Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
michael24
Wohnort: 
Kempten

Bewertungen

Insgesamt 30 Bewertungen
Bewertung vom 29.04.2024
Wären wir Vögel am Himmel
Litteken, Erin

Wären wir Vögel am Himmel


sehr gut

Gegen das Vergessen

"Wären wir Vögel am Himmel" von Erin Litteken ist eine bewegende Erzählung, die die Kraft der Hoffnung inmitten von Not und Elend einfängt. Das Buch öffnet die Tür zu einem Kapitel, das für viele Leser vielleicht bisher im Dunkeln lag, und präsentiert eine persönliche Reise durch eine Zeit voller Herausforderungen und menschlicher Stärke.

Die vielschichtige Handlung erfordert etwas Mühe, die Zusammenhänge zwischen den Personen und Situationen nachzuvollziehen. Im Roman steht nicht die Politik im Vordergrund, sondern die individuellen Erfahrungen und Tragödien, die von Gewalt, Verlust und Hunger geprägt sind. Trotzdem strahlt aus jeder Seite ein unübersehbarer Kampfgeist und Überlebenswille.

Durch die Perspektive der fiktiven Figuren erhält der Leser einen tiefen Einblick in die Hoffnungen und Enttäuschungen, die das Leben in dieser Zeit prägten. Die Beschreibung der Verhältnisse und die Darstellung der individuellen Schicksale lassen den Leser die Komplexität und Tragik der ukrainischen Geschichte besser verstehen.

Insgesamt ist "Wären wir Vögel am Himmel" ein Roman, der die grausamen und unmenschlichen Verhältnisse des Krieges zeigt und dazu beiträgt, die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und anderen Krisengebieten besser zu verstehen.

Mir persönlich waren die vielen Gewalttätigkeiten und Schreckensszenen zu viel und verhinderten, dass ich mich für das Buch begeistern konnte.

Bewertung vom 23.04.2024
Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen
Grigorcea, Dana

Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen


gut

Künstlerisch wertvoll

Dana Grigorceas 'Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen' ist ein Buch, das mit seiner formalen Raffinesse und seinem anspruchsvollen Aufbau beeindruckt, aber dennoch gemischte Gefühle hinterlässt. Das Cover hat mich gleich zu Beginn sehr angesprochen: Eine sehr ansprechende, künstlerische Aufmachung, mit eleganter Verpackung.

Die Autorin nutzt geschickt zwei unterschiedliche Erzählperspektiven, die sich elegant miteinander verweben. Auf der einen Seite begleiten wir die Schriftstellerin Dora, die versucht, einen Roman über den Bildhauer Constantin Avis fertigzustellen. Wir tauchen dabei in die 20er Jahre ein und folgen dem Künstler Constantin Avis in New York. Diese Verschmelzung von Kunstschaffen und kreativem Schreiben, ist beeindruckend und gut umgesetzt.

Persönlich konnte mich das Buch nicht wirklich berühren. Vieles wird nur angedeutet und bleibt unvollständig, was zu einem etwas unbefriedigenden Leseerlebnis führt. Nach der Lektüre blieb ich mit einer gewissen Ratlosigkeit zurück. Dennoch muss man der Autorin zugutehalten, dass sie die Atmosphäre der 20er Jahre und die Dekadenz im Künstlermilieu gekonnt einfängt. Auch die künstlerische Sprache und metaphorischen Beschreibungen der Autorin lassen beeindruckende Bilder im Kopf entstehen. Trotz meiner persönlichen Reserven gegenüber dem Buch, ist es sicherlich für Leserinnen und Leser, die sich für kunstvolle Erzählstrukturen und die Thematik der Kunst an sich interessieren, eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.04.2024
Mit Nachsicht
Haghiri, Sina

Mit Nachsicht


ausgezeichnet

Erstrebenswerte Idealvorstellung

Ein nüchternes Cover, was doch schon alles aussagt: Zwei Menschen, die sich im Blick haben, aufeinander zugehen, sich an die Hand nehmen wollen, Hilfe anbieten.

Im Buch wird das Thema "Nachsicht und Empathie" mit vielen Beispielen aus der Psychologie mit Studien und Fallbeispielen aus der Praxis beleuchtet. Dabei richtet sich das Buch an ein allgemeines Publikum. Die Sprache ist leicht verständlich und mit persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen versehen. Dadurch wird es zur angenehmen Lektüre, in der die verschiedene Facetten von Wissensvermittlung, Humor und Ratgeber vereint sind.

Sehr sympathisch fand ich persönlich, dass auch die Wissenschaft - zumindest dezent - hier in die Kritik gerät, da diese weiterhin an veralteten Studien festhält. (Das kommt mir sehr bekannt vor.) Das Buch bleibt nicht nur theoretisch, sondern schlägt auch konkrete Übungen vor und gibt Impulse zur eigenen Betrachtung und persönlichen Weiterentwicklung. Es wird wahrscheinlich nicht die Welt verändern (wie der Titel hoffen lässt), aber kann als Denkanstoß und Motivation für den einzelnen dienen, bewusster mit sich und den anderen umzugehen.

Bewertung vom 21.04.2024
Das Fenster zur Welt
Winman, Sarah

Das Fenster zur Welt


gut

Eine Geschichte zwischen Kunst und Krieg

"Das Fenster zur Welt" von Sarah Winman entführt die Leser in die Toskana während des Zweiten Weltkriegs, wo der junge britische Soldat Ulysses und die sechzigjährige Kunsthistorikerin Evelyn auf unerwartete Weise zusammenkommen. Ihre Begegnung, wenn auch kurz, hinterlässt Spuren, während sie sich im Laufe der Zeit aus den Augen verlieren, um sich später wiederzufinden.

Winmans Roman fokussiert sich weniger auf die Ereignisse des Krieges, sondern vielmehr auf die Leben der Protagonisten und ihrer Weggefährten über Jahrzehnte hinweg. In einer ausgewogenen Mischung aus England und Florenz entfaltet sich eine Geschichte über Freundschaft, Lebenslust und die Höhen und Tiefen des Daseins. Während Ulysses und Evelyn eine besondere Bindung teilen, sind es auch ihre Freunde und Begleiter, die das Buch mit Leben erfüllen, auch wenn nicht alle von ihnen gleichermaßen sympathisch sind.

Während einige Charaktere wie Evelyn an Tiefe gewinnen, wirken andere wie Ulysses oft eindimensional und unrealistisch.

Die Komplexität im Verlauf des Romans lässt nach, und die Geschichte beginnt, an Authentizität zu verlieren, während sie sich in eine kitschige Inszenierung verwandelt. Einige Passagen, insbesondere kunsthistorische Diskussionen, habe ich als langatmig empfunden und das Lesevergnügen beeinträchtigt.

Insgesamt ist "Das Fenster zur Welt" ein Buch, das durch seine malerische Kulisse und die menschlichen Beziehungen besticht, jedoch durch seine zunehmende Eindimensionalität und kitschige Inszenierung an Tiefe verliert.

Bewertung vom 11.04.2024
Alles gut
Rabess, Cecilia

Alles gut


gut

Mittelmäßig gut
Alles gut" von Cecilia Rabess ist ein Roman, der die Geschichte von Jess und Josh erzählt, zwei gegensätzliche Charaktere, die sich während ihrer Studienzeit kennengelernt haben und später bei Goldman Sachs in New York City wieder treffen. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein: Jess, eine schwarze, liberale Frau, und Josh, ein weißer, konservativer Mann aus gutem Haus. Diese Gegensätze werden durch viele Beispiele aus ihrer gemeinsamen Zeit auf dem College beleuchtet, einschließlich der historischen Wahl von Obama zum Präsidenten.

Die Handlung des Romans konzentriert sich auf Jess' Schwierigkeiten, sich bei Goldman Sachs zurechtzufinden, insbesondere aufgrund des herablassenden Verhaltens ihrer Kollegen und ihres Chefs. Ihr Mentor, Josh, versucht zwar zu helfen, versteht jedoch nicht immer die spezifischen Herausforderungen, denen Jess aufgrund ihrer Herkunft und ihres Geschlechts gegenübersteht. Trotz ihrer Differenzen entwickeln die beiden eine Freundschaft, die auch von romantischem Knistern geprägt ist.

Als sie schließlich eine Beziehung eingehen, erleben Jess und Josh Höhen und Tiefen, insbesondere aufgrund ihrer unterschiedlichen politischen Ansichten und persönlichen Erfahrungen mit Rassismus. Während Josh sich bemüht, Jess gerecht zu werden, zeigt sie sich oft reizbar und ungerecht, was sie für mich unsympathisch gemacht hat.

Der Roman fokussiert sich stark auf Themen wie Klassenunterschiede und Rassismus. Allerdings stieß die oberflächliche Behandlung von Investmentbanking und anderen Themen bei mir auf wenig Begeisterung, was den Gesamteindruck des Buches beeinträchtigt hat.

Insgesamt bietet "Alles gut" von Cecilia Rabess eine facettenreiche Geschichte über Liebe, Freundschaft und gesellschaftliche Herausforderungen, die jedoch meine Erwartungen nicht erfüllt hat.

Bewertung vom 10.04.2024
Eichen müssen her! Teil 3
Gruenschild, Amanda

Eichen müssen her! Teil 3


ausgezeichnet

Die Magie der Bäume
Ein wunderbares Buch zum Träumen aber auch zum Nachdenken. Hier fließen viele aktuelle Themen mit ein, die unser Zusammenleben auf dem Planeten und den Erhalt dieser wunderbaren Schöpfung betreffen. Mit viel Kreativität und liebevoller Ausarbeitung lässt die Autorin neue Planeten und Wesen in Erscheinung treten. Dabei ist das Licht mit der Dunkelheit im Widerstreit, wobei immer der freie Wille Beachtung findet. Viele Wesen sind unentwegt damit beschäftigt, den Menschen dabei zu unterstützen, das Dunkle auf der Erde zu überwinden. Es scheint allerdings schon fast zu spät und man erkennt, wie alles in Richtung Katastrophe schlittert. Doch gerade die kindlichen Wesen kommen auf gute Ideen, wie man trotz Beachtung des freien Willens, möglicherweise noch das Schlimmste abwenden kann. Schön zu lesen, herzerwärmend und zur Horizonterweiterung geeignet.

Bewertung vom 28.03.2024
Die Vermesserin der Worte
Seck, Katharina

Die Vermesserin der Worte


sehr gut

Melancholisch und schwermütig
Das Cover des Buches ist unaufdringlich, dezent und geschmackvoll gestaltet. Kein reißerisches Bild um auf einen vermeintlich spektakulären Inhalt anzudeuten. Auch die Geschichte beginnt bescheiden: in einer kleinen Wohnung mit einer Protagonistin, die mit der Leere in ihrem Kopf wie auch der ihres Bankkontos zu kämpfen hat. Die Autorin nimmt den Leser mit in die Gedankenwelt des Hauptcharakters, die sich in einer Sackgasse fühlt und in dieser Sinnkrise auf eine Person trifft, die zwar undurchschaubar und und abweisend wirkt aber auch viel mit der Protagonisten gemeinsam zu haben scheint.
Eine gemeinsame Entwicklungsreise der beiden beginnt, in der die Themen des Bedauerns, Schuld und Einsamkeit eine wichtige Rolle spielen. Alles ist sehr verwoben in Melancholie und Schwermut - was ich persönlich als etwas zu stark betont empfand. Der emotionale Rückzug von den Menschen, die sich unverstanden oder verletzt fühlen ist anhand der Dorfgemeinschaft gut dargestellt. Auch die Trägheit, die es dem Menschen schwer macht, aus seinem Status Quo auszubrechen, kommt treffend zur Sprache. Das Buch ist sehr gut zu lesen und die Sprache der Autorin hervorragend. Ein Punkt Abzug nur deswegen, weil ich den Schwermut des Hauptteil als zu dominierend - und den Abschluss mit dem Happy-End als zu konstruiert empfand.

Bewertung vom 13.03.2024
Der Wald
Catton, Eleanor

Der Wald


sehr gut

Umweltaktivismus und Moral

Das Cover überzeugt durch die kontrastreiche Darstellung von Farbe und Schrift. Man hat das Gefühl, das schon hier eine Bewegung einsetzt und die Buchstaben wie auf der Flucht zu sein scheinen. Das Cover spielt damit schon auf den Inhalt an, in dem eine actiongeladene Handlung und mysteriöse Umstände vorkommen. Eleanor Cattons "Der Wald" ist ein fesselnder Roman, der die Leser auf eine Reise durch die düsteren und geheimnisvollen Tiefen eines Naturschutzgebiets entführt. Inmitten von Umweltaktivismus und Intrigen entfaltet sich eine Geschichte voller Spannung, Wendungen und moralischer Dilemmas.

Die Protagonistin Mira Bunting steht im Zentrum des Geschehens als Gründerin der Guerilla-Gardening-Gruppe Birnam Wood. Diese Gruppe kämpft leidenschaftlich dafür, die Natur wiederzubeleben und vernachlässigte Orte in blühende Landschaften zu verwandeln. Catton webt geschickt eine Atmosphäre der Ungewissheit und der Gefahr, die die Leser dazu bringt, mit den Charakteren mitzufiebern und die Geheimnisse dieser mysteriösen Welt zu enträtseln.

"Der Wald" ist nicht nur ein spannender Thriller, sondern auch eine Reflexion über die Verantwortung des Menschen gegenüber der Umwelt und die Komplexität menschlicher Beziehungen.

Bewertung vom 10.03.2024
Rückkehr der Hornhechte
Becker, Cornelia

Rückkehr der Hornhechte


ausgezeichnet

Wortgewaltig und beeindruckend

Ich bin kein Kenner von Lyrik sondern lese jedes Wort mit offenen Herzen. Beim Lesen der Verse habe ich eine Atemlosigkeit in mir wahrgenommen, die ich auf die emotionale Intensität der Verse zurückführe aber auch auf die besondere Schreibweise, die keine Pausen durch Interpunktion zulässt. Die Worte fließen dahin, wie ein Musikstück, was aus vielen Instrumenten und Noten besteht. Mal plätschert das Stück dahin und im nächsten Moment wird man ergriffen von der Lautstärke der Instrumente. Tiefe Gefühle und tiefgründige Einblicke werden vermittelt und lassen den Leser für einen kurzen Moment mit der Welt der Autorin verschmelzen. Hier wird Unaussprechliches so verpackt, dass man etwas versteht, ohne dass der Verstand hierfür eine Rolle spielt. Das Zusammenspiel zwischen Worten und dem Ungesagten ist so komplex verwoben, dass der Leser wie in einem Netz darin gefangen wird.

Bewertung vom 09.03.2024
wir sind pioniere
Erdmann, Kaleb

wir sind pioniere


weniger gut

Sprachliche Rückentwicklung

Es mag sein, dass der Autor sich als Pionier sieht und er Preise dafür erhält, dass er sich über Regeln der Orthographie hinwegsetzt - ich konnte mich persönlich weder mit dem Stil noch mit dem Inhalt des Buches anfreunden. Sprache ist nicht die Aneinanderreihung von Wörtern so wie auch ein Musikstück nicht ohne entsprechende Regeln für Rhythmik und Dynamik auskommt. Irgendwo zwischen vulgären Ausdrücken und Fäkalsprache scheint sich eine Geschichte zu entfalten, deren Verlauf sich meinem Interesse irgendwann entzogen hat. Ich fühlte mich beim Lesen in eine degenerierte Gedankenwelt hineingezogen, die mir - wie beim Verdauen einer schlechten Mahlzeit - irgendwann übel aufstößt. Die Idee der Geschichte, dass sich die zwei Protagonisten physisch aufeinander zubewegen, während eine emotional Distanz kaum zu überwinden ist, fand ich durchaus reizvoll. Deswegen auch zwei statt nur einen Stern.