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Astrid

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 23.11.2014
Zwölf Leben
Mathis, Ayana

Zwölf Leben


gut

Dieser Roman hat mich eher enttäuscht, da ich mir nach dem Lesen der Leseprobe mehr erhofft hatte. In „Zwölf Leben“ von Ayana Mathis werden die Geschichten der Kinder von Hattie Shepherd erzählt. Dieser Roman ist die Geschichte einer afroamerikanischen Großfamilie im 20. Jahrhundert, während der „Great Migrations“, als Hattie mit ihrem Ehemann August versucht sich in den Nordstaaten Amerikas ein neues Leben aufzubauen. Doch alle Hoffnungen Hatties auf ein besseres Leben erweisen sich als aussichtslos und mit jedem Kind, das Hattie zur Welt bringt, entfernt sie sich weiter von ihren Träumen. Eine Tatsache, die Hattie ihre Kinder spüren lässt, indem sie ihnen die Liebe verwehrt die diese so dringend brauchen. Ayana Matthis schafft es, „einen Roman über eine große Familie [zu] schreiben, in der man dennoch alleine ist“ (Zitat Ayana Matthis), so dass die nahezu einzige Verbindung zwischen den 12 Leben Hattie selbst ist. Alle ihre Kinder streben so verzweifelt nach der Liebe, die Hattie ihnen nie geben konnte, dass auch sie keine Erfüllung im Leben finden. Die Handlung wird im Klappentext als ein „Kampf gegen die Bitterkeit“ beschrieben und Bitterkeit ist tatsächlich allgegenwärtig im Verlauf des Romans, aber einen Kampf gegen eben diese konnte ich nicht unbedingt erkennen. Hattie wirkt resigniert, was in starkem Kontrast zu beispielsweise dem Kampfgeist ihrer jüngeren Schwester steht. Nie erfährt man, was in Aus diesem Grund fand ich „Zwölf Leben“ zwischenzeitlich etwas deprimierend, wahrscheinlich ist die Handlung eben authentisch, aber mir war dadurch die Botschaft des Romans unklar. Auch hätte ich mir mehr Verknüpfungen zwischen den einzelnen Geschichten gewünscht, die zwölf Kapitel dieses Romans wirken eher wie Kurzgeschichten, sodass keine zusammenhängende Handlung entsteht. Immer, wenn man sich gerade mit einer Person angefreundet hat und eine gewisse Spannung aufkommt, beginnt ein neues Kapitel. Ich hätte mir mehr Überschneidungen zwischen den Kapiteln gewünscht, auch wenn die Abwesenheit dieser Verbindungen die Einsamkeit der Akteure umso stärker verdeutlicht. Gefallen hat mir der Stammbaum am Ende des Buchs, durch den man den Überblick über die Vorkommnisse der einzelnen Kapitel behält. Alles in allem muss ich sagen, dass mir der Roman „Zwölf Leben“ eher weniger gefallen hat, sodass ich dieses Buch wahrscheinlich nicht noch einmal lesen werde. Allerdings sollte sich jeder selbst ein Bild von diesem Roman machen, denn er ist zwischenzeitlich wirklich lesenswert.

Bewertung vom 23.11.2014
Als wir unsterblich waren
Roth, Charlotte

Als wir unsterblich waren


ausgezeichnet

Dieser Roman schafft eine Verbindung zwischen den geschichtlichen Ereignissen im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Die Handlung wird abwechselnd aus zwei Perspektiven geschildert, aus der Perspektive von Alexandra im Jahr 1989 und aus der Sicht ihrer Großmutter Paula von 1912 bis 19. Bei Alexandra handelt es sich um eine 23-jährige Ostberliner Studentin, die bei ihrer 93-jährigen Großmutter lebt, welche Alexandra stets im Unklaren über ihre Vergangenheit gelassen hat. Alexandra fällt es im Gegensatz zu ihrer Freundin Meike sehr schwer, die schützenden Wände ihrer Wohnung zu verlassen. Dennoch begleitet sie Meike in der Nacht des Mauerfalls und trifft im Laufe der Nacht auf den Westberliner Oliver, woraufhin beide sich ineinander verlieben. Als Alexandra wenige Wochen später ihrer Großmutter Oliver vorstellen will, erleidet diese einen Schock.
Im Krankenhaus erfährt Alexandra, dass ihre Großmutter nicht mehr lange zu leben hat und erhält die Empfehlung, dem Verhalten der Großmutter auf den Grund zu gehen, indem sie ihre Großmutter davon überzeugt, Alexandra von ihrer Geschichte zu erzählen. Nach und nach, erlangt Alexandra Kenntnis von der Vergangenheit ihrer Großmutter, sie erfährt unter anderem von Paulas Vater, ihrem Bruder und Paulas großer Liebe, dem Sozialisten Clemens. Nun wir klar, wie stark sich Paula in ihrer Vergangenheit politisch engagiert hat und welche harten Verluste sie erleiden musste. Schließlich wird auch geklärt, welche Verbindung zwischen Oliver und Paula besteht und welche furchtbare Rolle Olivers Großvater in der Vergangenheit spielte.
Mir haben die Verknüpfungen dieser verschiedenen Schilderung besonders gut gefallen, meist wurde der letzte Satz aus dem Abschnitt der einen Person im nächsten Abschnitt wiederaufgenommen. Dabei fiel auf, dass für die beiden Personen diese Aussagen offenbar vollkommen unterschiedliche Bedeutungen haben. Beispielsweise der Satz „Hier dürfen Familien Kaffee kochen“, der Paula an ihren Freund Kutte und die gemeinsamen Erlebnisse erinnert. Diesen Satz verbindet Alexandra nur mit dem alten Blechschild, das so lange sie sich erinnern kann zu den Besitztümern ihrer Großmutter zählte.
Dieser Roman zeigt sehr eindrucksvoll, wie viel Geschichte ein einzelner Mensch in seinem Leben erleben kann. Am Anfang könnte man Paula als eine leicht naive Idealistin charakterisieren, die in Clemens Kamphausen einen unbesiegbaren Helden der Arbeiterklasse sieht. Dieser Kampfgeist erhält einen Dämpfer, als Paula miterleben muss, dass weder Clemens noch die SPD den ersten Weltkrieg verhindern kann. Als schließlich Hitler an die Macht kommt, ist der Glanz von Clemens Kamphausen genauso erloschen, wie Paulas Glaube etwas verändern zu können. Mit 93 Jahren ist sie nur noch eine resignierte alte Frau, die alle ihre Träume hat vorüberziehen sehen, was sie zu Äußerungen wie: „Warum werden Frauen eigentlich nie klüger, warum macht sich jede Generation denselben Unsinn vor?“ und „Der Geschichte ist das egal. Die lässt sich von dir sowieso nicht aufhalten, und wenn du dich mit all deinen Kräften dagegenstemmst.“ bewegt.
Dies zeigt sich zum Beispiel daran, wie wichtig die Treffen der Protagonisten am Wannsee für alle sind, dies ist der Ort, an dem sie unsterblich waren, an dem alles möglich schien und nichts einer besseren Welt im Weg zu stehen schien.
„Als wir unsterblich waren“ ist die bewegende Geschichte einer uneigennützigen Kämpferin, die letztendlich an den Wirrungen der deutschen Geschichte zerbricht, eine Widerstandskämpferin, die erkennen musste, dass sie und ihre Freunde allen Träumen zum Trotz nicht unsterblich waren. Eine Geschichte, die es wert ist erzählt und gelesen zu werden. Ich kann diesen Roman auf jeden Fall weiterempfehlen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.11.2014
Einsteins Versprechen
Rovira, Àlex; Miralles, Francesc

Einsteins Versprechen


weniger gut

Dieser Roman handelt von der Suche nach Albert Einsteins letzter Erkenntnis, welche sich in der mysteriösen Formel E=ac² verbergen soll. Auf die Suche nach der Erklärung für diese rätselhafte Veränderung Einsteins berühmtester Formel begeben sich die Mileva Marić Biographin Sarah und der Drehbuchautor Javier, nachdem sie einige anonyme Hinweise erhalten haben. Doch nicht nur die beiden sind auf der Suche nach Einsteins letzter Erkenntnis. Immer wieder tauchen weitere Personen auf, die ähnliche Hinweise erhalten haben, jedoch im Laufe des Romans alle ein tödliches Ende finden. Sarah und Javier reisen im Zuge der Handlung durch einige Länder, auf den Spuren Albert Einsteins, um schließlich Einsteins letztes großes Rätsel zu lösen...

Bei diesem Roman haben mich das Cover und der Titel direkt in den Bann gezogen, nach der Lektüre kann ich aber sagen, dass dieses Buch hauptsächlich gut im Regal aussieht, ob ich es ein weiteres Mal lesen werde, ist fragwürdig. Positiv waren für mich jedoch die Zitate am Anfang jeden Kapitels, diese waren meiner Meinung nach größtenteils passend gewählt.

Eine weitere Sache, die mich sehr an diesem Buch gestört hat und mich letztlich dazu bewegt hat statt drei Punkten nur zwei zu geben, ist, dass auf nahezu jeder Seite für irgendein Produkt geworben wird. Dazu muss ich sagen, dass ich Schleichwerbung in Filmen und Serien akzeptieren kann, in einem Buch möchte ich allerdings nicht durch diese gestört werden. Ich habe schon bei einigen Büchern in letzter Zeit bemerkt, dass gehäuft Produkte wie Apple, CocaCola, McDonalds etc. beworben werden und finde, dass das den literarischen Wert eines Romans mindert. Gerade von einem Roman, der mit einem Literaturpreis ausgezeichnet worden ist, hätte ich mehr erwartet.

Auch erschienen mir einige „wissenschaftliche“ Schlussfolgerungen des Protagonisten Javier, der mir nebenbei sehr unsympathisch war, eher bedenklich, als ob sie so sehr vereinfacht wären, dass ihr Gehalt verloren gegangen wäre. Auch hat mich der ständige Bezug auf die Formel E=mc² genervt, entweder man traut seinen Lesern zu, sich etwas tiefer mit Einsteins Erkenntnissen zu beschäftigen oder man lässt diesen Pseudo-Wissenschaftsbezug weg.

Ich hätte mich mit alledem abgefunden, wenn mir wenigstens das Ende des Romans gefallen hätte. Aber nach einer scheinbar endlosen Suche (zwischenzeitlich hat das Buch einige Längen) wirkt das Ende doch sehr plötzlich und etwas abgedroschen, ich bezweifle, dass Albert Einstein mit diesem einverstanden gewesen wäre. Aber zu einer Standardabenteurersuche gehört wahrscheinlich auch ein banales Standardende und die Höchstzahl an Seiten war wohl erreicht.

Abschließend kann ich sagen, dass mich dieser Roman enttäuscht hat, ich aber dennoch jedem empfehlen würde, sich selbst ein Bild von diesem Roman zu machen. Das Thema ist wirklich interessant, nur leider hapert es an der Umsetzung. Man könnte sich dies vielleicht zum Anlass nehmen, sich mit Albert Einsteins Biographie zu beschäftigen oder mit seinen Erkenntnissen, dann hätte die Lektüre dieses Romans wenigstens etwas Sinnvolles bewirkt...

Bewertung vom 23.11.2014
Himmelstal
Hermanson, Marie

Himmelstal


sehr gut

Dieser spannende Krimi von Marie Hermanson handelt von dem folgenreichen Verwechslungsspiel zweier Brüder. Die Zwillinge Max und Daniel sind zwar äußerlich nicht zu unterscheiden, ihr Inneres unterscheidet sich jedoch gravierend. Während Daniel ein empathischer, zurückhaltender Mensch ist, entspricht Max' unberechenbarer Charakter dem eines Psychopathen. Als Daniel seinen Bruder in Himmelstal, einer vermeintlichen Kurklinik für Burnout-Patienten, besucht, lässt er sich von Max zu einem Tausch überreden. Da Max angeblich eine wichtige Sache zu erledigen hat, kann er Daniel davon überzeugen, für ein paar Tage seine Rolle in Himmelstal zu übernehmen. Erst viel zu spät bemerkt Daniel seinen Fehler, denn Himmelstal ist nicht das, was es zu sein schien.

Insgesamt hat mir dieser Roman sehr gut gefallen. Es handelt sich hier um einen spannenden Psychothriller, in dem nichts ist, wie es scheint. Die Spannung wird im kompletten Roman aufrechterhalten und da die Handlung aus der Sicht von Daniel geschildert wird, bleibt auch der Leser im Dunkeln über die Vorgänge in Himmelstal. Natürlich ist die Handlung des Romans zum Teil berechenbar und wenig überraschend, allerdings ist dieser Roman dennoch sehr unterhaltsam. Denn bis zum Ende der Handlung ist nicht klar, welche Rolle die einzelnen Personen im Himmelstalgefüge spielen und welche von Daniels Einschätzungen richtig ist.
Der Roman ist angenehm geschrieben und erinnert beispielsweise an die Romane von Sebastian Fitzek. Man kann sich gut in Daniel und seine ausweglose Situation hineinversetzen und wird von der Handlung mitgerissen. Allerdings fand ich einige Personen, vor allem den Klinikleiter Dr. Fischer, unglaubwürdig und auch das etwas abrupte, wenig ausgefeilte Ende des Romans ist meiner Meinung nach nicht gut gelungen.
Ich kann diesen Roman jedem empfehlen, der spannende Thriller mag und auf der Suche nach einem kurzweiligen Unterhaltungsroman ist.

Bewertung vom 23.11.2014
Mandela
Brand, Christo;Jones, Barbara

Mandela


ausgezeichnet

Dieses Buch hat mich beeindruckt. Alle meine Erwartungen, die der Titel, das Cover und die Leseprobe geweckt haben sind erfüllt worden. Es handelt sich hier um eine wirklich lesenswerte Biographie, geschrieben aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive. Der Titel weckt bereits das Interesse, scheinen doch die Begriffe Gefangener und Freund nicht miteinander vereinbar, aber Christo Brand belehrt den Leser eines Besseren.

Die Erzählung beginnt mit der Schilderung von Christo Brands Kindheit und Jugend (mit Vergleichen zu Nelson Mandela) bis zu seinem Eintritt in den Gefängniswärterdienst. Dieser beginnt auf der unwirtlichen Gefängnisinsel Robben Island, abgeschnitten vom Rest des Landes, was vor allem den jungen Gefängniswärtern zu schaffen macht. Hier soll Christo Brand schließlich auf Nelson Mandela und weitere im Rivonia-Prozess Verurteilte treffen. Der politisch unbewanderte Christo Brand hat bisher noch nichts von diesen Männern gehört, er scheint bestens geeignet für seine neue Aufgabe. Allerdings haben Brands Eltern ihn Mitgefühl, Respekt vor dem Alter und keinerlei Rassismus vermittelt und diese Erziehung kann er auch in seiner Stellung als Wärter nicht vergessen. Die politischen Gefangenen begegnen Christo Brand ebenso mit Respekt und Höflichkeit, so dass sich mit der Zeit eine Freundschaft entwickelt, die nach der Verlegung der „Rivonier“ ins Pollsmoor-Gefängnis noch vertieft wird. Christo Brand beschreibt außerdem die restliche Zeit Mandelas im Gefängnis bis zu dessen Entlassung und darüber hinaus. Er erlebt die politischen Verhandlungen Mandelas und bleibt schließlich auch nach ihrer Haft mit den „Rivoniern“ befreundet.

Dies ist die erste Biographie, die ich gelesen habe, weil ich bisher der Meinung war, Biographien seien nur Produkte der Eitelkeit, eine Meinung, die Nelson Mandela laut Christo Brand auch vertrat. Doch dieses Buch hat mir gezeigt, dass dies nicht der Fall ist, hier handelt es sich um eine Geschichte, die es wert ist, erzählt und gelesen zu werden.
Viele werden wahrscheinlich den Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buchs kritisieren, so kurz nach dem Tod von Nelson Mandela. Ich glaube allerdings nicht, dass Christo Brand dieses Buch geschrieben hat, um sich selbst zu bereichern. Eher denke ich, dass die Idee, dieses Buch zu schreiben schon länger in ihm gereift ist, vor allem angeregt durch viele Besucher der Gedenkstätte auf Robben Island.
Man kann dem Buch meiner Meinung nach entnehmen, dass es sich bei Christo Brand um einen bescheidenen, sehr anständigen Menschen handelt, der ohne Zuspruch von anderen wahrscheinlich kein Buch geschrieben hätte. Auch scheint er der Meinung zu sein, eher zu wenig Menschlichkeit bei der Behandlung seiner Gefangenen gezeigt zu haben und wirkt überrascht darüber, mit wie viel Freundlichkeit ihm im Gegenzug begegnet wird. Dieses Buch ist eine Hommage an Nelson Mandela, doch auch Christo Brands Rolle in dieser Biographie hat mich sehr beeindruckt.

Dieses Buch ist absolut lesenswert und ich kann es uneingeschränkt weiterempfehlen.

Bewertung vom 23.11.2014
Länger als sonst ist nicht für immer
Ziefle, Pia

Länger als sonst ist nicht für immer


gut

In ihrem Roman „Länger als sonst ist nicht für immer“ erzählt Pia Ziefle die Geschichte dreier Menschen. Es handelt sich dabei um Ira, Fido und Lew, die sich in unterschiedlichen Lebenssituationen begegnen und dabei tiefe Spuren im Leben der anderen hinterlassen. Die Handlung beginnt in Indien, wo Lew sich auf die die Suche nach seinem Vater begibt. Dieser musste 1976 den damals neunjährigen Lew und seinen älteren Bruder zurücklassen, als er mit seiner Frau aus der DDR floh. Weil es ihm nicht gelang, seine Söhne nach zu holen, mussten diese in einer Pflegefamilie aufwachsen, in dem Glauben, von ihren Eltern verlassen worden zu sein. Zur gleichen Zeit wird Ira geboren in eine Familie mit einer Mutter, die sie nicht liebt, und einem Vater, der sie missbraucht. In ihrer Kindheit lernt sie den älteren Fido kennen, der mit seinem Großvater aus Jugoslawien nach zieht, auf der Suche nach einer Mutter, die ihn aufgrund ihrer neuen deutschen Familie verlassen hat. Fido und sein Großvater finden schließlich Unterschlupf in „Evis Backstube“, die sich für die beiden zu einem neuen zu Hause entwickelt. Diese Bäckerei entwickelt sich zu einem Rückzugsort für alle drei Charaktere, zu dem sie in ihrem Leben immer wieder zurückkehren.

Die Handlung wird abwechselnd aus der Perspektive von Lew und Ira erzählt. Dabei ist der Schreibstil von Pia Ziefle sehr poetisch, was sich insbesondere in der Zeichensetzung und der Gestaltung der Textabsätze widerspiegelt, auf welche die Autorin laut eigener Aussage großen Wert legt. Dies hat mir anfangs noch zugesagt, zwischenzeitlich hatte ich allerdings den Eindruck, der Schreibstil und nicht der Inhalt stehe im Vordergrund. Außerdem wird die Beziehung, in der die Hauptpersonen zueinander stehen, nur nach und nach deutlich. Einiges bleibt ungesagt und der Fantasie des Lesers überlassen. Mir persönlich hat dies nur bedingt gefallen, da für meinen Geschmack zu viel der Geschichte in der Schwebe bleibt. Einige Leser mögen dies vielleicht gerade faszinierend finden, mich persönlich hat dies in Verbindung mit dem melancholischen Erzählstil der Autorin eher deprimiert und stellenweise etwas gelangweilt. Dies ist sicher auch eine Geschmacksfrage, das heißt, man sollte sich selbst ein Bild von diesem Roman machen. Die Leseprobe liefert hier bereits einen guten Einblick in den Schreib- und Erzählstil der Autorin und sollte bei der Entscheidung, ob dieses Buch das richtige ist, unbedingt einbezogen werden.

Bewertung vom 23.11.2014
Winterkinder
Matthews, Owen

Winterkinder


sehr gut

In diesem Roman erzählt der Autor Owen Matthews seine tragische, bewegende Familiengeschichte, geprägt von der politischen Situation im Russland des 21. Jahrhunderts. Owen Matthews schildert zunächst die Geschichte seiner Großeltern, wie sein Großvater Stalins Säuberungen zum Opfer fiel und seine Großmutter daraufhin in ein Arbeitslager gebracht wurde, sodass ihre beiden Kinder Lenina und Ljudmilla ihre Kindheit in einem Waisenhaus verbringen mussten. Es handelt sich hier um eine schwere Kindheit und Jugend, in Zeiten des Zweiten Weltkriegs, doch Lenina und Mila überleben und entwickeln einen unglaublichen Kampfgeist. Dieser lässt Mila sechs Jahre Trennung von ihrer großen Liebe Mervyn Matthews überstehen, einem Engländer, der kurz vor ihrer Hochzeit des Landes verwiesen wird und dem es erst sechs Jahre später gelingt Mila nach Großbritannien zu holen. Eine verzweifelte Liebe in Zeiten des Kalten Krieges, von der letztendlich nur ein alter Überseekoffer auf dem Dachboden übrigbleibt...

Der Roman „Winterkinder“ hat mir sehr gut gefallen, obwohl er zwischenzeitlich einige Längen hat, vor allem die Passagen über Boris Bibikows Leben erinnern zum Teil an die Lektüre eines Geschichtsbuchs, weshalb ich gut verstehen kann, dass dieser in der Leseprobe vom Verlag ausgelassen wurde... Das Buch ist zum Teil in einem nüchternen, distanzierten Tonfall geschrieben, der sich mit einem andererseits sehr emotionalen Tonfall abwechselt. Dies zeigt, dass es sich hier nicht nur um eine Familiengeschichte, sondern auch um ein Stück russischer Geschichte handelt, dem der Autor offensichtlich möglichst gerecht werden will. Der Schreibstil des Autors hat mir sehr gut gefallen, schon dadurch ist dieser Roman lesenswert.
Es scheint als würde Owen Matthews seine Vergangenheit und das Verhältnis zur eigenen Familie in diesem Roman verarbeiten. Dabei wird deutlich, dass er sich im Grunde weniger als Teil der Geschichte sieht, als als unabhängiger Journalist, eine Ansicht, die offenbar schnell ins Wanken geraten ist, als er sich mehr mit der Vergangenheit seiner Familie auseinandersetzt.
Leider hat mir der zum Teil abrupte Wechsel zwischen der Schilderung seiner eigenen und der Erlebnisse seiner Eltern nicht gut gefallen, da dies manchmal etwas verwirrend war.

Alles in allem hat mich dieser Roman sehr beeindruckt, vor allem die unermüdliche Energie die Mervyn aufbringt, um seine Mila nach Großbritannien zu holen und die Unerschütterlichkeit ihrer Liebe. Gleichzeitig fand ist es unglaublich traurig zu erkennen, dass ihnen ihre Liebe letztendlich abhanden kommt, weil offenbar all ihre Gefühle füreinander in ihre Briefe geflossen sind und das Ideal ihrer Liebe der Realität nicht standhält.
Owen Matthews schafft es den Zeitgeist eines ganzen Jahrhunderts russischer Geschichte einzufangen, indem er die Geschichte seiner Familie erzählt, die alle Schrecken des letzten Jahrhunderts in Russland erleben musste und doch so tief in diesem Land verwurzelt ist. Dieser Roman ist absolut lesenswert.

Bewertung vom 23.11.2014
Die Lebenden und die Toten / Oliver von Bodenstein Bd.7  (Restauflage)
Neuhaus, Nele

Die Lebenden und die Toten / Oliver von Bodenstein Bd.7 (Restauflage)


sehr gut

Ein neuer Kriminalroman von Nele Neuhaus, der hält, was er verspricht! Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein stehen in „Die Lebenden und die Toten“ vor der Aufgabe, einen Serienmörder zu überführen, der seine Opfer aus dem Hinterhalt erschießt. Dabei kommen sie einem Organspendeskandal auf die Spur, der den Täter zu Vergeltungstaten an den Angehörigen der Schuldigen dieses Vorfalls verleitet. Pia Kirchhoff sieht sich gezwungen, auf ihre Flitterwochen zu verzichten, um ihre Kollegen bei der Suche nach dem Täter zu unterstützen.

Nele Neuhaus führt hier ihre bewährte Krimiserie mit den Kommissaren Kirchhoff und Bodenstein in ihrem gewohnten Schreib- und Erzählstil fort. Auch in diesem Roman erfährt man wieder einiges über die private Situation der beiden Ermittler, allerdings meinem Gefühl nach weniger als in den vorherigen Romanen. Das gefällt mit persönlich besser, vor allem da mir die beiden Hauptpersonen auch im siebten Teil der Kirchhoff-Bodenstein-Krimis noch nicht sympathischer geworden sind.

Dennoch hat mir dieser Kriminalroman besser gefallen als einige andere Romane dieser Reihe, da mich sowohl die Thematik interessiert hat, als auch die Beweggründe der Opfer und des Täters. Ob die Handlungen der dargestellten Personen unbedingt so realistisch sind, lasse ich mal dahingestellt, da mich dieser Roman, wie alle anderen Kirchhoff-Bodenstein-Romane von Nele Neuhaus auch, gut unterhalten hat.

An sich handelt es sich hier um ein sehr aktuelles Thema. Meiner Meinung nach hätte die Thematik der Organspende aber noch etwas genauer beleuchtet und mit Fakten unterfüttert werden können. Nach diesem Roman hatte ich eher den Eindruck, dass Nele Neuhaus Organspenden generell ablehnt. Dieser Roman ist mir demzufolge etwas zu einseitig. Sicher ist es interessant, diese Schattenseite der Organspendepolitik zu schildern und mögliche Konsequenzen für die Leidtragenden eines derartigen Organspendeskandals. Aber die Vorteile von Organspenden werden hier vollkommen außer Acht gelassen und es wird angedeutet, dass Hier hätte ich mir eine etwas differenziertere Darstellung der Organspendeproblematik gewünscht.

Trotzdem kann ich abschließend sagen: Ein guter Kriminalroman, den ich allen weiterempfehlen kann, die bereits Fan von Nele Neuhaus sind oder es noch werden wollen. Es handelt sich hier um einen spannenden deutschen Kriminalroman, der den Leser (wahrscheinlich) nicht enttäuschen wird.

10 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.11.2014
Die Berufene
Carey, M. R.

Die Berufene


gut

Dieser Roman spielt im Großbritannien der Zukunft, in der die Menschheit gegen einen Parasiten zu kämpfen hat, der sie in "Gesunde" und "Hungernde" teilt. Dieser Parasit hat bereits einen großen Teil der Menschheit befallen und bedroht nun auch die restlichen Menschen. Nachdem ein Mensch sich mit diesem Parasiten infiziert hat, verliert er sein Bewusstsein und wird nur noch von dem Parasiten kontrolliert. Anders verhält es sich jedoch bei einigen Kindern, die scheinbar weniger stark von den Parasiten gesteuert werden und aus diesem Grund auf einer Militärbasis gefangen gehalten werden. Dort müssen sich die Kinder grausamen Tests unter der Leitung der Wissenschaftlerin Dr. Caldwell unterziehen, die wie besessen versucht, einen Weg zu finden, den Parasiten auszurotten. Als die Militärbasis von so genannten Schrottwühlern angegriffen wird, gelingt es Dr. Caldwell zusammen mit einem der Kinder, der zehnjährigen Melanie, einer der Lehrerinnen Miss Justineau und zwei Soldaten zu fliehen. Ein weiter und gefährlicher Weg liegt vor den fünf Protagonisten...
Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht dieser Protagonisten geschildert, wobei der Schreibstil der Persönlichkeit der erzählenden Personen angepasst ist. Dies hat mit persönlich gut gefallen, da der Leser auf dieser Weise einen noch tieferen Einblick in die Gedankenwelt dieser Personen erhält. Dabei offenbaren sich einige menschliche Abgründe, die zeigen dass es um die geistige / seelische Gesundheit der „Gesunden“ auch nicht besonders gut steht.
Das Cover spricht mich persönlich nicht besonders an, da es mir zu einfach gehalten ist. Es passt allerdings meiner Meinung nach gut zur Rolle von Melanie, die sie im Laufe des Romans spielen soll. Die Thematik einer Seuche, die die Menschheit in naher Zukunft befällt, ist nicht neu, aber in diesem Roman interessant neu interpretiert! Dennoch würde ich dem Zitat aus dem Guardian auf dem Klappentext des Buches, es handele sich um einen der originellsten, spannendsten und stärksten Romane der letzten Zeit nur bedingt zustimmen. Meiner Meinung nach ist die Handlung zeitweise zu abwegig und stellenweise auch etwas zu makaber. Auch bleibt zwischenzeitlich die Spannung der Geschichte etwas auf der Strecke.
Außerdem stellt sich mir die Frage, warum der Fokus dieses Romans so sehr auf der „Gabe“ Melanies liegt, da es offenbar noch viele weitere Kinder wie sie gibt. Viel stärker wäre hier der Einfluss ihrer Lehrerin Miss Justineau hervorzuheben, die sich trotz der Gefahr, die von den Kindern ausgeht, liebevoll um diese kümmert. Ob dieses Verhalten wirklich als so edelmütig einzuschätzen ist, ist allerdings fraglich, da sie anscheinend von einem schlechten Gewissen geplagt wird. Zudem hätte sie sich bereits im Vorfeld stärker für die Kinder einsetzen können.
Insgesamt handelt es sich hier um einen interessanten Dystopie-Roman, der zwar lesenswert, aber stellenweise etwas langatmig und schwer nachvollziehbar ist.

Bewertung vom 24.08.2014
Italien vegetarisch
Del Principe, Claudio

Italien vegetarisch


sehr gut

Bei „Italien Vegetarisch“ handelt es sich um ein sehr liebevoll gestaltetes Kochbuch, geschrieben von Claudio Del Principe, einem glühenden Verteidiger der italienischen Küche. Der Einband dieses Buch ist ähnlich wie bei den anderen Kochbüchern „Österreich Vegetarisch“ und „Deutschland Vegetarisch“ von der Herausgeberin Katharina Seiser aufgemacht. Besonders gut gefallen mir dabei die Lesebändchen farblich abgestimmt in grün, weiß und orange, die ein Wiederfinden der Rezepte erleichtern.
Die Rezepte sind den Kapiteln „Frühling - primavera“, „Sommer - estate“, „Herbst - autunno“, „Winter - inverno“ und „Jederzeit - sempere“ zugeordnet, wobei jedes dieser Kapitel mit einem passenden Foto untermalt ist. Dadurch fühlt man sich direkt nach Italien versetzt. Außerdem sind viele der Rezepte mit Farbfotos versehen, sodass man gerne direkt loskochen würde.
Alle Rezepte sind sowohl mit dem deutschen als auch dem italienischen Namen und mit einer Bemerkung des Autors betitelt, sodass das Kochbuch eine persönliche Note erhält. Bei manchen Rezepten sind außerdem Varianten und passende Getränke aufgeführt.
Ich versuche so oft wie möglich auf Fleisch zu verzichten, mag aber nicht die Gewürze der asiatischen Küche, die so häufig bei vegetarischen Gerichten verwendet werden. Deshalb fühle ich mich durch das Vorwort von Claudio Del Principe sehr angesprochen, in dem er sich für vegetarische, italienische Gerichte ausspricht, die „satt und glücklich“ machen würden. Dies verdeutlicht er mit vielen alltagstauglichen Rezepten, die leicht nachzukochen sind und sicher sowohl Vegetariern als auch „Fleischessern“ schmecken. Es handelt sich hier nicht um den Versuch Gerichte mit Fleisch zu ersetzen, sondern es wird gezeigt, wie viele fleischfreie, italienische Gerichte es gibt.
Einige Rezepte finde ich persönlich überflüssig, zum Beispiel das Rezept „Frisches Obst“, in dem nur Obst geschnitten und serviert wird. Aber hier handelt es sich um Einzelfälle und ein Kochbuch zu finden, in dem man an allen Rezepten Gefallen findet, ist wohl schwer möglich...
Allerdings finde ich dieses Buch mit einem Kaufpreis von 35 € etwas überteuert, da man beispielsweise für 15 € wenigerth bereits das Goldene Vegetarische Kochbuch aus dem GU-Verlag bekommt. Dennoch ist durch dieses Buch nun auch mein Interesse für die Kochbücher „Österreich Vegetarisch“ und „Deutschland Vegetarisch“ geweckt worden...
„Italien Vegetarisch“ ist ein sehr schönes und ansprechend gestaltetes Kochbuch und ich freue mich auf das Nachkochen vieler dieser tollen Rezepte!

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