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Bücherstadt
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Berlin
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Insgesamt 126 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2020
Der falsche Preuße / Offizier Gryszinski Bd.1
Seeburg, Uta

Der falsche Preuße / Offizier Gryszinski Bd.1


ausgezeichnet

Wilhelm Freiherr von Gryszinski ist ein Preuße in Bayern, der zur Jahrhundertwende als einer der ersten modernen Kriminalisten in München tätig ist. Als Sonderermittler befasst er sich mit einem außergewöhnlichen Mord, der sich kurz nach dem Oktoberfest ereignet hat und nicht nur eine kriminalistische Herausforderung darstellt, sondern den Ermittler auch noch in einige brenzlige Situationen bringt. Die Loyalität gegenüber seinem Heimatland und die Pflicht gegenüber seinem Arbeitgeber sind nicht immer miteinander vereinbar und führen zu inneren Kämpfen. Gleichzeitig muss sich Gryszinski aber auch ganz realen Kämpfen und einem Duell stellen.
Zwei große Kriminalfälle werden in dem Buch miteinander verwoben, da der vermeintliche Täter derselbe ist. Aber ist das, was so offensichtlich erscheint, auch wirklich die Wahrheit?
Uta Seeburg hat eine kleine Welt zwischen bayrischer Zünftigkeit und preußischer Pflicht erschaffen, die mit dem Protagonisten einen wundervollen Bewohner hat. Die Vor- und Nachteile der beiden Länder werden beschrieben und Wilhelm schafft es, aus beiden die für ihn sinnvollen Aspekte herauszuziehen. So wird er zu einem symbolischen Wesen, das durchweg sympathisch ist und die Leserin/ den Leser gleich für sich gewinnt. Er hat kaum Ecken und Kanten, wirkt aber trotzdem nicht langweilig. Sein Interesse für die Kriminalistik und die damit einhergehenden modernen Methoden wird gleichzeitig zum Interesse der Leser*innen. Und so ist man voller Elan dabei.
Zudem ist die Entwicklung der Handlung toll konstruiert. Manchmal hat man den Eindruck, dass man einem Gedanken oder einer Idee nachhängt und gleich auf die Lösung kommt, aber dann geht es schon weiter und man vergisst den kleinen Faden aufzugreifen. Später fügt sich dann alles zusammen und manche Ahnungen bewahrheiten sich. Aber trotzdem hat man nie das Gefühl, dass man die Lösung schon direkt vor der Nase hat. Somit kommt keine Langeweile beim Lesen auf.
Uta Seeburg schafft es außerdem einen hervorragenden Lesefluss zu erzeigen, da sie ausreichend bildlich schreibt, dabei aber nie ausufernd wird. Die gewählten Worte und die Konstruktion der Sätze wirkt nie abgehoben, aber auch nie zu flach. Es handelt sich genau um ein wunderbares Mittelmaß.

Ich habe mich sehr amüsiert beim Lesen, wurde gut unterhalten und hatte Spaß am Mitdenken. Daher kann ich das Buch uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 30.08.2020
Das Spiel - Es geht um Dein Leben / Björk und Brand Bd.1
Beck, Jan

Das Spiel - Es geht um Dein Leben / Björk und Brand Bd.1


gut

Ein UV-Tattoo, das mehrere menschen vereint, doch kaum einer weiß, was diese Tätowierung zu bedeuten hat und vor allen Dingen wo sie herkommt.
Sie alle sind Teil eines Spiels, einer Jagd, die im Darknet organisiert wird und deren Mitspieler Blut sehen wollen.
Interpol verfolgt die Entwicklungen genauso wie ein kleiner Stuttgarter Journalist, dessen Tage längst gezählt sind. Er hat nichts mehr zu verlieren. Deshalb lässt er sich auf das Spiel ein. Aber anstatt Menschen zu retten, bringt er sie noch mehr in Gefahr.

Zunächst hatte ich ein bisschen Mühe mich in die Erzählstränge hereinzulesen, aber nach einer gewissen Zeit, als die Verbindungen offensichtlich wurden, war das kein Problem mehr. Hilfreich hierbei war die einfache und klare Sprache des Autors, die zu einem sehr guten Lesefluss geführt hat. Jan Beck hat zudem mit seinem Ermittlerduo ein interessantes Pärchen erschaffen, das trotz aller Unterschiede gut zusammenpasst.
Und trotz aller Blutrünstigkeit, die in dem Buch dargestellt wird, entwickelte sich eine spannende Geschichte, deren Fortgang man gerne miterleben wollte.
Somit war ich eigentlich mit dem Werk recht zufrieden. Allerdings gibt es zwei Mankos, über die man stolpert, aber auch hinwegsehen kann.
Die beiden Ermittler haben die typischen Brüche im Lebenslauf, gleichzeitig ist ihr Umgang damit aber interessant und nicht so vorhersehbar wie in anderen Büchern. Der zweite Punkt ist, dass es Figuren gibt, die das Spiel schon an der ein oder anderen Stelle hätten beenden können. Teilweise ist die Lösung für die Leserin bzw. den Leser offensichtlich. Aber man darf auch nicht vergessen, dass man als außenstehende Person ein anderes Wissen hat und selbst nicht weiß, ob man in den entsprechenden Situationen so rational handeln würde.
Fazit: Ein solider Thriller, den man mit Interesse liest. Aber für die Folgebände wünsche ich mir, dass man als Leser*in mehr gefordert wird.

Bewertung vom 16.08.2020
Und auf einmal diese Stille
Graff, Garrett M.

Und auf einmal diese Stille


ausgezeichnet

Ich beschäftige mich beruflich häufiger mit Oral History, habe es dann aber meist mit Themen zu dun, die (weit) vor dem 21. Jahrhundert liegen. Daher war ich sehr gespannt wie eine Oral History des 11. September aussehen würde und habe begierig die Leseprobe gelesen, die mich begeistert hat. Und genauso begeistert bin ich ehrlich gesagt von dem gesamten Buch, auch wenn es einiges vom Leser abverlangt.

Garrett M. Graff hat drei Jahre lang aus verschiedenen Quellen Zeitzeugeninterviews herangezogen und ungefähr 500 Berichte für sein Buch herangezogen. Er erschafft eine Erzählung, die vom 10. September bis zum Ende des 11. September geht. Auf fast 500 Seiten beleuchtet er dabei über 60 Perspektiven, die im Zusammenhang mit den Ereignissen stehen. Diese Perspektiven bilden jeweils sein Kapitel, das sich auf einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit bezieht. Jedes Kapitelberingt mit einem objektiven Einstieg, der den groben Inhalt des Kapitels darstellt und einen Gegenpunkt zu den subjektiven Aussagen bildet. Somit hat man beim Lesen praktisch einen recht emotionslosen Rahmen und taucht dann direkt in die geballte Ladung von Angst, Trauer, Erschöpfung, aber auch Mut, Lebensfreude und Glück ein. Die leichten sprachlichen Veränderungen, die der Autor vorgenommen hat, kann man zwar nicht lückenlos nachvollziehen, wenn man die Quellen nicht selbst zur Hand hat. Aber man hat den Eindruck, dass sie wirklich sehr sanft vorgenommen wurden, gleichzeitig aber dazu beitragen, dass der Text wie ein Gefüge erscheint.

Die ausgewählten Berichte sind manchmal nur wenige Zeilen lang, erschaffen aber im Zusammenspiel beim Lesen ein wirklich umfangreiches, sehr plastisches Bild von der Situation. Das führt dazu, dass man nach einem Kapitel auch manchmal innehalten muss. Man muss sich die Tränen wegwischen oder einfach tief durchatmen bevor man in der Handlung voranschreitet. Aber bleibt man am Ball, auch wenn es anstrengend ist immer nur kurze Absätze zu lesen und wechselnde Protagonisten kennenzulernen, tauchen kleine freudige Geschichten auf, die einem zeigen, dass das Leben trotz dieser Katastrophe weitergeht.

Aus meiner Sicht hat der Autor ein Werk erschaffen, dass ein so umfangreiches Bild von den Ereignissen liefert, dass jede Doku und jeder ausführliche Artikel zur Seite gewischt werden können. Diese Darstellung beinhaltet alles, was man benötigt, um diesen Tag nachvollzuziehen zu können. Und mir wurde durch dieses Buch erst wirklich bewusst, welche tiefe Wunde die Anschläge in der amerikanischen Seele hinterlassen haben.

Fazit: Ein Buch, das man nicht wie einen Roman runterliest und dann zur Seite legt. Für alle, die an Politik und Geschichte interessiert sind, die multiperspektivische Zugänge zu dem Thema wünschen und mit unterschiedlichen Emotionen beim Lesen umgehen können, ist dieses Werk hervorragend geeignet!

Bewertung vom 04.04.2020
Das Haus der Frauen
Colombani, Laëtitia

Das Haus der Frauen


ausgezeichnet

Solène ist eine erfolgreiche Anwältin, deren Leben vollständig durch ihren Beruf bestimmt wird. Eigentlich macht sie ihre ganze Lebensplanung von ihrer Arbeit abhängig.
Doch als eines Tages ein Mandant mit einem Urteil unzufrieden ist und sich im Justizpalast in den Tod stürzt, fällt ihr gesamtes Leben zusammen. Sie hat einen diagnostizierten Burn-Out, der zunächst in einer Klinik behandelt werden muss und anschließend ist sie weiterhin auf Tabletten angewiesen.
Sie reflektiert ihr bisheriges Leben und sucht in gewisser Weise nach einem neuen Sinn. Ihr Art empfiehlt ihr, dass sie sich gesellschaftlich engagiert. So würde sie neue Kontakte knüpfen und findet eventuell eine Aufgabe, die sie erfüllt. Da sie früher viel und gerne geschrieben hat, meldet sie sich auf eine Anzeige, mit der ein öffentlicher Schreiber gesucht wird. Das erste Gespräch schreckt sie zunächst ein wenig ab und Zweifel kommen in ihr auf. Doch letztendlich nimmt sie die Aufgabe an und landet so im Haus der Frauen, einer sozialen Einrichtung für Frauen.
Das Haus der Frauen geht auf eine (wahre) Initiative von Blanche Peyron zurück, die in der Heilsarmee tätig war. Sie hat ihr ganzes Leben der Armee gewidmet. Gemeinsam mit ihrem Mann konnte Sie die Heilsarmee in Frankreich von einer kleinen Institution, die sogar bekämpft wurde, zu einer Einrichtung ausbauen, die ein wichtiger und angesehener Teil des sozialen Netzwerkes im Land wurde.
Laetitia Colombani erzählt die Geschichte der beiden Frauen in ihrem Buch parallel. Dabei geht sie behutsam und mit einem liebevollen Blick vor, verklärt aber die Probleme der beiden Frauen, die in ganz unterschiedlichen Zeiten gelebt haben, aber im Grunde genommen ähnliche Probleme hatten, nicht. Beide Frauen sind sehr starke Persönlichkeiten, die auf der Suche nach ihrem individuellen Weg sind.
Colombani schafft es mit einer guten Wortwahl und einer sehr verständlichen Satzkonstruktion eine Art Wohlfühl-Geschichte zu erzählen, die man gerade in der momentanen Zeit gut gebrauchen kann, da sie voller Solidarität und Verständnis ist.

Ich kann hier nur eine absolute Leeempfehlung aussprechen!

Bewertung vom 01.11.2019
Der Store
Hart, Rob

Der Store


ausgezeichnet

Was wäre, wenn ein Onlinehändler nicht nur Verkäufer wäre, sondern Einfluss auf alle unsere Lebensbereiche hätte? Wie würden wir mit einem wirtschaftlichen Giganten umgehen, der uns eine Lebensweise diktiert und direkten Einfluss auf die Politik nimmt?

In „The Store“ wird genau diese Situation beschrieben und auch kritisch beleuchtet. Cloud ist ein Onlinehändler, der sehr kleine mit einfachen Lieferdiensten angefangen hat. Mittlerweile hat er nur noch einen Konkurrenten, der allerdings gar nicht wirklich als Konkurrent angesehen wird. Cloud liefert alle Artikel des täglichen Bedarfs schnell und effizient per Drohne aus. Gleichzeitig ist der Händler aber auch der größte bzw. fast einzige Arbeitgeber in den USA. Zudem bietet er Wohnraum an und sorgt so dafür, dass die Mitarbeiter nah an der Arbeitsstätte leben. Der Alltag wird von der Firma bestimmt und Überwachung ist ein wichtiger Teil des Lebens bei Cloud. Auch wenn das immer wieder von den Verantwortlichen anders dargestellt wird.

Zinnia und Paxton sind beide neue Mitarbeiter und scheinen auf den ersten Blick einfach nur einen Job zu suchen. Doch eigentlich verfolgen beide unabhängig voneinander einen anderen Plan. Paxton wurde geschäftlich von Cloud in den Ruin getrieben und Zinnia hat einen geheimen Spionageauftrag bekommen. Beide nähern sich aus unterschiedlichen Beweggründen an.

Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonisten erzählt. Dabei wird aufgrund der Sprache und der Struktur deutlich, dass es sich um völlig unterschiedliche Charaktere handelt und daher ist der Blick auf Cloud auch ein völlig unterschiedlicher. Das und die spannende Handlung machen das Buch zu einem richtigen Lesespaß, der einen aber auch zum Nachdenken anregt. Sind wir nicht schon vielleicht auf dem Weg in solch eine Zukunft?

Mir hat die Grundidee gefallen, ich fand die Entwicklung der Charaktere super und die Handlung war an keiner Stelle langweilig. Hinzu kommt eine sehr angenehme Erzählweise, die nicht zu langatmig ist, aber trotzdem ausreichend mit Bildern arbeitet.

Ich kann die Lektüre daher nur empfehlen.

Bewertung vom 24.06.2019
Nordlicht - Die Tote am Strand / Boisen & Nyborg Bd.1
Hinrichs, Anette

Nordlicht - Die Tote am Strand / Boisen & Nyborg Bd.1


ausgezeichnet

Nach dem Lesen des Klappentextes dachte ich zunächst, dass die Geschichte doch sehr einfallslos wirkt und war sehr kritisch eingestellt. Doch schnell hat mich die Autorin vom Gegenteil überzeugt und ich wollte unbedingt wissen wie die Geschichte weitergeht.

Grundsätzlich handelt es ich um die Geschichte einer deutschen Kommissarin und eines dänischen Kommissars. Beide haben es in dem ersten Band mit einem grenzüberschreitenden Fall zu tun, bei dem sich es sich um einen Mord an einer jungen Frau handelt. Ihre Leiche wird von zwei Jungen an einem dänischen Strand gefunden, mehrere Beweise deuten aber einen deutschen Bezug an.

Vibeke und Rasmus arbeiten gemeinsam mit einigen Kolleg*innen aus beiden Ländern an dem Fall und entdecken alleine, aber auch gemeinsam neue Spuren. Gleichzeitig gewöhnen sie sich natürlich auch ein wenig aneinander und lernen den jeweils anderen besser kennen.

Der klare und gleichzeitig sehr bildliche Stil der Autorin sorgt dafür, dass man sehr schnell in der Geschichte drin ist. An das Duzen der Personen untereinander gewöhnt man sich recht flink und die Protagonisten sind trotz ihrer Schwächen so sympathisch, dass man sie gleich näher kennenlernen möchte :-)
Die Geschichte ist zudem sehr spannend und macht Freude beim Lesen. Das liegt sicherlich auch daran, dass das Buch keine extrem ausschweifenden Erklärungen, etliche Nebengeschichten oder völlig unerwartete Wendungen enthält. Alles ist einfach klar dargestellt und trotzdem hoch interessant, da man wirklich erst sehr spät auf die Lösung kommt.

Fazit
Ein klassischer Krimi, den man nur empfehlen kann. Ich freue mich auf weitere Bände!

Bewertung vom 29.04.2019
Blind / Milla Nova ermittelt Bd.1
Brand, Christine

Blind / Milla Nova ermittelt Bd.1


weniger gut

Nathaniel ist ein junger Mann, der in einem Berner Dunkelrestaurant arbeitet und in seiner kleinen Wohnung gemeinsam mit einer Hündin lebt. Da er seit dem elften Lebensjahr erblindet ist, ist er auf die Hündin sehr stark angewiesen. Obwohl er im Alltag sehr gut zurechtkommt, benötigt er in manchen Fällen Hilfe einer sehenden Person. Daher benutzt er hin und wieder die App „Be my Eyes“, die nach einem Zufallsprinzip die Anfrage einer blinden Person an einen sehenden Helfer weiterleitet.
So ist Nathaniel auch an Carole weitergeleitet worden. Die beiden kennen sich bereits von einem gemeinsamen Test der App, den sie unter Begleitung einer Journalistin durchgeführt haben.
Doch dieses Mal verläuft der Kontakt nicht so harmonisch. Carole schreit plötzlich auf und dann bricht die Verbindung ab. Ist ihr etwas passiert? Ist sie vielleicht gestürzt oder wurde sie Opfer eines Vebrechens?
Nathaniel muss unbedingt herausfinden, ob es Carole gut geht. Und dafür benötigt er die Hilfe der Journalistin Milla.

Ich bin schon auf den ersten Seiten sehr kritisch an das Buch herangegangen, da ich selbst einige Menschen mit Seheinschränkungen kenne. Schon die App-Idee fand ich nicht gelungen, da es diverse Apps gibt, die solch ein Angebot haben und dafür keine sehende Person am anderen Ende benötigen. Mal ganz abgesehen von einem Datenschutzproblem. Dann dachte ich mir aber, dass die Geschichte ja vielleicht ganz spannend werden könnte oder die Charaktere überraschend gelungen sein könnten.
Leider muss ich sagen, dass ich weder mit der Struktur des Buches noch mit den Personen warm geworden bin.
Die Handlung, Wendungen und Figuren wirken sehr konstruiert und man taucht nur sehr schwer in die Geschichte in. Die Menschen sind sehr blass und man entwickelt kaum Interesse an ihnen. Auch im späteren Verlauf wird es nicht besser.
Der Lesefluss ist zwar aufgrund der gut verständlichen Satzstruktur ganz gut, aber es fehlt die Freude am Lesen und die Spannung, die ein Kriminalroman unbedingt benötigt.

Für ich wird das (leider) der erste und der letzte Fall für Milla Nova gewesen sein.

Bewertung vom 17.03.2019
Der Fall des verschwundenen Lords / Enola Holmes Bd.1 (4 Audio-CDs)
Springer, Nancy

Der Fall des verschwundenen Lords / Enola Holmes Bd.1 (4 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Enola Holmes hat nicht nur einen bekannten Namen, sondern ist tatsächlich mit dem berühmten Detektiv verwandt. Sie ist das Nesthäkchen des Clans und gerade 14 Jahre alt geworden. Doch ausgerechnet ihr Geburtstag ist auch einer der schlimmsten Tage ihres Lebens. Denn nachdem ihr Vater vor zehn Jahre verstorben ist, verschwindet nun urplötzlich ihre Mutter.
Wie es zu einer Holmes passt, beginnt sie umgehend mit der Suche. Sie geht dabei nicht so analytisch vor wie ihr großer Bruder, sondern eher erst einmal praktisch. Doch nach und nach erkennt man, dass die etwas unkonventionelle Erziehung der jungen Dame von Vorteil war. Und als ihr dann auch noch der Fall des verschwundenen Lords in London vor die Füße fällt, merkt man, dass Enola in ihrem Element ist. Ihre Brüder tauchen hingegen nur kurz und eher beiläufig auf.
Trotzdem ist diese Geschichte aber nicht weniger spannend.

Das liegt auch daran, dass Nancy Springer nicht versucht die bekannten Geschichten über Sherlock Holmes zu imitieren, sondern einen ganz eigenen Kosmos entwirft, der nicht nur für junge Leser*innen spannend ist. Natürlich kann man sich als Leser*in, der/die in dem Alter der Protagonistin ist, vielleicht schneller in bestimmte Gedankengänge hineinversetzen. Aber da die Geschichte in der viktorianischen Zeit spielt und jeder auch irgendwann die Jugendphase durchlaufen hat, ist man auch nicht schnell in die Handlung eingetaucht. Die Sprache ist dabei recht frisch und angenehm. Sie wirkt nicht aufgesetzt oder krampfhaft einfach. Sie ist für interessierte Leser*innen einfach perfekt.

Luisa Wietzorek liest diesen sehr spannenden und gut verständlichen Text mit einer angenehmen Stimme vor, die hervorragend zu der Figur passt, die im Buch aus der Ich-Perspektive berichtet. Das Lesetempo ist sehr angenehm und man hat daher nicht das Gefühl, dass es schneller oder langsamer gehen könnte. Die Artikulation ist hervorragend und Luisa Wietzorek stellt auch die anderen Personen mit interessanten Personen dar. Einzig an ein paar Stellen sind die weiteren Personen etwas zu laut gegenüber der Protagonistin und man bekommt einen kleinen Schreck, wenn man Kopfhörer trägt. Natürlich sind das auch vielfach Situationen, in denen die Handelnden lauter sprechen, aber der Unterschied war doch teilweise etwas krass.

Fazit: Aus meiner Sicht handelt es sich um ein spannendes Buch, das in einer angenehmen Sprache geschrieben ist und sich somit in Textform gut Weglesen lässt. Das Hörbuch ist eine hervorragende Umsetzung, die ich nur empfehlen kann, weil Luisa Wietzorek eine äußerst angenehme Stimme hat und das Buch so vorliest, dass man sehr schnell und tief in die Geschichte eintauchen kann.
Ich freue mich schon auf weitere Teile!

Bewertung vom 25.01.2019
Für immer und einen Herzschlag
Murray, Tamsyn

Für immer und einen Herzschlag


ausgezeichnet

Bei Jugendbüchern, deren Schwerpunkt auch noch die erste große Liebe ist, bin ich meist etwas skeptisch, weil ich schon viele Werke erlebt habe, die einen eher verklärten Erwachsenenblick darstellen und weder sprachlich noch emotional ansatzweise auf einer Ebene mit der Zielgruppe sind. Da hier auch noch das Thema der Organspende hinzugefügt wird, hatte ich noch mehr Bedenken. Doch bereits nach wenigen Seiten hatte mich die Geschichte gepackt und es gab nur wenige Stellen, die ich mir etwas anders gewünscht hätte. Aber wer weiß, ob da nicht auch schon mein Krimi durch das Erwachsensein geprägt ist.

Jonny (15) hat einen Herzfehler, der nicht durch eine OP beseitigt werden kann. Fast sein ganzes Leben hat er in Krankenhäusern verbracht und jetzt kann ihm nur noch ein Spendenderz helfen. Zum Glück er hat er seine Freundin Em, die selbst an Leukämie leidet und daher weiß wie man sich mit einer schweren Krankheit in so jungen Jahren fühlt.

Nia lebt ein völlig anderes und vielleicht typisches Teenagerleben. Sie hat einen Bruder, der einfach perfekt ist. Leospielt Gitarre ist ein guter Sportler und sieht aus noch gut aus. Da ist es kein Wunder, dass seine Schwester eher im Hintergrund zu finden ist. Dann passiert etwas völlig unerwartetes und Leo stirbt. Da er bereits erwähnt hatte, dass er einmal seine Organe spenden möchte, folgen seine Eltern diesem Wunsch. Natürlich wird auch sein herz gespendet.

So beginnt die Geschichte von Jonny und Nia sich zu verweben. Jonny möchte etwas über den Spender herausfinden und stolpert so über Nia. Dass er sich verlieben würde und dies die ganze Geschichte nicht einfacher macht, konnte er nicht wissen.

Tamsyn Murray hat ein Werk erschaffen, dass sehr liebevoll mit den Themen umgeht, aber auch schonungslos die schwierigen Aspekte darstellt. Diese Kombination sorgt dafür, dass man an der Geschichte sehr interessiert ist und weiterlesen möchte, obwohl das Grundthema doch eher traurig ist. Dabei liest sich aufgrund einer angenehmen Satzlänge das Buch einfach und man kann auch in der Bahn mal ein Kapitel weglesen. Gleichzeitig fühlt man sich aber auch nicht unterfordert.
Aus meiner Sicht ist die Sprache dabei für jugendliche Leser sehr angemessen. Murray schafft es Worte zu wählen, die wie die jungen Leser noch zwischen Kindheit und Erwachsenenleben stecken.
Zudem gibt es immer wieder Wendungen in der Geschichte, die die Spannung ins unermessliche steigern. Diese Wendungen sind aber total nachvollziehbar und passen somit perfekt in die Geschichte.

Die Figuren werden wunderbar dargestellt und mit einer ausreichenden Tiefe beschrieben. Es werden positive und negative Charakterzüge gezeigt. Letztendlich wird auch der Alltag mit all seinen Höhen und Tiefen nachgezeichnet.

Fazit: Es handelt sich um ein Buch, dass man einfach lesen kann und trotz des traurigen Themas macht das Lesen auch Spaß. Man fiebert mit den Protagonisten mit und hofft sehr auf ein "Happy End". --> Absolute Leseempfehlung

Bewertung vom 29.09.2018
Deutsches Haus
Hess, Annette

Deutsches Haus


sehr gut

Zu Beginn der 60er Jahre befand sich Deutschland weiterhin in den Jahren des Wirtschaftswunders. Man wollte das Leben genießen, die Vergangenheit vergessen und nach vorne schauen. Ein Blick zurück wurde von vielen, die in der nationalsozialistischen Zeit gelebt haben verhindert bzw. vermieden und die junge Nachkriegsgeneration hatte andere Dinge im Kopf. Aus Amerika kamen neue Modetrends nach Deutschland und die Beatles eroberten die Herzen vieler junger Frauen.
So war es nicht verwunderlich, dass ein großer Teil der Bevölkerung kaum etwas über Auschwitz wusste oder nicht darüber reden wollte als 1963 der Frankfurter Auschwitz-Prozess begann.

Annette Hess hat sich bisher hauptsächlich als Drehbuchautorin mit historischen Themen beschäftigt. Kaum einer wird ihren Namen kennen, aber vielen Menschen sind wahrscheinlich die Serien Weißensee, Kudamm'56 und Ku'damm '59 ein Begriff. In dem Buch „Deutsches Haus“ setzt sie sich nun mit dem oben genannten Prozess auseinander. Im Zentrum der Geschichte steht die junge Dolmetscherin Eva, welche zunächst aus der Not heraus zu einer Zeugenaussage gerufen wird, die im Rahmen des Prozesses übersetzt werden muss. Allerdings ist sie so interessiert an den gehörten Ereignissen, dass sie auch weiterhin den Prozess als Dolmetscherin begleiten will. Sie setzt ihren Willen durch, obwohl ihre Familie und ihr Verlobter dagegen sind. Je weiter sie in die Geschichten der Zeugen vordringt, desto weiter dringt sie auch in die eigene Familiengeschichte vor und beginnt an Beziehungen und Haltungen zu zweifeln.

Man merkt dem Text hin und wieder an, dass die Autorin eher im filmischen Bereich tätig ist. Auf der einen Seite ist das vorteilhaft, weil ihre Sprache sehr klar ist und der Satzbau für eine sofortiges Verständnis sorgt. Schnell ist man in die Geschichte eingedrungen und hat die wichtigsten Persönlichkeiten kennen gelernt. Andererseits gibt es bestimmte Passagen, die dem Leser aus anderen Filmen bekannt vorkommen (u.a. "Im Labyrinth des Schweigens") und einige Aspekte, für die in einem Buch durchaus Platz ist, bleiben sehr oberflächlich. So wirken einige Figuren etwas flach und es fehlen Zusammenhänge. Die Zusammenhänge kann man sich natürlich erschließen, aber es wirkt teilweise wie eine Überblendung zu einer nächsten Szene, die aus Zeitgründen in einem Film entstehen würde.
Allerdings muss man sagen, dass diese lockere und leichte Art dafür sorgt, dass man schnell liest und von der Handlung gepackt ist. Man möchte trotz aller Oberflächlichkeit wissen, ob Eva die Zeugenaussagen verkraftet, ob sie glücklich wird oder inwiefern ihre Familie sich in der Vergangenheit schuldig gemacht hat.

Besonders für Leser, die bisher kaum eine Berührung mit dem Thema hatten, ermöglicht dieser Roman eine Art Einstieg in die Geschichte. Allerdings darf man keinen aufrüttelnden Text erwarten, der Bezüge zu aktuellen politischen Haltungen herstellt. Dafür ist er dann doch wieder zu sehr mit filmischen Stilmitteln durchsetzt.

Fazit: Obwohl es sich nicht um ein Werk mit besonderer Tiefe oder einer hochtrabenden Sprache handelt, kann ich den Roman nur empfehlen. Er beschäftigt sich auf eine ruhige und leichte Art mit einem Thema, das Teil unserer Geschichte ist und bis heute vielen unbekannt sein mag.