann. Wie alle anderen Sklaven  gibt er jedoch vor, dumm und einfältig zu sein, um nicht die Aufmerksamkeit der Weißen auf sich zu lenken. So nutzen alle Sklaven in Anwesenheit von Weißen eine Art Sklaven-Dialekt, der von ihnen tatsächlich auch so von Seiten der Weißen erwartet wird. Diese Sprechweise dürfte in der Originalsprache sicher sehr authentisch klingen. Die Übersetzung ins Deutsche ist mE aber auch richtig gut gelungen. Zu Beginn des Buches empfand ich die Passagen, in denen es zum Wechsel der Sprache unter den Sklaven kam durchaus noch komisch. Aber bereits ab den Kapiteln über die Flucht Jims merkt man, wie ernst die Situation eigentlich für Schwarze zu dieser Zeit ist. Als entflohener und unter Mordverdacht stehender Sklave läuft Jim ständig Gefahr, erkannt und gefasst zu werden, wo er auch hinkommt und mit wem er es auch zu tun hat. Was ihm dann blühen würde, möchte man sich gar nicht ausmalen. Everett gibt allerdings sehr anschauliche Einblicke in das Sklavenleben, so dass man mit der Hauptfigur mitfiebert und -leidet. So baut sich eine konstante Spannung auf, die das Buch zum Pageturner macht.

"James" hat mich sehr bewegt und ich schätze, ich mag diese neue Version sogar ein wenig mehr. Percival Everett ist absolut überzeugend und hat ein überragendes Talent, Komik und Leichtigkeit in eine schwer verdauliche dramatische Geschichte einzuarbeiten. Für mich bereits mein Lesehighlight dieses Jahr!

Fazit:
Mit "James" gibt Percival Everett dem Sklaven Jim aus dem Klassiker ´Huckleberry Finn´ eine eigene starke Stimme und schafft damit ein ganz neues Meisterwerk, was dem Original in keiner Weise nachsteht. Aufrüttelnd, provokativ und absolut lesenswert!

Bewertung vom 04.03.2024
Mayfair House
Hay, Alex

Mayfair House


gut

Zum Inhalt:
London im Jahre 1905: Nachdem Mrs King nach jahrelangem Dienst im Mayfair House gekündigt wird, sieht sie ihre Chance, auf eigene Faust für Gerechtigkeit zu sorgen. Mit einer Truppe von Damen plant sie, die Villa ihres ehemaligen Arbeitgebers bis auf den kleinsten Gegenstand auszurauben. Was wäre da zeitlich geeigneter als ein Kostümball, der im pompösen Haus stattfinden soll? Am Abend des größten Raubes, den London je gesehen hat, läuft allerdings nicht alles nach Plan. Doch die Damen sind fest entschlossen und decken zudem das dunkle Geheimnis der Villa auf.

Meine Leseerfahrung:
Ausgehend vom Klappentext habe ich tatsächlich Spannung, wie wir sie aus der Oceans-Reihe kennen, und reichlich Glamour und Drama à la Bridgerton erwartet. Erhalten habe ich dagegen einen leichten historischen Roman, der als kurzweilige Urlaubslektüre recht unterhaltsam ist, allerdings nicht wirklich anspruchsvoll wirkt. Was eine Heist-Story aber spannend macht, ist doch gerade die Genialität der Vorbereitungen des Coups, die ausgeklügelten Zwischenschritte, vielleicht sogar kombiniert mit einer aufwendigen Maskerade, um den oder die Raubopfer hinters Licht zu führen, sowie unvorhersehbare Wendungen, die nochmal Würze in die Geschichte bringen. Von alledem war hier leider nichts zu spüren. 

Die Vorbereitung des Raubes zieht sich trocken und lieblos durch die Mitte des Buches und wird stellenweise zu langatmig. Während man auf spannende Herausforderungen wartet, werden hier vielmehr die Einzelschicksale der Damen abgearbeitet. Das wiederum geschieht dermaßen emotionslos, dass man kaum Empathie für die Figuren aufbringen kann. Dabei finde ich die Ausarbeitung der einzelnen Figuren durchaus sehr gelungen. Besonders gut gefällt mir an diesem Roman, dass die Hauptfiguren alle weiblich sind, und dass es sich um starke Persönlichkeiten handelt, was wiederum essentiell ist, um einen dermaßen großen Raub bewerkstelligen zu können.

Trotz oben aufgezählter Schwächen hat das Buch allerdings Potential, weswegen ich nicht  generell abgeneigt wäre, eine etwaige Fortsetzung auch lesen zu wollen. Denn die Idee, nicht nur einen "simplen" Raub zum Hauptthema zu machen, sondern die Rache der Damen in den Vordergrund zu stellen, insbesondere auch im Hinblick auf das düstere Geheimnis der Villa, ist gut durchdacht, hapert hier allerdings nur an der Umsetzung. 

Fazit:
"Mayfair House" von Alex Hay bietet leichte Unterhaltung für zwischendurch, allerdings fehlt jegliche Tiefe und auch die erhoffte Spannung einer Heist-Story. Nette Geschichte mit starken Frauen, die im Falle einer Fortsetzung Verbesserungspotential hat!

Bewertung vom 24.02.2024
Van Gogh
Mettais, Valérie

Van Gogh


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Nach Monet darf sich nun auch Vincent Van Gogh in die Kunst-Leporello-Serie des Prestel Verlags einreihen. Die 16 Meter lange Leporelloausgabe "Van Gogh Meisterwerke" von Valérie Mettais  hat wieder eine hochwertige Leinenbindung und einen soliden Schmuckschuber. Das Booklet liefert die wesentlichen Sachinformationen zu Van Goghs Leben und seiner Schaffensphase, sowie kurze Erläuterungen zu den 54 chronologisch abgebildeten Gemälden.

Meine Leseerfahrung:
Diese Leporello-Ausgabe umfasst die bekanntesten Werke Van Goghs, wobei ich verwundert bin, dass mir einige tatsächlich noch unbekannt waren. Kein Wunder bei der Menge an Gemälden, die der Maler in relativ kurzer Schaffenszeit angefertigt hat. Die ganze Aufmachung des Sets gleicht der von "Monet", wobei die dunkle metallicblaue Farbgestaltung an Ober- und Unterseite des Schubers hier viel besser zur Geltung kommt. Das gesamte Set ist sehr durchdacht und wunderschön gestaltet worden.

Was aber zudem sehr überzeugend und lobenswert ist, sind die makellos abgebildeten Meisterwerke im Leporello. Der Druck zeugt von höchster Qualität und lässt die einzelnen Gemälde sehr lebendig wirken. Das Begleitheft gefiel mir in dieser Ausgabe sogar viel besser, da es die wichtigsten Hintergrundinformationen kompakt auf den Punkt bringt und sehr hilfreiche Erläuterungen zu den einzelnen Bildern liefert. Durch die chronologische Anordnung und anhand der Sachinformationen kann man sehr gut den Leidensweg und die Entwicklung durch die kurze Schaffenszeit des Malers nachvollziehen.

Man muss nicht unbedingt Van Gogh Fan sein, um dieses Buch faszinierend zu finden. Die gesamte Gestaltung und auch die Auswahl der Werke Van Goghs zeigt, wieviel Herz und Liebe in diese Ausgabe gesteckt worden ist. Daher ist es für mich kein 0815-Kunstbuch, sondern etwas ganz Besonderes, auch für all diejenigen, die sich mit Kunstrichtungen im Allgemeinen beschäftigen wollen oder einen Einstieg in die Welt Van Goghs suchen.

Fazit:
Das Leporello-Set "Van Gogh" von Valérie Mettais überzeugt mit herausragender Gestaltung und mit erlesenen Werken des Malers und darf in keinem der Kunst gewidmeten Buchregal fehlen. Eine sehr schöne Ausgabe mit hoher Druckqualität und hervorragender Präsentation!

Bewertung vom 30.01.2024
Die geheime Karte / Die magischen Buchhändler von London Bd.2
Nix, Garth

Die geheime Karte / Die magischen Buchhändler von London Bd.2


sehr gut

Zum Inhalt:
Die magischen Buchhändler finden diesmal eine Zauberkarte, die zu einem Ort außerhalb unserer Welt führt. Beim Studieren dieser Karte wird Merlin in sie hineingezogen. Plötzlich findet er sich in Garten voller tödlicher Gefahren wieder. Um ihn zu retten begeben sich seine Schwester Vivien und seine Freundin Susan gemeinsam in den Garten und decken eine Reihe von ungeklärten Todesfällen auf. Doch die magische Serienmörderin, die dahintersteckt, hat bereits ihr nächstes Opfer ausgewählt. Und es ist keine andere als Susan.

Meine Leseerfahrung:
Das erste Buch war in meinen Augen einfach zu unvollendet, als dass man es so als Einzelband stehenlassen konnte. Umso glücklicher war ich, als ich hörte, dass es eine Fortsetzung zu den magischen Buchhändlern geben wird. Und die ist besonders gut gelungen.

Der erste Teil war deutlich actiongeladener, wogegen der zweite Teil stellenweise ruhigere Kapitel bietet, die leider manchmal etwas zu langatmig ausfallen. Insbesondere nach etwa der Hälfte des Buches geschieht nicht wirklich etwas Spannendes, die Buchhändler sind größtenteils mit der Abschirmung bzw. Schutz von Susan beschäftigt, wobei diese innerlich mit ihrem eigenen magischen Erbe zu kämpfen hat. Dennoch bietet das Buch unterhaltsame Lesestunden und eine entspannte Atmosphäre dank des Settings. Ich hatte dies bereits beim ersten Buch dankbar angenommen, weil ich die alternative Welt in den 80er Jahren ohne jegliche Digitalisierung sehr genossen habe.

Worauf man jedoch getrost verzichten konnte, war die eher unterkühlte Liebesgeschichte zwischen Merlin und Susan, die auch im ersten Band bereits nicht wirklich überzeugen konnte. Vielleicht ist dies vom Autor so gewollt, damit der Fokus auf der Story selbst liegt. Aber ich hätte mir hier ein wenig mehr Emotionen gewünscht, auch wenn ich kein Fan von Romanzen bin. Denn so hatte man eher das Gefühl, dass das Verhältnis zwischen beiden Hauptfiguren zwangsläufig konstruiert werden musste, um etwaige Wünsche der Leserschaft zu befriedigen.

Dennoch ist das Buch mE eine gelungene Fortsetzung, weswegen ich auch gerne weitere Bücher über die magischen Buchhändler lesen würde.

Fazit:
Düstere Magie, einzigartige magische Gestalten und Buchhändler mit besonderen Fähigkeiten. Ebenso wie der erste Teil eine faszinierende Mischung für spannende Lesestunden!

Bewertung vom 23.01.2024
Guinness World Records für Erstleser - Weltraum (Rekordebuch zum Lesenlernen)

Guinness World Records für Erstleser - Weltraum (Rekordebuch zum Lesenlernen)


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
In der Reihe "Guinness World Records für Erstleser" von Ravensburger handelt das neueste Buch vom Weltraum. Die Rekorde, die hier aufgestellt werden, faszinieren jung und alt immer wieder. Nun können Erstleser ab 7 Jahren das spannende Sachwissen um das Weltall selbst lesen und sich aneignen. Mit kurzen einfachen Sätzen und zahlreichen Illustrationen wird hier ein aufregendes Thema behandelt und Kindern näher gebracht.

Meine Leseerfahrung:
Unser Großer ist nun in der 2.Klasse und liest sehr gerne. Seit einigen Monaten nimmt er sich auch schon komplexere Themen vor. Der Weltraum war bisher nicht darunter, daher fand er dieses Buch sehr interessant. Es ist sehr übersichtlich gestaltet und eignet sich wunderbar fürs kurzweilige Lesen. Der Inhalt ist in 4 überschaubare Kapitel unterteilt, wobei die einzelnen Leseabschnitte sprechblasenartig gestaltet sind. Die Texte liefern jede Menge Infos zu vier Kategorien (Gewicht, Größe/Länge, Schnelligkeit und Darum/Alter), die mit entsprechenden Symbolen gekennzeichnet sind. Zudem sind Namen von Planeten, Personen oder sogar Raketen farblich hervorgehoben, damit sie dadurch einprägsamer sind. Auf jeder Seite sind mehrere Bilder zur Veranschaulichung, die durch passende Illustrationen ergänzt werden.

Wir haben das Buch zunächst gemeinsam durchgeblättert. Einiges musste ich vorab erklären, denn das Thema Weltall lässt bei Kindern viele Fragezeichen entstehen. Beispielsweise ist es schwieriger für ein Kind zu begreifen, wie Lichtjahre gemessen werden. Auch wenn das im Buch auch kurz erläutert wird, reicht es für ein tiefer gehendes Verständnis nicht aus. Daher würden wir das Buch tatsächlich auch ab der 2. Klasse, auf Grund der schweren Thematik sogar ab der 3. Klasse empfehlen.

Besonders gut gefällt uns an dieser Reihe, dass sie auch bei Antolin enthalten ist, wo Kinder einen entsprechendes Lesequiz beantworten und Punkte sammeln können. Das steigert die Lesemotivation zusätzlich und regt zum ungezwungenem lustvollen Lesen an.
Wir haben uns nun auch zwei weitere Bände (Tiere und Fahrzeuge) der Reihe zugelegt. Eindeutige Empfehlung von uns für Kinder ab der 2. Klasse!

Fazit:
"Guinness World Records für Erstleser - Weltraum" bietet für Kinder ein spannendes Thema mit interessanten Fakten. Nicht nur lehrreich, sondern ideal zur Steigerung der Lesemotivation.

Bewertung vom 14.01.2024
Waiseninsel / Jessica Niemi Bd.4
Seeck, Max

Waiseninsel / Jessica Niemi Bd.4


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Nach den Geschehnissen der letzten Zeit begibt sich Kommissarin Jessica Niemi in Therapie, die nicht besonders gut zu wirken scheint. Denn nach einer Therapiestunde wird sie von Übelkeit geplagt und gerät kurz darauf in eine Auseinandersetzung mit einem Mann, was von Passanten gefilmt und online gestellt wird. Ihre Vorgesetzte schickt sie in den Zwangsurlaub, damit sie Abstand gewinnen kann. So fährt Niemi zu den Schäreninseln zwischen Finnland und Schweden. Dort im Gasthof lernt sie eine kleine Gruppe von Senioren kennen, die "Zugvögel" genannt werden. Kurz darauf wird ein Mitglied dieser Truppe tot aufgefunden. Niemi findet raus, dass bereits zuvor einige Gruppenmitglieder auf dieselbe Weise ums Leben kamen. Und dann ist da noch die Legende von dem Mädchen im blauen Mantel, die immer wieder gesichtet wurde...

Meine Leseerfahrung:
Als ich hörte, dass die ursprünglich als Trilogie angedachte Reihe um Jessica Niemi fortgesetzt wird, war ich überglücklich. Max Seeck ist erfrischend anders in Sachen skandinavische Thriller, ich bin ein Fan seiner Bücher und warte schon sehnsüchtig auf die Verfilmung. Was ich an seinem Erzählstil so schätze, ist die geradlinige Struktur und die glaubwürdig gezeichneten Charaktere. Selbst die Nebenfiguren bleiben dem Leser im Gedächtnis, weil sie Eindruck hinterlassen. Zudem passiert in jedem Kapitel sehr viel, es ist konstant spannend und die Story birgt mystische Elemente, viele Wendungen sowie einen großen Verdächtigenkreis, was bis zum Ende für Verwirrung sorgt. Vielleicht ist es auch diese Unvorhersehbarkeit, die mich immer wieder fasziniert.

Auch im 4. Teil bleibt Seeck seinem Stil treu. Diesmal legt er die Geschichte um eine Legende von einem Mädchen im blauen Mantel an, die immer wieder auftaucht und für Gänsehautmomente sorgt. Dazu liefert er eine authentisch erzählte Hintergrundgeschichte. Alles in allem super stimmig und interessant. Was man allerdings etwas vermisst, sind die Ermittlerkollegen, allen voran Niemis Partner Jusuf, die in diesem Band in den Hintergrund treten. Zudem war ich etwas überrascht, dass Seeck ein eher schlampig konstruiertes Tatmotiv mit schwachen Verbindungen präsentiert. Kein Wunder, dass man bei der Tätersuche immer wieder auf den Holzweg gerät.

Ob dies nun gewollt ist, um die Leserschaft irreführend durch die Ermittlungen zu leiten, oder unbeabsichtigt in der Eile, einen würdigen Nachfolger zu den Vorgängerbänden zu liefern, zu Stande gekommen ist, "Waiseninsel" vermag nicht ganz das Level der ersten Teile zu erreichen, ist aber dennoch superspannend und fesselnd. Außerdem ist dieser Teil völlig der Entwicklung des Hauptcharakters Jessica Niemi gewidmet und damit sehr wichtig für die Reihe.

Fazit:
Mit "Waiseninsel" liefert Seeck die erhoffte Charakterentwicklung der Hauptfigur und fesselt wieder mit einem hochspannendem Thriller, der in gewohnter Weise für Gänsehautmomente sorgt. Eine gelungene Fortsetzung der Reihe!

Bewertung vom 02.01.2024
Antiracist Baby
Kendi, Ibram X.

Antiracist Baby


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Der bekannte Rassismusforscher Ibram X. Kendi hatte vor einigen Jahren ein Buch für Kinder zum Thema Antirassismus herausgebracht, welches nun hierzulande auch als deutschsprachige Ausgabe unter dem Titel "Antiracist Baby – Wie wir unsere Kinder antirassistisch Erziehen" erschienen ist.
Die Idee hinter diesem Buch ist, so wie es der Autor nicht oft genug betonen kann, dass Kinder entweder als Rassisten oder als Antirassisten aufgezogen werden. Es gibt nichts dazwischen, und daher auch keine Neutralität. Mit Hilfe dieses Bilderbuches sollen Kinder antirassistisch erzogen werden. Sie sollen früh genug erkennen, dass es zwar Rassen gibt, sie aber alle gleichwertig sind.

Meine Leseerfahrung:
Inhaltlich ist "Antiracist Baby" allerdings kein reines Kinderbilderbuch, welches man beispielsweise einem 4jährigen Kind vorlesen kann. Es ist mE komplex verfasst und richtet sich vorrangig an die Eltern, dann an ältere Kinder, die je nach Reife das Thema um Rassismus überhaupt begreifen können. Erfasst sind 9 Kernsätze, die mit wenigen Worten erläutert werden. Dazu gibt es recht bunte Illustrationen, die freundlich und kindgerecht wirken. Am Ende des Buches werden Eltern und Bezugspersonen im Nachwort vom Autor selbst angesprochen, was für mich persönlich viel aufschlussreicher ist. Da ich bereits mit der Literatur von Ibram X. Kendi vertraut bin und mich mehr oder weniger mit seinen praktischen Ratschlägen zur Erkennung und Bekämpfung von Rassismus befasst habe, waren mir einige Statements nicht fremd. Ich habe das Grundkonzept des Buches gut verstanden. Für einen Außenstehenden könnte dieses Buch allerdings insgesamt etwas auf Verwunderung stoßen, weil es eben ziemlich untypisch für europäische Verhältnisse konstruiert ist, was Kinderbilderbücher anbelangt.

Was Ibram X. Kendi aber damit versucht zu vermitteln, ist sehr wichtig und erstrebenswert, wenn wir in Zukunft eine tolerantere und friedlichere Gemeinschaft bilden wollen. Und dafür müssen wir bereits in den Anfängen, also im Kindesalter, beginnen.
Wir brauchen noch mehr solche Literatur, die aufrüttelt und zu Diskussionen anregt. Erkenntnis ist der erste Schritt: Wer seinen eigenen Rassismus erkennt, ist in der Lage sich damit effektiv auseinander zu setzen, was wiederum wichtig ist, um sich gesellschaftlich weiterentwickeln zu können.

Fazit:
"Antiracist Baby" bietet mit ansprechenden Illustrationen und wenigen Kernaussagen eine solide Grundlage, das Thema Antirassismus mit Kindern zu diskutieren. Ein äußerst wichtiges Buch in Sachen Kindererziehung!

Bewertung vom 22.12.2023
Elbschatz
Wollschlaeger, Nicole

Elbschatz


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Ein Bus mit Reisenden aus Düsseldorf bleibt plötzlich in Kophusen liegen. Die Reisegruppe wird notgedrungen im Dorf untergebracht, bis ein Ersatzbus zur Verfügung gestellt wird. Währenddessen taucht plötzlich eine Leiche auf, als Hobby-Geocacher auf verlassenem Gelände nach einem Schatz suchen. Nachdem Kommissar Goldberg und seine Truppe auf die Spur weiterer Geocaches mit seltsamen Fundstücken kommen, vermuten sie, dass eine Verbindung zwischen dem Spurenleger und der zur selben Zeit gestrandeten Reisegruppe besteht, zumal immer wieder ein weißer Kastenwagen auftaucht, den sie das erste Mal in der Nähe des liegengebliebenen Busses gesehen hatten. Für das Ermittlerteam gibt es diesmal viel zu tun. Denn der Verdächtigenkreis ist groß und der Ersatzbus für die Gäste bald da.

Meine Leseerfahrung:
Ich kann nie aufhören, von der Elb-Reihe zu schwärmen. Es ist bereits der 8. Fall, in dem Goldberg und Kollegen ermitteln. Und es ist wie immer sehr spannend, familiär und stellenweise auch lustig.

Wieder einmal beschert uns Nicole Wollschlaeger einen Lesegenuss erster Klasse. Der Fall ist durchweg spannend und bietet diesmal sogar ein Themengebiet, dass für mich persönlich absolutes Neuland ist. Mit Geocaching hatte ich mich bisher noch nie befasst. Dabei bietet die Thematik viel Stoff für Krimis, was die Autorin im 8. Teil der Elb-Reihe wunderbar in die Tat umgesetzt hat.

Besonders gut gefällt mir, dass der Leserschaft eine Reihe von facettenreichen Figuren geboten wird, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Nichts ist wirklich vorhersehbar, vielmehr kommt man der Lösung des Falles Schritt für Schritt näher. Und das ist mE der Schlüssel für die konstante spannende Atmosphäre, die das Buch zum Pageturner macht.

Auch wenn wir schon beim 8. Band sind, brauchen Neueinsteiger sich keine Sorgen machen, dass sie die Vorgängerbände noch nicht kennen. Die Fälle sind ja für sich abgeschlossen, so dass die Bücher nicht unbedingt in der chronologischen Reihenfolge gelesen werden müssen. Wenn man aber auch die Charaktere besser kennenlernen und ihre Vorgeschichten erfahren möchte, kann und sollte man auch die vorherigen Bücher nachholen. Jedes Buch ist hier uneingeschränkt empfehlenswert.

Fazit:
"Elbschatz" von Nicole Wollschlaeger bietet eine perfekte Kombination aus Krimi, Emotionen und Humor mit sympathischem Ermittler-Trio und einem fesselnden Fall. Ein wahrer Lesegenuss!

Bewertung vom 02.12.2023
Jack the Ripper - ein Fall für
Fleiter, Philipp

Jack the Ripper - ein Fall für "Verbrechen von nebenan"


gut

Zum Inhalt:
Einer der bekanntesten Serienmörder, den man nie zu fassen bekommen hat, war Jack the Ripper. Podcast-Star Philipp Fleiter hat den berühmtesten Fall der Welt als Mittelpunkt seines True-Crime-Buches gewählt und mit zehn Rätseln ausstatten lassen, mit denen man Schritt für Schritt der Lösung des Falles näher kommt. Am Ende hat der Leser die Möglichkeit auf interaktivem Wege den wahren Täter ausfindig zu machen.

Meine Leseerfahrung:
Der Grund, wieso ich dieses True-Crime-Rätselbuch von Philipp Fleiter unbedingt lesen wollte, war zum Einen die Wahl des bekanntesten Serienmörder-Falls von Europa sowie die Einbettung der Handlung in ein Rätselbuch. Den Podcast kannte ich vorher absolut nicht und habe nach Beenden des Buches mal reingehört. Erst dann habe ich Fleiters Erzählstil verstanden. Die Kriminalgeschichte ist an vielen Stellen sehr sachlich verfasst, Emotionen der einzelnen Figuren bleiben viel zu oft auf der Strecke und die Sprache ist leider oft unpassend. Zumindest hat man das Gefühl, dass Sprache, Zeit und Personen völlig auseinanderdriften. Sehr jungen Lesern würde das vielleicht nicht so auffallen, aber das Buch ist nunmal an Erwachsene gerichtet und sollte den Intellekt meiner Generation erwartungsgemäß auch ansprechen. Für mich persönlich wirkten die Dialoge so gar nicht der Epoche und auch nicht dem Stand der einzelnen Personen entsprechend. Das führt wiederum dazu, dass die Figuren nicht authentisch wirken, sondern eher wie Laiendarsteller, die um ihre Glaubwürdigkeit bemüht sind.

Über all das könnte ich noch hinweg sehen, wenn wenigstens der versprochene Rätselspass von den o.g. Punkten ablenken würde. Die Rätsel waren allerdings recht einfach gestrickt und schnell gelöst, weswegen ich mich bereits nach der Hälfte des Buches mit viel Mühe durchgerungen habe. Die Story hat mich leider überhaupt nicht gefesselt. Das mag aber auch daran liegen, dass Jack the Ripper als Mörderprofil literarisch bereits völlig verbraucht ist und nicht mehr viel an neuen Erkenntnissen liefert. Ein eher unbekannter Fall aus der Vergangenheit wäre vielleicht interessanter gewesen.

Einzig und allein das Ende des Buches ist etwas spannend, weil man zwischen vier Tätermöglichkeiten wählen kann. Doch die Entscheidung fällt nicht besonders schwer, weil die angebotenen Hinweise zwangsläufig nur in eine Richtung deuten. Die Aufklärung wiederum ist mE sehr gewagt und stützt auch meine eigene Theorie, um welche Art von Täter es sich bei Jack the Ripper wohl gehandelt haben könnte. Auch hier war die Schwierigkeit der Erarbeitung nicht sonderlich hoch, weswegen ich der Meinung bin, dass sich das Buch eher für die deutlich jüngere Leserschaft eignet, die sich eventuell mit dem Fall noch nicht intensiv beschäftigt hat.

Fazit:
Ein True-Crime-Rätselbuch über den bekanntesten Serienmörder der Welt mit leider nicht sehr fordernden Rätselmöglichkeiten und einer gewagten Auflösung, auf die eindeutig hingewirkt wird. Eine netter Zeitvertreib mit viel Luft nach oben!

Bewertung vom 20.11.2023
Monsteranwalt / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.2
Buckingham, Royce

Monsteranwalt / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.2


sehr gut

Zum Inhalt:
Daniel Becker ist Anwalt in Seattle und hat alle Hände voll zu tun. Denn seine Mandanten sind überwiegend übernatürlicher Natur. So auch die neue Mandantin, die sich plötzlich in eine Riesenschlange verwandelt und ihn attackiert. Nach dem gescheiterten Mordversuch kann sich allerdings an gar nichts mehr erinnern. Wurde sie mit einem Zauber belegt und als Werkzeug benutzt? Becker nimmt die Attentäterin als Gast bei sich auf. Bevor er aber den versuchten Mordanschlag aufklären kann, wird er bereits mit der nächsten Sache konfrontiert. Die Bürgermeisterin höchstpersönlich beauftragt ihn mit einem heiklen Fall, der ebenfalls übernatürlicher Art zu sein scheint. Ein undefiniertes Monster treibt wohl sein Unwesen und versenkt Schiffe. Und es kommt auf Seattle zu...

Meine Leseerfahrung:
Ich bin in diese Reihe mit dem 2. Teil gestartet und bewerte "Monsteranwalt" ganz unabhängig vom Vorgänger.
Als Anwältin bin ich etwas neidisch auf Beckers Fälle. Denn sie sind spannend, abwechslungsreich und unterhaltsam. Becker beschäftigt sich in diesem Band mit mehreren Mandanten, die auf völlig unterschiedliche Weise seine Aufmerksamkeit erfordern. Die einzige menschliche Mandantin ist die Bürgermeisterin, die ihn wiederum mit der Lösung eines übernatürlichen Problems beauftragt. In diesem Fall kann Becker wenigstens auf eine gute Bezahlung hoffen, was ihn zusätzlich in seiner Arbeit motiviert. Insgesamt wird hier durchgehend für Unterhaltung gesorgt.

Wirklich anspruchsvoll im literarischen Sinne ist dieses Buch aber nicht. Der Erzählstil ist recht einfach, erzählt wird aus der Perspektive des Protagonisten selbst, so dass man als Leser unmittelbar an der Gedankenwelt von Becker teilnimmt. Er ist der etwas verpeilte Stereotyp eines Anwalts, der versucht, all seinen Mandanten gerecht zu werden, ohne zwischen Mensch und Monster zu unterscheiden. Denn jedes Wesen verdient nunmal einen ordentlichen Rechtsbeistand. Auch wenn Becker noch ein Frischling in Bezug auf Übernatürliches ist, nimmt er dennoch jede Hürde auf sich, so zB als er als Anwalt bei einem Hexentribunal mitwirkt, ohne wirklich zu wissen, was auf ihn zukommt.
Neben den beruflichen Herausforderungen hat Becker zudem auch mit zwischenmenschlichen Problemen zu kämpfen, was ihn überaus sympathisch macht, insbesondere wenn er als besorgter Vater sich liebevoll um seine junge Tochter Lucy bemüht.

Die Story ist recht kurzweilig erzählt und lässt sich dank knapp gehaltener Kapitel auch wunderbar flüssig lesen. Ein bisschen mehr Tiefgang wäre zwar prima gewesen, auch wurde an einigen Stellen Potential verschenkt, wo man die Handlungsstränge durchaus hätte weiter ausbauen können. Für Freunde der "leichten" Unterhaltung ist "Monsteranwalt" aber definitiv empfehlenswert.

Fazit:
Auch wenn die Geschichte um Daniel Becker und seine übernatürlichen Fälle noch ausbaufähig ist, überzeugt die Reihe durchweg als Urban-Fantasy-Neuheit. "Monsteranwalt" ist kurzweilige Unterhaltung mit spannenden Kapiteln, abwechslungsreichen Plotlines und viel Humor.