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Leseratte61

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 09.09.2021
Lausche meinem Flüstern
Goldmann, Marie-Therese

Lausche meinem Flüstern


ausgezeichnet

Trauriges Los vieler Pferde

Inhalt:
Arola, ein bildschöner Wallach mit bester Abstammung soll verkauft werden, denn einen solchen Dickkopf will seine Besitzerin Kassy nicht mehr haben. Schon bald gibt es eine Käuferin und das Deutsche Reitpferd wechselt den Stall - der Beginn eines Martyriums.

Fazit:
Dieses Buch ist unglaublich wichtig, da viele Reiter und Reiterinnen ihr Pferd als Mittel zum Zweck sehen und dabei leider vergessen, dass Pferde denkende und fühlende Wesen sind.

Was passiert mit Pferden, die nicht so funktionieren, wie es die Menschen wollen? Leider ist dann oft genug das Pferd schuld und nicht der Mensch. Wer hat den Mut hinter die Kulissen zu schauen und auf das Pferd einzugehen? Einfacher ist es für viele Menschen, das Pferd weiterzugeben und sich ein „funktionierendes“ Pferd zu holen. Was mit dem weitergereichten Pferd passiert, ist dann egal. Aus dem Blick aus dem Sinn.

Auch Arola muss erfahren, dass er nur funktionieren muss, ob seine Reiterin Talent und Gefühl hat oder eben nicht. Da er die gewünschte Leistung nicht bringt, wird er abgegeben. Nun beginnt für ihn ein scheinbar nie endendes Martyrium und er bleibt als schwer traumatisiertes Pferd zurück. Natürlich hat er unglaubliche Angst vor Menschen von denen er immer nur die schlechten Seiten kennenlernte. Wird er jemals seine Angst verlieren und einen Menschen finden, dem er wieder vertrauen kann? Das müsst ihr leider selbst lesen, ich will nicht zu viel verraten.

Dieses Buch wurde aus der Sicht des Pferdes geschrieben und dies sorgt dafür, dass sich Leser in den zarten Charakter dieser edlen Tiere einfühlen können. Es wird auch sehr deutlich beschrieben, wie sich die Stimmung der Menschen auf Pferde auswirkt und warum Pferde in bestimmten Momenten einfach nicht wissen, was sie tun sollen. Dies führt bei Pferd und Reiter leider immer wieder zu gravierenden Missverständnissen, die in fast allen Fällen das Pferd ausbaden muss.

Mich hat Arolas Geschichte von Anfang an tief berührt und ich musste so manches Tränchen aus den Augen wischen. Ich habe die Geschichte in einem Rutsch verschlungen, da ich unbedingt wissen wollte, ob Arola endlich eine Heimat findet und er vernünftig behandelt wird. Ich habe mit ihm gebangt, gelitten und gehofft. Toll gemacht.

Auch dieses Buch sollte Pflichtlektüre für alle Reiter/innen sein, bevor sie sich in den Sattel setzen. Leider gibt es immer noch viel zu viele Menschen, für die ein Pferd Statussymbol ist und die nicht wirklich auf seine Bedürfnisse eingehen. Dies gilt sowohl für den Turniersport, als auch für den Breitensport. Beim Umgang mit Pferden ist ein Umdenken sinnvoll, doch das ist leider noch nicht in allen Köpfen angekommen und Pferde werden immer noch als Sportgerät missbraucht.

Der Autorin ist es gelungen, die Verletzungen, die Pferde immer wieder durch Menschen erleiden müssen so nachvollziehbar darzustellen, dass sie hoffentlich zum Umdenken anregt.

Ich bin Reitbeteiligung bei einem schwer kranken Pferd und mir war es immer wichtig, die Bedürfnisse dieses Pferdes vor meine eigenen zu stellen. Da ich oft nicht reiten kann, genieße ich die Zeit mit diesem Pferd eben auf andere Weise und bin glücklich, dass ich so intensive Momente erleben darf. Auch sie ist ein Pferd, dass als unhändelbar und unreitbar galt. Dadurch ist sie durch viele Hände gegangen und ihre Probleme wurden missachtet, da auch sie einfach nur funktionieren sollte. Für mich geht so etwas überhaupt nicht.

Ich danke der Autorin dafür, dass sie die Missstände im Umgang mit Pferden aufgreift und Wege beschreibt, besser und fairer mit diesen schönen Tieren umzugehen.

Mit den Worten der Autorin schließe ich ab.

Es gibt keine „Problempferde“!

Viel mehr gibt es da draußen unzählige Pferde mit einem „Menschenproblem“!

In diesem Sinne wünsche ich jedem Pferd den „richtigen“ Menschen, der es achtet und vernünftig mit ihm umgeht.

Von mir eine absolute Leseempfehlung und sieben von fünf möglichen Sterne

Bewertung vom 02.09.2021
Es könnte wehtun

Es könnte wehtun


ausgezeichnet

Ärzte und Patienten gekonnt auf die Schippe genommen

Inhalt:
Der Berufsstand des Arztes ist im Allgemeinen ein angesehener. So mancher Patient begegnet seinem Weißkittel mit Respekt und Ehrerbietung, denn schließlich ist unsere Gesundheit das Wichtigste, was wir haben.

Fazit:
Das vorliegende Büchlein erzählt andere Geschichten von Ärzten und ihren Patienten, als es die obige Beschreibung vermuten lässt. Mit viel Humor und teilweise recht sarkastisch geht es in die Welt der verschiedensten Ärzte.

Geschrieben wurden die einzelnen Episoden von verschiedenen, namhaften Autoren und so ergeben sie eine unterhaltsame Mischung, die mich sehr kurzweilig unterhalten konnte. Die Geschichten sind völlig unterschiedlich und so wird jeder die richtige für seinen Geschmack finden.

Die Bandbreite des kleinen Büchleins erstaunte mich, da so verschiedene Themen wie Hypochondrie, Elend lange Wartezeiten, tödlicher Frauenschnupfen, OP-Fehler und noch einiges mehr einflossen. Die Mischung ist toll gelungen und sorgt für kurzweilige und humorvolle Unterhaltung.

Mir hat die Lektüre viel Spaß bereitet und ich konnte oft Schmunzeln oder laut Lachen. Schade, dass dieses erfrischende, kurzweilige, abwechslungsreiche und schwarz-humorige Buch so schnell gelesen war, ich hätte gerne weiter gelesen.

Von mir eine überzeugte Leseempfehlung an alle Menschen mit Humor.

Bewertung vom 02.09.2021
Fanzi (eBook, ePUB)
Schmidauer, Elisabeth

Fanzi (eBook, ePUB)


sehr gut

Schatten des Krieges

Inhalt:
Wie Schuldgefühle über Generationen wirken: Ein Mann lernt spät, aber doch, mit seinem Schicksal Frieden zu schließen.

Fazit:
Franz ist der dritte Sohn auf einem Bauernhof in Österreich und er muss seine Rolle erst finden, denn als Hoferbe steht schon sein Bruder fest. Sein Vater regiert mit unglaublicher Härte die Familie und Franz erträgt diese Härte nur, weil er noch seine kleine Schwester Elfi hat, die ihn abgöttisch liebt. Doch dann schlägt das Schicksal unerbittlich zu, denn der 2. Weltkrieg macht auch vor diesem Dorf nicht halt und der grausame Nationalsozialismus greift um sich. Die gesamte traurige und dramatische Geschichte müsst ihr leider selbst lesen, da ich nicht zu viel verraten will.

In eher ruhigen und teilweise sehr nüchternem Schreibstil konnte ich mich dem Leben und den Schatten der Familie annähern. Aus der Perspektive von Franz und seiner Enkelin Astrid erlebte ich abwechselnd das gesamte Drama, beginnend kurz vor dem zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Franz hat bisher immer zu den Schrecken geschwiegen, doch die Spannungen in der Familie bringen ihn dann doch Stück für Stück zum Reden. Deutlich ist in diesem Teil der Handlung zu spüren, wie Schuld und Schweigen eine Familie zerreißen kann und sich auf spätere Generationen auswirkt.

Astrid bin ich während der gesamten Handlung nicht wirklich nahe gekommen und hatte einige Probleme mit ihrer Perspektive. Sie beschäftigt sich viel mit der Welt aus Sicht einer Biologin und ich fragte mich teilweise, was dies mit der übrigen Handlung zu tun hat.

Mein Lieblingscharakter ist allerdings Elfi, deren Geschichte mich durch die Handlung trug. Ich hatte schnell einen fürchterlichen verdacht, was mit ihr geschehen ist und fieberte der Aufklärung entgegen. Doch auch das müsst ihr leider selbst lesen.

Das Buch ist für zart besaitete Leser eher ungeeignet, doch ich wusste im Vorfeld ungefähr was mich erwarten würde. Obwohl die Handlung an einigen Stellen dahinplätschert erwischte mich die Grausamkeit des Krieges wieder einmal mit voller Härte. Ich musste die Lektüre öfter unterbrechen und mich wieder sammeln, bevor ich weiterlesen konnte.

Die Geschichte war erschütternd und spannend und ich bin gespannt auf weitere Werke der Autorin.

Bewertung vom 28.08.2021
Unguad
Werner, Ingrid

Unguad


ausgezeichnet

toller Regionalkrimi mit wichtigem Themenspektrum

Inhalt:
Von rüstigen Alten und seltsamen Todesfällen: ein heiter-gelassener Gesellschaftskrimi, spannend bis zum Schluss und nicht nur für Niederbayern.

Fazit:
Ich habe schon einige Krimis mit Karin Schneider gelesen und so wollte ich natürlich auch diesen unbedingt lesen. Ich war gespannt, ob Karin mich mit ihrer Schnüffelnase wieder überzeugen kann.

Karin besucht ihre Eltern im Altersheim Sonnenhügel, da ihr Vater Geburtstag feiert. Auf der Suche nach einer Blumenvase stolpert sie über die Leiche einer Pflegerin, die in der Abstellkammer liegt. Sofort wittert Karin einen Mord und beginnt natürlich viele Fragen zu stellen. Ob Karin mit ihrer Mordtheorie Recht hat, oder ob es doch ein Unglück war? Das müsst ihr leider selbst lesen, ich will nicht zu viel verraten.

Mir ist schon auf den ersten Seiten aufgefallen, dass die Autorin dieses Mal aus verschiedenen Perspektiven erzählt. In den bisherigen Romanen wurde die Handlung nur aus Karins Sicht geschildert und so war ich überrascht. Doch mir hat es gut gefallen, dieses Mal auch die in Perspektive anderer Charaktere eintauchen zu können.

Ein Altersheim als Tatort auszuwählen ist erst einmal ungewöhnlich, da dort doch eher die Bewohner sterben, als die Pfleger und Pflegerinnen. Genau dies machte mich neugierig auf diesen Krimi und ich begann voller Spannung zu lesen. Wer war die Pflegerin die in der Abstellkammer lag? Hat sie sich Feinde gemacht oder war sie eher beliebt? Auch hier will ich nicht zu viel verraten.

Dieses Mal ermittelt Karin nicht alleine, denn auch ihr Vater mischt mit seinen Freunden munter mit und auch Karin Sohn will Licht ins Dunkel bringen. Dies ist den ermittelnden Kommissaren natürlich gar nicht recht.

Wie gewohnt, ist der Schreibstil sehr flüssig, so dass ich durch die Seiten flog. Die Spannung baut sich langsam und gemütlich auf, um dann in einem furiosen Finale ihren Höhepunkt zu finden.

Der Fall stellte sich wieder recht verzwickt dar, obwohl ich schon relativ früh einen Täter/ eine Täterin in Verdacht hatte. Ob es wirklich so ist, oder doch ganz anders? Die Auflösung konnte mich dann überraschen, es gab Wendungen, mit denen ich so nicht gerechnet hatte.

Bei diesem Krimi hat mir besonders gut gefallen, dass so viele ernste Themen wie Demenz, der heutige Pflegenotstand, Gewinnmaximierung in Pflegeheimen und braunes Gedankengut geschickt in die Handlung einflossen und mich zum Nachdenken und Innehalten anregten. Tolle Mischung.

Karin war wieder authentisch dargestellt mit ihren Sorgen und Nöten und war mir dadurch sehr sympathisch. Sie kämpft wie üblich wieder an allen Fronten gleichzeitig und es bleibt nicht aus, dass sie mal in die falsche Richtung schaut. Doch auch dieses Mal bekommt sie die Kurve, sogar als sie selbst in Gefahr gerät.

Mir hat die Lektüre wieder schöne Lesestunden bereitet, da der Krimi unblutig daherkommt und mich mit dem Humor überzeugte, der immer angemessen war. Der Krimi kam recht beschaulich daher, bevor die Spannung sich spürbar aufbaute um in einem überraschenden Ende den Höhepunkt zu finden.

Ich vergebe diesem beschaulichen Krimi mit passendem Humor, ernsten Themen und Lokalkolorit eine überzeugte Leseempfehlung und freue mich auf weitere Fälle mit Karin Schneider.

Bewertung vom 27.08.2021
Misogynie - Die Geschichte des Frauenhasses
Holland, Jack

Misogynie - Die Geschichte des Frauenhasses


ausgezeichnet

Unglaublich wichtiges Buch, um endlich die Augen zu öffnen

Auszug aus dem Inhalt:
Die Geschichte der ältesten Diskriminierung der Menschheit von der Antike bis ins Internetzeitalter.

Fazit:
Wie ist die Stellung der Frau in der heutigen Zeit? Ist die Gleichberechtigung in den Industrienationen wirklich so weit vorangeschritten, wie uns vorgegaukelt wird? Ist die Unterdrückung der Frau auf die armen Nationen beschränkt? Wer Antworten haben will, sollte dieses unglaublich wichtige Buch unbedingt lesen.

Der Autor beleuchtet den Frauenhass beginnend in der Antike und stellt dar, warum schon damals die Frauen so unterdrückt wurden. Egal ob der Sündenfall aus der Bibel, oder die Dose der Pandora, oder die alten Philosophen das Weltbild prägten, dem Autor entkommen sie nicht. In gut verständlichem und spannendem Schreibstil nimmt er die Leser mit auf eine Reise, die die Augen öffnet und nachdenklich macht. Frauen werden schon seit Urzeiten unterdrückt und in diesem Buch werden viele Hintergründe davon anschaulich erklärt.

In jeder Epoche werden andere Begründungen gefunden, warum Frauen minderwertiger sind als Männer und Frauen leiden weltweit bis zum heutigen Tag unter dieser Verachtung und Minderwertigkeit. Doch wie ist dies entstanden und warum hält sich dieses unsägliche Vorurteil immer noch? Wie kann es sein, dass Frauen auf Scheiterhaufen brannten und Frauen bis heute verstümmelt werden, um sie ihrer Sexualität zu berauben? Warum bekommen Frauen immer noch weniger Lohn für die gleiche Arbeit wie Männer? Woher kommt diese Diskriminierung, die auch in den Industrienationen immer noch vorhanden ist und sich oftmals hinter fadenscheinigen Argumenten verbirgt? Diese und weitere Antworten gibt dieses Buch.

Dieses Buch ist keine leichte Kost und verlangt seiner Leserschaft einiges ab, da hier ein eher unbequemes, dennoch sehr wichtiges Thema beleuchtet wird. Frauen sind in vielen Kulturen der Ursprung allen Übels und es wird Zeit, dass wir die Ursprünge erkennen und beseitigen. Dem Autor gelingt es, über verschiedene Ursprünge sachlich und informativ zu berichten und zieht dadurch die Leser in den Bann. Einige der Ursachen waren mir schon bekannt, während mich andere überraschten. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie ihre langen Schatten bis in die heutige Zeit werfen und Frauen immer noch nachhaltig benachteiligen. Wie konnten solche Vorurteile und Aberglauben sich so lange halten und wer ist dafür verantwortlich, dass Frauen immer noch instrumentalisiert werden?

Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit regelrecht verschlungen und konnte es kaum aus der Hand legen. Es ist ein sehr gut recherchiertes Sachbuch und konnte mich mit dem angenehmen Schreibstil und der Spannung restlos überzeugen. Als ich das Buch entdeckte war ich neugierig, ob es einem Mann gelingen kann, dieses traurige Kulturerbe sachlich, eingängig und anschaulich darzustellen. Es ist gelungen, da der Autor ein erschütterndes Bild vom Frauenhass zeichnet und dadurch hoffentlich viele Menschen anspricht, die endlich hinter die Kulissen schauen wollen. Dieses Buch geht uns alle etwas an, da Frauen der Misogynie auch heute noch ausgesetzt sind und dadurch immer noch vielfältige Verletzungen erleiden müssen.

Mich hat dieses Sachbuch mit Biss und schonungsloser Ehrlichkeit überzeugt und ich vergebe eine Kauf- und Leseempfehlung. Jetzt seid ihr dran, kauft und lest dieses Buch und helft mit, damit wir Frauen diesem Leben in der Hölle entkommen können und Gleichberechtigung mehr ist als nur eine leere Worthülse.

Bewertung vom 17.08.2021
Die Puppenspieler (eBook, ePUB)
Kinkel, Tanja

Die Puppenspieler (eBook, ePUB)


sehr gut

gut recherchierter historischer Roman

Inhalt:
»Die Hexe, sie soll brennen!« Im Jahre 1484 muss Richard, Sohn eines schwäbischen Kaufmanns und einer Sarazenin, hilflos mit ansehen, wie seine Mutter auf dem Scheiterhaufen stirbt; ist damit auch sein Schicksal besiegelt? Als der Junge in den Haushalt seiner Tante aufgenommen wird, wendet sich das Blatt - sie ist die Frau von Jakob Fugger, dem einflussreichsten Kaufmann des Abendlandes. Unter seiner Führung wächst Richard zu einem schlauen Unterhändler heran, der im Italien der Medici und Borgia den Ruhm der Fugger mehren soll. Doch es sind unruhige Zeiten in Rom und Florenz, aufgeheizt von der prachtvollen Kunst Michelangelos und den hasserfüllten Predigten des Savonarola. Als Richard sich in die geheimnisvolle Saviya verliebt, fürchtet er, dass auch sie bald in größter Gefahr schweben wird - und nimmt den Kampf gegen den Hexenwahn der Kirche auf. Aber kann dies einem einzigen Mann gelingen?

Fazit:
Der Einstieg in die Geschichte ist wahrlich gelungen. Ich lernte erst Richard kennen,d er in der Klosterschule unterrichtet wird und dort als wissbegierig und intelligent gilt. Doch genau in dieser schule nimmt das Unheil seinen Lauf, denn Richards Mutter wird der Hexerei bezichtigt. Das Ende ist klar, sie wird angeklagt und soll brennen. Richard muss dies hilflos mitansehen und wendet sich daraufhin von der Kirche ab.

Zum Glück hat Richard Verwandtschaft, die ihn aufnimmt und fördert. Richard wird zu einem schlauen Kaufmann ausgebildet, der bald wichtige Aufgaben für Jakob Fugger übernimmt. Doch der Weg bis zu diesen Erfolgen ist lang und hart und wird von der Autorin ausführlich beschrieben, so dass ich einen tiefen Einblick in das kaufmännische Gebaren und die politische Lage der damaligen Zeit bekam.

Der Roman ist in Augsburg, Florenz und Rom der Renaissance angesiedelt und gibt den Zeitgeist mit seinen Intrigen und Verwicklungen sehr gut wieder, auch wenn die vielen Personen mich stellenweise leicht verwirrten. Der Schreibstil war sehr flüssig und die Seiten flogen bei den spannenden Passagen regelrecht dahin. Die Charaktere waren sehr gut ausgearbeitet und wirkten auf mich sehr authentisch. Gerade Richard konnte ich schnell in mein Herz schließen und es machte mir Spaß so viel aus seinem Leben zu erfahren und sein Erwachsenwerden zu begleiten. Auch wenn er eine fiktive Figur ist, wirkte er auf mich, als wenn er tatsächlich in dieser Zeit gelebt hätte.

Richard kann die Verbrennung seiner Mutter nicht verwinden und wird getrieben von seiner Idee, zu beweisen, dass es keine Hexen gibt. Auch wenn diese Idee teilweise in den Hintergrund tritt, recherchiert Richard immer weiter und nimmt manche Gefahr auf sich, um seine Theorie eines Tages beweisen zu können. Ob ihm dies wohl gelingt? Das müsst ihr leider selbst lesen.

Auch die Liebe kommt nicht zu kurz, denn es gibt ein Mädchen, dass von Richard gerettet wird und eine seltsame Anziehung auf ihn ausübt. Auch wenn sie sich schnell aus den Augen verlieren, kreuzen sich in der weiteren Handlung ihre Wege erneut. Ob die Liebe zwischen der Zigeunerin und Richard eine Zukunft hat? Auch das müsst ihr leider selbst lesen.

In diesen Roman wurden viele verschiedene Handlungsstränge eingebaut, die mir viele lehrreiche Momente boten. Auch wenn es viele Handlungsstränge waren, blieben am ende für mich keine fragen offen, da sie sehr geschickt verbunden wurden und ein stimmiges Ganzes ergaben.

Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und hatte spannende und lehrreiche Lesestunden, so dass ich für das Buch eine Leseempfehlung gebe.

Bewertung vom 13.08.2021
Shuggie Bain
Stuart, Douglas

Shuggie Bain


ausgezeichnet

Kampf gegen die Armut und die Alkoholsucht

Fazit:
Ich habe ein Weilchen überlegt, ob diese Geschichte tatsächlich etwas für mich ist. Der Klappentext weist ja schon darauf hin, dass das Ende nicht sehr gut sein wird. Dennoch war meine Neugier geweckt und ich habe das Buch gelesen.

Kaum mit dem Lesen begonnen, tauchte ich tief in das Leben von Glasgow während der 80er-Jahre Jahre ein. Ein Leben zwischen Hoffnung und Elend. Shuggie ist der jüngere Sohn von Agnes, die mit ihrem Mann und den drei Kindern immer noch bei ihren Eltern in einer Sozialwohnung lebt. Das Leben ist geprägt von Armut und den immer wiederkehrenden Alkoholexzessen. Mitten drin ist Shuggie, der schon in sehr jungen Jahren anders ist, als andere Jungen. Er liebt die schönen Dinge und ganz besonders seine schöne Mutter. Schon sehr früh bekommt er die folgen der Alkoholsucht seiner Mutter zu spüren und gibt sich immer mehr Mühe, sie vor ihren Dämonen zu retten. Der Absturz scheint unausweichlich.

Durch Arbeitslosigkeit und Armut haben die Menschen in den ärmsten Bezirken von Glasgow ihre Hoffnung verloren und betäuben ihre Probleme mit Alkohol. Auch Shuggies Mutter sinkt immer tiefer, während sie zum Spielball ständig wechselnder Männer wird und ihre Kinder verliert. Nur Shuggie will den Kampf nicht aufgeben.

Mit diesem Roman ist dem Autor ein ergreifendes Debüt gelungen, in dem die Armut von Glasgow zu dieser Zeit greifbar wird. Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit ziehen durch die Straßen und mittendrin der kleine Junge mit seinen vielen Problemen, der von einem besseren Leben mit seiner Mutter träumt.

Dieser autobiografische Roman rüttelt wach und lässt seine Leserschaft betroffen zurück. Ich konnte tief in das Drama eintauchen und musste oft innehalten, da mich das Leben von Shuggie tief berührte. Wie gerne hätte ich ihm geholfen und ihn vor dieser schlimmen Welt beschützt.

Auch wenn der Roman von einer gewissen Traurigkeit geprägt ist, lässt sich deutlich die Liebe und Hoffnung spüren, die Shuggie aufrecht halten. Ich hatte oft das Gefühl direkt an Shuggies Leben teilzuhaben und mit ihm durch die dunkle, trostlose Zeit zu gehen.

Das Buch ist sehr harte Kost und beeindruckte mich mit seiner ausdrucksstarken Sprache. Ich konnte mir das Milieu sehr gut vorstellen und hoffte bis zum Schluss mit Shuggie, dass er seine Mutter retten kann und ein besseres Leben auf ihn wartet.

Ich blieb betroffen und nachdenklich zurück und gebe für dieses gelungene Debüt eine überzeugte Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.07.2021
Huhn voraus / Tschakka! Bd.1
Andeck, Mara

Huhn voraus / Tschakka! Bd.1


ausgezeichnet

Super witziges Kinderbuch

Inhalt:
Ausgebüxt! Mit leisem Platsch und lautem Gegacker landet ein schwarzes Flauschhuhn in Tabeas Garten und ist im nächsten Moment schon wieder weg. Ein klarer Fall für Tabea und Freund Einstein: Als Tschakka und Stoneman, in coolen Heldenoutfits und auf superschnellen Waveboards, starten sie zur Huhnrettung! Jetzt können sie fast alles: einen wundertollen geheimen Garten finden, Oberfiesling Luis austricksen und sogar ein bisschen die Welt retten. Und dann ist da ja auch noch das rätselhafte Riesen-Ei …

Fazit:
Tabeas Sommerferien drohen zum Desaster zu werden, denn der Urlaub im bekannten Ferienhaus fällt aus. Das Haus soll abgerissen werden und dies gefällt Tabea überhaupt nicht. Sommerferien daheim sind nun mal öde und ganz besonders,d a sie im Schatten ihrer großen Geschwister steht und ihr keine Freiheiten erlaubt sind. Nicht mal ein Haustier wird ihr gegönnt.

Schlimmer geht es wohl kaum. Gut, dass sie wenigstens ihren Freund Einstein hat. Doch ob er ihr den Sommer retten kann? Lasst euch überraschen.

Das große Abenteuer beginnt, als den Kindern plötzlich ein Huhn vor die Füße fällt und dies flüchtet. Nun sind Helden gefragt und wer könnte das wohl sein?

Schon auf der ersten Seite fällt der ungewöhnliche Stil des Buches auf, denn die Zeichnungen peppen die Handlung gleich am Anfang auf. Dies zieht sich durch das gesamte Buch, dadurch ist es zum Vorlesen eher ungeeignet. Doch Leseanfänger lassen sich durch die Comicelemente sicherlich zum Lesen animieren.

Die Handlung ist für die genannte Altersklasse toll geeignet, denn sie nimmt Bezug auf aktuelle Themen wie Umweltschutz und zwar ohne den erhobenen Zeigefinger. Zusätzlich glänzt die Geschichte auch noch mit ihrem tollen Humor, so dass das Lesen ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Es macht viel Freude diese Geschichte zu lesen und in die Abenteuer von Tschakka und Sohnemann einzutauchen. Sie gewinnen neue Freiheiten und stellen fest, dass große Geschwister ab und an sogar mal ganz nützlich sein können.

Auch wenn nicht allzu viel passiert, halte ich das Buch für Grundschulkinder für angemessen und vergebe eine Leseempfehlung und freue mich mit meiner Enkelin auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 22.07.2021
Dreieinhalb Stunden
Krause, Robert

Dreieinhalb Stunden


ausgezeichnet

Mauerbau aus einer anderen Sicht

Fazit:
Dieses Buch basiert auf einer wahren Begebenheit, denn die Großeltern des Autoren befanden sich am 13. August 1961, dem denkwürdigen Tag des Mauerbaus, auf der Fahrt vom Westen in den Osten. An jedem Bahnhof gibt es noch die Chance auszusteigen und im Westen zu bleiben, doch die Zeit läuft.

Wie schwer die Entscheidung sein kann wurde anhand verschiedener Charaktere dargelegt. Was wiegt mehr Heimat oder Freiheit? Welches System kann das bieten, was der jeweilige Charakter jeweils benötigt? Ich fragte mich immer wieder, wie ich mich entschieden hätte.

Zitat:
"Alle, die jetzt gingen, verloren ihr Zuhause.
Alle, die weiterfuhren, ihre Freiheit."

Viele Facetten sind für eine richtige Entscheidung nötig und der Autor ließ sie in die Handlung einfließen, damit die Charaktere glaubwürdiger wurden und die Leser sie besser verstehen konnten. Bei manchen Charakteren hatte ich schnell das Gefühl ihre Entscheidung im Voraus zu kennen und wurde dann doch überrascht, wenn sie doch anders war.

Am Anfang lernte ich erst einmal die verschiedenen Menschen kennen, die sich später im Zug befinden. Nach und nach wurde ihre Geschichte erzählt und ich konnte mich in sie hineinversetzen und mit ihnen hoffen und bangen. Nicht alle Charaktere waren mir sympathisch und manche erschienen mir fast überflüssig, doch am Ende verstand ich die Zusammenhänge und verstand warum jeder Charakter für die Handlung wichtig war.

Dieses Buch ist für mich ein wichtiges Zeugnis deutscher Geschichte, denn es gibt die Chance, diese Zeit mit ihren dramatischen Einschnitt in das Leben so vieler Menschen in Erinnerung zu behalten. Der Mauerbau kam völlig überraschend und riss viele Familien auseinander. Über Recht oder Unrecht mögen bitte andere entscheiden.

Ich erlebte eine etwas andere Zugfahrt voller Gegensätze und Spannung. In die Charaktere mit ihren Zweifeln und ihrer Zerrissenheit konnte ich mich sehr gut hineinversetzen und auch verstehen, dass manche Entscheidung erst im allerletzten Moment gefällt wurde. Sehr schnell wurde ich in den Bann dieser Geschichte gezogen und konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Entscheidungen am ende wohl sein werden. Ich erlebte eine Achterbahnfahrt der Gefühle und war an vielen Stellen sehr traurig, gerade weil ich die Folgen dieser Mauer selbst miterlebt habe.

Anfangs hatte ich leichte Probleme mit den vielen Charakteren und den verschiedenen Sichtweisen, doch das legte sich sehr schnell und ich bin jetzt froh, dieses Buch entdeckt zu haben.

Für mich ist das Buch rundum gelungen und ich vergebe eine überzeugte Leseempfehlung für dieses wichtige Zeitdokument.

Bewertung vom 03.05.2021
Federflaum
Eckert, Christa

Federflaum


ausgezeichnet

Traumabewältigung und Selbstfindung in poetischer Form

Klappentext:

Judith ist mit ihrer kleinen Tochter Amber aufs Land geflohen, um der Verfolgung eines Mannes zu entgehen. Sie hat im Haus der deutlich älteren Bea eine Wohnung gefunden und in Bea eine Freundin. Als sie Beas Aufzeichnungen über deren Erlebnisse in einer Therapiegruppe liest und gebannt verfolgt, wie Bea auf ein altes Trauma stößt und sich Schritt für Schritt daraus erlöst, tritt ihre eigene Geschichte an sie heran: die kleine Wilde, die nicht weiß, wer ihr Vater ist und ihre Mutter deshalb hasst; die durch die Gartensiedlung, in der sie aufwächst, strolcht und ihren väterlichen Freund Nathan besucht. In der Vertrautheit einer Nähe, die Halt gibt und zugleich frei lässt, erwacht die kleine Wilde zur Frau. Sie begegnet dem Schauspieler Alexander, der sie zutiefst liebt. Sie selbst aber kann nicht wirklich lieben, glaubt sie, so wie sie auch nicht wirklich fühlen kann. Als sie Nathan nach mehr als zehn Jahren wiedertrifft, kommt eine Erinnerung in ihr hoch, die ihr den Atem nimmt.

Fazit:

Als ich den letzten Satz des Klappentextes gelesen hatte, wollte ich die Erinnerung entschlüsseln, da ich schon einen Verdacht hatte. Ob sich mein Verdacht bestätigt, verrate ich hier nicht.

Natürlich fragte ich mich auch sofort, warum Judith mit ihrer Tochter auf der Flucht ist und vor allen Dingen vor wem. Dies erschließt sich erst nach und nach und ich überlegte am Schluss, ob die Reaktion von Judith wirklich gerechtfertigt war. Doch nachdem ich einige Tage nachgedacht habe, kann ich sie jetzt doch ansatzweise verstehen, denn sie hat noch einen langen Weg vor sich, um alle Verletzungen aus ihrer Kindheit und Jugend zu verarbeiten.

Bea war mir in ihrer mütterlichen und verständnisvollen Art schnell sympathisch. Auch sie hat einige Verletzungen bezüglich ihrer Weiblichkeit erlitten und eine entsprechende Therapie gemacht. Ihre Aufzeichnungen der Therapieerfahrungen stellt sie Judith zur Verfügung und reißt unbewusst bei Judith alte Wunden auf.

Mit einer sehr poetischen und bildgewaltigen Sprache wurden von der Autorin sensible Themen aufgegriffen, die unter die Haut gehen und für viele Menschen auch heute noch tabu sind. Beide Frauen müssen sich mit ihren Traumata auseinandersetzen und erfahren dabei, wie schmerzhaft es ist, sich diesen Wunden erneut zu stellen. Gerade Judith hat damit ihre Probleme und lernt erst durch Beas Hilfe über ihre schmerzhaften Erfahrungen zu reden und sich zu öffnen.

Dieses Buch ist sehr tiefgründig und lässt sich sehr gut lesen. Es gibt Einblicke in menschliche Abgründe und deren Bewältigung, ohne Anspruch auf den einzigen richtigen Weg. Ich konnte tief in Judiths Gedankenwelt und Psyche eintauchen, auch wenn ich sie nicht immer verstehen konnte.

Dieses besondere Buch sucht besondere Leser, die sich auf eher leise, poetisch-literarische Texte einlassen können und Sprache und Bilder genießen wollen, ohne sich von der eher schweren Kost abschrecken zu lassen. Ich habe mich ganz bewusst auf dieses Buch eingelassen und bin jetzt froh, dass ich es entdeckt habe und lesen konnte. Mich hat es bereichert und nachdenklich zurückgelassen. Dieser Roman ist geeignet für Leser, die den Mut haben in menschliche Abgründe zu schauen und mit sich selbst auseinanderzusetzen.

Da mich das Buch tief berühren konnte, vergebe ich eine Leseempfehlung an mutige Menschen.