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Welt

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Insgesamt 40 Bewertungen
Bewertung vom 03.08.2020
Tender Bar
Moehringer, J. R.

Tender Bar


ausgezeichnet

Ich bin auf dieses Buch gestoßen, weil mich die Biographie von Andre Agassi, Open, begeistert hat. Sie stammt vom selben Autor.

In beiden Büchern zieht Moehringer den Leser in eine dichte, intensive Atmosphäre. Im Weiteren konzentriere ich mich nur auf Tender Bar, dem Ort, der einen prägt, zu dem man immer zurückkehrt, der einem eine wichtige Stütze ist - und der gerade deswegen seine negativen Seiten verschleiert.

Tender Bar ist vor den in den 1970er und 80er vaterlos aufwachsenden JR so ein Ort. Er sucht nach Orientierung und Identifikationsfigur, er bewundert und verehrt alle Männer - einfach weil sie Männer sind, und es im Leben keine gab.

In gewisser Weise lebt er den amerikanischen Traum, denn obwohl er aus sehr armen Verhältnissen stammt, gelingt es ihm, ein Voll-stipendium für Yale zu bekommen. Doch dort, genau wie in seinem Volontariat bei der Times, fehlt ihm der nötige Biss, um "durchzustarten". Ihm fällt alles schwer, alles gelingt alles spät, aber doch.

Tender Bar besticht vor allem durch den tiefgründigen, vielschichtigen JR, Moehringer selbst, durch die ergreifende und zugleich unaufdringliche Sprache - bis auf winzige Stellen meisterhaft von B. Jakobeit übersetzt.

Von mir eine klare Empfehlung, ein Muss für alle, die in einem Buch, einer Geschichte, in Figuren abtauchen wollten.

Bewertung vom 01.08.2020
Schatten und Licht / Fräulein Gold Bd.1 (1 MP3-CD)
Stern, Anne

Schatten und Licht / Fräulein Gold Bd.1 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

Zum Inhalt ist schon viel gesagt worden, sodass ich nur das unterstreichen möchte, was mir besonders gut gefallen hat. Das sind:
- der historische Hintergrund, der sehr gut recherchiert worden ist. Politik, Geschichte und Story verflechten sich hervorragend, nie langweilig, immer passend.
- die facettenreichen Haupt- und Nebenfiguren, die sehr lebendig wirken.
- die schöne Sprache

Und beim Hörbuch die großartige Leistung von Anna Thalbach, die der Geschichte noch mehr Leben einhaucht. Eine sehr angenehme, passende Stimme.

Ein Stern am Himmel der etwas anspruchsvolleren deutschen Unterhaltungsliteratur!

Bewertung vom 28.07.2020
Frau Beethoven
Maatman, Verena

Frau Beethoven


ausgezeichnet

Im Großen und Ganzen hat mir der Roman „Frau Beethoven“ von der jungen Autorin Verena Maatman sehr gut gefallen. Ich liebe Beethovens Musik seit meiner Kindheit, aber von Josephine von Brunsvik, seiner langjährigen Geliebten, wusste ich wenig.
Da Inhalt und Cover schon in vielen anderen Rezensionen besprochen wurden, möchte ich mich hier nur auf die Punkte konzentrieren, die mir gut bzw. weniger gut gefallen haben.
Als Erstes ist dieses Buch natürlich Liebhabern klassischer (Klavier-)Musik empfohlen, denn das gesamte Buch atmet und lebt von der Musik. Die Nähe und Liebe zwischen den beiden wird erst durch das Nachempfinden des Spiels so richtig spürbar. Das ist das große Plus, aber gleichzeitig das Minus in diesem sehr gut recherchiertem Buch: Für Personen, die selbst nicht spielen, mag die Anziehungskraft schwer nachvollziehbar sein. Mir wurde nicht klar, was Beethoven an Josephine so begeistert hat.
Die Sprache ist flüssig, das Buch lässt sich gut lesen.
Sehr gut gelöst hat die Autorin die Unsicherheiten ob der Liebesgeschichte. Vieles ist ja nicht belegt, die Autorin entscheidet sich für eine von zwei oder mehreren Theorien der Forschung – für die, meiner Meinung nach, tragischste.
Man erfährt viel über die Gesellschaft der damaligen Zeit, und es steht keinem Leser an, über den Charakter der historischen Person zu urteilen. Nicht bes. klar wurde mir, warum die (Roman)figur Josephine so ziellos und schludrig mit ihrem eigenen Leben umgeht – ständig passiert ihr etwas mit Männern, nur für Beethoven fehlt ihr der Mut. Für mich „dümpelt“ sie eher, sie hat kein Ziel, keinen Weg, als dass sie, abgesehen von der ersten forcierten Hochzeit, getrieben würde.
Was ich ebenfalls schwer nachvollziehbar fand war die Behauptung, sie würde wegen der Kinder bei ihrem ersten Mann bleiben. Die starke Liebe zu den Kindern wird aber nicht ausgedrückt.
Kapitelweise las sich das Buch wie ein Bericht, aber dafür erfährt man viel über die Ereignisse und die Zeit.
Alles in allem hat mich das Buch bereichert.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.07.2020
Spiel des Schicksals / Das Brauhaus an der Isar Bd.1
Freidank, Julia

Spiel des Schicksals / Das Brauhaus an der Isar Bd.1


ausgezeichnet

Ich bin beinahe restlos begeistert. Endlich gibt es wieder Frauenunterhaltung, bei der (fast) alles stimmt. Damit meine ich: eine spannende, hervorragend recherchierte Geschichte (Story) mit Geschichte, mit lebensechten, überzeugenden Figuren (zumindest, wenn man von dem "Warmlauf-Hänger" zwischen dem ca. 3 und 6 Kapitel absieht). Freidank lerweckt das damalige München zu neuem Leben, ihr Epochenbild bezieht technische Erneuerungen und Erfindungen, die Tradition, die ROlle der Kirche, Kunst etc. mit ein. Begeistert hat mich auch die Intertexualität und dass es ENDLICH um mehr geht, als nur darum, dass eine Frau aus ärmlichen Verhältnissen "durchkommt". Endlich ist die Welt nicht schlecht und nur der Held und das Love Interest gut. DANKE DAFÜR! Der einzige Wermutstropfen war die häufige Stopler-Schluckauf-Stil, bei anstelle eines Kommas ein Punkt. Steht.Besonders gern vor Und. Und Aber. Und Relativsätzen. Sodass der Leser immer. Stolpert. Und hiekst. Das ist leider ein ÜBel, das viele gegenwärtige Bücher befällt. Abgesehen davon : 5 Sterne Plus. ich freue mich auf Teil 2.

Bewertung vom 06.11.2017
Das Haus zur besonderen Verwendung
Boyne, John

Das Haus zur besonderen Verwendung


ausgezeichnet

Anastasia Romanow nicht erschossen, sondern unbemerkt entkommen und nicht erschossen worden wäre?
...
John Boyne ist einer der mit Abstand begnadesten Schriftsteller unserer Zeiten und Fritz Schneider ist ein sehr guter Übersetzer (abgesehen von minimalen Dingen, wie dass Mr Tweed im Deutschen das Wort "Job" nicht gebraucht hätte).

Der Roman hat mich ein ganzes Wochenende gefesselt. Die Figuren sind lebendig und tiefgründig, das Russland der Zarenzeit wird plastisch und man wandelt durch den Winterpalast, durch Kaschin, nach Jekatarienburg, durch Paris und London.
Dass sich die Zeitebenen scheinbar nahtlos ineinander verweben, liegt daran, wie lebensecht Boyne Soja und Grigori entwirft. Man kennt sie, und ist nicht überrascht, dass es in der Mitte des Romans "Klick" macht und man 1 und 1 zusammenzählen kann. Nein, man ist nicht überrascht - man ist erleichtert.
Boyne ist ein Meister des Erzählens, der es vermag, mit Nebensätzen eine bodenlose Tiefe aufzutun; mit knappen Sätzen Bomben explodieren zu lassen, ohne den Verlauf der Geschichte anzuhalten; genau, wie es im richtigen Leben der Fall wäre.
Das einzige, was ich schade finde, war, dass die beiden bei dem heimlichen Besuch in St Petersburg im Jahr 1981 kein Schock erleiden, als sie den Winterpalast sehen. Er wurde nämlich erst 1987 renoviert und befand sich davor in erbärmlichem Zustand.
Alles in allem ist "Das Haus ..." ein unvergesslicher Roman.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.