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Fee04
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Bayern

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Insgesamt 140 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2024
Maunzi
Rechl, Christine

Maunzi


ausgezeichnet

“Maunzi” Eine Katze erklärt die Welt von Christine Rechl ist ein kleines Büchlein für alle Katzenliebhaber und Katzenfreunde. Das Hardcover-Büchlein mit seinen bezaubernden
Illustrationen auf 80 Seiten ist im Pattloch Geschenkbuch-Verlag erschienen.

Humorvoll und mit wunderschönen Illustrationen hinterlegt, erklärt uns die Katze die Welt.
Oder besser gesagt: Ihre Welt!

Sehr liebenswert und witzig wird das Leben mit den Menschen und deren Eigenarten beschrieben. Unhöflich, nicht gerade klug, aber doch nicht gänzlich untauglich wird der Mensch beschrieben. Die Beziehung zwischen Katze und Mensch zeigt auf, wie originell die Sichtweise der Katze ist. Auch ihre Geduld mit dem geliebten Menschen wird hervorgehoben.

Das einzigartige Wesen der Samtpfoten, wird in diesem kleinen Buch charmant und lustig offenbart. Die Farbgestaltung und die Weisheiten zu den unglaublich schönen Illustrationen begeistern mich als Leser.

Ein entzückendes Büchlein, welches sich wundervoll als Geschenk eignet.
Eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 14.02.2024
Kleine Dinge wie diese
Keegan, Claire

Kleine Dinge wie diese


ausgezeichnet

“KLEINE DINGE WIE DIESE” von Claire Keegan, gesprochen von Stefan Wilkening handelt von einem Kloster in Irland in welchem Mädchen gelitten haben und einem Familienvater, der vor der Wahl steht zu schweigen oder mit seinem schlechten Gewissen weiterleben zu müssen.


Das Kloster beinhaltet eine Wäscherei und wird von einflussreichen Nonnen geführt . Man munkelt in der Stadt, dass sich hinter den verschlossenen Toren und dicken Mauern viele Mädchen aufhalten, die in Ungnade gefallen sind.
Diese sollen von früh bis spät arbeiten, nur wenig zu essen erhalten und einige sind unter diesen grausamen Umständen wohl zugrunde gegangen.
Man nimmt ihnen ihre Babys weg und gibt diese zur Adoption frei. Niemand kennt die genauen Umstände und niemand möchte sich mit der einflussreichen Kirche auseinandersetzen.

Claire Keegan erzählt in ihrem Buch über das Schicksal der jungen Frauen der Magdalenen-Wäschereien in Irland. Ohne auf das Grauen hinter den Mauern im Detail einzugehen, erzählt sie die Geschichte von dem bescheidenen Kohlenhändler und seinem Gewissen.
Die Autorin beschreibt sehr intensiv die Umstände zur damaligen Zeit. Die Charaktere wurden sehr gut ausgearbeitet und man wird mit auf eine Reise genommen, die mit gutem Gewissen und Nächstenliebe nichts gemein hat.

Mitschuld trägt auch der Ignorant.


Im Jahr 1985 beliefert der Kohlenhändler Billy Furlong u.a. auch das Kloster in der nahen Umgebung. Sein Geschäft geht in dieser schweren Zeit gut und er kann seine Frau und fünf Mädchen gut versorgen. Kurz vor Weihnachten ist er sehr früh mit seiner Lieferung beim Kloster und macht eine erschütternde Entdeckung.

Verstört fährt er nach Hause.

Die Nonnen bezahlen ihn immer gut und auch Weihnachten geben diese etwas mehr Geld.
Billy wird von einigen Bewohnern “gewarnt”, die Nonnen sind sehr einflussreich und er müsse an seine Familie denken. Was auch immer er gesehen hat, gilt es zu vergessen.

Jedoch ist Weihnachten, ein Fest der Nächstenliebe und Billy denkt an seine Jugend zurück.
Eine Witwe hat seiner ledigen Mutter und ihm geholfen, als die kleine Familie in Not war.
Was wäre aus ihnen geworden, wenn sich die Dame nicht ihrer angenommen hätte?
Kann er einfach wegsehen? Was wird es für Konsequenzen haben, sollte er sich als einzelner und unbedeutender Mann in die Geschehnisse im Kloster einmischen?

Claire Keegan zieht uns mit ihrem besonderen Schreibstil in den Bann. Auf wenigen Seiten holt sie uns in eine andere Welt und zeigt uns viele kleine Dinge wie diese auf.
Mitreißend und mitfühlend erzählt sie uns eine Geschichte, mit einfühlsamen und schlichten Worten bringt uns die Autorin ein Drama nahe, welches uns noch lange beschäftigt.
Der Sprecher konnte dieses Kleinod sehr feinfühlig und berührend umsetzen.

Absolute Empfehlung für diese Kurzgeschichte.

Bewertung vom 28.01.2024
Seven Days / Eddie Flynn Bd.6
Cavanagh, Steve

Seven Days / Eddie Flynn Bd.6


ausgezeichnet

„Seven Days“ von Steve Cavanagh ist ein herausragender Justizthriller über Rassismus und das Rechtssystem in Amerika.

Es handelt sich um ein in sich abgeschlossenes Buch der Eddie-Flynn-Reihe.

Steve Cavanagh zieht uns gnadenlos in die bösartige Psyche der Menschen. Hüter des Gesetzes sollten fair und ohne Vorurteile handeln; ganz anders im Sunville County in Alabama. Bezirksstaatsanwalt Randal Korn genießt es die Menschen hinzurichten. Der elektrische Stuhl-auch Yellow Mama genannt- ist sein Lieblingswerkzeug.
Er manipuliert das System und genießt die Verbindung zum Gouverneur und dem Sheriffs Department.

Andy Dubois ein ruhiger, netter Afroamerikaner ist das nächste Opfer. Er wurde verurteilt, seine junge Kollegin Skylar nach der gemeinsamen Schicht im Pub grausam ermordet zu haben. Sein Geständnis und seine DNA liegen vor und der Bezirksstaatsanwalt plädiert auf Todesstrafe.

Eddie Flynn, früher Trickbetrüger, nun Anwalt in New York wird mit dem Fall beauftragt und hat nicht nur Randal Korn als Gegner, sondern eine ganze Stadt und in den Südstaaten ticken die Uhren noch anders. Hass kann schnell geschürt werden; Gewalt und Vergeltung sind keine Seltenheit. Im Hintergrund ein korruptes System - ein gefährlicher Ort für einen Verteidiger eines Afroamerikaners.

In dem County gibt es mächtige Vertreter, die sich für die weiße Rasse einsetzen. Diese nutzen skrupellos alle Mittel aus, um ihr Ziel zu erreichen und schrecken auch vor Mord und Gewalt nicht zurück.

Der Autor fesselt mit seinen Machtspielen, den Intrigen und dem juristischen Schlagabtausch, sowie den anschaulichen Erklärungen zum Rechtssystem in den Südstaaten. Die Strategien des Staatsanwalts und Verteidigers werden sehr detailliert eingebaut und atemlos verfolgt man als Leser die Wendungen in dem Fall. Es geht um Leben oder Tod und nur der bessere, geschicktere Jurist wird gewinnen. Die Zivilcourage der Geschworenen wird eingewoben und als Leser spürt man deren Vorurteile und auch deren Verantwortung.

Der Spannungsbogen wurde perfekt ausgearbeitet, man fliegt durch die Seiten. Die Protagonisten werden sehr bildlich beschrieben, der Bezirksstaatsanwalt riecht nach Fäulnis und als Leser hat man diesen ekelhaften Geruch direkt in der Nase. Eddie Flynn überzeugt durch seine hervorragende Kombination und Verteidigungsstrategie, vor allem jedoch zwecks seinem Gerechtigkeitsgefühl und seiner warmherzigen Art.

Ein meisterhafter Justiz-Thriller, der den Leser nicht mehr loslässt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.01.2024
Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah
Cho, Nam-joo

Wo ich wohne, ist der Mond ganz nah


sehr gut

„Wo ich wohne ist der Mond ganz nah“ von Cho Nam-Joo spielt im Viertel S-dong, einem der ärmsten Stadtteile in einem typischen Seouler Mondviertel. Mit den vielen kleinen Häuschen auf steilen Hügeln ist man „dem Mond ganz nahe“.
Mani Go ist Mitte dreißig, unverheiratet und lebt immer noch bei ihrer Familie. Die ICH-Erzählerin träumte als kleines Mädchen davon, Turnerin zu werden. Leider hat das Mädchen im Vergleich zu anderen wenig Talent und erlebt ihre erste große Enttäuschung. Aus Scham verbreitet sie eine Lüge und verstrickt sich darin.
Die Geschichte wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit.
Mani Go wurde von ihrem Arbeitgeber gekündigt, jahrelang war sie Manager Go und hat einfache Arbeiten verrichtet. Nun lebt sie mit der Scham, ihre Eltern nicht mehr unterstützen zu können, ihren Job verloren zu haben und unverheiratet zu sein.
Im Mondscheinviertel kennt und redet man übereinander.
Ihre Geburt war spektakulär : Die Mutter spürte nach 24 Stunden endlich etwas herauspurzeln und wollte wissen, was es nun sei. Ein Junge oder ein Mädchen? Der betagte Arzt resümierte: Es ist ein Kotklumpen.
Ihre Mutter hatte Angst während der Schwangerschaft auf die Toilette zu gehen. Das Baby könnte herausfallen. Somit war die Verstopfung vorprogrammiert und sie hatte erstmal einen Haufen Kacke auf die Welt gebracht und dann erst Mani.
Vielleicht hatte das Mädchen deshalb so Probleme mit der Hocktoilette und den Exkrementen. Und den Wunsch einen Mann mit Spültoilette zu heiraten.
Der soziale Aufstieg blieb ihr verwehrt; geprägt von Armut und Trostlosigkeit schreibt die Autorin über das Frauenleben in Seoul. Die Hoffnungslosigkeit trotz Arbeit nicht aus diesem Slum zu entkommen.
Entmutigt vertrödelt Mani den Tag vor dem Fernseher. Plötzlich erscheint ein Funken Hoffnung am Horizont; das Viertel soll saniert werden und ihr Vater hat einen Käufer für das Häuschen. Der Käufer hat noch nicht gehört, dass das Sanierungsprojekt abgeblasen werden soll. Sollen sie dem Käufer dieses Gerücht mitteilen? Kann die Familie ihr neues Leben auf einer Lüge beginnen? Ihre Ehrlichkeit für einen Neubeginn außerhalb Seoul aufgeben?
Durch den sachlichen Erzählstil kann man trotz derber Schicksalsschläge der Protagonistin keine Bindung aufbauen.
Als Leser ist man voller Mitgefühl und doch Unverständnis. Warum versucht die junge Frau nicht alles erdenkliche um ihr Leben zu verändern. Lustlos lebt Mani in den Tag, kein Anzeichen von Energie und Tatendrang. Ihr Leben verläuft trostlos, außer einigen Disputen mit ihrer Mutter ereignet sich kaum etwas.
Die Autorin beschreibt das primitive, trostlose Leben der armen Menschen in Seoul, die Hoffnungslosigkeit und das Zerplatzen von Träumen. Mit einfachen, schlichten Worten schreibt Cho Nam-Joo über ein Leben ohne großartige Bildung, erdrückt in Scham und Misserfolgen. Und doch geht das Leben weiter - immer weiter und wir können es nicht überspringen.
Gomani wird auch ein Hügel genannt; der Hügel dessen Überquerung >das Ende_< bedeutet. Wieso hatten Manis Eltern ihr so einen traurigen Namen gegeben?
Ein außergewöhnlicher Entwicklungsroman über den freudlosen Frauenalltag in Südkorea.

Bewertung vom 22.01.2024
Nachbarn
Oliver, Diane

Nachbarn


ausgezeichnet

„Nachbarn“ von Diane Oliver (1943-1966) ist eine Sammlung unterschiedlicher Geschichten aus den 50er und 60er Jahren über die Bürgerrechtsbewegung in Amerika und deren unterschiedliche Formen von Diskriminierung und Rassismus.

Nachbarn erzählt von dem kleinen Tommy, der als einziges farbiges Kind eine Schule der Weißen besuchen soll. Ellie, seine Schwester trifft auf dem Nachhauseweg den alten Mr. Paul und dieser murmelt: Ich glaube nicht, dass sie ihm was tun“.
Auch ein unbekanntes Paar aus einem Auto spricht Ellie an: Hör mal Mädchen, du kennst mich nicht, aber dein Vater kennt mich. Sag ihm, wenn seinem Jungen morgen was passiert, bringen wir die Sache in Ordnung“.
Die Weißen bedrohten die Familie seit Wochen, Drohbriefe wurden an den kleinen Tommy geschickt. Polizeifahrzeuge vor dem Haus sollen der Familie ein Gefühl der Sicherheit geben.
Der Junge ist still und verängstigt. Bis eine Bombe am Vorabend des Schulstart alles auf den Kopf stellt und die Angst allgegenwärtig ist. Das Leben ihres Kindes liegt in der Verantwortung der Eltern und doch hadern diese mit sich: Wie sollen sie ihren Kindern klarmachen, dass sie Angst vor den Weißen haben?

Unglaublich intensiv zeichnet die Autorin ein Bild der Angst, des Unbehagen und die Bösartigkeit der Weißen. Die Hautfarbe zeigt die Unterschiede auf und trotz der Bürgerrechtsbewegung ist der Hass deutlich spürbar.

Ein Mädchen wird von ihren Eltern auf die Green-Hill-Universität geschickt in der Hoffnung, dass sie die erste farbige Absolventin wird. Ihr Vater hat alles dafür getan, Bittbriefe geschrieben und mit einer Klage gedroht. Alle Mädchen außer Winifred waren in einer Studentinnenverbindung. Ihre Mitbewohnerin redete über sie, ihre Eigenarten, Gewohnheiten und ihre Kleidung. Das Mädchen wird zur Außenseiterin, bis sie nicht mehr am Unterricht teilnimmt, alleine ein Zimmer bewohnt und nur noch eine fensterlose Kammer zum lernen nutzt. Die Hausmutter macht sich Gedanken und ein Arzt fragt, ob es ihr etwas ausmacht, die einzige Schwarze am College zu sein.
Winifred verlässt das College und ihr Vater meint: Sie haben sich aufgeführt, als wärst du nicht gut genug für ihr College.“
Wer oder was macht das Mädchen krank?

Junge Farbige gehen in den Tea Room und wollen viermal das Tagesgericht bestellen; alle Weißen verlassen fluchtartig das Restaurant und die Polizei nimmt die jungen Menschen mit auf das Revier. Aus der schaulustigen Menge hörten die jungen Menschen wie jemand laut >Ni****< rief. Die beiden Männer und Frauen wurden stundenlang verhört, eingesperrt und zuletzt die Männer nochmal befragt und dabei misshandelt.

In den weiteren Kurzgeschichten geht es um Rassenintegration und die Storys werden tiefgründig, emotional und intensiv beschrieben.
Geht es um die Integration oder um das eigene Schicksal? Welcher Weg ist richtig, der private oder politische?
Nicht nur Schwarze, auch Weiße sind Leidtragende der Minderheitenrechte auch wenn die Gesetze bereits in den 60er Jahren aufgehoben wurden.

Die junge Autorin zeigt unglaublich gut mit ihren Kurzgeschichten die verschiedenen Lebensweisen von Schwarz und Weiß, die unterschiedlichen Wahrnehmungen und was eine Hautfarbe für Auswirkungen auf das Leben und das Umfeld haben kann.
Hoch emotional und zugleich schlicht und ergreifend zieht uns Diane Oliver in ihre Storys.
Fesselnd und ergreifend öffnen wir nach jeder Geschichte mehr und mehr unser Herz. Als Leser fasziniert der Schreibstil und eröffnet uns andere Sichtweisen.

Ein Kampf für die gleichen Rechte, Hoffnung verbunden mit Angst.
Ein Spagat zwischen Liebe und Hass, Freundschaft und Angst, Schwarz und Weiß ….

Diane Oliver hat ein großartiges literarisches Werk erschaffen.

Bewertung vom 21.01.2024
In den Stunden einer Nacht
Axat, Federico

In den Stunden einer Nacht


sehr gut

„In den Stunden einer Nacht“ von Federico Axat ist ein Leckerbissen unter den Psychothrillern.

SPOILER!

Unglaublich gut inszeniert zieht uns der Autor mit seinem fesselnden Schreibstil in diesen Thriller. Ein Netz aus Lügen, Täuschung und Tarnung wartet auf den Leser. Frederick Axat hat mit diesem Werk einen hochspannenden Psychothriller voller Rätsel geschrieben.

John Brenner, trockener Alkoholiker, erwacht in seinem Haus im Wald und sieht neben sich eine tote Frau. Die leere Wodkaflasche spricht Bände und Johns Kopf ist leer. Keine Erinnerung….
Was hat er getan?

In Panik versucht er die Frau zu reanimieren, doch es gibt keinen Zweifel, sie ist tot. Ermordet! Es sieht alles danach aus, als wäre er der Täter. John versucht sich zu erinnern und scheitert kläglich. Er rennt in den Wald, trifft auf einen Van mit Überwachungssystem und sieht in diesem sein Wohnzimmer. Was geht hier vor? Wer beobachtet ihn?
Bevor er die Polizei anrufen kann, meldet sich zufällig sein älterer Bruder Mark. In Panik erklärt er Mark alles und läuft zurück in sein Haus. Dort trifft er auf Mark und auf ein Haus ohne Leiche.
War es ein halluzinatorischer Anfall? Im Wachzustand?

Sein Bruder war kein Experte für Halluzinationen, jedoch unglaublich intelligent und leitete
ein Labor. Seine Firma Meditek will er nun verkaufen, was für John absolut nicht glaubhaft war. War sein Bruder unheilbar krank? Alles drehte sich und war zuviel für John. Was passiert hier?
Warum hat Mark angerufen, wer war die Frau und wer wollte ihm einen Mord anhängen? Wohin ist alles verschwunden?

Der Autor beschreibt die Protagonisten und Orte bildlich. Die Charaktere werden bis in die Vergangenheit gezeichnet. Die Spannungskurve wird gehalten, man fliegt durch die Seiten und fiebert mit John und seinen engsten Freunden. Er hat die Sympathie des Lesers auf seiner Seite und doch ist alles unglaublich fein ausgeklügelt und Frederico Axat spielt mit der Wahrnehmung des Lesers. Wie eine Spinne ihr Opfer einwickelt, so wickelt der Autor den Leser in ein Meer von Irrungen und Täuschungen.
Es kann doch unmöglich ein Anfall oder Traum gewesen sein?!

Ein empfehlenswerter Psychothriller.

Bewertung vom 18.01.2024
Das vergessene Glück (MP3-Download)
Ritterhoff, Insa

Das vergessene Glück (MP3-Download)


ausgezeichnet

„Das vergessene Glück“ von Insa Ritterhoff, gesprochen von Kaja Sesterhenn ist ein einfühlsamer, berührender Roman über die verschiedenen Facetten zweier Leben, unsere Wahrnehmungen und Wahrheiten, Verlust, Ängste, Hoffnung und Liebe.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …“

Ella, Journalistin lebt allein mit ihrem Hund Balou in einem gemütlichen Haus am Waldrand. Ihre Tochter Leonie ist verschwunden, um ihren Erzeuger kennenzulernen und mit ihm um Welt zu reisen. Ihre Affäre Carl bekennt sich nicht zu ihr und doch versucht er Ella fest-/warmzuhalten.
Hinzu kommt, dass ihr Vater, der sich nicht um Frau und Tochter gekümmert hat, nun mit der Krankheit „Demenz“ in einem Heim untergebracht ist. Er erinnert sich nicht an Ella und diese ist voller Groll auf ihren Vater, der für das elende Leben ihrer Mutter verantwortlich war. So ist zumindest Ellas Sichtweise …
Im Heim zitiert Ella ein Gedicht von Rilke und die schweigende, alte Dame in ihrem Stuhl am Fenster erwacht kurzzeitig aus ihrem tranceartigen Zustand, fokussiert die Stimme und blickt direkt in Ellas Augen. Karla war eine selbstbewusste Frau und wurde im Alter vergesslich; Ella fühlt sich zu der ruhigen, würdevollen und demenzkranken Dame hingezogen.
Das Vergessen hat mit einer gewaltigen Wucht plötzlich von Karla Besitz ergriffen. Sie hatte mit dieser heftigen Form nicht gerechnet. Karla hat zu Beginn ihrer Vergesslichkeit Zettel geschrieben, dann Tagebücher und zuletzt das Sprechen aufgehört. Sie wollte in Würde altern und sterben und nicht mit ihrem vernebelten Verstand über ihre Worte den Mitmenschen zur Last fallen.
Karla starb mit 89 Jahren einsam und allein nach 18 schweigenden Monaten im Heim.
Ihr Nachlass wurde geregelt, übrig blieb ein Koffer mit Fotos, Dokumenten, Briefen und Tagebucheinträgen. Eine Schwester aus dem Heim bat Ella in ihrer Funktion als Journalistin diesen Koffer mitzunehmen. Sie hatte die stille Verbundenheit der beiden Frauen bemerkt.
Auf den Spuren von Karla, lernt Ella einige Werte zu überdenken und vor allem, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Erkenntnisse über Wahrheiten werden in Frage gestellt und Mut geschenkt, ihr Leben zu verändern.
Die Sprecherin erzählt einfühlsam und doch mit einer gewissen Leichtigkeit über das schwere Thema Demenz und die schwierige Familiensituation von Ella. Die Stimmlage war perfekt für diese berührende Geschichte geeignet; Kaja Sesterhenn hat die Wichtigkeit der Thematik mit ihrer ruhigen unaufgeregten Tonlage unglaublich gut umgesetzt.
Insa Rittenhoff hat mit ihrem Debütroman eine sehr intensive, nachdenkliche und eindringliche Geschichte über das Thema Familie, Freundschaft, Demenz, Liebe und Veränderung geschrieben. Die beiden Hauptprotagonisten Ella und Karla durchleben in ihrer Erinnerung nochmals ihre Kindheit. Bewegend, sehr intensiv und bildlich absolut greifbar beschrieben werden die Emotionen, die Orte und Nebenprotagonisten.
Ein absolutes Hör-Highlight.

Bewertung vom 30.12.2023
Zero Days
Ware, Ruth

Zero Days


ausgezeichnet

“ZERO DAYS” von Ruth Ware ist ein fesselnder Thriller, welchen man nicht mehr aus der Hand legen kann.
Jacintha (Jack) Cross und ihr Ehemann Gabe arbeiten für große Unternehmen und führen als Penetrationstester simulierte Cyberangriffe auf deren Netzwerke und Computersysteme durch. Den physischen Test führt Jack und den digitalen Penetrationstest ihr Mann Gabe durch.
Nach einem Auftrag geht etwas schief und Jack wird auf das Polizeirevier mitgenommen. Erst als ihr Ex-Freund und Polizist Jeff bestätigt, dass sie eine Pentesterin ist, darf Jack nach Hause fahren. Dort findet sie Unmengen an Blut und ihren ermordeten Mann an seinem Schreibtisch vor. Kein Einbruch, kein Kampf war zu sehen und Jack, unter Schock, verständigt nicht sofort die Polizei.
Wieder auf dem Polizeirevier wird Jack immer und immer wieder zu dem zeitlichen Ablauf befragt. Wann war sie zu Hause, um wieviel Uhr hat sie Gabe gefunden, wann hat sie die Polizei gerufen?
Jack ist gebrochen, steht unter Schock und weiß nicht mehr genau wann sie wo war und versucht zu erklären, warum sie nicht sofort die Polizei verständigt hatte.
Kommt es ihr nur so vor oder wird sie wirklich verdächtig?
Und warum fehlt etwas an seinem Computer? Was hatte Gabe für einen Auftrag?
Die Polizei versteift sich auf Jack, diese flüchtet aus dem Verhörraum und versucht den Mörder zu finden. Dies ist sie ihrem geliebten Mann schuldig.
Eine Jagd beginnt - Jack weiß jedoch noch nicht, mit was für Feinden sie es zu tun hat. Skrupellos und organisiert verstehen diese ihr Handwerk, aber auch Jack ist gut. Extrem gut in dem, was sie seit Jahren macht: Lücken zu finden…
Doch auch die Polizei ist ihr dicht auf den Fersen und ihr Bild ist in allen Medien. Zu allem Übel ist Jack durch die Flucht verletzt, ihr Körper dadurch geschwächt und ihr Geist nicht klar.
Die Autorin versteht es meisterhaft den Leser:in zu fesseln, der Schreibstil ist sehr lebendig und die Spannung wird kontinuierlich aufgebaut. Als Leser:in rätselt man mit, fieberhaft sucht man mit Jack nach Auswegen, Alternativen und Wegen. Fassungslos und mit vielen Fragen lassen uns manche Kapitel zurück. Alles miteinander trägt jedoch immer mehr zur Aufklärung bei, doch Jack wird immer schwächer, ihre Energie schwindet. Ihre Verletzung setzt ihr unglaublich zu und nur der Gedanke an Gabe lässt sie immer wieder aufrecht gehen.
Ruth Ware nimmt uns mit auf eine unglaublich spannende Verfolgungsjagd.
Der Thriller ist kaum aus der Hand zu legen, ich habe das Buch in zwei Tagen gelesen.
Eine klare Leseempfehlung für alle Thrillerfans.

Bewertung vom 30.12.2023
Das späte Leben
Schlink, Bernhard

Das späte Leben


ausgezeichnet

“Das späte Leben” von Bernhard Schlink, gesprochen von Ulrich Noethen zeigt uns einen Roman, über die Vergänglichkeit im Leben. Würdevoll, ruhig und doch emotional aufwühlend schreibt der Autor in seinem Spätwerk.

Martin, ein pensionierter Professor Mitte siebzig erhält die ärztliche Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ihm bleiben realistisch gesehen nur noch wenige Monate. Wie möchte er diese kostbare Zeit nutzen? Mit seiner jungen Frau Ulla in Urlaub fahren? Zeit mit seinem kleinen Sohn David verbringen, um ihm eine Erinnerung zu schenken.

Martin verbringt viel Zeit im Garten, spielt mit seinem Sohn und legt mit ihm einen Komposthaufen an, um den sich David später alleine kümmern darf. Er war als Kind begeistert von dieser Arbeit und versucht auch David mitzureißen und ihm seine Erfahrung und Werte weiterzugeben.

Er versucht David in einem Brief Ratschläge für die Zukunft zu geben , seine Werte und Vorstellungen zu vermitteln und doch kann er wenig zu den wichtigen Themen beitragen; wie man sich rasiert findet Martin als Hinterlassenschaft unpassend, auch wenn Ulla dies in einem Film gesehen und vorgeschlagen hatte.

In diesem Gedankenkarussell gefangen und in den alltäglichen Pflichten festgefahren, wollte Martin seine geliebte Ulla in ihrem Atelier überraschen und wurde selbst überrascht. Ulla hat eine Affäre und Martin versucht heimlich, mehr über den Mann zu erfahren.

Seine Ehe möchte er jedoch in der kurzen, verbleibenden Zeit nicht gefährden und schweigt gegenüber Ulla. Ein durchdachter und gangbarer Weg für Martin und seine begrenzte Zeit.
Und doch verbunden mit Ängsten und Hoffnungen.

Kann der unbekannte Mann ihn ersetzen? Und möchte er dies?
Wäre der Liebhaber ein Ersatzvater für David? Liebt Ulla diesen Mann oder liebt sie beide Männer?

Martin stellen sich viele Fragen, wie seine restlichen Tage aussehen, was der Nachwelt, seinem Sohn und Ulla seiner geliebten, jungen Frau von ihm in Erinnerung bleiben wird?
Was kann er seinem Sohn vermitteln. Was ist wichtig?

Martin lebt im Alltag, begleitet seinen Sohn in den Kindergarten, versucht Zeit mit ihm und Ulla zu verbringen. Würdevoll versucht der Protagonisten in seinem hohen Alter seine letzten Wochen intensiv zu verbringen.

Der Autor versteht es gut, den Leser einfühlsam, in die Gedanken eines sterbenden, alten, kranken Mannes mitzunehmen .

Schlicht und einfach zeichnet der Autor ein nüchternes Bild über den unausweichlichen Tod.

Der Protagonist wird einfühlsam beschrieben, es gibt kein Drama um seine Krankheit , er nimmt die Diagnose an und handelt besonnen und ruhig. So ist es seine Art….!

Seine letzten Stunden beschließt Martin - ohne eine Belastung für Frau und Sohn - in einem Hospiz zu verbringen.

Er hat in den letzten Wochen versucht, alles zu bedenken, für alles zu sorgen und das Beste für Sohn und Frau zu organisieren.

Doch Martin kam das Leben und schlussendlich der Tod dazwischen.

Bernhard Schlink zeichnet sich durch seine schlichten, intensiven Worte und das hochinteressante Thema aus.
Der Autor versteht seine Arbeit und schenkt uns ein Meisterwerk .

Der Sprecher Ulrich Noethen hat die Intensität der Erzählung meisterhaft wiedergegeben. Sein Ausdruck, seine einfühlsame, ruhige Stimmlage waren perfekt geeignet.

Ein Hörbuch, welches ich von Herzen empfehlen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.12.2023
Ein ganzes Jahr und ein Tag
Young, Louisa

Ein ganzes Jahr und ein Tag


sehr gut

“Ein ganzes Jahr und ein Tag” von Louisa Young ist ein herzzerreißender, unglaublich gefühlvoller, trauriger und hoffnungsvoller Roman.

Zwei Liebesgeschichten die ein abruptes Ende nehmen.
Zwei einsame traurige Menschen - Róisín und Rasmus - bleiben zurück und versuchen irgendwie mit dieser unfassbaren Trauer zurechtzukommen.

Die beiden verstorbenen Partner Jay und Nico sehen ihre vor Kummer gezeichneten Liebsten und bemerken, dass sie selbst nicht dort sind, wo sie sein sollten. Weder lebendig noch tot, unerklärlicherweise immer noch an der Seite ihrer Partner, nur als Geist.
Nicht greifbar und absolut unbegreiflich für alle rationalen Menschen. Und doch sind sie noch da, in der Nähe ihrer Partner. Aber warum?

Die zwei Menschen und die beiden körperlosen Partner können nicht loslassen.
Zu tief war die Liebe, zu innig die Beziehung.

Jay kommt auf die unfassbare Idee die beiden lebenden Partner zusammenzuführen und lernt dadurch den toten Nico oder besser seinen Geist kennen.
Eifersüchtig und nicht bereit, seine Róisín in den Armen oder nur Gedanken eines anderen Mannes zu sehen, kann Nico nicht von ihrer Seite weichen. Und doch versteht er, dass er sein Mädchen irgendwann loslassen muss.
Jay hingegen flüstert mit ihrem geliebten Rasmus und rettet durch ihr Eingreifen sein Leben. Er spürt ihre Nähe, ihre geflüsterten Worte und versucht ihretwegen klarzukommen mit seinem Schmerz.

Beruflich lernen sich Róisín und Rasmus kennen, sie finden sich sympathisch und ihre Trauer, ihr Schmerz und ihr Verlust verbindet. Die beiden Verwitweten beginnen, sich per Mail zu schreiben und fassen immer mehr Vertrauen. Alles ist schwer, verwundbar und voller Trauer. Und doch schimmert ganz zart und leicht die Hoffnung durch die Zeilen.

Die Autorin beschreibt die Protagonisten sehr intensiv; die Emotionen der Trauer und des Verlustes werden einfühlsam und doch unbeschönigt dargestellt. Der Prozess, die Trauer zu verarbeiten, loszulassen und das Leben wieder erkennen wird unglaublich feinfühlig in die Story eingearbeitet. Die Hoffnung und die zarten Gefühle wurden von der Autorin eingefangen und wirken wie eine sanfte Berührung oder behutsame Umarmung.

Traurig, gefühlvoll, voller Liebe, herzzerreißend schön lässt und Louisa Young in diese bezaubernde Liebesgeschichte eintauchen.

Eine bewegende Geschichte, welche ich sehr empfehle.