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Ste

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Insgesamt 189 Bewertungen
Bewertung vom 17.01.2024
Mario und der Zauberer
Mann, Thomas

Mario und der Zauberer


ausgezeichnet

Eine eindrückliche Novelle in schöner Geschenkausgabe

Der Inhalt von Thomas Manns „Mario und der Zauberer – Ein tragisches Reiseerlebnis“ ist schnell erzählt: Der namenlos bleibende Ich-Erzähler verbringt – irgendwann in den 1920er Jahren – mit seiner Familie den Spätsommer am Tyrrhenischen Meer. Die Stimmung dort ist sichtlich aufgeheizt (was nicht nur an den sommerlichen Temperaturen liegt): Der Faschismus herrscht bereits in Italien; die Menschen sind nationalistisch gesinnt – ein Umstand, den auch die Familie des Ich-Erzählers zu spüren bekommt. Kernstück der Novelle ist eine Vorstellung des Zauberers Cavaliere Cipolla, die der Ich-Erzähler mit seiner Familie besucht – und diese hat es in sich. Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen: Thematisiert werden hier auf eine eindrückliche Art und Weise die hypnotischen Verführungskünste Cipollas, der immer wieder den Willen der Zuschauenden bricht (daher kann man „Mario und der Zauberer“ auch als Parabel für den (italienischen) Faschismus (und daran anschließend aus der Retrospektive: als Parabel für den Nationalsozialismus) lesen). Wer Mann kennt, weiß, dass er gerne verschachtelte Sätze nutzt. Dies ist auch in „Mario und der Zaubrer“ der Fall. Man braucht ein, zwei Seiten, um sich an diesen Schreibstil (neu) zu gewöhnen – danach ist er aber äußerst reizvoll und man kann das Buch kaum aus der Hand legen. Auch optisch hat mir die Geschenkausgabe des Fischer-Verlags sehr gut gefallen: Sie ist gebunden in Leinen, ausgestattet mit einer stimmigen Umschlaggestaltung und gedruckt mit kompakter, aber angenehm zu lesender Schrifttype (Die Aufmachung reiht sich perfekt in die bereits erschienenen Mann-Schmuckausgaben ein). Abgerundet wird die Neuausgabe außerdem durch eine Zeitleiste zu Leben und Werk von Thomas Mann und ein Nachwort des Germanisten Hans Rudolf Vaget, in dem dieser der Entstehungsgeschichte der Novelle nachspürt. Insgesamt ist „Mario und der Zauberer“ eine sprachgewaltige Novelle mit einer eindrücklichen politischen Botschaft, die auch heute noch eine Relevanz besitzt – gerade jetzt.

Bewertung vom 12.01.2024
Der Mentor
Diel, Svenja

Der Mentor


sehr gut

Ein fesselnder Thriller mit Regionalbezug

Inhalt: Heidelberg: Ein Bergrutsch legt Grausiges frei: Zwei mit Messern traktierte Frauenleichen, denen zudem die Zahlen I und III in den Nacken geritzt worden sind. Trotz umfangreicher Suche bleibt die Nummer II verschwunden. Die Leichen sind nicht alt, alles deutet auf einen Serienmörder hin, sodass aus München die Fallanalytikerin Nova Winter angefordert wird, um dem Heidelberger Kommissar Jakob Krohn zur Seite zu stehen. Schnell wird klar: Die Spur führt in das studentische Milieu der alten Universitätsstadt…

Persönliche Meinung: „Der Mentor“ ist ein Thriller von Svenja Diel. Erzählt wird der Thriller aus mehreren unterschiedlichen personalen Perspektiven. So werden neben den Sichtweisen von Nova und Jakob, die beide die Ankerpunkte bilden, auch die Perspektiven von Täter- und Opferfigur(en) eingenommen. Einerseits erhält man dadurch einen facettenreichen Blick auf den Fall, andererseits gewinnt die Handlung durch die Perspektivwechsel ein rasantes, aber trotzdem stimmiges Tempo (zusätzlich wird das Tempo noch durch die eher kurzen Kapitel erhöht). Ansonsten möchte ich zur Handlung gar nicht zu viel spoilern. Nur: Sie ist fesselnd, gespickt mit falschen Fährten und besitzt ein sehr überraschendes Ende (das gilt besonders für die Täterfrage, mit deren Auflösung ich – trotz aller beim Lesen angestellten Theorien – überhaupt nicht gerechnet hatte). Neben dem eigentlichen Fall und der Täterfrage sorgen auch die beiden ermittelnden Protagonisten für Spannung: Beide besitzen eine Vergangenheit, die nicht gerade unbeschwert war, wobei insbesondere Novas Vergangenheit tragisch und brisant für den aktuellen Fall ist. Der Schreibstil von Svenja Diel ist anschaulich, flüssig zu lesen und ebenso fesselnd wie die Handlung des Thrillers. Insgesamt ist „Der Mentor“ ein spannender Thriller mit Regionalbezug, der mit falschen Fährten, einer klug konstruierten Handlung und einem überraschenden Ende auftrumpft.

Bewertung vom 19.12.2023
Im Herzen so kalt / Maya Topelius Bd.1
Åslund, Sandra

Im Herzen so kalt / Maya Topelius Bd.1


sehr gut

Ein fesselnder Schweden-Krimi mit lebendigen Figuren

Inhalt: Im schwedischen Östersund wird die Leiche eines bekannten Umweltaktivisten gefunden. Zur Unterstützung der lokalen Polizei reist die Stockholmer Kriminalinspektorin Maya Topelius gemeinsam mit ihrem Partmer Pär Stenqvist gen Norden. Dort treffen die beiden auf skeptische Kollegen, rabiate Forstindustrielle und ein altes Geheimnis…

Persönliche Meinung: „Im Herzen so kalt“ ist ein Schweden-Krimi von Sandra Åslund. Es handelt sich um den Auftakt einer Trilogie, in deren Mittelpunkt die deutsch-schwedische Ermittlerin Maya steht. Erzählt wird der Krimi aus unterschiedlichen personalen Perspektiven. So werden neben der Sichtweise von Maya auch diejenigen von Frida (einem Mädchen aus Östersund), Sanna (eine der besten Freundinnen Mayas) und Hilding (einem Polizisten aus Östersund) eingenommen. Alle vier Perspektiven besitzen eine eigene, individuelle Note und auch die PoV-Figuren werden sehr lebendig gezeichnet. Zum Handlungsverlauf selbst möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie ist fesselnd, wird spannungsreich erzählt, besitzt einige schöne Wendungen und lädt zum Miträtseln ein. Die Auflösung des Mordfalls hält zudem die ein oder andere Überraschung bereit. Neben der eigentlichen Krimi-Handlung findet sich noch ein weiterer Handlungsstrang in „Im Herzen so kalt“, der für zusätzliche Spannung sorgt: Dieser dreht sich um Maya und ihre drei besten Freundinnen, die ein Geheimnis teilen, das auf ihre Jugend verweist. Verpackt in den Roman ist daneben ein politisches, die Umwelt betreffendes Thema, das ich bisher gar nicht auf dem Schirm hatte: die flächendeckende, massiv in Ökosysteme eingreifende Rodung von großen Waldflächen. Informationen zu diesem Thema werden von Sandra Åslund auf ungezwungene Weise aufschlussreich sowie fundiert in die Handlung eingeflochten. Der Schreibstil von Sandra Åslund ist anschaulich, bildreich und lässt sich angenehm lesen. Insgesamt ist „Im Herzen so kalt“ ein fesselnder Schweden-Krimi mit schön ausgestalteten Figuren, der neugierig auf den nächsten Band macht.

Bewertung vom 16.12.2023
Kein guter Mann
Izquierdo, Andreas

Kein guter Mann


ausgezeichnet

Eine bittersüße Weihnachtsgeschichte

Inhalt: Walter, von Beruf Postbote, ist ein Mann der Prinzipien. Dementsprechend konsequent reagiert er, als ihn auf seiner Postrunde ein ungestümer Autofahrer mit dem Inhalt einer Pfütze überschwemmt. Allerdings: Mit seiner Aktion macht Walter sich nicht überall Freunde; seine Vorgesetzten befürchten einen Imageschaden für die Post – und wollen den kurz vor der Rente stehenden und damit (nahezu) unkündbaren Walter aufs Abstellgleis befördern. Ehe Walter es sich versieht, findet er sich in der Engelskirchener Christkindpostfiliale wieder, wo er sich mit Wunschzetteln herumschlagen muss, die wenig mit dem Geist der Weihnacht zu tun haben. Doch dann fällt ihm der Brief des zehnjährigen Ben in die Hände, der scheinbar dringend Hilfe benötigt. Walter antwortet ihm – wodurch eine ungewöhnliche Brieffreundschaft entsteht…

Persönliche Meinung: „Kein guter Mann“ ist ein Roman von Andreas Izquierdo. Erzählt wird die Handlung des Romans von einem allwissenden Erzähler, der häufig in die Perspektive von Walter schlüpft. Eine große Stärke von „Kein guter Mann“ ist die Zeichnung des Protagonisten, der insgesamt sowohl lebendig als auch vielschichtig dargestellt wird. Walter hatte es in seinem Leben nicht immer einfach: Von seiner Frau lebt er getrennt, mit seinen Kindern hat er nur sporadisch Kontakt. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein Stinkstiefel, allerdings zeigt sich im Laufe der Handlung, dass er sein Herz auf dem rechten Fleck trägt. Die Handlung des Romans setzt sich aus zwei Erzählsträngen zusammen: Der erste Erzählstrang, der in der Gegenwart spielt, dreht sich um Walters Beziehung zu seinen Kindern, dem Briefwechsel zwischen Ben und Walter und den Hilfsaktionen, die Walter durchführt, um Ben zu unterstützen. Dieser Gegenwartsstrang wird mehrfach durch Rückblicke in die Vergangenheit Walters unterbrochen, in denen sich schrittweise offenbart, wie Walter zu der Person wurde, die er heute ist (Spannung, Tempo und Dramatik dieser Rückblicke sind wirklich perfekt!). Ohne zu viel verraten zu wollen: Walters Geschichte ist nicht zwangsläufig fröhlich, sondern oftmals bittersüß bis tragisch. Ebenfalls sehr gut gelungen ist die authentische Schilderung der Handlungsorte des Romans (Engelskirchen, die Christkindpostfiliale und Ründeroth im Bergischen Land). Wie der Handlungsort „Christkindpostfiliale“ schon nahelegt, spielt der Roman in der Weihnachtszeit, sodass sich die Lektüre besonders (aber nicht nur) im Advent lohnt. Der Schreibstil von Andreas Izquierdo ist anschaulich, ungemein eingängig und immer mit einer Prise Humor gewürzt. Insgesamt ist „Kein guter Mann“ eine bittersüße Weihnachtsgeschichte, die mit einem vielschichtigen Protagonisten auftrumpft.

Bewertung vom 03.12.2023
Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2
Sten, Viveca

Tief im Schatten / Hanna Ahlander Bd.2


ausgezeichnet

Ein spannender, geschickt erzählter Krimi

Inhalt: Im schwedischen Urlaubsort Åre wird die brutal zugerichtete Leiche eines Mannes gefunden. Das Opfer: der ehemalige Skifahrer Johan Andersson, der – so sein näheres Umfeld – allseits beliebt war und zeitlebens mit niemandem aneckte. Doch der Mord an Johan Andersson ist nicht der einzige Fall, mit dem sich die Ermittlerin Hanna Ahlander konfrontiert sieht. Eine Frau ist plötzlich verschwunden – hochschwanger und auf wichtige Medikamente angewiesen…

Persönliche Meinung: „Tief im Schatten“ ist ein Kriminalroman der schwedischen Autorin Viveca Sten. Es handelt sich um den zweiten Band der Hanna Ahlander-Reihe, deren erster Band („Kalt und still“) im letzten Jahr auf Deutsch erschien. Da die Handlung von „Tief im Schatten“ sowie die behandelten Fälle in sich abgeschlossen sind, lässt sich der Kriminalroman auch ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen. Für ein tieferes Verständnis der Figurenbeziehungen ist ein chronologisches Lesen natürlich sinnvoll, allerdings erhält man in „Tief im Schatten“ alle nötigen Informationen zu den Figuren, ohne dass „Kalt und still“ gespoilert wird. „Tief im Schatten“ eignet sich demnach auch für den Quereinstieg in die Reihe. Erzählt wird die Handlung in mehreren, eher kurzen Kapiteln aus unterschiedlichen personalen Perspektiven (neben derjenigen der Ermittlerfigur Hanna schlüpft man u. a. in die PoVs einiger Personen aus dem Umfeld Johan Anderssons) – das Erzähltempo ist dementsprechend hoch. Zur Handlung des Krimis möchte ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie ist fesselnd, besitzt eine schöne Spannungskurve und ist mit einigen falschen Fährten gespickt. Das Ende trumpft außerdem mit einem stimmigen Twist auf. Sehr gut hat mir auch die geschickte Verknüpfung der unterschiedlichen Erzählebenen gefallen, die sich in „Tief im Schatten“ findet (wie genau diese Ebenen verbunden werden und um welche es sich überhaupt handelt, kann ich hier nicht weiter ausführen – die Spoilergefahr ist zu groß). Wie schon der erste Band der Reihe ist auch „Tief im Schatten“ anschaulich geschrieben, sodass während der Lektüre ein detailliertes Kopfkino entsteht. Zudem lässt sich der Krimi flüssig und angenehm lesen. Insgesamt ist „Tief im Schatten“ ein spannender, fesselnd geschriebener Kriminalroman, der erzählerisch geschickt austariert ist.

Bewertung vom 01.12.2023
Monsteranwalt / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.2
Buckingham, Royce

Monsteranwalt / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.2


ausgezeichnet

Ein kurzweiliger Urban Fantasy-Krimi

Inhalt: Ein neuer Fall wartet auf den Monsteranwalt Daniel Becker: Ein Ungeheuer treibt im Hafen von Seattle sein Unwesen – und die Bürgermeisterin möchte, dass dieses Problem möglichst diskret und unbürokratisch gelöst wird. Daneben muss Daniel sich aber noch um ganz andere Fälle kümmern: eine Sirene, die es mit ihren Gesangskünsten übertrieben hat, einen Jugendlichen, der Dämonen bewacht, und eine potentielle Mandantin, die sich in eine Schlange verwandeln kann und Daniel am liebsten Tod sehen möchte…

Persönliche Meinung: „Monsteranwalt“ ist ein Urban Fantasy-Roman mit Krimielementen von Royce Buckingham. Es handelt sich um den zweiten Band einer Reihe um den Rechtsanwalt Daniel Becker, der sich übernatürliche Fälle auf die Fahne geschrieben hat. Der Handlung von „Monsteranwalt“ kann man auch ohne Kenntnis des Vorgängers („Im Zweifel für das Monster“) folgen. Für ein tieferes Verständnis der Figurenbeziehungen ist es aber sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive von Daniel Becker, der seinen Fällen immer mit einem ironischen Augenzwinkern begegnet. Während im ersten Band der Reihe noch verstärkt Justizkrimi-Elemente in der Handlung eine Rolle spielen, verlagert sich der Schwerpunkt in „Monsteranwalt“ stärker auf Urban Fantasy. Dies tut der Handlung insgesamt aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die übernatürliche Welt Seattles wird weiter ausgekundschaftet und ausgebaut; für Spannung sorgt ein Geheimnis, das die Mandantin, die sich vor Daniels Augen in eine Schlange verwandelt, umgibt (dieses Geheimnis wird übrigens sehr schön gelöst!). Die Handlung selbst ist sehr stimmig, hält die ein oder andere Überraschung bereit und knüpft sinnvoll an den ersten Band der Reihe an (man trifft z. B. auf einige alte Bekannte, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hätte). Der Schreibstil von Royce Buckingham ist bildreich und anschaulich und lässt sich – durch seinen humorvollen Ton – sehr flüssig lesen. Insgesamt ist „Monsteranwalt“ ein kurzweiliger Urban Fantasy-Roman, der mir – in Bezug auf Humor, Stringenz und Einfallsreichtum – sogar noch eine Spur besser als der erste Band gefallen hat.

Bewertung vom 19.11.2023
Im Zweifel für das Monster / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.1
Buckingham, Royce

Im Zweifel für das Monster / Monsteranwalt Daniel Becker Bd.1


sehr gut

Urban Fantasy meets (Justiz-)Krimi

Inhalt: Daniel Becker, Rechtsanwalt in Seattle, hat ein Ziel vor Augen: Er will Partner in der renommierten Kanzlei Fury und Styles werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er seit Jahren alles zurückgestellt – und es scheint sich gelohnt zu haben, endlich ist die Partnerschaft greifbar. Nur die Vertretung in einem Rechtsfall muss noch überstanden werden. Doch kurz bevor es in diesem Prozess rechtlich ans Eingemachte geht, bekommt Daniel unerwartet nächtlichen Besuch: Ein echtes Monster steht neben seinem Bett – und zwar jenes Monster, das ihn in seiner Kindheit immer heimsuchte. Das Monster ist in einem Mordfall angeklagt, weshalb es Daniel um rechtlichen Beistand bittet – und ehe Daniel es sich versieht, findet er sich in einer Welt voller sprechender Hunde, Sirenen und Donnervögel wieder…

Persönliche Meinung: „Im Zweifel für das Monster“ ist ein Urban Fantasy-Krimi von Royce Buckingham. Es ist der Auftakt einer Reihe um den „Monsteranwalt“ Daniel Becker. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive Daniels, der mit seinen (alltäglichen und nicht so alltäglichen) Problemen lebendig und authentisch dargestellt wird. Die Handlung von „Im Zweifel für das Monster“ setzt unterschiedliche Schwerpunkte. Neben dem Privatleben Daniels (z. B. die Liebe oder der Umgang mit seiner Tochter, die getrennt von ihm lebt) spielt Daniels Arbeit als Anwalt eine große Rolle im Roman. Dabei werden sowohl – einem humorvollen Justizkrimi ähnelnd – die alltäglichen Rechtsfälle behandelt, die Daniel in seinem „normalen“ Anwaltsjob beschäftigen, als auch die „Monsteranwalt“-Fälle, in denen unterschiedliche Urban Fantasy-Elemente eine Rolle spielen (besonders hat mir in diesem Kontext die übernatürliche Gerichtsbarkeit gefallen, die ich hier aber nicht spoilern möchte). Der rote Faden, der diese Schwerpunkte verknüpft, ist die Ermittlung in dem Mordfall, durch den Daniel, vermittelt durch „sein“ Monster, überhaupt erst in die übernatürliche (Justiz-)Welt eingestiegen ist. Dieser Mordfall, der einem Whodunnit-Krimi ähnelt, besitzt einige schöne Wendungen und ein überraschendes Ende. Der Schreibstil von Royce Buckingham, der mit einer Prise Humor und Ironie gewürzt ist, lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Im Zweifel für das Monster“ ein humorvoller Genre-Mix aus Urban Fantasy und (Justiz-)Krimi, der neugierig auf den zweiten Teil der Reihe macht.

Bewertung vom 19.11.2023
Höllenkalt / Die Áróra-Reihe Bd.1
Sigurðardóttir, Lilja

Höllenkalt / Die Áróra-Reihe Bd.1


sehr gut

Ein spannender und kurzweiliger Island-Krimi

Inhalt: Áróra Jónsdóttir, eine private Ermittlerin im Wirtschaftssektor, hat seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester Ísafold. Nicht nur trennt die beiden der Ozean – Áróra lebt in London, Ísafold in Reykjavík –, auch wurde Áróra von ihrer Schwester auf allen Social-Media-Kanälen blockiert. Umso irritierter ist Áróra, als sie plötzlich einen Anruf ihrer Mutter erhält: Diese sorgt sich, dass Ísafold etwas zugestoßen sein könnte, da sie wie vom Boden verschluckt scheint. Kurzerhand reist Áróra nach Reykjavík, um ihre Schwester zu suchen – doch bei ihrer Suche stößt sie auf einige Ungereimtheiten…

Persönliche Meinung: „Höllenkalt“ ist ein Kriminalroman von Lilja Sigurðardóttir (der Krimi ist der Auftakt einer Reihe um die Ermittlerfigur Áróra). Erzählt wird „Höllenkalt“ aus mehreren unterschiedlichen personalen Perspektiven: So werden neben Áróras Sicht auch die Perspektiven von verschiedenen Nachbarn Ísafolds eingenommen, wodurch sich eine latente Spannung durch die Handlung des Romans zieht. Denn: Jede*r im Umfeld Ísafolds scheint ein Geheimnis zu verbergen – wobei sich schrittweise, spannungstechnisch in einem schönen Tempo, offenbart, inwiefern das jeweilige Geheimnis mit dem Verschwinden Ísafolds zusammenhängt. Für zusätzliche Spannung innerhalb der Handlung sorgen einzelne Rückblicke in die Vergangenheit Áróras, in denen die Beziehung zu ihrer Schwester näher beleuchtet wird. Generell ist Áróra eine dreidimensionale Figur: Da ihr Vater Isländer, ihre Mutter aber Engländerin ist, gerät sie in „Höllenkalt“ in einen Identitätskonflikt und fragt sich permanent, wo sie eigentlich hingehört (bzw. hingehören möchte). Neben dem eigentlichen Fall – der Suche nach Ísafold – findet sich in „Höllenkalt“ noch ein zweiter Fall: Eine potenzielle wirtschaftliche Straftat, der Áróra auf den Grund gehen möchte. Beide Fälle werden im Wechsel erzählt, wodurch „Höllenkalt“ insgesamt ein kurzweiliger, nicht eintöniger Krimi ist. Ansonsten möchte ich zur Handlung gar nicht zu viel vorwegnehmen. Nur: Sie besitzt einige schöne Überraschungen (besonders zum Ende hin) und ist stimmig. Der Schreibstil von Sigurðardóttir ist klar, deutlich und eingängig, sodass sich „Höllenkalt“ flüssig lesen lässt. Insgesamt ist „Höllenkalt“ ein fesselnder und kurzweiliger Kriminalroman mit einer interessanten Ermittlerfigur.

Bewertung vom 05.11.2023
Am Tisch sitzt ein Soldat
Schmidt, Joachim B.

Am Tisch sitzt ein Soldat


ausgezeichnet

Ein spannender, feinfühliger Familienroman

Inhalt: Die 1960er. Jón hat für sein Medizinstudium den elterlichen Bauernhof in Island verlassen und ist in die Millionenstadt Hamburg gezogen. Doch als ihn ein Brief aus der Heimat erreicht, kehrt er umgehend auf den Hof zurück. Dort erwarten ihn nicht nur eine im Sterben liegende Mutter, eine sturköpfige Tante und ein Bruder, den er seit Jahren versucht, zu vergessen – zugleich beherbergt der Hof ein Geheimnis, für dessen Lösung Jón seine Kindheit aus einem neuen Blickwinkel betrachten muss…

Persönliche Meinung: „Am Tisch sitzt ein Soldat“ ist ein Roman von Joachim B. Schmidt. Vorweg: Auch wenn der Titel des Romans vielleicht Erwartungen an eine martialische Handlung weckt: Krieg, Gewalt oder das Soldatentum spielen in „Am Tisch sitzt ein Soldat“ keine Rolle (natürlich ist der Titel des Romans nicht von ungefähr gewählt: Die Figur „Soldat“ ist wichtig für die Handlung; wie genau sie eingeflochten ist, soll hier aber nicht verraten werden). Die Handlung des Romans ähnelt eher einem Familienroman – Mitglieder von drei unterschiedlichen Generationen treten auf –, der – durch das Familiengeheimnis, dem Jón auf die Spur kommen möchte – Elemente einer Krimihandlung in sich birgt. Auch spielt die Gefühlswelt von Jón in „Am Tisch sitzt ein Soldat“ eine vergleichsweise große Rolle: Jón fühlt sich auf dem elterlichen Hof mit seiner Kindheit konfrontiert, trifft Personen, mit denen er ewig keinen Kontakt mehr hatte, und verfällt durch die Rückkehr in die Heimat in eine Identitätskrise. Weiterhin versucht Jón, irgendwie mit dem Tod seiner Mutter klarzukommen; er macht sich Vorwürfe, längere Zeit nicht am Hof gewesen zu sein, was ihn zusätzlich belastet. Zum konkreten Handlungsverlauf möchte ich nur einzelne Stichworte geben, da die Spoiler-Gefahr recht groß ist: Die Handlung entfaltet sich – auf eine feine Art und Weise – behutsam und ist – trotz ihrer ernsten Themen – immer mit einer Prise leichtem Humor gewürzt. Strukturell sorgt innerhalb des Romans für Spannung, dass Jón teilweise mehr zu wissen scheint, als er (den Lesenden) preisgeben möchte. Daneben hält der Roman einige Wendungen bereit, mit denen man nicht unbedingt rechnet, und endet stimmig. Sehr gut hat mir auch die atmosphärische Darstellung Islands gefallen: Es wirkt hier eher karg und rau, besitzt aber zugleich auch idyllische Fleckchen. Der Schreibstil von Joachim B. Schmidt ist angenehm und flüssig zu lesen. Insgesamt ist „Am Tisch sitzt ein Soldat“ ein einfühlsamer Familienroman mit Krimielementen, der mit schönen Wendungen auftrumpft.

Bewertung vom 16.10.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

Ein historischer Roman mit Kopfkino-Garantie

Inhalt: Wien, 1895. Inspektor Leopold von Herzfeldt wird an einen ungewöhnlichen Tatort gerufen: Die Gruft unter dem Stephansdom – wo der Mesner die Leiche des bekannten Arztes Theodor Lichtensteiner aufgefunden hat. Lichtensteiner hatte sich jüngst einige Feinde gemacht: Als Gegner des Spiritismus schlich er sich in verschiedene Séancen ein, um diese als Scharlatanerie zu entlarven. Auch Leopold von Herzfeldt ist der Glaube an Geister fern – doch als die Tatortfotos entwickelt sind, schwebt auf diesen der Geist eines jüngst Beschworenen über der Leiche Lichtensteiners…

Persönliche Meinung: „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch. Es handelt sich um den dritten Band der „Die Totengräber“-Reihe; da die Handlung und der Fall aber in sich abgeschlossen sind, kann man den Roman auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen. Erzählt wird die Handlung aus mehreren personalen Perspektiven, wobei Schwerpunkte auf den Perspektiven von Leopold von Herzfeldt und von Julia Wolf (Tatortfotografin und Partnerin von Leopold) liegen. Beide Figuren sind mit ihrer Gefühls- und Gedankenwelt lebendig und (historisch) authentisch gezeichnet. Die Handlung des Romans besitzt die Struktur eines Ermittlerkrimis: Leopold versucht, gemeinsam mit Julia und dem kauzigen Totengräber Augustin Rothmayer, den Mörder von Lichtensteiner zu stellen. Dabei führen die Ermittlungen die drei Protagonisten auf Friedhöfe sowie in Séancen, dunkle Gemäuer und Krypten, wodurch die Handlung (wohlig) gruselige Komponenten erhält. Die Spannungskurve des Romans ist hoch: Nicht nur gibt es eine Vielzahl potenzieller Täterfiguren und einige falsche Fährten – schnell wird klar: Der Mord an Lichtensteiner ist nicht der einzige Fall, den es zu klären gilt. Was genau es dabei mit den Fällen auf sich hat und wer dahintersteckt, ist kaum zu erahnen und überraschend. Nicht zuletzt ist auch die Recherchearbeit, die hinter dem Roman steht, hervorzuheben: Man hat während der Lektüre permanent das Gefühl, in ein authentischen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu treten. Der Schreibstil von Oliver Pötzsch ist ausgesprochen dreidimensional und tiefenscharf, sodass während der Lektüre ein schönes Kopfkino entsteht. Insgesamt ist „Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ein spannender sowie authentisch wirkender historischer Roman mit tollen Protagonisten.