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Arizona

Bewertungen

Insgesamt 23 Bewertungen
Bewertung vom 25.01.2023
Intimitäten
Kitamura, Katie

Intimitäten


ausgezeichnet

Die namenlose Ich-Erzählerin arbeitet seit einem halben Jahr als Dolmetscherin am Gerichtshof in Den Haag. Seit einiger Zeit ist sie mit Adriaan zusammen, der von seiner Frau und den Kindern getrennt lebt.

Die Erzählerin berichtet über die Herausforderungen Ihrer Arbeit, was ich recht interessant fand, da man ja zum einen sehr exakt übersetzen muss, damit die juristischen Details korrekt sind, aber zum anderen sollen auch die Gefühle mit ausgedrückt werden. Und auch die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die dort behandelt werden sind teilweise recht belastend. So lernt man dort im Zuge der Übersetzungen Schwerverbrecher teils recht nah kennen.

Zum anderen gab es dann die Szenen aus ihrem Privatleben. Ihr neuer Freund „verschwindet“ für einige Zeit, um Themen bezüglich seiner Trennung zu regeln. So bleibt es auch spannend, wie es mit den beiden weitergeht.

Einziger Kritikpunkt wäre, dass ich die Frau teilweise als recht passiv empfunden habe, und ihre Reaktionen nicht immer nachvollziehen konnte.

Ingesamt fand ich die Sprache recht anspruchsvoll und auf einem hohen Niveau, aber trotzdem gut lesbar. Die Story hat mich gefesselt, da es sowohl im Job als auch im Privatleben recht spannend war. Ich habe daher die Lektüre genossen, fand es kurzweilig und kann es weiterempfehlen.

Bewertung vom 25.01.2023
Die Geschichte von Kat und Easy
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


gut

Dieser Roman spielt in den 70er Jahren. Die beiden 16-jährigen Freundinnen Kat und Easy verlieben sich beide in den gleichen Mann – in Fripp, den Chef des Jugendclubs.

Ein Zeitsprung, die Frauen sind inzwischen Anfang 60. Und sie wollen sich nach dieser langen Zeit auf Kreta treffen, wo Easy ein Haus besitzt. Irgendwie sind beide noch von den Ereignissen von damals beeinflusst. Aber so wirklich darüber reden möchten sie zunächst auch nicht.

Dabei ist das Buch so aufgebaut, das immer ein Kapitel aus der Vergangenheit und ein Kapitel auf Kreta sich abwechseln.

Interessant fand ich, zu erfahren wie damals passiert ist. Es gab einen Unfall, was hatte es damit auf sich? Manchmal prägen solche Geschichten aus der Jugend das weitere Leben. Es entstehen Muster, die man oft später auch wiederholt. Also aus der psychologischen Sicht fand ich das ganz interessant.

Jedoch gab es andere Punkt, die mir in dem Roman nicht so gefallen haben. Die Handlung war zum großen Teil wie ein Jugendbuch, voller Teenie-Probleme. Dann hat mich der Alkohol- und Drogenkonsum schon sehr gestört, das stand mir hier zu sehr im Focus. Auch gefiel mir der ganze Part mit dem Internet-Lebensberatung Blog nicht. Da diese Themen relativ große Teile des Romans ausmachen blieb daher nicht viel Raum für die für mich interessanteren Dinge.

Bewertung vom 25.01.2023
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Die Autorin hält dem Leser einen Spiegel vor, es geht um Vorurteile gegenüber nicht-weißen Menschen, um Alltagsrassismus in Deutschland, eben darum auf welche Widerstände Menschen mit Migrationshintergrund - wie es oft so unschön heißt - in unserer Gesellschaft treffen. Sei es in der Schule, oder später bei der Jobsuche, einfach überall. Und es geht auch um Freundschaft, denn die drei Protagonistinnen Saya, Kasih und Hani kennen sich schon seit der Kindheit, sie haben gemeinsam in der Siedlung gewohnt und sind zusammen zur Schule gegangen.

Der Roman beginnt mit einem Zeitungsartikel aus der Boulevard-Presse, der über einen Brand in einem Wohnhaus berichtet. Dann startet die Handlung, es ist Freitagnacht und die Erzählerin Kasih wartet auf ihre Freundin Saya, die die Nacht im Gefängnis verbringen muss. Was ist passiert? Kasih beginnt chronologisch zu erzählen, was sich alles in den letzten Tagen ereignet hat, seit Saya am Dienstag zu Besuch kam, um ein paar Tage bei ihren Freundinnen zu verbringen, anläßlich einer Hochzeitsfeier.

Dabei beginnt Saya direkt voller Wut über diskriminierendes Verhalten durch ihre Mitmenschen zu erzählen. Das Ganze ist aber auch recht unterhaltsam erzählt, und man ist gleich mitten im Geschehen angekommen. Weiterhin wird jetzt über die Tage bis zur Hochzeitsfeier berichtet. Allerdings gibt es auch einige Rückblenden in die Kindheit im „Getto“ - wie Kasih es nennt, eine Siedlung, in der überwiegend Flüchtlingsfamilien wohnten. Nach und nach wird klar, wie unterschiedlich die Freundinnen sind. Hani, die immer versucht allen zu gefallen, und auch auf ihrer Arbeit eher aufopferungsvoll ihre Chefin unterstützt. Dann eben Kasih, die gerade von ihrem Freund verlassen wurde, und die nach ihrem Studium noch auf Jobsuche ist. Und eben die erfolgreiche Saya, die emotional aktuell sehr aufgewühlt ist durch den gerade stattfindenden Prozess geben Nazis, es geht um Morde an Ausländern (NSU-Prozess). Kasih berichtet jetzt von vielen kleinen Vorfällen, die sich eben alle summieren, bis ein Punkt erreicht ist, an dem Sayas Wut überschäumt. So läuft eben alles auf diesen Höhepunkt hinzu, auf die Nacht der Hochzeit und auf die sich anschliessenden Vorfälle.

Ich finde die Art, wie der Roman erzählt wird sehr interessant. Man wird von Kasih als Leser direkt angesprochen, denn sie setzt sich in dieser Freitagnacht nach der Hochzeit hin und schreibt alles auf, für uns Leser, damit wir verstehen können was passiert ist. Das irritiert einen natürlich etwas, weil man als Leser ja sonst quasi anonym mitliest und es nicht gewohnt ist mit eingebunden zu werden. Dadurch wird man direkt damit konfrontiert, dass es diese Art des Rassismus tagtäglich in unserer Gesellschaft gibt.

Die Autorin spielt auch mit der Wahrheit, es geht darum, ob immer alles richtig ist, was berichtet wird. Das gilt vor allem für den Zeitungsartikel vom Anfang, aber auch von der Autorin selbst gibt es teils widersprüchliche Aussagen. Dies schlägt sich schon in den ersten Sätzen nieder: „Ich bin nicht: das Mädchen aus dem Getto. … Ich bin: das Mädchen aus dem Getto.“ Dies setzt sich so fort, wie ein Vexierspiel, wobei man als Leser auch die Aufgabe hat, gedanklich etwas Ordnung in das Ganze zu bringen. Also keine ganz einfache Kost, aber es lohnt sich schon, und das Thema ist natürlich wichtig. Keiner sollte aufgrund seines fremdländischen Aussehens bzw. seiner Herkunft oder aufgrund seines Geschlechts benachteilig werden.

Kleine Abstriche gibt es für mich, da mir manches etwas zu plakativ ist, und weil mir Saya trotz ihrer Ausbildung oft zu unreflektiert erscheint. Auch hat das Thema Alkohol / Party machen für mich zu viel Raum.

Interessant ist auch der Titel, eine Reminiszenz auf den Roman „Drei Kameraden“ von Eric Maria Remarque, das nach dem ersten Weltkrieg spielt. Und beide Romane spielen in einer namenlosen Stadt.

Das Cover passt perfekt, es stellt ein Feuer dar, das sich aus den Deutschland-Farben schwarz-rot-gold zusammensetzt.

Bewertung vom 25.01.2023
Unter Wasser Nacht
Hauff, Kristina

Unter Wasser Nacht


gut

Der Roman spielt in Norddeutschland, im Wendland an der Elbe. Dort leben auf einem Hof zwei Familien. Das sind zum einen Thies und Sophie, deren Sohn Aaron vor einem Jahr im Alter von 11 Jahren in der Elbe ertrunken ist. Und ihre Freunde und Nachbarn Bodo und Inga, die auch dort mit ihren beiden Kindern leben.

Es geht darum, wie man nach einem solchen Verlust weiterleben kann. Das Problem ist auch, dass die Eltern nicht wissen, was damals überhaupt geschehen ist. Das Verhältnis zu den Nachbarn hat sich negativ verändert, auch weil Gefühle wie Neid auf die scheinbar glückliche Familie aufkommen. Auch die Beziehung der Ehepartner ist belastet durch den Verlust.

Der Roman wird abwechselnd aus Sicht der verschiedenen Personen erzählt, meist aus Sicht von Thies, Sophie und Inga. Es geht zum einen um die Gegenwart, dort taucht eine fremde Frau (Mara) im Dorf auf, die etwas frische Energie mitbringt. Zum anderen geht es aber auch um die Vergangenheit, wie das Leben mit Aaron lief, und was damals passiert ist.

Die Autorin benutzt viele Vokabeln zum Thema Wasser, die Elbe wird als unterschwellig bedrohlich dargestellt. Die Stimmung ist eher düster, passend zum Inhalt des Buches.

Mir hat nicht so gut gefallen, dass alle Personen quasi sehr um sich selbst kreisen. Auch ist mir oft das jeweilige Verhalten der Personen nicht richtig plausibel geworden, vor allem wenn es um die fremde Frau Mara geht, oder auch um die Ehe von Thies und Sophie (ich will jetzt aber nicht spoilern). Dass der Verlust eines Kindes eine Ehe belastet ist sicherlich verständlich, aber der Umgang der beiden ist für mich doch fragwürdig. Auch wird Aaron als sehr schwieriges Kind dargestellt, ohne dass aus meiner Sicht näher beleuchtet wird, was dahinter steckt. Wenn man mit den Protagonisten nicht so richtig warm wird, dann ist das Lesevergnügen oft etwas eingeschränkt, so wie es hier für mich der Fall war.

Bewertung vom 02.10.2022
Teen Couple Have Fun Outdoors
Jayan, Aravind

Teen Couple Have Fun Outdoors


gut

Der Roman spielt in Indien und handelt von dem Ich-Erzähler und seinem älteren Bruder Sreenath, beide Anfang 20.

Das Buch startet gleich mit dem Problemfall, um den das ganze Buch kreist. Es wird ein heimlich gefilmtes Video veröffentlicht, das Sree bei sexuellen Handlungen mit seiner Freundin zeigt. Indien wird als ein sehr prüdes Land beschreiben, daher ist dies ein großer Skandal und die Eltern sind schockiert. Die Situation eskaliert immer mehr, zuerst wirft der Vater im Streit den Bruder raus, dann taucht später noch die Mutter des Mädchens auf und verlangt die Heirat.

Auch das Verhältnis zwischen den Brüdern verschlechtert sich zunehmend. Der jüngere Bruder versucht immer zu vermitteln und ist auf Harmonie aus, und so wirbt er bei seinem Bruder um Verständnis für die Eltern, wodurch er sich immer mehr von ihm entfremdet. Es gibt einfach keinen Lichtblick in dieser Geschichte, in der alle in ihren eigenen Handlungen und Gedanken verfangen sind, ohne dass es einen Austausch untereinander gibt. Alle Unternehmungen sind zum Scheitern verurteilt und es entsteht so eine Art Abwärts-Spirale. Es geht nur um Äußerlichkeiten, darum den guten Ruf zu bewahren, darum was die anderen Leute denken. Das fand ich unsympathisch und reaktionär.

Ich hatte mir unter diesem farbenfrohen Roman mal zur Abwechslung ein eher lustiges Buch versprochen. Auch wenn es Probleme gibt, so hatte ich gedacht es würde eher die komische Seite beleuchtet. Aber das war leider nicht der Fall, es gab nur Missstimmung, Streit und Eskalationen. Daher hat mir das Lesen keinen Spaß gemacht, es hat mich eher gelangweilt, weil es immer nur um dieses eine Thema kreist. Daher war ich war froh, als ich das Buch zuklappen konnte. Einen dritten Stern gebe ich aber dafür, dass uns die indische Mentalität etwas näher gebracht wurde.

Bewertung vom 09.04.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


gut

Dieser historische Roman erzählt über das Leben von Andrew Green, dem Schaffer des Central Parks in New York. Der Anfang des Buchs handelt dabei jedoch von Andrews Ende, denn er wird im Jahr 1903 direkt vor seinem Haus erschossen, an einem Freitag, den 13.

In Rückblicken wird dann die Geschichte seiner Kindheit und Jugend erzählt. Wie er auf dem Land aufwächst, dann aber quasi von seinem Vater nach New York „abgeschoben“ wird, um dort eine Lehre in einem Geschäft zu machen. Dort trifft er Samuel Tilden, der aus reichem Hause stammt, und der sein bester Freund wird.

Später verbringt Andrew einige Zeit in Trinidad, bevor er zurück in New York quasi in die Fußstapfen seines reichen Freundes Samuel tritt und auch Anwalt wird. Er beginnt sich sehr für die öffentlichen Belange von New York einzusetzen, und diese Aufgaben übertrumpfen quasi sein persönliches Glück, und so bleibt er zeitlebens Junggeselle.

Eigentlich geht es ja in diesem Roman darum, wieso Andrew überhaupt erschossen wurde. Denn der Mörder selbst konnte direkt am Tatort festgenommen werden. So gibt es auch den Handlungsstrang mit dem ermittelnden Inspector McClusky, welcher aber dann doch in den Hintergrund gedrängt wird durch die Rückblicke auf Andrews Leben. Hier hätte ich mir etwas mehr Spannung erwartet, rund um die Aufklärung des Mordfalles.

Das erste Drittel mit dem Mord und auch den Rückblick in Andrews Kindheit und Jugend, auch seine erste Zeit in New York - das fand ich alles schon recht spannend. Der Teil in Trinidad startete auch noch gut, aber dann war für mich die Luft etwas raus. Das Privatleben wurde wie gesagt so ziemlich in den Hintergrund gedrängt durch seine berufliche Karriere. Daher fand ich, dass das Buch einige Längen mit seinen 370 Seiten hatte, und so wurde es für mich in der zweiten Hälfte recht zäh weiterzulesen. Die Lesbarkeit wurde auch nicht gerade dadurch besser, dass der Autor häufig lange Schachtelsätze verwendet.

Bewertung vom 09.04.2022
Tell
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

Joachim B. Schmidt hat der Sage rund um den "alten Eidgenossen" Wilhelm Tell neues Leben eingehaucht. Durch das Stilmittel von kurzen Kapiteln, jeweils aus der Perspektive eines anderen Erzählers aus der Ich-Perspektive, rast man nur so durch das Buch. Teilweise wird so auch die gleiche Szene aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Lediglich Tell selbst kommt erst relativ spät zu Wort. Dadurch verschafft man sich aber schon zuvor ein Bild von ihm, jeweils aus Sicht der anderen Personen.

Die Handlung ist grob bekannt, Tell gerät mit den Soldaten der Habsburger aneinander, es folgt die berühmte Apfelschuss-Szene. Dabei ist hier jedoch der Focus auf Tells Familiengeschichte gelegt, was ich sehr interessant fand. Es geht um die Großmütter, um die Kinder von Tell, und auch ein Teil von Tells eigener Kindheit / Jugend spielt noch ein Rolle. So hat man wirklich ein sehr abwechslungsreiches Buch, sowohl thematisch, als auch von den handelnden Personen her, die man alle durch die Ich-Perspektive gut kennenlernt. Der Schluss hat noch mal eine ganz neue Perspektive - zeitlich gesehen - gebracht. Lediglich zu zart besaitete sollte man als Leser*in nicht sein, denn die Zeiten damals waren sehr rau, und es gibt daher auch einige recht brutale Szenen im Roman.

Chapeau dafür so einen alten Stoff heutzutage interessant wieder zu beleben, ein echter Pageturner!

Bewertung vom 28.03.2021
Der Pfau
Bogdan, Isabel

Der Pfau


sehr gut

Die deutsche Übersetzerin Isabel Bogdan hat ihren Debüt-Roman am Rande der schottischen Highlands angesiedelt. Im Herrenhaus von Lord Hamish und Lady Fiona McIntosh hat sich einen Gruppe Banker eingemietet, inmitten der Ruhe und Natur. Die vier Männer der Investment-Abteilung nebst ihrer Chefin Liz, in Begleitung einer Psychologin als Moderatorin und einer eigenen Köchin, führen dort ihre Teambuilding-Tagung durch. Lord und Lady haben jedoch gerade Probleme mit einem ihrer Pfaue, der in pubertären Hormonwirrungen auf alles Blaue höchst aggressiv reagiert. Da auch das Auto der Chefin eben die Farbe blau hat wird die Situation kritisch, als der Pfau das Auto attakiert. Der Lord muss reagieren und behebt das Problem heimlich mit Hilfe seines Jagdgewehrs. Nun geht jedoch der Reigen von Verwicklungen erst los, denn der Hund der Chefin apportiert brav bei einem Waldspaziergang den erschossen Pfau, wie es sich für einen Jagdhund gehört. Dies trägt jedoch nicht gerade zur Freude seines Frauchens bei, die nun denkt, er habe den Vogel erlegt. Nun muss das Federvieh verschwinden, und diese Aufgabe übernimmt David mit Hilfe der Köchin... Nebenbei es gibt auch diverse Spielchen, die der Teambildung dienen sollen, z.B. eine Hütte im Wald zu bauen. So lernt man noch die einzelnen Leute aus dem Team näher kennen.

Nun, die Geschichte selbst ist soweit eher etwas trivial, aber die Erzählweise ist sehr liebevoll. Die Atmosphäre dort im kalten Winter, wo auch viel Schnee fällt, ist sehr schön eingefangen, und auch der typisch britische Humor kommt nicht zu kurz. Die Autorin kennt die Gegend dort selbst gut und schreibt so sehr authentisch. So steht hier für mich nicht die Geschichte um den Pfau selbst im Vordergrund, sondern die humorvolle Erzählweise ist hier das Besondere. Daher ist dieses Buch einfach nur nette Unterhaltung und tut daher gut zu lesen. Es wird aber auch klar, wie durch Nicht-Kommunikation solche Probleme entstehen können, da jeder der Personen ein Stück der Geschichte kennt, dieses jedoch nicht kommuniziert und so überhaupt erst diese ganzen Verwicklungen entstehen können.

Bewertung vom 28.03.2021
Nächstes Jahr in Berlin
Seeberger, Astrid

Nächstes Jahr in Berlin


ausgezeichnet

Dieser Roman ist autobiographisch inspiriert, wie es der Klappentext so schön formuliert.

Die Autorin ist selbst Ärztin und lebt in Schweden, genauso wie die Protagonistin. Der Anfang des Romans spielt im Jahr 2007 und handelt vom Tod ihrer Mutter, die in Stuttgart gelebt hat. Dies nimmt die Erzählerin ein paar Jahre später zum Anlass, um ihre Familiengeschichte aufzuschreiben. Ihre Mutter Rose stammt aus Ostpreußen, und diese Heimat ist für sie zeitlebens das gelobte Land geblieben. Dann musste die Familie jedoch vor dem Krieg fliehen. Die Mutter lebte nach ihrer Hochzeit dann später mit ihrem Mann und der Tochter zuerst in Waldstadt, und schließlich im Raum Stuttgart.

In dem Roman herrscht schon durch den Anfang mit dem Tod der Mutter eine eher melancholische Stimmung. Aber dies alles ist trotzdem sehr schön geschrieben, und auch die Bilder zur Charakterisierung der Personen sind besonders. Der Vater mit seinem Buckel und seiner Leidenschaft fürs Waldhorn spielen ist ein „Lobpreiser“, der die Natur bewundert. Die Mutter dagegen wirkt eher depressiv, sie trauert ihrer Heimat Ostpreußen nach. Auch ist das Leben der Mutter geprägt von Verlusten. Und nach dem Tod des Vaters gibt es für sie nur noch Leere und Einsamkeit.

Aber was auch nach dem Tod der Eltern bleibt sind Erinnerungen und die Spuren, die die Eltern hinterlassen haben. Und so erzählt die Autorin die Geschichten ihrer Mutter, und zwar Geschichten des Sehnens und auch Geschichten aus dem Paradies. Der Großvater wird beschrieben wie ein König, den alle geliebt haben. Ihre Mutter hatte noch vier Geschwister. Der Krieg hält Einzug, und die älteren Brüder müssen an die Front.

Der Titel des Romans kommt daher, dass sich die Mutter mit ihrem Bruder, der Schauspieler werden will, Briefe schreibt und diese immer enden mit „Nächstes Jahr in Berlin“. Aber so weit wird es nicht kommen. Die Familie muss vor dem Krieg fliehen, und sie haben über Jahre keinen Kontakt mehr. Später besuchen sie dann die Großeltern in Ostdeutschland. Hier auf dem Land in der DDR, das ist für die Enkelin das Paradies. Es entwickelt sich eine besonders liebevolle Beziehung zwischen ihr und ihrem Großvater, die auch geprägt ist durch die gemeinsame Liebe zu Büchern.

Ich habe wirklich Anteil genommen an dem Schicksal dieser Familie. Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter ist nicht einfach. Psychologisch fand ich das einfühlsam erzählt. Man versteht nach und nach, wie alles in dieser Familiengeschichte zusammenhängt, und es bleibt bis zum Schluss spannend. Und es gibt eine Fortsetzung mit „Goodbye Bukarest“, auf die ich jetzt neugierig geworden bin.

Bewertung vom 28.03.2021
Léon und Louise
Capus, Alex

Léon und Louise


sehr gut

Das ist ein Roman fürs Herz, schön erzählt, ohne kitschig zu sein - wenn es auch zwischen Leon und Louise eine eher unglückliche Liebesgeschichte mit Hindernissen ist. 1918 durchkreuzt der Krieg in Frankreich ihre Romanze, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. Doch trotzdem werden die beiden einander nie wieder ganz vergessen. Auch später können sie aber nicht mehr zueinander kommen.. oder doch? Aber lest selbst...

Leicht erzählt, unterhaltsam und auch ein bisschen abenteuerlich. Man merkt dass Capus sorgfältige Geschichtskenntnisse hat. Er nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch zwei Weltkriege. Es waren schon sehr widrige Umstände in diesen Jahren. Ein schöne Einblick in die Gefühlsverstrickungen der beiden Protagonisten, und auch die politischen Geschehnisse kommen nicht zu kurz. Hut ab für das Erzähltalent des Autors, sehr unterhaltsam!