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N.M.
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Hamburg

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Insgesamt 95 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2024
Das große Buch der Infografiken. Wissen für Kinder ab 8 Jahren - Schauen, staunen, Neues lernen
Pettie, Andrew;Quilty-Harper, Conrad

Das große Buch der Infografiken. Wissen für Kinder ab 8 Jahren - Schauen, staunen, Neues lernen


ausgezeichnet

"Das grosse Buch der Infografiken: Ein visuelles Lexikon" bietet Spannung schon mit dem Cover an - da gibt es allerlei Bilder zu entdecken, die auch als Andeutungen dienen können, was es im Buch alles zu sehen gibt.
Das Buch ist unterteilt in verschiedene Bereiche: Der Weltraum; Land, Wasser, Luft; Der lebende Planet; Tiere; Der menschliche Körper und Die Welt der Menschen.
Nach einer kurzen Einführung darin, wie wichtig Bilder im Allgemeinen und Infografiken im Besondere für die Wahrnehmung sind, wird kurz erläutert, wie das Buch zu lesen ist. Mir gefällt besonders gut, dass das Lesen und Wissenaneignen als ein Abenteuer gesehen werden.
Beispielhaft möchte ich nur ein paar interessante Themen vorstellen - im ersten Teil wird zum Beispiel kurz der kosmische Kalender vorgestellt oder erläutert, wo unser Platz im Universum ist, die Planeten werden im Verhältnis zueinander dargestellt, so dass man schnell auch eine Vorstellung von unterschiedlicher Größe, Gewicht usw. bekommt. Auch werden einige bekannte und einige weniger bekannte "Menschen im All" vorgestellt. Erwähnung finden auch schwarze Löcher, Exoplaneten und der Sternenstaub. Im zweiten Teil geht es dann unter Anderem um die Entstehung der Erde, den Feuerring, Mineralien und längste Flüsse.
An dieser Stelle gehe ich nicht weiter in die Inhalte ein, weil ich dann seitenweise weiter schreiben könnte. Das Wichtigste ist: es sind allerlei spannende Informationen dabei, viele von denen nicht zu unbedingt zu üblichem Allgemeinwissen gehören. Die Infografiken und die Illustrationen sind sehr schön, informativ und auch unterschiedlich gestaltet, so dass es nicht langweilig wird, sich diese anzuschauen. Dabei sind sie häufig so gestaltet, dass man wirklich auf den ersten Blick die Unterschiede in Länge, Größe, Beschaffenheit oder ähnlichem bekommt.
Eine Sache hat mich am Anfang schockiert: am Ende jedes Abschnitts wird der beratende Experte bzw. die beratende Expertin vorgestellt. Und zu Beginn waren es nur Männer, so dass ich schon Angst hatte, sie hätten wirklich auf die Geschlechterparität geachtet. Dem ist nicht so, aber ich hätte es gut gefunden, wenn die erste Expertin eine Frau gewesen wäre.
Alles in allem ein sehr spannendes Buch, das man nicht so einfach wegliest, aber in dem man immer wieder stöbern und viel Neues erfahren kann. Absolute Leseempfehlung für Schulbibliotheken und alle neugierigen Kinder und Erwachsene.

Bewertung vom 22.06.2024
Totholz / Kreuthner und Wallner Bd.11
Föhr, Andreas

Totholz / Kreuthner und Wallner Bd.11


sehr gut

"Totholz" von Andreas Föhr ist bereits der 11. Band der Reihe um die Polizeikommissare Wallner und Kreuthner. Für mich war es das erste Buch von Föhr und mir hat das Lesen Spaß gemacht.

Worum geht es? Der von krimineller Energie strotzende Kommissar Kreuthner will seine Widersacherin Pippa in puncto Schwarzbrennerei durch einen kleinen Schuß aus einer Kanone aus dem 18. Jahrhundert einschüchtern. Leider geht die Sache schief und die ganze Brennerei fliegt in die Luft und es gibt sogar ein Video davon... Kurz darauf erwischt Kreuthner Pippa mit 200.000 Euro in Bar und verhaftet sie kurzerhand. Um einen Deal auszuhandeln, bietet diese der Polizei die Information über eine im Wald vergrabene Leiche. Allerdings geschah dies vor einem Jahr und nun heißt es: wer ist die tote Person und warum wurde nichts gemeldet? War es ein Unfall, gar Mord? Als dann plötzlich die einzige Zeugin verschwindet, wird die Sache unübersichtlich.

Die Charaktere im Buch sind sehr eigenwillig: da ist der Leo Kreuthner, voller krimineller Energie, aber mit dem Herz am richtigen Fleck und einem scharfen Verstand; Clemens Wallner, der überkorrekte Kommisar mit einem äußert eigenwilligen Großvater, der immer mal wieder krumme Geschäfte (unter anderem mit Kreuthner) macht und viel zu viel cholesterinbehaftete Nahrung zu sich nimmt; Pippa Trautmann, schlau und betrügerisch mit einem guten Händchen für Einbrüche aller Art; sowie weitere illustren Personen, viele von welchen eher dem kriminellen Milieu zuzuordnen sind. Einige mit relativ starkem bayerischem Akzent, was dem Ganzen eine besondere Authentizität verleiht (zumindest aus der Sicht von jemandem aus dem Norden).

Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten, insbesondere moralischer Art, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass ein Polizist ernsthaft zu solch krummen Geschäften in der Lage wäre. Aber nach einigem Überlegen würde es mich doch nicht wundern, wenn es so etwas (hoffentlich in etwas abgespeckter Form) tatsächlich gibt. Und dann hat das Lesen auch immer mehr Spaß gemacht, je länger ich las.

Das Cover ist sehr schön und könnte mehrfach gedeutet werden. Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten, um nicht zu viel vom Plot zu verraten.

Mein Fazit: Ein unterhaltsamer Kriminalroman mit ordentlich Lokalkolorit!

Bewertung vom 18.05.2024
Ein Chinese sagt nicht, was er denkt
Schütz, Christian Emil

Ein Chinese sagt nicht, was er denkt


gut

Christian Emil Schütz schreibt aus erster Hand in "Ein Chinese sagt nicht, was er denkt" über seine persönliche Erfahrungen mit einem chinesischen Partner. Der Autor ist sehr vorsichtig und aufmerksam und ist sich jederzeit dessen bewußt, dass es sich hierbei in erster Linie um seine persönlichen Erfahrungen handelt und man vorsichtig mit einer Verallgemeinerung sein sollte.

Idee des Buchs ist sehr gut, denn Vieles, was derzeit auch in politischer und wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen dem Westen (insbesondere westeuropäischen Ländern) und China schief läuft lässt sich mit den unterschiedlichen kulturellen Ausprägungen zumindest verstehen und ein Stück weit nachvollziehen. Der Autor erzählt ein wenig über die Entstehund des heutigen Chinas und zieht Schlüsse für die derzeitige kulturelle Entwicklung, immer wieder gespickt mit persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen aus der Ehe mit einer chinesischen Frau. Alles in allem sehr spannend, nur fand ich es recht ermüdend, dass sich der Autor immer wieder auf die gleichen Sachverhalte bezieht, wie in einem Mantra, vielleicht um uns Leserinnen und Lesern seine Sichtweise möglichst klar nahezubringen. So lobenswert es aus ist, fand ich es einfach schade, weil ich mich immer wieder erwischt habe, dass es mich ermüdet hat, trotz des sehr spannenden Themas.

Als besonders lobenswert fand ich auch die Erläuterungen zur Traditionellen Chinesischen Medizin (kurz TCM), denn mir war nicht bewußt, dass es in China ein fünfjähriges Studium zuzüglich einer zehnjährigen Erfahrung benötigt, um als kompeten in TCM zu gelten. Das finde ich sehr beruhigend, in der Hoffnung, dass die TCM-Ärzte, die in Deutschland arbeiten, auch dieses Studium absolviert haben. Zumindest könnte man es ansprechen.

Mein Fazit: Spannendes und wichtiges Thema mit einigen Schwächen in der Umsetzung.

Bewertung vom 30.04.2024
Kluge Wörter
Heine, Matthias

Kluge Wörter


sehr gut

"Kluge Wörter: Wie wir den Bildungswortschatz nutzen können - und wo seine Tücken liegen" von Matthias Heine ist eine Sammlung von 160 Wörtern, die als bildungssprachlich und zum Teil "schwer" gelten. Gleich zu Beginn geht der Autor auch auf die Tücken des Gebrauchs von bildungssprachlichen Wörtern ein, insbesondere da dieser manchmal als angeberisch gilt und negativ konnotiert ist. Zur Auswahl der Wörter schreibt der Autor, dass er erklärungsbedürftige Wörter gegenüber solchen, die allgemein bekannt sind, bevorzugt. Je nachdem, wie stark man selbst Gebrauch von bildungssprachlichen Wörtern benutzt, werden einem viele der Wörter dennoch sehr bekannt vorkommen.

Die Auswahl reicht von ab ovo und abundant über aufoktroyieren, Diadochenkämpfe, Epitheton, Gran, inkommensurabel bis hin zu Orkus, profan, Rabullistik, sibyllinisch und endet mit Zäsur und Zerberus. Je nach Wort reichen die Wurzeln sehr weit in die Geschichte zurück, aber in manchen Fällen, wie beim Wort Dystopie schreibt der Autor: "Damit wir dieses Wort brauchten, musste uns erst der optimistische Blick auf die Zukunft abhandenkommen." (S. 91) So ist hin und wieder auch etwas Schmunzeln beim Lesen garantiert.

Mein Fazit: Ein schönes Sachbuch für alle, die sich für die Sprache an sich und Bildungssprache im Besonderen interessieren und das eine oder andere neue (alte) Wort lernen möchten, um sich selbst oder Andere zu "tangieren" ;)

Bewertung vom 26.04.2024
Der Kuss der Nixe / School of Myth & Magic Bd.1
Jager, Jennifer Alice

Der Kuss der Nixe / School of Myth & Magic Bd.1


sehr gut

Mit dem ersten Band "School of Myth & Magic: Der Kuss der Nixe" entführt uns Jennifer Alice Jager in eine magische Welt unter Wasser, die voller Gefahren, Spannung, aber auch Zauber und liebenswürdigen Charakteren ist.

Worum geht es? Die 17-jährige Devin Blackwood möchte ihren Geburtstag mit Freunden am See feiern. Alles scheint super zu laufen und alle haben Spaß. Als sie dann mit ihrem langjährigen Schwarm in den See steigt und sie sich küssen wollen, geschieht etwas merkwürdiges und ein schrecklicher Unfall passiert. Devin kann es überhaupt nicht einordnen, vor allem, da sie im Wasser direkt vor dem Unfall etwas gesehen zu haben glaubt... als sie kurz darauf herausfindet, dass in ihr Nixen-Kräfte schlummern und sie deshalb zu einer besonderen Schule, der School of Myth & Magic gehen soll, ist sie komplett überfordert. Dort trifft sie auf allerlei zauberhafte Wesen, von denen ihr nicht alle wohl gesonnen sind... Mehr soll von der Handlung nicht verraten werden, damit der Spaß beim Lesen nicht ausbleibt.

Ich hatte etwas Schwierigkeiten am Anfang, in die Geschichte hineinzutauchen, aber sobald Devin die Schule betrat, bin ich in die Geschichte hineingesogen worden und das hielt bis zum Schluss an. Die Charaktere sind sehr spannend und vor allem die zauberhaften Wesen äußerst interessant beschrieben, darunter Vampire, Drachen, Halbgötter, Waldschrate, Sirenen und Nixen. Manche von ihnen kann man sofort ins Herz schließen, von anderen wiederum möchte man sich am liebsten soweit wie möglich fern halten. Vor allem die Beschreibung der Schule und der einzelnen Räumlichkeiten fand ich auch richtig spannend und fühlte mich wie vor Ort.

Das Cover ist wunderschön gestaltet und ich hatte sogar das Glück, die Ausgabe mit dem Farbschnitt zu lesen und auch der ist einfach nur schön und macht sich richtig gut im Bücherregal.

Fazit: Ein absolutes Lesemuss für alle Fans von fantastischen (Unterwasser-)Geschichten aus der Romantasy-Ecke!

Bewertung vom 23.04.2024
Der Wind kennt meinen Namen
Allende, Isabel

Der Wind kennt meinen Namen


ausgezeichnet

Was für eine Geschichte! Tief beeindrückt und berührt habe ich das Buch "Der Wind kennt meinen Namen" von Isabel Allende durchgelesen und muss es erst einmal verdauen.

Die Geschichte handelt von drei Menschen, aus drei verschiedenen Zeiten, deren Leben auf wundersame Weise miteinander verwoben sind. Zum einen ist da Samuel, der als fünfjähriger jüdischer Junge im Dezember 1938 mit einem Kindertransport aus Wien nach Großbritannien geschickt wird. Alleine in einer ihm fremden Welt muss er lernen, ohne seine Eltern zurechtzukommen und wächst zu einem einsamen Mann heran. Zum anderen wird die Geschichte von Leticia aus El Salvador erzählt, die Anfang Januar 1982 mit ihrem Vater in die USA anreist und dort ein neues Leben beginnt. Zu guter letzt taucht in 2019 Anita aus El Salvador in den USA auf, wird von ihrer Mutter getrennt und muss lernen, alleine in diversen Heimen zu überleben...

Isabel Allende versteht es, eine sehr eindrückliche Sprache zu nutzen und berührt mit der Schilderung des Geschehenen ihre Leserinnen und Leser bis in die tiefsten Ecken der Seele.

Fazit: Keine leichte Kost, aber eine Geschichte, die einen nicht mehr leicht wieder loslässt. Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 29.03.2024
Wie style ist das denn?! / Mathilda Bd.1
Antelmann, Silke

Wie style ist das denn?! / Mathilda Bd.1


sehr gut

"Mathilda - Wie style ist das denn?" ist ein sehr schönes Buch für Kinder und Jugendliche ab etwa 11-12- Jahren, für die die Themen Outfits, Beliebtsein, Insta und körperliche Veränderungen in der Regel immer größere Rolle spielen.

Mathilda, genannt Mathi, ist ein 12-jähriges, ziemlich unscheinbares Mädchen, das gerne weite Klamotten trägt und sich nichts aus Styling, Schminken und co. macht. Sie liebt die Musik von Billie Eilish und hat eine gute Freundin Juli. Allerdings hat sie auch ein Geheimnis: ihre große Schwester Thea ist nämlich eine ziemlich bekannte Influencerin. Und als an ihrer Schule alle davon erfahren, bricht das Chaos aus...

Das Buch ist sehr schön geschrieben und Mathilda spricht die junge Leserschaft direkt an und stellt ihnen häufig Fragen mit Antworten zum Ankreuzen oder mit leeren Zeilen, die ausgefüllt werden können. Natürlich ist dabei häufig ein Augenzwinkern dabei, denn ganz ernst sind die Fragen nicht, aber es ist eine nette Abwechslung und lässt den Leserinnen und Lesern Zeit, über das Gelesene ein wenig nachzudenken. Auch werden im Buch durchaus wichtige Themen angesprochen, wie Dazugehören, Unzufriedenheit mit sich selbst, Freundschaft und Mobbing.

Es ist ein Feel-good-Buch sowohl für Jungs als auch für Mädchen ab ca. 11-12 Jahren. Und auch Erwachsene können ihren Spaß beim Lesen haben.

Bewertung vom 29.03.2024
Nur noch kurz die Welt sehen
Wolfram, Carina

Nur noch kurz die Welt sehen


sehr gut

"Nur noch kurz die Welt sehen" ist eine Hommage an die über 50-jährige Fahrradreise von Heinz Stücke, einem zu Beginn seiner Reise 22-jährigen Mann aus Hövelhöf, nacherzählt von der Journalistin und Buchautorin Carina Wolfram. Das Buch ist keine Biografie von Heinz und erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, gibt den Leserinnen und Lesern aber auf unterhaltsame und eingägige Weise einen Einblick in die Erlebnisse und die Gedankenwelt von Heinz Stücke.

Die Autorin fängt zwar chronologisch an, durchbricht aber die Chronologie immer wieder und baut die Kapitel thematisch und nicht chronologisch auf. Die Kapitel reichen von Fernweh über Die Route, Menschen, Das Ziel, Essen und Trinken, Gefahren, Nächte bis hin zum Geld, das Fahrrad, Gesundheit und Dummheiten. Meiner Einsicht nach eine sehr interessante Auswahl an Schwerpunkten. Das Buch lädt dabei nicht nur zum Lesen sondern auch zum Betrachten von vielen Fotos, die während der langen Reise entstanden sind. Und davon gibt es eine ganze Menge und manche sind wirklich faszinierend.

Am faszinierendsten fand ich, dass Heinz Stücke sich ohne Navigationsgeräte, GPS oder ein Handy zurechtfand, sondern nur mit Karten und einem tragbaren Radio, den er allerdings in erster Linie zu Unterhaltungs- und Bildungszwecken genutzt hat, und um sich auf dem Laufenden zu halten. Aus der heutigen Sicht erscheint uns eine solche Reise fast unmöglich, zumal die Welt nicht gerade sicherer geworden ist. Und beim Lesen wird einem klar, dass auch Heinz unzählige Male in brenzlige Situationen geraten ist, aber es immer geschafft hat, heil davonzukommen. Auch Verletzungen und Krankheiten gab es, aber auch die hat er glücklicherweise alle recht gut überstanden. Ohne Kranken- oder Reiseversicherung. Vom November 1962 bis 2014 radelte Heinz Stücke kreuz und quer durch die Welt. Einen richtigen Plan hatte er dabei nicht, dachte er doch zu Beginn nur an eine zweijährige Radreise, hin zu den Olympischen Spielen in Japan 1964.

Carina Wolframs Buch bringt uns den Menschen Heinz Stücke näher. Was mir fehlt ist eine Auflistung aller Länder, die er jemals besucht hat und es stört mich auch ein wenig, dass einige Bilder im Text besprochen werden, dann aber nicht im Buch enthalten sind. Auch eine kurze chronologische Auflistung seiner Stationen hätte ich sehr spannend gefunden. Ansonsten ist es aber ein schönes kurzweiliges Buch für alle, die sowohl so ein Abenteuer selbst planen als auch für alle, die sich zwar so eine Reise niemals zutrauen würden, aber sich freuen, von jemandem zu lesen, der so etwas Unglaubliches geschafft hat.

Bewertung vom 22.03.2024
Gussie
Wortberg, Christoph

Gussie


ausgezeichnet

"Gussie" ist ein biographischer Roman über die zweite Ehefrau von Konrad Adenauer, Auguste Zinsser, genannt Gussie. Dem Autor Christoph Wortberg gelingt es, ihr Leben auf eine spannende und dennoch ruhige Weise aufs Papier zu bringen und die Leserinnen und Leser in seinen Bann zu ziehen.

Jedes Kapitel ist gleich aufgebaut: es startet mit einem Absatz aus einem Briefwechsel, mal mit ihrem Vater, mal mit ihrem (späteren) Ehemann. Dabei bedient sich der Autor Zeitsprünge und startet im Jahr 1948, wenige Wochen vor dem krankheitsbedingten vorzeitigen Tod von Gussie, und springt dann immer wieder zwischen ihren letzten Wochen und ihrer Vergangenheit, wobei die Vergangenheit fast durchgehend chronologisch aufgebaut ist, angefangen mit dem ersten Treffen auf Konrad Adenauer in 1915.

Neben der tiefen Verbundenheit Gussies mit ihrem Ehemann hat mich insbesondere auch die tiefe Verbundenheit mit ihrem Vater fasziniert, insbesondere die Tatsache, dass ihr Vater ihr bereits als kleinem Mädchen sehr viel erklärt hat und sie früh mit Naturwissenschaften in Kontakt gebracht hat. So konnte Gussie zu einer intelligenten jungen Frau heranwachsen, die klug und selbstbewußt war.

Der Autor hat sich um "größtmögliche historische Genauigkeit" bemüht, wobei die Briefauszüge zu Beginn der Kapitel fiktiv sind, aber im Ton den Originalbriefen nachempfunden. Durch die Briefe und die in einzelnen Kapiteln beschriebenen Geschehnisse und Gedanken von Gussie wird einem die wachsende Bedrohung durch den Nationalsozialismus immer bewusster und die Angst und die Aussichtslosigkeit immer näher. Als Gussie dann in einem Verhör vor die Wahl gestellt wird, ihren Mann zu verraten oder das Leben ihrer beiden Töchter aufs Spiel zu setzen, trifft sie eine Entscheidung, die keine ist, aber die ihr restliches Leben überschattet...

Mein Fazit: Eine klare Leseempfehlung, die einem auch die Person Konrad Adenauers ein wenig näher bringt. Mich hat das Buch jedenfalls dazu gebracht, mehr über Konrad Adenauer und seine zweite Ehefrau sowie ihre Familie erfahren zu wollen.

Bewertung vom 21.03.2024
Kanak Kids
Dimitrova, Anna

Kanak Kids


ausgezeichnet

"Kanak Kids" ist ein Buch, in dem die Autorin Anna Dimitrova zum Teil ihre eigene Kindheit und Jugend verarbeitet. Dessi, eigentlich Dessislava, ist ein 16-jähriges Mädchen aus Bulgarien, welches in Neuperlach, einem Stadtteil von München, wohnt. Allerdings geht Dessi auf ein Gymnasium mitten in München, wo fast ausschließlich deutsche Kinder hingehen. Damit sie da nicht auffällt, nennt sie sich Daisy, trägt blonde Perücke und blaue Kontaktlinsen, und spricht in einem möglichst fehlerfreien Hochdeutsch. Anpassung pur. Es scheint auch alles prima zu laufen, bis eines Tages ein neuer Schüler auftaucht, Bo. Er erwischt sie bei ihrer Verwandlung von Dessi in Daisy und nun stellt sich die Frage: lässt er sie auffliegen oder spielt er das Spiel mit?

Anna Dimitrova schildert meiner Meinung nach sehr schön den Spagat, den Dessi alias Daisy tagtäglich machen muss. Sie verheimlicht einen Teil ihrer Identität sowohl ihrer Familie und ihren Freunden in Neuperlach, als auch ihrer Freundin in der Schule. Auf eine eher lockere und humorvolle Weise gelingt es der Autorin, uns den Zwiespalt, in dem sich Dessi befindet, näher zu bringen. Es ist schwer vorstellbar, dass in einer großen Stadt wie München so etwas möglich ist, aber wenn man sich näher mit dem Thema befasst, fällt es einem schnell auf, dass es durchaus solche Schulen gibt, an denen Ausländer, vor allem solche mit schwierigen Namen oder aus bestimmten Ländern, die absolute Ausnahme sind. Auf der anderen Seite gibt es viele Kinder mit Migrationshintergrund, die kaum ihr Kiez verlassen und sich auch am besten unter Ihresgleichen fühlen. Zum Teil handelt es sich wirklich um zwei total paralelle Welten, aber es lohnt sich für alle, die jeweils Anderen kennenzulernen.

Der Autorin gelingt es in der Regel sehr gut, sowohl die zum Teil tragischen Auswirkungen dieser Diskrepanz als auch die komischen Seiten der kulturellen Misverständnisse zu präsentieren. Die beiden Freundeskreise von Dessi alias Daisy sind meiner Meinung nach recht gut dargestellt, natürlich ein wenig überspitzt aber nicht zu sehr. Man könnte sich diese Menschen genau so vorstellen.

Das Cover gefällt mir sehr gut, da es sofort diese zwei Seiten der Hauptprotagonistin aufzeigt - die dunkelhaarige Dessi aus einem Plattenbauviertel, und die blonde Daisy aus der Münchener Innenstadt. Einen Stern Abzug gab es von meiner Seite nur deswegen, weil ich mir schwer vorstellen kann, dass es einem Mädchen über Jahre gelingt, die Identität zu tarnen, ohne dass es einem auffällt - denn irgendwie muss sie die Perücke in Ordnung halten, die Flüssigkeit für die Kontaktlinsen regelmäßig nachkaufen, Klamotten waschen... Trotz dieser kleinen Diskrepanz ist es ein sehr gutes Buch, das zum Einen wirklich Spaß macht zu lesen und ich hoffe sehr, dass es viele Jugendliche und Erwachsene aus beiden Welten lesen werden. Am besten sogar in der Schule, denn dann kann man auch besser darüber reden, was man gelesen hat.

Fazit: Eine klare Leseempfehlung für alle, die mehr über "die Anderen" wissen möchten.