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Sophie95

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 12.07.2023
Sylter Welle
Leßmann, Max Richard

Sylter Welle


gut

Max Richard Leßmann hat mit Sylter Welle seinen ersten Roman geschrieben. Er erzählt darin autobiografisch von seinen Erlebnissen bei seinen Großeltern, die gemeinsamen Urlaube auf Sylt, die Dynamik innerhalb der Familie, seine Großmutter als Matriarchin. Unterteilt ist das Buch in drei Kapitel, die jeweils drei Tage eines weiteren Urlaubes darstellen, die Max im Alter von jetzt fast 30 Jahren wiederholt. Nach und nach wird aufgedeckt, dass seine Großmutter nicht immer die harte Frau ist, die sie nach außen mimt, dass sie genauso verletztlich ist. Und auch, dass Großeltern eben vergänglich sind.
Ich mochte die Sprache und die Beschreibungen, die Max Richard Leßmenn in seinem Roman benutzt sehr. Die Alltagsbeobachtungen haben mich teilweise zum Schmunzeln gebracht und gleichzeitig berührt.
Dennoch habe ich mich im ersten Kapitel fast ein bisschen in den Rückblicken verloren. Auch wenn sie ein sehr genaues Bild von Max Großeltern gezeichnet haben, haben sie die Überhand gewonnen und ich habe ein wenig den Bezug zur Geschichte verloren. Gegen Ende hat mich Leßmann dann wieder ein bisschen eingefangen und gerade das letzt Kapitel war sehr schön und emotional.
Alles in allem ist Sylter Welle ein kurzweiliger, gefühliger, aber auch alltagsnaher Roman, der einen kurz nach Sylt entführt und zeigt, wie wichtig Großeltern in der Familie sind.

Bewertung vom 12.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


ausgezeichnet

Was bleibt, wenn man als Erwachsene Tochter das Haus der Eltern verlassen hat? Sein eigenes Leben lebt? Welche Bedeutung hat das Elternhaus? Und was passiert, wenn die eigenen Eltern langsam gebrechlich werden? All diese Fragen behandelt Ute Mank in ihrem Roman "Elternhaus". Da ist Sanne, die Älteste, die Pragmatische. Diejenige, die die Entscheidung trifft, die Eltern aus dem ehemaligen Elternhaus in eine Wohnung umziehen zu lassen. Damit sie weniger überfordert sind. Dann ist das Gitti, die Jüngste, die Lebhafte. Sie unterstützt Sanne, stellt keine Fragen an die große Schwester. Und da ist Petra, das mittlere Kind, die Unsichtbare, die Außenseiterin. Vor allem Petra hat fast keinen Kontakt zu ihrer Familie, lebt als einzige in der Stadt - und bekommt auch von dem Umzug nichts mit. Als sich das ändert, will Petra Antworten. Doch wie geht das, wenn man sich über die Jahre fremd geworden ist.
Ute Manks Figuren sind liebevoll gestaltet, man hat das Gefühl, man ist beim Lesen mitten in der Familie. Das Gefühl zwischen Vergangenheit und Zukunft zu schweben wird greifbar. Die Melancholie, die Sorge um die eigenen Eltern, die Überforderung.
Ute Manks Roman beleuchtet auf liebevolle Weise das Thema des Älterwerdens, der Verantwortung innerhalb der Familie und der Liebe untereinander, die irgendwie doch immer da ist.

Bewertung vom 25.06.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


gut

Zwanzig Jahre nach dem Krieg ist Robert Simon genervt von seinen vielen Gelegenheitsjob, die er am Karmelitermarkt in Wien verrichtet. Er erfüllt seinen Traum und eröffnet ein Café an genau diesem Platz. Schnell wird es zum Treffpunkt vieler Wienerinnen und Wiener, Geschichten entwickeln sich, werden aufgetischt oder zu Ende gebracht.
Robert Seethalers neuer Roman, ist wie gewohnt, ruhig und unaufdringlich. Für eine kurze Zeit nimmt man an Robert Simons Leben teil, aber auch an dem vieler anderer Menschen, die das Café besuchen. Die einzelnen Kapitel sind wie kleine Blicker hinter die Kulissen verschiedener Leben, die im Wien der Nachkriegzeit versuchen ihren Weg zu finden.
Auch wenn mir der ruhige Ton des Romans und auch Seethalers Schreibstil sehr gefallen haben, bin ich mit der Geschichte an sich nicht so richtig warm geworden und ich habe irgendwie keinen Zugang zu den Figuren gefunden. Vielleicht hat mir auch doch ein spannender Mittelpunkt abseits des Cafés gefehlt, der verhindert hätte, dass die Geschichte einfach vor sich hin plätschert.
Dennoch ist der Roman eine schöne Urlaubslektüre, die ruhig und kurzweilig mehrere kleine Geschichten in prägnanter Sprache erzählt.

Bewertung vom 23.06.2023
Going Zero
Mccarten, Anthony

Going Zero


sehr gut

30 Tage lang untertauchen, unerkannt bleiben - und dafür drei Millionen Euro bekommen. Das ist der Plan hinter dem Betatest des Fusionprojektes des US-Amerikanischen Geheimdienstes und dem CEO des Sozialen Mediums Worldshare, Cy Baxter. Der Test unter dem Namen Going Zero soll später dafür nützlich sein Kriminelle aufzuspüren und etwa potentielle Attentate zu verhindern. Doch das Sammeln aller Daten über eines Menschen birgt auch Gefahren.
Anthony McCarten zeichnet das Leben mehrerer Zeros, der Teilnehmenden, sowie das von Cy Baxter. Diogenes-typisch hat der Roman ein eher schlichtes Cover, das mit dem Abbild eines Fingerabdrucks aber dennoch zum Inhalt passt.
Mir hat es sehr gut gefallen, dass es einige unerwartete Wendungen während des Verlaufes der Geschichte gab und das auch immer wieder moralische Fragen zur Überwachung der Menschen aufgeworfen wurden. Der Roman liest sich wie ein Thriller, man ist sofort in der Geschichte und will unbedingt wissen, wie es weitergeht.
Going Zero ist ein aktueller, spannender und kurzweiliger Roman, der zeigen kann, welche beiden Seiten die Nutzung von im Internet gesammelten Daten haben kann.

Bewertung vom 17.06.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


sehr gut

Ein Familienurlaub in der Toskana. Zwei wohlhabende österreichische Familien und ein Flüchtlings Mädchen aus Somalia, die als Begleitung der pubertierenden Tochter mit in den Urlaub darf. Doch genau in der italienischen Ferienidylle kommt es dann zur Katastrophe.
Daniel Glattauers Roman beleuchtet die aktuelle Gesellschaft pointiert und schonungslos ehrlich. Besonders gut haben mit dir einzelnen Artikelausschnitte samt Kommentarspalten gefallen, die in Zwischenkapiteln eingebunden sind. Das Thema ist definitiv keine leichte Kost, regt aber definitiv - auch aufgrund der aktuellen Thematik der Flüchtlingspolitik - zum nachdenken an. Der Twist der Geschichte, der zum Ende des Romans klar wird, zeichnet sich leider schon sehr früh ab, so dass die Überraschung am Ende gar nicht mehr so groß ist, wie vielleicht vom Autor gewünscht. Dennoch ist „Die spürst du nicht“ ein aktueller und wichtiger Roman, der aufrüttelt und Denkanstöße gibt.

Bewertung vom 14.06.2023
Malibu Rising
Reid, Taylor Jenkins

Malibu Rising


sehr gut

August 1983. Eine Party in Malibu. Stars und Sternchen, die VIPs von Hollywood - für alle ist die Party bei Nina Riva, Tochter des berühmten Sängers Mick Riva, das Event des Jahres. Doch was als harmlose Party beginnt, endet in lodernden Flammen und einem Feuer, dass alles unter sich begräbt.
Nur einen einzigen Tag im Leben der vier Riva Geschwister beschreibt Taylor Jenkins Reids Roman „Malibu Rising“. Im Mittelpunkt steht die Party in Ninas Haus am Strand. In Rückblicken wird Einblicke in das Leben von Nina, Hud, Jay und Kit gewährt. Reid schreibt von Geheimnissen in Familien, toxischen Beziehungen, Liebe, Alkoholismus und Schicksalsschläge. All diese Dinge werden während der Party ans Licht gebracht.

Während des Lesens fühlt sich das Buch oft überfordernd an, vor allem während der Partyszenen. Viele Charaktere, viele Szenenwechsel. Aber genau das spiegelt wohl auch die Essenz einer so großen Party. „Malibu Rising“ hat mich in seinen Bann gesogen und ich bin für ein paar Stunden im Malibu der 80er Jahre eingetaucht und auch in das Leben der Rivas. Vor allem das Thema Familie und was wir von ihr übernehmen an Eigenschaften und Pflichten, das sich wie ein roter Faden durchs Buch zieht, hat mich überzeugt.

Bewertung vom 14.06.2023
22 Bahnen
Wahl, Caroline

22 Bahnen


ausgezeichnet

Tilda studiert Mathe, arbeitet nebenbei in einem Supermarkt, liebt Struktur in ihrem Leben und das Schwimmen im Freibad. Zu Hause wartet ihre kleine Schwester Ida auf sie - und eine alkoholkranke Mutter. Durch die Krankheit ihrer Mutter hat sie die Mutter-Rolle für Ida übernommen, kocht und sorgt für sie. Und auch wenn sie Ida über alles liebt, fühlt sie sich gefesselt von ihrer Verantwortung, gefesselt an den Ort an dem sie aufgewachsen ist. Irgendwann taucht Viktor in ihrem Leben auf, erinnert sie an ihrer Vergangenheit und bringt ihr durchstrukturiertes Leben durcheinander.
Caroline Wahls Roman „22 Bahnen“ ist eher durch Zufall bei mir gelandet. Was soll ich sagen: das Buch hat mich so begeistert, dass ich es auch als physische Ausgabe für meinem Bücherschrank haben wollte.
“22 Bahnen” erzählt von Sommer, Familie, Liebe, Freundschaft und Freibad, aber auch von Verlust, Sucht, Depression, Zukunftsangst und Sorgen. Ich mochte Caroline Wahls nüchternen Schreibstil, die ungewöhnliche Art Dialoge wiederzugeben und diese Kombination aus hatten und weichen Themen. Unbeschwerte Sommerliebe existiert neben Sucht und Traurigkeit. Caroline Wahl bringt auf den Punkt, wie viel Liebe einem Familie geben kann, aber wie genau diese Verbindung, auf der anderen Seite, auch das eigene Leben bestimmt. Wie Verantwortung einschränkt.
Das Lob, das der Roman gerade auf Instagram bekommt, ist auf jeden Fall berechtigt. Definitiv eines meiner Jahreshighlights!

Bewertung vom 08.06.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


sehr gut

Ein Einblick in eine andere Welt
Als Wir Vögel Waren erzählt eigentlich zwei parallel stattfindende Geschichten in Trinidad. Auf der einen Seite ist da Emmanuel, ein junger Rastafari. Sein ganzes Leben lang haben seine Mutter und er aufgrund seiner Herkunft und Religion nicht dazugehört. Sein Vater hat die Familie verlassen, als er noch ein Kind war, hat sich auf den Weg in die Stadt Port Angeles gemacht. Als Emmanuel sich dazu entscheidet seiner altersschwachen Mutter zu helfen, lässt er auch sein altes Leben hinter sich, um in der Stadt neu anzufangen - als Darwin. Er beginnt einen Job als Friedhofsgärtner auf dem großen Friedhof in der Stadt und macht sich auf die Suche nach seinem Vater. Auf der anderen Seite lernen wir Yejide kennen, eine junge Frau, deren Mutter im Sterben liegt. Yejide übernimmt mit ihren Tod ein lebenslanges Vermächtnis, das an jede Frau in der Familie übergeben wird - sie kann mit den Toten kommunizieren. Irgendwann treffen die beiden aufeinander, und eine dritte gemeinsame Geschichte entwickelt sich.
Ich fand Ayanna Lloyd Banwos Roman sehr schön geschrieben, vor allem die Natur spielt eine zentrale Rolle. Ich habe durch das Lesen wahnsinnig viel gelernt und neue Eindrücke bekommen. Einmal von dem Land Trinidad und auch von der Kultur der Rastafari. Der ganze Hintergrund der Charaktere fand ich sehr spannend, auch die kulturelle Geschichte hinter Yejides Familie. Dennoch muss ich sagen, dass mir die gesamte Geschichte ein bisschen zu flach geblieben ist. Das Aufeinandertreffen von Emmanuel und Yejide kam sehr spät und entwickelte sich dann fast schon ein bisschen zu schnell.
Dennoch fand ich den Roman insgesamt spannend und emotional - ein Einblick in eine Welt, die ich so noch nicht kannte!

Bewertung vom 24.05.2023
Mutterliebe
Selvig, Kim

Mutterliebe


gut

Eine Mutter, die ihren Sohn im Wald umbringt und es auch bei ihrer Tochter versucht. Was war ihr Motiv? Das Setting dieses Justizkrimis klang spannend. Gerichtsreporterin Kiki Holland hat den Auftrag über den Fall zu berichten und gerät dabei viel zu tief in die Vergangenheit und Geschichte der angeklagten Mutter hinein. So viel zum Inhalt des Romans.
Ich bin mit „Mutterliebe“ irgendwie nicht ganz warm geworden. Ich fand das Setting im Gerichtssaal und auch die Geschichte an sich spannend. Leider muss ich sagen, dass sich schon recht früh erahnen ließ, wie die Story sich weiterentwickelt. Im Verlauf gab es viele „Zufälle“, die Kiki im Fall schnell voranbrachten, die Geschichte aber irgendwann unglaubwürdig wirken ließen. Selbst die Liebesgeschichte wirkte meiner Meinung nach ein bisschen überzogen, zumal die bis zum Ende nicht wirklich eine Relevanz für die eigentlichen Handlung hatte. Dann das Finale… ich weiß nicht, ob es den Handlungsverlauf am Ende noch gebraucht hätte, so hat es für mich irgendwie noch inszenierter gewirkt. Dennoch muss ich sagen, dass sich die Geschichte, wenn man sich drauf einlässt, einfach zu lesen ist und sicher dem ein oder anderen Krimifan gefallen wird.

Bewertung vom 02.10.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


sehr gut

Gesellschaftliche Einflüsse
In "Lügen über meine Mutter" berichtet Daniela Dröscher über das Aufwachsen und ihre Kindheit in den 80ern und über ihre Familie. Vor allem über ihre Mutter, deren Übergewicht vor allem den Vater und damit auch Daniela selbst belastet. Immer wieder fordert Danielas Vater von seiner Frau neue Diäten, vergleicht sie mit anderen Frauen im Dorf und wertet sie ab. Der Roman enthält zwei Arten von Kapiteln. In den Rückblicken wird aus der Sicht einer kindlichen Daniela der Familienalltag und all seine Probleme geschildert. Nach jedem dieser Rückblicke folgt eine Reflektion der nun erwachsenen Autorin. Vor allem diese Reflektionen sind das, was das Buch ausmacht und enthalten starke Aussagen und gesellschaftliche Analysen.
Ich fand es faszinierend zu sehen, wie man selbst während des Lesens in die Realität des kleinen Mädchens abrutscht, dass beginnt die Ansichten des Vaters über die eigene Frau zu übernehmen. Vor allem ließ mich der Roman oft ungläubig und fassungslos zurück. "Lügen über meine Mutter" ist ein wichtiges und aufklärendes Buch über die Gesellschaft der 1980er, wie Fremdwahrnehmung uns selbst beeinflusst und welche Auswirkung sie auf das Innere einer Familiendynamik haben kann.