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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
PeLi
Wohnort: 
Würzburg

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2023
Henriette lächelt
Heinisch, Andrea

Henriette lächelt


sehr gut

Die 50-jährige Henriette ist sehr stark übergewichtig, inzwischen bringt sie ganze 190 kg auf die Waage und dadurch ist sie schon sehr eingeschränkt. Was für andere Menschen ganz normale alltägliche Bewegungen sind, wird für sie zur riesigen Anstrengung. Und weil ihr das alles so schwer fällt, verlässt sie auch nur noch ihre Wohnung, um zum Arzt zu gehen. Sogar das Einkaufen wird inzwischen immer schwieriger für sie, deshalb bestellt sie das meiste auch online und lässt es sich liefern. Für das Corona-Virus ganz dankbar für den Corona-Virus ist Henriette ganz dankbar, denn seitdem darf sie im Homeoffice arbeiten und nun muss sie sich eigentlich gar nicht mehr zusammenreißen und mal aus dem Haus gehen.

Henriettes Mutter wohnt in der Wohnung über ihr und sie versorgt ihre Tochter mit Essen und hält ihre Wohnung in Ordnung, denn das ist für Henriette selbst schon eine Weile viel zu anstrengend. Gleichzeitig macht ihre Mutter ihr aber täglich Vorwürfe, hält ihr immer wieder vor, was alles hätte aus ihr werden können, wenn sie nicht so fett geworden wäre. Oft ist die Mutter richtig gemein zu ihrer Tochter und man bekommt richtig Mitleid mit Henriette. An ihr scheinen die Vorwürfe abzuprallen, jedenfalls nach außen wirkt es so. In ihr drin sieht es allerdings anders aus, Henriette macht sich sehr viele Gedanken über sich und über ihr Leben. Eigentlich würde sie es sich auch anders wünschen, doch je dicker sie wurde, umso schwieriger wurde es wohl, was zu ändern.

Nun passiert jedoch etwas neues in ihrem Leben, ihre Mutter kann ihre Wohnung nicht mehr machen und Henriette bekommt einen neuen Kollegen, mit dem sie sich zu Online-Besprechungen treffen muss. Er heißt Martin und er bringt Henriette zum Träumen, besonders seine schönen grünen Augen haben es ihr angetan.
Henriette beginnt ganz langsam und vorsichtig, ihr Leben ein bisschen zu verändern. Sie beobachtet die Nachbarn nicht mehr nur vom Fenster aus, sondern sie kommt tatsächlich mit ein paar von ihnen in Kontakt. Dadurch traut sich Henriette immer ein bisschen mehr und auch, wenn es nur Mini-Schritte sind, für Henriette ist es trotzdem eine Leistung.

Mir hat "Henriette lächelt" sehr gut gefallen. Der Schreibstil wirkt manchmal eher sachlich, sehr viele Emotionen kommen nicht direkt rüber. Man kann trotzdem herauslesen, wie Henriette sich fühlt und dass sie nicht glücklich darüber ist, wie ihr Leben bisher verlaufen ist.
Die Kapitel sind kurz und auch die Sätze sind eher kurz und einfach, es wirkt schon fast wie kurze Notizen über Henriettes Alltag.
Manche Kapitel fand ich auch ziemlich eintönig, aber das sollte wohl auch so sein, um Henriettes eintönigen Tagesablauf zu betonen.
Mit dem Schluss war ich nicht ganz zufrieden, da hätte es von mir aus gerne noch weitergehen können, ich hätte Henriette gerne noch etwas begleitet , hätte gerne noch erfahren, wie es mit ihr weitergeht und ob sich ihr Leben noch weiter ändert.

Bewertung vom 10.09.2023
Heartbreak
Bagci, Tarkan

Heartbreak


ausgezeichnet

Marie und ihr Freund Emil feierten vor kurzem noch ihren Jahrestag und für Marie waren sie einfach das perfekte Paar.. Doch dann meldet sich Emil von heute auf morgen nicht mehr , ignoriert ihre Nachrichten und ist wie vom Erdboden verschluckt. Marie kann sich nicht erklären, warum er plötzlich den Kontakt zu ihr abgebrochen hat, obwohl sie noch vor kurzem so glücklich waren. Im Job ist sie auch eher unzufrieden und leider lässt sich Marie auch immer viel zu viel gefallen von allen möglichen Leuten. Im Moment wächst ihr einfach alles über den Kopf , also nimmt sie ihren Resturlaub und wünscht sich nichts mehr, als herauszufinden, warum ihr Freund Emil sich nicht mehr meldet.

Zur gleichen Zeit, ganz in der Nähe, lebt Tom ein ziemlich erfolgreiches Leben. Er ist Musiker und seine Karriere läuft im Moment so richtig spitze. Man hat ihm nun sogar angeboten, bei einem Film mit dem berühmten Filmhund "Bello" mitzuspielen. Sein Manager ist sich sicher, dass es danach mit Toms Karriere erst noch so richtig steil nach oben gehen wird. Dann passiert allerdings etwas, was genau das Gegenteil bewirkt, mit Toms Karriere geht es schlagartig ganz steil nach unten. Er ist darüber stinksauer und wütend, denn er wurde hereingelegt und ist eigentlich völlig unschuldig an dem ganzen Schlamassel.

In dieser , für beide nicht gerade schönen Situation, lernen Tom und Marie sich kennen. Sie schmieden einen gemeinsamen Plan und der führt sie nach Validanti, einer Stadt in der Toskana. Eigentlich eine romantische Umgebung, doch für Romantik haben sie im Moment keinen Sinn, sie denken nur an ihr Vorhaben und das könnte, wenn es ganz dumm läuft, in einer Katastrophe enden.

Mir hat "Heartbreak" sehr gut gefallen. Obwohl beide Protagonisten sich in einer ziemlich tragischen Lebenssituation befinden, gab es doch auch immer wieder sehr humorvolle Stellen. Mir sagte der Name "Tarkan Bagci" bisher nichts, muss ich zugeben, aber nun werde ich ihn mir ganz bestimmt merken, denn ich mag seinen Schreibstil und er hat mir mit seinem Buch ein paar wirklich schöne Lesestunden beschert. Von mir auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung für "Heartbreak"!

Bewertung vom 02.09.2023
Simone
Reich, Anja

Simone


ausgezeichnet

Anja und Simone lernten sich als Teenager kennen, als Anja mit Simones Bruder liiert war. Sie lebten damals in der DDR. Die Liebesbeziehung zum Bruder hielt nicht, aber Anja und Simone blieben Freundinnen.
Als die Mauer fiel, führten die beiden Freundinnen völlig unterschiedliche Leben. Anja heiratete, bekam ein Kind, fing zu arbeiten an und führte ein geregeltes Leben. Simone war eher der ruhelose Typ, sie reiste durch die Welt, besonders Südamerika hatte es ihr angetan, sie hatte jede Menge Männerbekanntschaften, wohnte in unterschiedlichen WG's, studierte ewig und wusste nicht so recht, was sie aus ihrem Leben machen sollte.
Obwohl die Leben der Freundinnen so unterschiedlich waren, hielten sie doch immer den Kontakt zueinander, telefonierten und trafen sich auch ab und zu. Eines Tages, im Jahr 1996 rief Simone dann mal wieder bei Anja an, wollte sie gerne treffen. Doch Anja hatte gerade keine Zeit für sie, vertröstete sie auf ein späteres Treffen.
Doch zu diesem Treffen kam es nicht mehr, denn Simone sprang einen Tag nach dem Telefonat aus dem 10. Stock ihres Wohnhauses. Anja war geschockt, machte sich seitdem Vorwürfe, stellte sich immer wieder die Frage, ob , wenn sie sich damals Zeit für Simone genommen hätte, die heute noch leben würde. Warum hat sie sich umgebracht? Gab es vorher irgendwelche Anzeichen, dass sie so unglücklich war? Oder war es überhaupt Selbstmord und nicht etwa ein Unfall? Diese Fragen stellte sich Anja viele Jahre und irgendwann hielt sie die Ungewissheit dann nicht mehr aus, sie wollte herausfinden, was mit Simone los war und ob sie selbst mitschuldig am Tod der Freundin war, die leider nur 27 Jahre alt wurde.

Also nimmt Anja über 20 Jahre nach Simones Tod, Kontakt zu deren Familie auf, sie trifft den Bruder, die Eltern, auch Freundinnen und Männer, mit denen Simone damals verkehrte. Sie kommt an Tagebücher und andere Aufzeichnungen und so setzt sich nach und nach ein Bild zusammen über das Leben der Freundin, es zeigt, wie zerrissen und einsam sie war und dass sie zwar immer viele Menschen um sich hatte, aber niemand wusste, was wirklich in ihr vorging.

Ich fand das Buch sehr berührend und aufwühlend. Anja Reich hat die Lebensgesichte ihrer Freundin fesselnd und interessant geschildert, es war traurig, zu lesen, dass Simone so einsam war, auch wenn sie viele Menschen um sich hatte. Von mir eine klare Leseempfehlung für "Simone"!

Bewertung vom 28.08.2023
Bei euch ist es immer so unheimlich still
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


ausgezeichnet

Silvia Borowski ist in dem kleinen schwäbischen Ort Ildingen aufgewachsen . Ihre Eltern Evelyn und Karl waren ziemlich streng , vor allem ihre Mutter, zu der sie leider nie ein besonders gutes Verhältnis hatte. Als dann auch noch mit ihrer geliebten Tante Betti etwas Schlimmes passierte, hielt es Silvia nicht mehr aus in dem engen, kleinen Ort und so schmiss sie von heute auf morgen die Schule und machte sich aus dem Staub, wohnte mal hier und mal dort und bei ihrer wohlhabenden Familie meldete sie sich kaum noch und wenn doch mal, dann nur, wenn sie Geld brauchte.

Seit einigen Jahren lebt sie nun schon in einer Kreuzberger Hausbesetzter-WG und hat vor 3 Monaten eine Tochter, namens Hannah zur Welt gebracht. Von Hannahs Vater, der mit seiner Tochter nichts zu tun haben will, enttäuscht, von den Mitbewohnern immer öfter genervt, wächst in ihr ganz überraschend die Sehnsucht nach ihrer alten Heimat und sogar ein wenig nach ihrer Mutter. Also "leiht" sie sich kurzentschlossen und ohne zu fragen, den alten, schrottreifen Polo ihres Mitbewohners aus , legt Hannah in einen Wäschekorb und fährt mit ihr zurück in ihren alten Heimatort Ildingen. Evelyn, die seit dem Tod ihres Mannes, alleine lebt, zeigt anfangs wenig Begeisterung, was für Silvia aber auch nicht überraschend ist, da ihre Mutter noch nie gut Gefühle zeigen konnte. Trotzdem bleibt sie, in der Hoffnung, dass Hannahs Anwesenheit hilft, ihrer Mutter wieder etwas näher zu kommen.

Vorsichtig versucht Silvia, mit ihrer Mutter Evelyn ins Gespräch zu kommen, was bei deren Wortkargheit gar nicht leicht ist, aber Silvia hat so viele Fragen über ihre Vergangenheit und sie will diesmal nicht gehen, bevor sie Antworten bekommen hat.

"Bei euch ist es immer so unheimlich still" ist das erste Buch , das ich von Alena Schröder gelesen habe und es hat mir sehr gut gefallen. Es gibt zwei unterschiedliche Handlungsstränge. Der eine beginnt 1950 , es geht um das Leben von Evelyn und Karl, Karls Schwester Betti , Karls Eltern, dann die Geburt von Silvia und warum Evelyn für Silvia so eine schlechte Mutter war. Man versteht nach und nach auch Evelyn etwas besser, da sie es in ihrem Beruf als Ärztin nie leicht hatte, denn zu dieser Zeit sind weibliche Mediziner einfach nicht so ernstgenommen worden, wie Männer. Besonders tragisch fand ich persönlich das Leben von Betti, die mir übrigens auch am sympathischsten war .
Der zweite Handlungsstrang fängt 1989 an, als Silvia sich mit Hannah auf den Weg in ihre Vergangenheit macht und Antworten sucht, auf Fragen, über die sie bisher nicht mal selbst nachdenken wollte. Sie trifft in Ildingen auch einige Personen aus ihrer Kindheit wieder, was ich auch sehr spannend fand und besonders Rüdiger ist mir da richtig ans Herz gewachsen. Das Buch war einerseits sehr traurig, aber andererseits fand ich es auch richtig schön und ich will jetzt unbedingt auch das Vorgängerbuch "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" lesen. Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 28.08.2023
Kontur eines Lebens
Robben, Jaap

Kontur eines Lebens


ausgezeichnet

In "Kontur eines Lebens" erzählt Jaap Robben die bewegende Lebensgeschichte von Frieda Tendeloo und sie beginnt fast am Ende ihres Lebens, als ihr geliebter Mann Louis ganz plötzlich stirbt.
Nie hätte sie gedacht, dass er einmal vor ihr sterben würde, denn eigentlich ist sie diejenige, die schon seit Jahren auf seine Hilfe angewiesen war. Und Louis hat sich sehr liebevoll um seine geliebte Ida gekümmert, er wollte auf jeden Fall verhindern, dass sie jemand anders pflegen muss. Doch nun, da er tot ist, ist es unvermeidlich, Frieda muss ins Pflegeheim ziehen.
Ihr Sohn Tobias und seine schwangere Frau Nadine, helfen ihr beim Umzug und beim Ausräumen des Hauses, so viel sie können und schließlich ist es soweit, die erste Nacht im Pflegeheim ist da.
Schlaflos liegt Frieda in ihrem Bett, am nächsten Morgen wird sie zum ersten Mal nicht von Louis gewaschen, sondern von einem fremden jungen Pfleger. Der Autor hat diese Situation so einfühlsam beschrieben, dass man Friedas Scham, so nackt und schutzlos vor einem fremden Menschen zu sitzen, sich von ihm waschen zu lassen, Windeln wechseln zu lassen, direkt mitfühlt. Und in dieser einsamen , fremden Umgebung sitzt Frieda nun tagsüber oft einfach in ihrem Stuhl vor dem Fenster, oder liegt nächtelang wach und sie erinnert sich an ihr vergangenes Leben und an ihren schlimmsten seelischen Schmerz, den sie viele Jahre verdrängt hat und von dem nicht einmal ihr geliebter Mann etwas geahnt hatte. Denn vor Louis gab es schon einen Mann in Idas Leben, Otto. Schon bei ihrer ersten Begegnung war Ida fasziniert von ihm und obwohl sie schnell von Ottos Ehefrau erfuhr, lies sie sich auf eine Liebesbeziehung mit ihm ein und wurde schließlich von ihm schwanger.
Und eine unverheiratete schwangere Frau , das war in den Sechzigerjahren eine Katastrophe. Ida wollte dieses Kind behalten, egal, wie schwer es ihr von ihrem Umfeld gemacht wurde. Doch Idas Kampf um ihr Baby und um ein Leben, wie sie es sich vorstellte, endete in einem Albtraum. Otto war weg, das Kind war weg , Ida trauerte um beide, doch irgendwann ging ihr Leben weiter, sie lernte Louis kennen, heiratete ihn, bekam mit ihm einen Sohn und ihre schlimmen Erinnerungen vergrub sie ganz tief in ihrem Herzen und sprach mit keinem Menschen darüber.

Doch nun im Pflegeheim kommt alles wieder hoch, Ida spürt den Schmerz von damals noch einmal mit voller Wucht und endlich, nach so vielen Jahren stellt sie sich diesen Erinnerungen und fängt sogar ganz vorsichtig an, diese Erinnerungen zu teilen.

Was für ein bewegendes, tieftrauriges Buch, ich glaube, das wird mir so schnell nicht aus dem Kopf gehen. Wenn man darüber nachdenkt, dass Frauen vor nicht allzu langer Zeit tatsächlich so behandelt wurden, nur weil sie unverheiratet schwanger wurden. Wie herzlos man sogar in Kliniken mit ihnen umging, einfach unfassbar und so traurig, sich das vorzustellen. Aber obwohl es teilweise richtig hart war, konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen. Ich habe dabei alle möglichen Emotionen erlebt, ich war sauer auf Otto, auf Friedas Eltern, eigentlich auf ihre gesamte Umgebung. Ich war traurig, weil Frauen so unmenschlich behandelt wurden.
Aber sogar Frieda hat mich oft wütend gemacht, ihre abweisende , schroffe, manchmal auch fordernde Art, ihrem Sohn gegenüber. Ich konnte es im Nachhinein zwar schon verstehen, dass ihr traumatisches Erlebnis aus der Vergangenheit, sie zu dem schwierigen Menschen gemacht hat, aber ich hatte auch Mitleid mit ihrem Sohn, wenn sie so kalt und irgendwie herzlos reagiert hat. Dieses Buch ist ein echtes Highlight für mich, ich bin so begeistert von Jaap Robbens einfühlsamen Schreibstil, dass ich sofort über weitere Bücher von ihm recherchieren musste. Leider gibt es wohl aber, bis auf ein einziges ( Birk), bisher keine deutschen Übersetzungen seiner Bücher. Aber ich werde mir den Namen "Jaap Robben" auf jeden Fall merken und hoffe, er schreibt noch viele weitere Bücher in der Art. Wer gerne Bücher liest, die man nicht mehr so schnell vergisst und die einen mitten ins Herz treffen, der sollte "Kontur eines Lebens" unbedingt lesen.

Bewertung vom 29.07.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


ausgezeichnet

Janice arbeitet als Putzfrau für verschiedene Menschen. Die meisten davon sind sehr wohlhabend, einige behandeln sie fast wie ein Familienmitglied, aber es gibt auch ein paar wenige, die ihr gegenüber sehr herablassend sind und die sie spüren lassen, dass sie "nur" die Putzfrau" ist. Doch Janice ist sehr bescheiden und beschwert sich nicht, vor allem, da sie und ihr Mann, der von einem Job zum nächsten wechselt und es nie lange irgendwo aushält, auf ihren Verdienst angewiesen sind. Für Janice ist ihre Arbeit allerdings auch eine Art Flucht aus dem Alltag und Ablenkung von ihrer unglücklichen Ehe. Was Janice besonders mag an ihrem Job, ist der Kontakt zu den unterschiedlichen Arbeitgebern, den Einblick in ihr Leben, denn ihr eigenes findet sie sehr langweilig. Janice bezeichnet sich selbst als Geschichtensammlerin, denn sie liebt es, sich die Geschichten der Menschen anzuhören, denen sie so jeden Tag begegnet. Ob es nun ihre Kunden sind, die ihr vieles aus ihrem Leben anvertrauen, oder Leute, denen sie im Bus begegnet und von denen sie die Unterhaltungen mithören kann, Janice findet überall interessante, traurige oder lustige Geschichten.

Von sich selbst behauptet sie, dass sie gar keine eigene Geschichte hat, was aber natürlich nicht stimmt, denn auch Janice hat eine Geschichte und eine Vergangenheit, nur möchte sie darüber mit niemandem sprechen und reagiert sogar sehr abweisend, wenn sie mal jemand danach fragt. Als sie anfängt für Mrs. B zu putzen, ändert sich allerdings so einiges für Janice, denn Mrs. B, anfangs ziemlich kratzbürstig, lässt sich nicht so leicht abspeisen von der Behauptung, dass Janice keine eigene Geschichte zu erzählen hätte. Und die alte Frau ist sehr geschickt und bringt Janice immer öfter zum Nachdenken über ihr eigenes Leben und bestärkt sie durch die vielen Gespräche darin, Dinge zu ändern, die sie unglücklich machen und auch endlich ihre eigene Geschichte zu akzeptieren.

Ich fand dieses Buch wunderschön. Janice mochte ich auf Anhieb und auch die meisten anderen Personen in der Geschichte waren mir sympathisch. Es war sehr interessant, die vielen unterschiedlichen Geschichten zu lesen, einige davon rührten mich zu Tränen, andere machten mich wütend , aber es hat mir große Freude gemacht, Janice auf ihrem Weg zu begleiten.

"Das Glück der Geschichtensammlerin" ist ein ganz leises Buch, es passieren keine spektakulären Dinge, aber dafür trifft es mitten ins Herz und auch , wenn es teilweise sehr traurig ist, hinterlässt es am Ende ein positives Gefühl. Wer was fürs Herz sucht, sollte es unbedingt lesen.

Bewertung vom 19.07.2023
Sommertage im Quartier Latin / Paris und die Liebe Bd.1
Martin, Lily

Sommertage im Quartier Latin / Paris und die Liebe Bd.1


sehr gut

Gleich nach ihrem Schulabschluss verließ Lola Mercier ihre Heimatstadt Paris, um die Welt zu erkunden. Ein abgebrochenes Studium, verschiedene Jobs in mehreren Ländern der Erde, unverbindliche Männerbekanntschaften, das war bisher Lolas Leben. Seit drei Jahren lebt sie nun in Bordeaux und arbeitete dort als Kellnerin. Ob sie wirklich glücklich ist und sich ihr Leben so vorgestellt hatte, als sie Paris verließ, das kann sie selbst nicht beantworten.

Plötzlich erhält sie von ihrem Vater, der immer noch in Paris lebt, die Nachricht, dass ihre Großmutter Rose verschwunden ist. Die alte Frau, hatte den Großteil ihres Lebens alleine verbracht, galt überall als etwas schrullig und seltsam. Nun ist sie seit einer Woche verschwunden, erwähnte wohl nur, dass man sich keine Sorgen um sie machen müsste, sie würde verreisen - und weg war sie. Ihr Schwiegersohn, Lolas Vater, macht sich allerdings trotzdem Sorgen und deshalb bittet er Lola, nach Paris zu kommen und ihn und seine Lebensgefährtin Ninette bei der Suche nach Rose zu unterstützen. So sitzt Lola also nun im Zug auf den Weg in ihre alte Heimat und hat ziemlich gemischte Gefühle, denn nach dem frühen Tod ihrer Mutter, hatte sie keine leichte Kindheit und Jugend und die Rückkehr in ihr altes Viertel "Quartier Latin"fällt ihr ganz und gar nicht leicht. Doch sie tröstet sich mit dem Gedanken, dass es ja nur für kurze Zeit ist und sie schnell wieder wg sein wird.

Doch wer kann schon sicher sagen, was passiert, wenn man ins Viertel seiner Kindheit und Jugend zurückkehrt, dort bekannte Gesichter entdeckt, Personen, die einem in der Vergangenheit vielleicht doch nicht so gleichgültig waren. Da wäre zum Beispiel ihr alter Schulfreund Fabien, mit dem sie damals als Schülerin ein kleines romantisches Erlebnis hatte und der inzwischen Besitzer des gemütlichen Café des Artisans ist. Doch auch wenn Lola sich mit jedem Tag wohler fühlt, ist sie sich ganz sicher, dass sie so schnell wie möglich weiterziehen möchte. Noch ahnt sie nicht, dass dieser Sommer in Paris ihr Leben verändern wird.

Mir hat "Sommertage im Quartier Latin" gut gefallen, auch wenn ich anfangs etwas brauchte, um in die Geschichte zu finden und ich auch ab und zu etwas genervt war von Lolas Wankelmütigkeit. Auch war für mich persönlich das Ende nicht so ganz rund. Viel möchte ich darüber nicht schreiben, um nicht zu spoilern, aber für mich war die Geschichte noch nicht vollkommen abgeschlossen, was Rose betrifft.

Aber im Großen und Ganzen war das ein Buch, das mich gut unterhalten hat und ich werde sicher auch die weiteren Bände lesen, die die Autorin Lily Martin bereits plant und die alle ebenfalls in die Stadt der Liebe entführen sollen.

Bewertung vom 19.07.2023
Greta Garbo / Ikonen ihrer Zeit Bd.10
Lüding, Kristina

Greta Garbo / Ikonen ihrer Zeit Bd.10


ausgezeichnet

Greta Garbo - Die einsame Göttin ist schon der 10. Band der Reihe "Ikonen ihrer Zeit". Bei dieser Reihe handelt es sich um Romanbiografien über starke berühmte Frauen. Greta Garbo passt perfekt in diese Liste der außergewöhnlichen Frauen , denn wer weiß nicht, wer Greta Garbo ist?

Das Buch beginnt eigentlich mit dem Ende, im Jahr 1990, kurz vor Greta Garbos Tod. Da war sie schon sehr krank und wurde von einem privaten Chauffeur zur Dialyse gefahren. Es zeigt, wie zurückgezogen und abgeschottet sie am Ende ihres Lebens gelebt hat. Ihre Angst davor, dass es einem der vielen Paparazzi, die seit Jahren immer wieder versuchten, sie abzulichten, gelingen könnte, sie zu fotografieren.

Die eigentliche Geschichte beginnt aber dann im Jahr 1921. Die 15-jährige Greta Gustafsson ergattert eine heiß begehrte Stelle in der Hutabteilung eines großen Stockholmer Kaufhauses. Ihre Familie kann den Verdienst gut gebrauchen, denn Gretas Vater ist vor kurzem gestorben und das Geld , das sie, ihre Geschwister und die Mutter zur Verfügung haben, ist knapp.

Greta kommt bei den Kunden gut an , doch sie träumt eigentlich schon lange von einer Filmkarriere. Eines Tages wird sie zum Chef gerufen, der ihr das Angebot macht, sich für den hauseigenen Katalog fotografieren zu lassen. Greta sagt zu und weil sie so fotogen ist, kommt kurz darauf sogar das Angebot , bei einem Werbefilm mitzumachen und diese Chance ergreift sie natürlich sofort. Greta ist sich nun ganz sicher, dass sie unbedingt eine richtige Schauspielerin werden will und so bewirbt sie sich bei einer renommierten Schauspielakademie und besteht auch tatsächlich die Aufnahmeprüfung. Bald darauf wird ein bekannter Regisseur auf sie aufmerksam, der so von ihrer Ausstrahlung fasziniert ist, dass er ihr sogar die Hauptrolle in seinem nächsten Film gibt. Aus Greta Gustafsson wird Greta Garbo und eine sagenhafte, große Filmkarriere nimmt ihren Lauf, die Greta schließlich sogar nach Hollywood bringt. Doch kann das, was Greta sich am meisten gewünscht hat, sie auch wirklich glücklich machen?

Mir hat diese Romanbiografie über Greta Garbo wahnsinnig gut gefallen. Ich kannte natürlich den Namen Garbo und ich wusste auch schon, dass sie früh ihre Filmkarriere beendet hat und dann Jahrzehnte völlig zurückgezogen gelebt hat und dass sie nach dem Ende ihrer Karriere nie fotografiert werden wollte. Doch mehr wusste ich nicht und deshalb fand ich es sehr interessant, mehr über ihre Karriere und ihr Leben zu erfahren. Es war faszinierend, zu lesen, wie sie vom extrem schüchternen , ängstlichen jungen Mädchen, zur selbstbewussten Schauspielerin wurde, die ganz schön hart für ihre Rechte kämpfen konnte. Gerade diese Gegensätze fand ich sehr spannend, einerseits mutig und stark, aber dann auch wieder eine schüchterne, von Selbstzweifeln geplagte Frau, die sich viel zu viel vorschreiben lässt und Dinge tut, die sie eigentlich gar nicht wirklich tun will.

Mich hat dieses Buch so fasziniert, dass ich schon während der Lektüre weiter recherchiert habe, mir Bilder angeschaut habe, mehr Infos über Greta Garbos Filme und ihre Familie gesucht habe. Und ich bin jetzt richtig neugierig auf die anderen Bände dieser Ikonen-Reihe geworden und werde auf jeden Fall auch die noch lesen.

Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.06.2023
Die Zeitreisende
Lemper, Ute

Die Zeitreisende


sehr gut

Der Name Ute Lemper war mir schon bekannt, ich wusste allerdings nicht mehr, als, dass sie Sängerin ist. In den 80er Jahren habe ich einige Male von ihr gehört und gelesen und ich habe danach ihre weitere Karriere , ehrlich gesagt, nicht verfolgt. Umso interessanter fand ich es jetzt, ihre Biografie zu lesen und dadurch erstmals zu erfahren, wie berühmt sie inzwischen ist und wie viele große Erfolge sie, vor allem wohl im Ausland, als Sängerin, Tänzerin, Musicaldarstellerin und Schauspielerin hatte und immer noch hat. Am 4. Juli 2023 wird sie 60 Jahre und zu diesem Anlass brachte sie diese Biografie heraus. Ihre erste ist es allerdings nicht, denn sie hat 1994 schon mal eine Biografie geschrieben, mit dem Titel "Unzensiert" und in "Die Zeitreisende" gibt es ungefähr in der ersten Hälfte des Buches immer wieder Ausschnitte aus dem Buch von damals und sie verrät dann, wie sie heute darüber denkt und ob bestimmte Vorstelllungen und Träume, die sie als junge Frau hatte, wirklich so eingetroffen sind. Diesen Teil fand ich ganz interessant, vor allem, weil ich "Unzensiert" nicht gelesen habe und so aber doch einen kleinen Blick auf ihre Gefühle und Ansichten von damals bekommen habe.

Der zweite Teil handelt dann von ihrer späteren Karriere, von ihren beiden Ehemännern und einigen Liebhabern. Manchmal waren mir ihre Aussagen etwas zu übertrieben, z.B. wenn sie bei jedem Mann immer wieder betont, was sie doch sofort für eine tolle Chemie hatten oder was für tolle Freunde sie hat, das war mir persönlich manchmal fast etwas zu dick aufgetragen. Aber ich glaube ihr, dass sie selbst es immer in den jeweiligen Situationen so empfunden hat, sie ist wohl eine Frau, die sich immer sehr schnell für etwas begeistern kann. Wenn dann etwas doch schiefgeht, leidet sie wohl auch extrem, also sie ist wahrscheinlich einfach ein Mensch mit starken Gefühlen und oft vielleicht auch starken Gefühlsausbrüchen. Sie erzählt auch sehr ausschweifend über ihre Auftritte . Warum sie bestimmte Stücke spielte und wie. Diesen Teil hätte ich mir manchmal weniger detailreich gewünscht und dafür gerne noch etwas mehr von der privaten Ute Lemper , also vielleicht noch etwas mehr über ihre Kindheit, die sie nur kurz erwähnt hat.

Sie hat sehr liebevoll von ihren Kindern erzählt, ich glaube, die sind ihr wirklich , neben der Karriere, am allerwichtigsten. Diesen Teil über ihr Leben mit Mann und Kindern, fand ich am besten. Aber auch der Rest war sehr interessant und ich bin froh, dass ich diese Biografie gelesen habe und so doch noch erfahren habe, dass Ute Lemper viel mehr ist, als nur eine Sängerin aus den 80ern, dass ihre Karriere eigentlich erst danach so richtig anfing und sie inzwischen sehr erfolgreich ist.

Bewertung vom 30.06.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


gut

In "Idol in Flammen " erzählt die junge Autorin Rin Usami über die Jugendliche Akari, die für das Mitglied einer J-Pop Band schwärmt. Allerdings ist das kein normales Schwärmen mehr, sondern sie ist geradezu besessen von ihm, richtet ihr gesamtes Leben nach ihm aus, hat keinerlei andere Interessen. Sie geht nur stundenweise jobben, um Geld für Fan-Artikel zu haben, schreibt außerdem einen Blog, in dem sie alles mit anderen Fans teilt, was sie über Masaki, so heißt "ihr" Star, in Erfahrung bringen kann.

Eines Tages macht eine Neuigkeit über Masaki die Runde, die seine Fans völlig schockt. Er soll einen weiblichen Fan angegriffen haben. Diese Nachricht verbreitet sich über die sozialen Medien wie ein Lauffeuer, die aufgebrachte Meute stürzt sich regelrecht auf Masaki. Doch je mehr Menschen sich gegen Masaki stellen und je böser die Kommentare auf seiner Seite werden, umso verbissener und fanatischer kämpft Akari für ihr Idol, sie ist überzeugt von seiner Unschuld und sie würde sogar gegen den Rest der Welt zu ihm halten. Gleichzeitig muss sie sich allerdings mir ihrer eigenen Familie auseinandersetzen, denn ihre Eltern und auch ihre Schwester, verstehen nicht, dass sie an nichts anderem Interesse hat. Ihre Eltern möchten, dass sie an ihre Zukunft denkt, dass sie sich endlich einen richtigen Job sucht, eine Ausbildung macht und einfach ihr Leben in den Griff bekommt. Akari fühlt sich unverstanden , wendet sich immer mehr von ihrer Familie ab. Doch dann passiert etwas, das sie erkennen lässt, dass Masaki tatsächlich nur ein ganz normaler Mensch ist, mit Fehlern und Schwächen und diese Erkenntnis trifft sie sogar stärker als die Nachricht, er hätte einen weiblichen Fan geschlagen.

Leider muss ich sagen, mich hat "Idol in Flammen" nicht so gepackt, wie ich es gehofft hatte. Es passiert eigentlich nicht viel, die wenigen Stellen, die ich interessant fand, wie zum Beispiel die Gespräche mit ihren Eltern über ihre Zukunft, die waren immer sehr schnell vorbei und kamen auch ziemlich emotionslos rüber. Überhaupt blieb für mich alles doch sehr oberflächlich, es ging ja hauptsächlich um Akaris Gedanken. Manchmal ein Gespräch mit ihrer einzigen Freundin, deren Leben sich allerdings auch um einen Star drehte. Irgendwie wirkten sämtliche Personen aus Akaris Umfeld in dieser Geschichte recht gleichgültig, sogar die Eltern und die Schwester. Da die Autorin mit diesem Buch aufzeigen wollte, wie den jungen und völlig fanatischen Fans, von der J-Pop Industrie skrupellos das Geld aus der Tasche gezogen wird, ist es natürlich klar, dass es dann auch hauptsächlich zeigen sollte, wie vernarrt die Fans in ihre Idole sind und dass sie dadurch ein normales Leben fast komplett aufgeben, aber mir persönlich war das zu wenig, mich langweilte es nach einiger Zeit und ich hätte es interessanter gefunden, wenn der Konflikt mit den Eltern ein bisschen mehr Raum bekommen hätte. Das Ende war dann meiner Meinung nach zu abrupt und irgendwie nichtssagend, so als wäre das Buch noch gar nicht zu Ende geschrieben. Alles in Allem fand ich das Buch okay, man kann es, da es ja auch nicht sehr dick ist, ganz gut mal zwischendurch lesen, aber ein Highlight war es für mich nicht.