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lesewuermchen
Wohnort: 
Neuss

Bewertungen

Insgesamt 13 Bewertungen
12
Bewertung vom 12.05.2022
Wir sind schließlich wer
Gesthuysen, Anne

Wir sind schließlich wer


ausgezeichnet

Schein und Sein am Niederrhein

Die junge, evangelische Pastorin Anna übernimmt in Alpen am schönen Niederrhein die Vertretung für einen erkrankten Kollegen und passt mit ihrer Biografie nicht so ganz in das Raster einer frommen Theologin. Die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit verknüpft mit den Verstrickungen ihrer adeligen Herkunftsfamilie verlangen ihr so einiges ab.

Das Buchcover drückt stimmig die Verschiedenartigkeit sowie die Distanz zwischen den Schwestern Anna und Maria aus.

Der Familienkonflikt, der im spurlosen Verschwinden von Annas Neffen Sascha gipfelt, nachdem der eigene Vater ins Gefängnis musste, nimmt den hauptsächlichen Teil der Geschichte ein. Mir persönlich hätte es auch gut gefallen die Rolle der Pastorin stärker genährt zu sehen. Als Anna zum Ende des Buches gegenüber Volker Janssen, dem Polizisten, zugibt nicht mal beten zu können, wirkt sie in ihrer beruflichen Rolle für mich nicht so ganz glaubhaft, denn das wäre doch irgendwie wie ein Bäcker, der vorgibt keine Brötchen backen zu können. Die biblische Geschichte der Freundschaft zwischen David und Jonathan, die Anna zum Ende der Geschichte von iher Kanzel zum Besten gibt, dahingehend auszulegen es hätte sich um eine homosexuelle Beziehung gehandelt, halte ich für unzutreffend. Nicht immer heiligt der Zweck die Mittel.

Anne Gesthuysen verleiht ihren Protagonisten die nötige Tiefe, arbeitet die einzelnen Charktere sehr gut heraus. Besonders Tante Ottilie und Frau Erbs konnte ich mir lebhaft vorstellen sowie auch die auf Standesdünkel bedachte Mutter Annas, Mechthild von Betteray.
Anna wird als eine verletzliche Frau beschrieben, die in jungen Jahren zwar mutig genug war gegen ihre Herkunft aufzubegehren, aber nach erlittenen "Lebenswunden" neu lernen muss ihre Grenzen neu auszuloten und zu ihren Überzeugungen zu stehen. Sie übernimmt in ihrer Rolle als Tante große Verantwortung und wächst dabei über sich hinaus.

Um familiäre Zusammenhänge besser verstehen zu können hat die Autorin manche Begebenheiten aus der Rückschau der betreffenden Person erzählt. Insgesamt ist ihr Schreibstil flüssig und trifft wirklich genau die Mentalität der Niederrheiner, was mir selbst, in der Nähe lebend, sehr gefallen hat. Nur in unserer Gegend typische Worte wie "Kafupptich" ließen mich schmunzeln. Auch die ländliche Atmosphäre wurde gut eingefangen.

Obwohl mir das Buch gut gefallen hat, versucht es den Lesenden in eine Romantik zu führen, die es oft in der Realität gar nicht gibt. Nicht immer rücken in der Not innerhalb einer Familie oder einer Gemeinde alle zusammen und jeder entwickelt sich zum Besten und wächst mit der Herusforderung. Wer das erwartet, wird oft enttäuscht werden.

Bewertung vom 11.05.2022
Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12


ausgezeichnet

Turbulent und saukomisch

Der nun schon 12. Fall rund um den Kommissar Kluftinger und sein oft lustig anmutendes Team der Kripo Kempten hält was er verspricht. Einen der Hauptschauplätze treffen wir, wie bereits auf dem Cover treffend abgebildet, bei brütender Hitze in einer im Ostallgäu angesiedelten Tongrube an, in der das Skelett des Urzeitaffen "Udo" gefunden wurde und später an gleicher Stelle den ermordeten Entdecker Prof. Brunner selbst.

Kluftinger gerät bis zur Lösung des Kriminalfalls in etliche Turbulenzen, ob es nun um die Beschattung der Kinderfrau seiner Enkelin Maxima geht oder um den anstehenden Trödelmarkt der Flüchtingshilfe, was in bildhaften Schilderungen unübertrefflicher Situationskomik kaum zu übertreffen ist. Die Autoren verstehen es sagenhaft ihre Leserschaft zum Lachen zu bringen. Die Charaktere und brisanten Situationen sind so gut herausgearbeitet, dass ich die einzelnen Protagonisten wie in einem Film vor mir sehen konnte. So habe ich z.B. bei der turbulenten Verfolgungsjagd der Luzie Bär mit dem Kommissar im Schlepptau regelrecht den Atem angehalten, was sich ähnlich zu Ende des Romans wiederholt, als der Kluftinger erneut in die Bredouille gerät.

Ich bin nach wie vor fasziniert davon, dass es zwei Autoren gelingt eine mittlerweile ganze Buchreihe zu schaffen, welches in sich stimmig ist und in der es keine "Brüche" verschiedener Schreibstile gibt.

Einziger Kritikpunkt stellt für mich als bekennende Christin diese andauernde Flucherei des Polizeibeamten dar, die das Autorenteam in diesem Band dazu nutzt die Hauptfigur selbst damit nochmal ordentlich "durch den Kakao" zu ziehen.
Die auch kritische Auseinandersetzung rund um das Thema "Sekte" ermahnt wiederum auf positive Weise sich nicht in blinden Gehorsam zu verrennen, und somit weist dieser neue Band sogar eine tiefere Botschaft auf.

Das neue Buch stellt ein in sich abgerundetes Lesevergnügen dar und sollte von jedem Klufti-Fan gelesen werden.

Bewertung vom 26.07.2021
Dein Herz in tausend Worten.
Pinnow, Judith

Dein Herz in tausend Worten.


ausgezeichnet

Mit Alice und The Police dahinschweben

Die ängstliche, geschichtenbegeisterte Millie, die in einem Londoner Verlag arbeitet, ist beseelt davon, nicht veröffentlichte Manuskripte zu retten. Doch was kann sie tun, wenn der dafür vorgesehene Raum geräumt werden soll? Tauchen Sie ein in die blumige Welt von Nottingham, die sich bereits auf dem Buchcover ankündigt und streifen Sie mit Millie durch den Stadtteil Londons, in dem die Straßen von geschichtsträchtigen Ereignissen, perfekten Blumen in blauen Balkonkästen, Curryduft und ausgefallenen Schuhen erzählen. Nachdem es ihr eines der Manuskripte besonders angetan hat, nimmt die Handlung anfangs sehr behutsam, dann etwas schneller Fahrt auf. Die Autorin versteht es den Leser mitzunehmen, man fühlt sich in Sicherheit -ganz genauso wie es sich das anfangs noch "flügellahme Drachenmädchen" Millie in ihrer zurückhaltenden Art wünscht. Besonders gelungen sind die stimmigen Bilder, die Pinnow heranzieht, um das Ungesagte auszudrücken, wie z.B. das märchenhafte Erscheinen der Eule. Die Protagonisten sind sehr sympathisch und weich gezeichnet, was dann etwas zu schön als wahr zu sein scheint, aber insgesamt zum gesamten, sehr romantischen Stil der Geschichte passt. Um zu lieben, braucht es Mut und Vertrauen und die Fähigkeit, Vergangenes loszulassen. Dieser Schwerpunkt der Handlung wurde als Prozess angemessen und realistisch beschrieben.

Wer Urlaub oder Erholung vom manchmal recht harten Leben sucht und die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hat, der lese dieses Buch und lasse sich mit einem indischen Essen auf dem Tisch von "Message in a Bottle" dahintragen. Zum Dessert oder zur Tea Time versucht man es wie Mrs. Crane und Millie am besten mit Scones und Clotted Cream.

Wer Geschichten liebt und einen Hang zur Romantik hat, für den ist dieses Buch bestens geeignet.

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