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wanderer.of.words

Bewertungen

Insgesamt 218 Bewertungen
Bewertung vom 18.05.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


sehr gut

Was lauert da im Wald?

Nachdem mir „Wolfskinder“ richtig gut gefallen hat, habe ich mich dieses Jahr sehr auf „Das Baumhaus“ gefreut.

Auch hier entwickelt die Geschichte wieder einen Sog, durch die wechselnden Perspektiven ist man mitten in der Story und bekommt viele Möglichkeiten selbst zu spekulieren was hinter den Geschehnissen steckt. Richtig gut hat mir gefallen, wie man immer wieder an der Aufrichtigkeit mancher Personen zweifelt, sie verdächtigt aber nie ganz sicher ist, ob man damit nun richtig liegt.

Vom Ende war ich dann aber leider etwas enttäuscht. Durch die Menge der Auflösungen wirken einzelne etwas zu gewollt, manche am Rande erwähnte Person hätte dann nicht auch noch in Persona auftauchen müssen. Die Auflösung, was hinter den Geschehnissen steckt, war logisch, aber da sich immer wieder andeutete, dass es noch einen großen Plottwist geben könnte, hatte ich mich auf eine größere Überraschung gefreut.

Fazit
Gut gezeichnete Charaktere, viele falsche Fährten, einziger Kritikpunkt ist das Ende, das mich persönlich nicht komplett überzeugen und begeistern konnte.

Bewertung vom 17.05.2024
Extinction. Wenn das Böse erwacht
Preston, Douglas

Extinction. Wenn das Böse erwacht


ausgezeichnet

Das Coverbild greift leider ziemlich daneben, denn Dinosaurier kommen in dem Buch gar nicht vor und die Geschichte ist auch keinesfalls ein Jurassic-Park-Klon. Wie es also ein Dino-Skelett auf das Cover geschafft hat bleibt mir ein Rätsel. Zum Glück ist das dann aber schon das Einzige das es zu bemängeln gibt, der Rest ist großartige und clevere Unterhaltung, wie man sie von Douglas Preston gewohnt ist.

Die Geschichte wird von Seite zu Seite spannender, Perspektivwechsel bringen viel Abwechslung und zeigen die Sicht der Ermittler, Opfer oder Forscher. Und natürlich fehlt auch der feine, teilweise etwas fiese Humor, des Autors nicht. Auch die Actionszenen sind typisch für Preston, bei genauerer Betrachtung natürlich auch hin und wieder etwas unlogisch, z.B. wenn mit Sturmgewehren nur wenig getroffen wird. Aber kann ich in diesem Genre akzeptieren, solange es sich in Grenzen hält, was es hier absolut tut.

Die Auflösung fand ich sehr gelungen und hatte überhaupt nicht damit gerechnet, lange Zeit hatte ich gar keine Idee was da nun vor sich geht! Noch faszinierender wird es in Verbindung mit dem sehr informativen Nachwort, in dem der Autor beschreibt, wie weit die Forschung tatsächlich schon ist.

Fazit
Kurzweilige und spannende Unterhaltung mit einem rasanten Ende. Meine Erwartungen an das Buch wurden voll erfüllt.

Bewertung vom 04.05.2024
Verraten / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.10
Adler-Olsen, Jussi

Verraten / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.10


gut

Das Finale ist guter, aber nicht herausragender Krimi, der die Reihe zu einem würdigen Abschluss bringt. Viele Figuren aus den Vorgängern tauchen wieder auf, mal ganz nebenbei erwähnt, mal spielen sie bei den Ermittlungen eine Rolle. Man merkt, dass der Autor möglichst viele Handlungsstränge zu Ende bringen will, in der Summe war es dann aber manchmal fast ein wenig zu viel des Guten.

Der Fall selbst ist ziemlich verwinkelt, mit vielen Handlangern, Beteiligten und natürlich einem großen Drahtzieher. Den Überblick über das Figurengeflecht und ihre Verwicklungen zu behalten war nicht immer einfach. Für mich hätte man ein paar der Figuren und Nebenhandlungen weglassen können, 200 Seiten weniger hätten dem Buch nicht geschadet.

Aber das ist ein Jammern auf hohem Niveau, auch weil man von den ersten Bänden der Reihe einfach sehr verwöhnt ist. Denn trotz aller Kritikpunkte ist es ein über große Teile spannender Krimi mit ein paar sehr nervenaufreibenden Szenen und einem gelungenen Plottwist. Man merkt wie viel Adler Olsen daran lag, den Kreis zu schließen und ein rundes Ende für seine Protagonisten zu schaffen.

Ich habe das Finale, das einen versöhnlichen Abschluss der tollen Reihe schafft, gerne gelesen. Der Autor hat bereits versprochen sich nach einer Auszeit neuen Büchern zu widmen – ich bin sehr gespannt, was da auf uns zukommt!

Bewertung vom 05.04.2024
Absturz
Newman, T. J.

Absturz


sehr gut

Wow, das ist mal ein Pageturner! Die Geschichte beginnt ohne lange Einführung direkt mit dem Szenario des explodierten Triebwerks und geht bis zum Ende rasant weiter. Mir hat das hohe Erzähltempo sehr gut gefallen, auch wenn es natürlich ein wenig auf Kosten der Charakterentwicklung geht, die weniger Raum in der Geschichte erhält. Trotzdem konnte mich die Story ans Buch fesseln und ich habe es nach gerade mal zwei Nachmittagen beendet. Zur Spannung trägt auch die wechselnde Erzählperspektive bei, mal erlebt man den Überlebenskampf im Innern der Maschine, dann wieder die Versuche des Rettungsteams.

Die Story ist clever durchdacht und das Setting kam mir durchaus realistisch vor. Natürlich gehört eine große Portion Zufall dazu, dass bei einem Absturz ins Meer ein Szenario entsteht, bei dem die Insassen überleben und eine Rettung versucht werden kann. Aber für mich war alles noch im glaubhaften Bereich. Alleine dass eine Nichtschwimmerin mal eben nebenbei die Grundlagen des Schwimmens lernt fand ich etwas seltsam. Bei den übrigen Protagonisten sind zwar ein paar Stereotypen vorhanden, darüber kann ich bei einem Thriller aber hinwegsehen, solange sich die verwendeten Klischees in Grenzen halten.

Fazit
Ein rasanter Pageturner, der viel Kopfkino hervorruft und sich wie ein Blockbuster liest. Mich hat das Buch mit einer kurzweiligen und spannenden Story in seinen Bann gezogen!

Bewertung vom 05.04.2024
Der Stich
Winter, Thilo

Der Stich


gut

Verliert sich in Nebensächlichkeiten, zu wenig Fokus auf die Moskitos

Grundsätzlich hat mich das Buch zwar gut unterhalten, insgesamt hätte ich mir von der Story aber mehr erwartet. Hauptsächlich lag das daran, dass ich mir einen größeren Fokus auf die Killer-Mücken gewünscht hätte. Die vielen zusätzlich aufgegriffenen Themen und Nebenstränge der Geschichte haben davon einfach zu sehr abgelenkt. Die illegale kubanische Einwanderin und ihr unglücklich verliebter Begleiter, der etwas verrückte Vietnam-Veteran, der Konkurrenzkampf auf der Polizeiwache – auf mich wirkten diese vielen Zusammenhänge an manchen Stellen zu sehr ablenkend und insgesamt auch etwas zusammengewürfelt. Die Charaktere blieben über weite Teile eher oberflächlich, auch hier hatte ich das Gefühl, dass aufgrund der Menge an vorkommenden Figuren keine so recht Platz für eine Entwicklung hatte.

Absolut überzeugen konnten mich dagegen die sehr gut recherchierten wissenschaftlichen Aspekte über die Mücken und die, leider viel zu wenigen, Szenen, in denen sie „Jagd“ auf die Menschen machten.

Fazit
Ein geniales und sehr beängstigendes Szenario und ein starker Beginn. Leider verirrt sich die Story dann in den vielen Wendungen und Nebensträngen und das Potential der Hauptstory wird nicht ausgeschöpft. Positiv möchte ich noch das umfangreiche Nachwort hervorheben, das bei mir viele Aha-Effekte erzeugen konnte.

Bewertung vom 01.04.2024
Höllenjazz in New Orleans / City-Blues-Quartett Bd.1 (eBook, ePUB)
Celestin, Ray

Höllenjazz in New Orleans / City-Blues-Quartett Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

New Orleans 1919: Der mysteriöse „Axeman-Mörder“ hält die Stadt in Atem, er verübt brutale Morde und hinterlässt am Tatort Tarotkarten. In einem Brief an die Zeitung kündigt der Killer weitere Morde an, nur wer an einem bestimmten Abend Jazz hört wird von ihm verschont.

Detective Michael Talbot verzweifelt langsam an dem Fall, niemand kennt den Killer, niemand hat ihn gesehen, die Meschen sprechen schon davon, dass er ein Geist ist. Auch Pinkerton-Sekretärin Ida ermittelt, sie möchte zur Ermittlerin aufsteigen, an ihrer Seite ist niemand Geringeres als der noch unbekannte Louis Armstrong. Und dann ist da noch der ehemalige Polizist Luca, gerade wegen Korruption aus dem Gefängnis entlassen, und nun schon wieder für die Mafia unterwegs.

Ihr merkt es schon an meiner Zusammenfassung: viele Namen, viele Handlungsstränge. Der Autor greift auch inhaltlich wahnsinnig viele Themen auf (die Axeman-Morde, Rassismus, die Mafia, Blues und Jazz, ….) und streift zusätzlich noch weitere Themengebiete. Ich tat mich manchmal echt schwer mich im Geflecht der Protagonisten, Zusammenhänge und Beziehungen zurechtzufinden. Darauf, dass da dann auch noch irgendwie Louis Armstrong in die Geschichte eingebaut wird hätte ich verzichten können, ich halte wenig davon, realen Personen irgendwelche Geschichten anzudichten.

Davon abgesehen ist die Geschichte aber spannend und atmosphärisch sehr dicht erzählt, vor allem das Feeling der lebhaften und musikverrückten Stadt wird super rübergebracht. Es ist ein faszinierendes Bild des frühen New Orleans, mit einer Mischung aus verschiedensten Kulturen, aber natürlich auch vielen Spannungen und Konflikten.

Fazit
Ein toll geschriebener Roman, der aber an manchen Stellen etwas überladen wirkt. Für meinen Geschmack hätte es gereicht, wenn der Autor sich auf die realen Axeman Morde konzentriert hätte, ohne das viele drumherum. Auch die nächsten Bände der „City Blues Reihe“ sind schon geschrieben: sie führen nach Chicago und New York.

Bewertung vom 01.04.2024
Der Schiffskoch
Deen, Mathijs

Der Schiffskoch


gut

Starker Beginn, mittelmäßiges Ende

Das Feuerschiff „Texel“ liegt weit vor der holländischen Küste vor Anker. Ähnlich wie ein Leuchtturm dient es anderen Schiffen zur Navigation und bewegt sich nie von seiner Position fort. Für die Crew bedeutet das oft einen langweiligen Alltag, meist fiebern sie dem Ende des mehrwöchigen Einsatzes entgegen. Eines Tages bringt Koch Lammert ein Ziegenböckchen mit an Bord, es soll die Hauptzutat seines nächsten großen Menüs werden. Doch das Tier ist bald der Liebling der Mannschaft.

Die Atmosphäre auf dem Schiff ist perfekt eingefangen. Die Männer leben auf engstem Raum, oft mit einem eintönigen und öden Alltag und sind dem Wetter komplett ausgeliefert. Das Feuerschiff kann seine Position nicht verlassen und bei zu hohem Wellengang vom Festland nicht erreicht werden. Gefährlich kann das bei dichtem Neben werden, da schiebt sich dann schon mal ein meterhohes Frachtschiff ganz nah am Feuerschiff vorbei.

Mich hat die kurze Geschichte mit kleinen Einschränkungen gut unterhalten. Nach einem sehr starken Beginn verläuft sich der Spannungsbogen im letzten Drittel etwas. Vieles wird nur angedeutet und die Hintergründe muss man sich zusammenreimen. Passend zur Handlung gibt es auch sehr viele nautische Fachbegriffe, mit den meisten konnte ich nichts anfangen und musste Google bemühen oder aus dem Kontext raten.

Das Ende ließ mich dann sehr ratlos zurück und war nicht nach meinem Geschmack. Wobei ich bei Kurzgeschichten oft mit dem Ende hadere.

Bewertung vom 01.04.2024
Um jeden Preis
Biermann, Christoph

Um jeden Preis


ausgezeichnet

Ernüchternd

Ins unermessliche steigende Gehälter und Ablösesummen, Vereine die von Scheichs und Oligarchen aufgekauft werden und Sender, die sich für ihre Abo-Modelle fürstlich entlohnen lassen. Christoph Biermann erzählt in seinem Buch, wie sich der Fußball über die Jahre hinweg immer mehr zum reinen Kommerz hin entwickelt hat, wie aus einer Sportart eine Industrie wurde.

Es ist eine interessante Zusammenfassung der Entwicklung seit den 1990er Jahren bis heute, die viel Hintergrundwissen liefert und an vielen Stellen sehr ernüchternd ist. Was macht den modernen Fußball aus? Was sind die Gründe für die Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten?

Biermann macht eine Bestandsaufnahme, hinterlegt seine Aussagen mit Zahlen und Fakten. Damit das Ganze nicht zu trocken wird, gibt es viele Anekdoten und skurrile Geschichten. So ist das Buch zwar eher nüchtern geschrieben, aber auch sehr kurzweilig und unterhaltsam zu lesen.

Fazit
Eine auf den Punkt gebrachte Beschreibung, wie aus einer Sportart eine Ware der Unterhaltungsindustrie wurde, die sich immer mehr von den Fans entfremdet.

Bewertung vom 24.03.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


sehr gut

Im Mittelpunkt des Romans steht Odile mit ihrem Dilemma, vom bevorstehenden Tod ihres Schulfreundes zu wissen. Von klein auf wurde ihr beigebracht, wie gefährlich eine Einmischung sein kann, doch natürlich zweifelt und grübelt sie nun. Es ist ein interessantes Gedankenexperiment, das Scott Alexander Howard da entwickelt hat, mit dem er auch den Leser zum Nachdenken anregt und zugleich viel Raum für Spekulationen lässt.

Die Sache mit den zeitversetzten Tälern ist sehr komplex, erfordert einiges an Denkarbeit und große Aufmerksamkeit beim Lesen, gerade wenn der Autor auf andere Zeitebenen wechselt. Um alle Zusammenhänge zu erkennen, müsste man das Buch wohl gleich nochmal lesen. Die erste Hälfte der Geschichte fand ich sehr stark. In der zweiten Hälfte wird Stimmung dann deutlich düsterer und die Handlung ist viel träger, das zog sich für mich etwas hin. Zum Glück nimmt die Geschichte zum fulminanten Ende hin dann wieder richtig Fahrt auf.

Howards Schreibstil ist sehr atmosphärisch, manchmal fast poetisch und immer wieder mit philosophischen Zügen. Zum Schluss bleiben viele Fragen offen, ein wenig ist es wie ein Aufwachen aus einem surrealen Traum.

Fazit
Eine sich langsam entfaltende Geschichte, die um ein interessantes, aber sehr forderndes Gedankenspiel herum aufgebaut ist. Trotz kleiner Durchhänger im zweiten Teil der Geschichte ein sehr beeindruckendes Debüt!

Bewertung vom 23.03.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Ein sehr gelungener Perspektivwechsel

„Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ kennt wohl jeder: ein abenteuerlustiger Junge reißt von zuhause aus, schippert mit einem Floß den Mississippi hinunter und meistert, begleitet vom entlaufenen Sklaven Jim, viele brenzlige Situationen. Percival Everett wechselt nun die Erzählperspektive und macht Jim vom Neben- zum Hauptcharakter.

Jim kann Lesen und Schreiben, doch vor den Weißen spielt er den dummen, es wäre zu gefährlich wenn sie wüssten wie gebildet er ist. Er spricht zwei Sprachen: das herkömmliche Englisch und die „Sklavensprache“, eine spezielle Ausprägung des Südstaatenenglisch, die im 19. Jahrhundert von den Schwarzen gesprochen wurde und immer zur Anwendung kommt, wenn ein Weißer in Hörweite ist. Das lässt sich natürlich nicht direkt ins Deutsche übertragen, ich finde aber der Übersetzer hat hier einen großartigen Job gemacht. Ich bin auch froh, dass sich der Verlag entschieden hat, bestimmte Wörter nicht durch Sternchen zu ersetzen und stattdessen den damaligen Sprachgebrauch ungeschönt wiederzugegeben.

Inhaltlich finden sich viele Szenen aus Huckleberry Finn wieder, man hat dabei aber nie das Gefühl eine Nacherzählung des Klassikers in der Hand zu halten, vielmehr ist es ein Puzzleteil, das das Bild komplettiert. Wo Mark Twain einen Abenteuerroman geschrieben hat, ist Percival Everetts Buch ein gesellschaftskritisches Werk, das Themen wie Sklaverei und Rassismus schonungslos und ungeschönt behandelt. Trotz des ernsten Themas bringt der Autor aber auch Humor und feine Situationskomik unter, etwa wenn Jim sich unfreiwillig einer Gruppe von Blackface-Sängern anschließt, also Weiße die stereotypierte Schwarze darstellen. Selbst hier darf er nicht er selbst sein, sondern muss sich als geschminkten Weißen ausgeben.

Fazit
Dass ich ein Buch in wenigen Tagen verschlinge kommt selten vor, doch Percival Everett hat es mit seiner mitreißenden Erzählweise geschafft, dass ich sein Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Er erzählt mit viel Feingefühl, an manchen Stellen ist es zwar keine leichte Kost, aber definitiv lesenswert!