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hundeliebhaber

Bewertungen

Insgesamt 391 Bewertungen
Bewertung vom 19.05.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


ausgezeichnet

Im Nachhinein habe ich mich gefragt, ob der Titel "Geordnete Verhältnisse" ein gewisses Maß an Zynik enthält oder ob ich das nur retrospektiv hineinlese.
Lana Lux hat jedenfalls einen einnehmenden, erschütternden und realistisch anmutenden Roman geschrieben, der mich mit voller Wucht getroffen hat. Von Cover, Titel und Klappentext hätte ich nicht mit diesem Ausmaß und dieser Wirkung gerechnet. Wer mit dysfunktionalen, von Abhängigkeiten und Kontrolle geprägten Beziehungen ein Problem hat, sollte das Buch besser nicht lesen.
Inhaltlich möchte ich gar nicht so viel sagen: Philipp lernt Faina in der Schule kennen und beschließt, dass sie seine Freundin sein soll. Er verbringt die Schulzeit, Faina lernt Deutsch und die gegenseitige Abhängigkeit wird schnell deutlich, verstärkt sich mit den Jahren und wird ergänzt durch Wut und Obsession.
Erzählt wird wechselnd aus drei Perspektiven: Faina, Philipp und einer dritten Erzählstimme.
Ich war von der ersten Seite an gebannt, wollte gar nicht aufhören zu lesen und war erschreckt von dem Ausmaß und der Entwicklung der Beziehung der beiden.
Ein wichtiges Buch, das gelesen und dessen Inhalt verinnerlicht werden und nachklingen sollte.

Bewertung vom 15.05.2024
Zuckerbrot
Balli, Kaur Jaswal

Zuckerbrot


ausgezeichnet

Pin, eine Punjabi, lebt mit ihren Eltern in Singapur, wo sie tagtäglich diskrimminierende und rassistische Erfahrungen macht. Doch ihre Familie ist ihr Rückzugsort voller Liebe und Zuneigung, die vor allem in Form des Essens ihrer Mutter Gestalt annimmt. Doch eines Tages zieht Pins Großmutter in der kleinen Wohnung ein und bringt alles durcheinander. Die Beziehung zwischen ihr und Pins Mutter ist durch ein vergangenes Ereignis stark geprägt und noch immer spürbar präsent. Was wird das bis dahin gut gehütete Geheimnis der Vergangenheit in der kleinen Familie anstellen?

Balli Kaur Jaswal erzählt aus der Perspektive der zehnjährigen Pin, deren Wahrnehmung, Gedanken und Schilderungen ich sehr interessant und nahbar fand. Die zahlreichen Erfahrungen und Erlebnisse in Singapur, die Mischung der Menschen dort und die enge Beziehung innerhalb der Familie ist sehr anschaulich. Zwischen Pins Mutter und der Großmutter bestehen starke Spannungen, die Pins Kindheit und ihr Heranwachsen ebenfalls beeinflussen.
Die Geschichte baut sich langsam auf, aber der Schreib- und Erzählstil gefielen mir sehr gut, weshalb mich das gemächliche Tempo keinesfalls störte, sondern ich dieses als sehr passend empfand.

Bewertung vom 15.05.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


ausgezeichnet

Demon Copperhead wird in einem Trailer in Virginia, mitten in den Wäldern und umgeben von Tabakfarmern und Schwarzbrennern, von einer Teenagermutter geboren, die frisch auf Entzug ist. Demons Beziehung zu dem benachbarten Ehepaar ist sehr gut und dessen Sohn wird sein bester Freund. Als der neue Freund seiner Mutter im Trailer einzieht, ändern sich die familiären Regeln und Demons bis dahin recht heitere Kindheit wird durch Wolken getrübt. Er macht erste Erfahrungen mit Gewalt, Alkohol, Drogen und lernt seine erste Liebe kennen.
Der rothaarige Demon Copperhead verliert seine Mutter in jungen Jahren und landet in diversen Pflegefamilien und damit in einer konstanten Abwärtsspirale des Lebens.
Barbara Kingsolver hat das Leben im Trailer, in den Weiten Virginias und vor allem Demons konstante Suche nach Zuneigung, Liebe und Fürsorge sehr anschaulich und berührend beschrieben. Die Schilderungen sind sehr eindrucksvoll, nachvollziehbar und haben mich sehr berührt. Und trotz diverser Tiefschläge kämpft sich Demon weiterhin durch, wobei immer neue Momente der Hoffnung entstehen.

Ein Roman, der mich seit Langem mal wieder so richtig begeistern und absolut in seinen Sog ziehen konnte. "Demon Copperhead" wird mir noch eine ganze Zeit im Kopf bleiben.

Bewertung vom 15.05.2024
Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1
Helford, Anna

Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1


gut

Anna Helford schreibt die Season-Sisters-Reihe über die vier Schwestern Spring, Summer, Autumn und Winter.
Der erste Teil "Frühlingsgeheimnisse" dreht sich um Spring, die mit sechzen ihr drogengeprägtes Elternhaus verlassen hat und nach London gegangen ist. Dort ist sie jedoch auch auf die schiefe Bahn geraten, konsumierte Drogen und wurde schließlich zu Sozialstunden verurteilt, die sie bei der achtzigjährigen Sophia Fowler als Haushaltshilfe ableistet. Diese steht ihr zunächst sehr skeptisch gegenüber, doch die beiden freunden sich mit der Zeit an und Spring erfährt, dass Sophia in der Nähe ihrer Kindheit im Schloss Daffodil Castle gewohnt und mittlerweile ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Sohn hat. Außerdem war Sophias Enkel Ethan Springs erste Liebe. Es gibt also genügend Gründe, nach Wales zurückzukehren und sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Ich hatte erwartet, dass sich das Buch vor allem um Spring und ihr Leben dreht, doch im Prinzip geht es vor allem um Sophia, ihre Vergangenheit und die Familiengeheimnisse, die natürlich auch Auswirkungen auf Spring hatten und haben. Der Schreibstil ist gemächlich, Anna Helford lässt sich Zeit mit der Figureneinführung und erzählt auf zwei Zeitebenen. Einerseits befinden wir uns in der Vergangenheit, erleben die Annäherung zwischen Spring und Sophia sowie den Besuch zurück in der Heimat; andererseits spielt der zweite Strang in den 1870ern in einem Sanatorium, wo eine junge Frau sich zur Krankenschwester ausbilden lässt, einen jungen, angesehenen Mann versorgt und sich in ihn verliebt. Die Zusammenhänge zwischen den beiden Erzählebenen sind schnell sichtbar und absehbar. Dennoch habe ich die Geschehnisse gern verfolgt.
Einige Entwicklungen und Handlungen fand ich unrealistisch und zu konstruiert, im Gesamten war "Frühlingsgeheimnisse" jedoch ein unterhaltsamer und netter Roman, der mich neugierig auf den zweiten Teil zurücklässt.

Bewertung vom 06.05.2024
Verborgen / Mörderisches Island Bd.3
Ægisdóttir, Eva Björg

Verborgen / Mörderisches Island Bd.3


ausgezeichnet

In der isländischen Kleinstadt Akranes kommt ein junger Mann bei einem Hausbrand ums Leben, denn jede Hilfe kommt zu spät. Während zunächst alle von einem tragischen Unfall ausgehen, stellt sich schnell heraus, dass es sich stattdessen um Brandstiftung handelt und das Opfer bereits vor dem Ausbruch des Brandes tot war. Elma und ihr Team starten die Ermittlungen und müssen sich bald die Frage stellen, ob und inwiefern das Verschwinden eines jungen Au-pair-Mädchens aus den Niederlanden in Zusammenhang mit diesem Mord steht.

Eva Björg Ægisdóttir hat mit "Verborgen" den dritten Krimi um die Kommissarin Elma und ihr Team geschaffen und konnte mich mal wieder ganz in ihren Bann und in die isländische Kleinstadt ziehen. Zunächst brauchte ich ein paar Seiten, um mich bei den Personen und wiederkehrenden Figuren orientieren zu können, weil sich einige Namen auch ähnelten. Auch die schnellen Perspektivwechsel forderten gerade zu Beginn recht viel Konzentration, steigerten gleichzeitig auch die Spannung.
Im Prinzip hatte ich recht schnell eine starke Vermutung, wer verdächtig ist und hinter dem Mord steckt, allerdings werden verschiedene Fährten und Spuren eingebaut, sodass ich mir erst nach der Auflösung sicher sein konnte, ob meine Hypothese stimmte.
Ich mochte sowohl die Figuren, das Tempo der Ermittlungen, der Entwicklungen und fand die Auflösung und die Motive der jeweiligen Handlungen nachvollziehbar und schlüssig.

Ich habe alle bisher erschienenen drei Teile der Reihe gelesen, jeder Band ist jedoch auch unabhängig lesbar.

Bewertung vom 01.05.2024
Das Waldhaus
Webb, Liz

Das Waldhaus


gut

Da ihr Vater von Demenz betroffen ist und immer mehr Pflege und Betreuung braucht, zieht die 37-jährige Hannah zurück zu ihrem Vater nach London. Nach einem Sturz hält ihr Vater sie im Krankenhaus für ihre Mutter, die 23 Jahre zuvor ermordet wurde und deren Mörder*in bis heute unklar ist. Immer häufiger hält ihr Vater Hannah für ihre Mutter und sie hat den Eindruck, er wisse mehr über den Mord als er zugegeben hat. Daher nutzt sie die Gelegenheit, um endlich Gewissheit über den Tod ihrer Mutter zu bekommen.

Sowohl das Cover als auch den Klappentext des Buches sowie die ersten Kapitel fand ich sehr vielversprechend und erhoffte mir einen schnellen Thriller, in dem die wahren Umstände des Mordes geklärt werden und ich im besten Fall überrascht werde. Bereits in den ersten Kapiteln störten mich der starke Fokus auf Hannahs Gewicht und die Relativierung ihres Alkoholproblems. Sie war mir zu keinem Zeitpunkt sympathisch, was sich auch im weiteren Verlauf des Buches nicht änderte.
Liz Webb erzählt sehr detailliert und ausführlich, sodass ich viele Abschnitte als Längen und/oder Wiederholungen empfand. Mir fehlte es an Erzähl- und Entwicklungstempo, weswegen leider auch kaum Spannung aufkam. Vieles fand ich konstruiert und unglaubwürdig.
Auch das Ende konnte mich nicht überzeugen. Zusammenfassend würde ich "Das Waldhaus" als durchschnittlichen, nicht packenden Thriller - beinahe ohne Thrill - bewerten.

Bewertung vom 01.05.2024
Die Burg
Poznanski, Ursula

Die Burg


ausgezeichnet

Der Milliardär Nevio hat die halbverfallene Burg Greiffenau als Schauplatz eines neuen Escape-Game-Szenarios ausgewählt und dafür einen erheblichen Teil seines Vermögens eingesetzt. Denn es gibt einen ganz besonderen Kniff: Über die Escape-Welt, bestehend aus unterirdischen Gängen und Gruften herrscht eine künstliche Intelligenz, die ganz individuelle Szenarien und Rätsel gestaltet. Diese moderne Technik ist ein Highlight und soll von einer ersten, sorgfältig ausgewählten Besucher*innengruppe getestet werden. Allerdings haben alle die KI und ihre Pläne unterschätzt.
Ursula Poznanski steht für mich für dystopische und durch Science Fiction geprägte Thriller, die ein hohes Tempo haben und überraschende Wendungen beinhalten.
Den Plot von "Die Burg" fand ich sehr vielversprechend, da ich Escape-Rooms sehr gerne mag und KIs gegenüber eher skeptisch bin. Nevios Gruppe bestand aus sehr verschiedenen Charakteren und bildeten eine interessante Gruppe für vielversprechende Plottwists.
Poznanskis Schreibstil ist flüssig und fließend, die Kapitel lassen sich sehr flott lesen und ich war durchgehend gespannt auf die Entwicklung und die Auflösung, mit der ich so auch nicht gerechnet habe.
Ein gelungener Thriller, ganz wie erwartet!

Bewertung vom 01.05.2024
Nothing Like You
Pelzer, Julia

Nothing Like You


gut

In "Nothing like you" erfüllt sich endlich Allys Traum, denn sie beginnt ihr Studium an der University of Arizona. In der Vergangenheit hat sie einige Verluste hinnehmen müssen und ist finanziell alles andere als gut aufgestellt, weshalb sie neben dem Studium im Supermarkt jobbt und trotzdem kaum über die Runden kommt. Sie lernt Jax kennen, den sie jedoch zunächst gar nicht leiden kann und als selbstverliebt abstempelt. Doch als ein Brief für sie in seinem Postfach landet, muss sie Kontakt zu ihm aufnehmen. Jax hat im Studium Schwierigkeiten wegen seiner Legasthenie, weswegen er und Ally sich auf einen Deal einigen können, der beiden hilft.

Ich mag Enemies-to-Lovers-Geschichten ganz gern. Allerdings sind mir dabei das Tempo und die Intensität wichtig. Das Ausgangssetting an der University of Arizona zwischen Ally und Jax fand ich vielversprechend - beide haben ihre Päckchen zu tragen und suchen nach Lösungen. Allerdings ging mir die Annäherung zwischen den beiden zu flott. Gerade empfanden sie noch Feindschaft und Antipathie und plötzlich knistert es und die Rede ist von Liebesgefühlen und Zuneigung. Weder Ally noch Jax sind mir wirklich sympathisch geworden, ich konnte leider zu beiden keinen Draht aufbauen.
Eine nette, aber sehr weiche Enemies-to-Lovers-Geschichte, von der ich mehr erwartet hätte.

Bewertung vom 24.04.2024
Grenzfall - In den Tiefen der Schuld / Jahn und Krammer ermitteln Bd.4
Schneider, Anna

Grenzfall - In den Tiefen der Schuld / Jahn und Krammer ermitteln Bd.4


sehr gut

Ich habe die anderen Bände der Reihe noch nicht gelesen, sondern bin direkt mit dem vierten Band eingestiegen und habe darauf gesetzt, ihn unabhängig von den anderen lesen zu können. In meinen Augen stellte das kein Problem dar, eventuell habe ich Bezüge auf die Vorgänger nicht mitbekommen, aber das hat der Gesamthandlung und -gestaltung keinen Abbruch getan.
Ich war sehr gespannt auf das deutsch-österreichische Ermittlungsteam.

Bernhard Kammer, Chefinspektor findet in Innsbruck bei seiner Kollegin Roza Szabo eine männliche Leiche, die eine Tauchermaske trägt. Roza selbst ist nicht in der Wohnung und wie spurlos verschwunden. Zuletzt wurde sie am Walchensee gesehen, weshalb der See Dreh- und Angelpunkt ist. Alexa Jahn, Oberkommissarin in Weilheim, ermittelt an seiner Seite.

Anna Schneider konnte mich durch die kurzen Kapitel und die wechselnden Perspektiven, gerade die Kapitel der noch unbekannten Person, schnell überzeugen. Der fesselnde Schreibstil, die kontinuierlichen Entwicklungen und die Verbindung Deutschland-Österreich haben bei mir ordentlich Spannung erzeugt.
Die Beschreibungen des Walchensees, dessen Umgebung sowie die Taucharbeiten waren sehr anschaulich.
Ein spannender Krimi und ich werde mir sicherlich noch die anderen Teile zulegen.

Bewertung vom 23.04.2024
Unlearn Patriarchy 2
Amojo, Ireti;Borcak, Melina;Boussaoud, Yassamin-Sophia

Unlearn Patriarchy 2


ausgezeichnet

Nach "Unlearn Patriarchy" folgt nun die zweite Anthologie, herausgegeben von Emilia Roig, Alexandra Zykunov und Silvie Horch, in der patriarchale Strukturen in diversen gesellschaftlichen Themen und Bereichen veranschaulicht und Ansätze zur Veränderung hin zu einer diskriminierungsfreien Gesellschaft entwickelt werden.
Die 13 Essays machen mir mal wieder deutlich, wie tief das Patriarchat in fast allen Lebensbereichen verankert ist und wie deutlich die Strukturen und Mechanismen markiert und bewusst/sichtbar gemacht werden müssen. Die Autor*innen und Aktivist*innen schreiben ehrlich und radikal, machen internalisierte Muster deutlich. Dabei geht es um Körper, Architektur, Erziehung, Sport, Ableismus, Recht, Mental Health, Klasse, Gender Pay Gap, Krieg und Genozid, Kirche, Medizin und Literatur.

Meiner Meinung nach ist "Unlearn Patriarchy 2", genau wie die erste Anthologie, eine absolute Pflichtlektüre für alle und kann auch ohne Vorwissen gelesen werden.