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Benutzername: 
takabayashi
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Berlin
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Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 11.02.2025
Das 13. Opfer / Kohle, Stahl und Mord Bd.1
Conrath, Martin

Das 13. Opfer / Kohle, Stahl und Mord Bd.1


sehr gut

Mord untertage

Eine wirklich neue und außergewöhnliche Kulisse für einen Krimi und eine Lektüre, bei der ich viel Neues erfahren habe über die Welt der Bergarbeiter, eine mir völlig unbekannte Welt. Gleich zu Beginn schildert der Autor eindrücklich eine Fahrt hinunter ins Bergwerk und wie sich die Protagonisten dabei fühlen. Ein relativer Neuling und ein „alter Hase“ fahren in die Tiefe, um die Elektrik zu prüfen, denn ein Teil des alten Bergwerks soll demnächst als Museum eröffnet werden. Unten angekommen, gibt es ein kleines Beben im Berg, die Geröllmassen geraten in Bewegung und plötzlich finden die beiden menschliche Überreste. Der Ältere, Werner, war damals dabei, als vor 34 Jahren 12 Bergleute verschüttet wurden. Jetzt werden Knochen und Schädel von 13 Personen gefunden. Wer ist das dreizehnte Opfer? Schnell kristallisiert sich heraus, dass damals auch ein Mann verschwunden ist, der viele der Kumpel um ihr hart verdientes Geld betrogen hat, indem er ihnen Anlagen mit angeblich hoher Rendite angedreht hat. Ist er das dreizehnte Opfer? Aber wie ist er in den Stollen gekommen?

Es ermitteln hauptsächlich die Hauptkommissarin Elin Akay und die forensische Psychiaterin Jana Fäller, beides Töchter aus Bergarbeiterfamilien.

Der Autor arbeitet mit ständigem Perspektivwechsel, d.h. unterschiedliche Personen berichten aus ihrem persönlichen Blickwinkel über die Geschehnisse. Ein sehr gelungenes Stilmittel, genau wie der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit: dadurch wirkt die Geschichte sehr abwechslungsreich. In den Rückblicken aus der Sicht verschiedener Beteiligter entsteht ein sehr anschaulicher Einblick in die damalige Katastrophe.

Da den Lesern die Informationen nur häppchenweise verabreicht werden und es auch einige „Red Herrings“ gibt, bleibt der Krimi sehr spannend und die Auflösung am Ende hat mich jedenfalls völlig überrascht, ist jedoch durchaus schlüssig.

Eine sehr vielschichtige Handlung mit vielen beteiligten Personen und durch den ständigen Perspektivwechsel sehr abwechslungsreich zu lesen. Auch die Rückblicke auf die Vorgeschichte sind sehr spannend. Ein sehr gut aufgebauter, gut lesbarer und informativer Krimi mit einer ganz besonderen Atmosphäre und vielen Einblicken ins Bergmannsmilieu.

Bewertung vom 11.02.2025
Wackelkontakt
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Verschachtelungen

Etwas vergleichbares habe ich noch nie gelesen, eine ganz neue Leseerfahrung, die vor allem großes Vergnügen bereitet!
Es gibt zwei Hauptfiguren: Der eine ist Franz Escher, ein alleinstehender Mann in mittleren Jahren, von Beruf Trauerredner, mit einem Faible für Puzzles und Literatur jeglicher Art über die Mafia. Der andere ist Elio Russo, ein ehemaliger Mafioso und Kronzeuge gegen einen kalabrischen Ndrangheta-Clan, der nun unter anderem Namen im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms nach Deutschland umziehen wird.
Escher hat in der Küche eine Steckdose mit Wackelkontakt und wartet auf einen Elektriker. Während er wartet, beginnt er zunächst ein neues Puzzle, kann sich aber nicht recht konzentrieren, und liest dann weiter in seinem Buch über den Kronzeugen Elio Russo, alias Marko Steiner …
Elio Russo liest auch ein Buch im Gefängnis, auf Deutsch um Deutsch zu lernen. In diesem Buch geht es um einen Mann namens Escher, der einen Wackelkontakt hat und auf den Elektriker wartet.
Und so lesen die beiden immer abwechselnd das Buch über den jeweils anderen und die Geschichte bekommt allmählich Struktur.
Dass die Hauptfigur Escher heißt, ist natürlich Programm und bezieht sich auf M.C. Escher, von dessen Bild der sich gegenseitig zeichnenden Hände Escher zum 19. Geburtstag ein Puzzle bekommen hat, womit seine Puzzle-Manie in Gang gesetzt wurde. Denn genau wie bei Eschers Bildern, in denen völlig unmögliche Konstellationen dargestellt und miteinander verschränkt werden, so verschränken sich auch die zwei Handlungsstränge, die eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben. Abgesehen von diesem genialen Kunstgriff ist auch der Schreibstil ausgesprochen gut lesbar und der Humor kommt bei Wolf Haas naturgemäss auch nicht zu kurz.
Die Gestaltung des Schutzumschlags ist noch lobend zu erwähnen und passt hervorragend zu der Geschichte! Alles in allem ein raffiniert konstruierter Roman, kurzweilig und doch anspruchsvoll. Ich kann mir vorstellen, dass die Grundidee dieses Buches, der leicht surreale Charakter, nicht jedermanns Sache ist, aber mich hat gerade das fasziniert und begeistert und ich kann die Lektüre uneingeschränkt empfehlen. Für mich schon jetzt ein Höhepunkt des Jahres!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.12.2024
Die blaue Stunde
Hawkins, Paula

Die blaue Stunde


gut

Atmosphärisches Drama aus dem Kunstmilieu

Ein klassischer Krimi ist das nicht, aber ein spannendes Drama aus dem Kunstmilieu, eine Charakterstudie von Menschen aus dem Umfeld der berühmten, vor einiger Zeit an Krebs verstorbenen, Malerin und Bildhauerin Vanessa Chapman. Als in einer ihrer Installationen ein menschlicher Knochen entdeckt wird, werden alte Gerüchte wieder laut, nämlich: Wo ist Vanessas Exmann, der irgendwann spurlos verschwunden ist?
Der Kurator James Becker fährt nach Eris Island, dem langjährgen, letzten Domizil von Vanessa. Dort trifft er auf die Ärztin Grace, Vanessas Freundin und Lebensgefährtin, die viel über Vanessa weiß und sich immer noch an Vanessas Erbe klammert, obwohl diese es der Galerie überschrieben hat, für die James arbeitet. James ist der Chapman-Experte schlechthin, ein sozialer Aufsteiger, der mit Helena verheiratet ist, der adligen Exfreundin des Galeristen Sebastian.
Der Roman bewegt sich also innerhalb eines komplexen Beziehungsgeflechts, in dem immer wieder dunkle Geheimnisse zum Vorschein kommen. James begibt sich auf eine spannende Spurensuche, bei der ihm Briefe und Tagebücher aus Vanessas Nachlass helfen, die Grace ihm ausgehändigt hat.
Gegen Ende ahnt man schon die Auflösung, der inzwischen auch James gefährlich nahegekommen ist.
Die Einblicke in die Welt der Kunst sind sehr Interessant und die Geschichte ist sehr stimmungsvoll und gegen Ende auch ziemlich spannend geschrieben. Ich will nichts weiter verraten, aber das Ende hat mir persönlich gar nicht gepasst. Kein wirklicher Krimi, aber doch eine spannende, dramatische Geschichte!

Bewertung vom 06.12.2024
Tee auf Windsor Castle
Parker, Claire

Tee auf Windsor Castle


gut

Ganz nett für zwischendurch beim Nachmittagstee

In diesem Romänchen (eher eine Novelle) begleiten wir die junge Schottin Kate auf einer Besichtigungstour duch Schloss Windsor, zu der sie sich von einer Freundin hat überreden lassen. Sie hält nicht viel vom Luxusleben der Royals, kommt selbst aus eher prekären Verhältnissen. Als sie sich auf der Suche nach einer Toilette in den Dienstbotenflügel verirrt, stößt sie in einer Teeküche auf eine freundliche alte Dame namens Betty, die ihr einen Tee anbietet. Kate hält Betty für eine pensionierte Palastangestellte, die ihren Lebensabend im Schloss verbringen darf. Wir als Leser sind schon vorgewarnt durch das Times-Zitat auf dem Einband: "Wir haben es immer gewusst: Sie war nie wirklich weg!", aber Kate erweist sich als relativ begriffsstutzig, selbst als die alte Dame sich verplappert und ein Zimmer als "Onkel Davids Liebesnest" bezeichnet.
Das ist eine nette Idee, aus der man mehr hätte machen können. Der Schreibstil liest sich gut, die Geschichte ist vergnüglich mit amüsanten Dialogen. Allerdings sind die Lebensweisheiten der Queen häufig eher auf dem Niveau von Kalender- oder Glückskekssprüchen. Manches, wie Bettys Bemerkungen über König Charles, ist ganz witzig, aber Kates Figur erwacht nicht wirklich zum Leben und insgesamt ist die Geschichte etwas seicht. Gutes Format für unterwegs zum Mitnehmen in der Handtasche, kann man lesen, muss man aber nicht.

Bewertung vom 22.11.2024
Lückenbüßer / Kommissar Kluftinger Bd.13
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Lückenbüßer / Kommissar Kluftinger Bd.13


sehr gut

Weniger Krimi als Betrachtung der gesellschaftlichen Gemengelage nach Corona

Den 12. Klufti hatte ich gar nicht mehr gelesen, weil mir die Reihe allmählich fad wurde. Nachdem ich viel Gutes über den dreizehnten Band gehört hatte, konnte ich einem erneuten Leseversuch nicht widerstehen. Und wurde nicht enttäuscht, denn das las sich alles wieder ganz nett.
Kluftingers Privatleben nimmt wieder viel Raum ein, bzw. seine Bewerbung für die Gemeinderatswahl seines Heimatstädtchens. Ursprüglich hat er sich nur als Listenfüller (Lückenbüßer) nominieren lassen, entwickelt dann aber doch einen gewissen Ehrgeiz, zumal sein Intimfeind Dr. Langhammer auch kandidiert.
Der Kriminalfall ist nicht so wahnsinnig spannend: Bei einer von Kluftinger als Interims-Polizeipräsidenten geleiteten Antiterrorübung wird die Leiche eines Kollegen aufgefunden, der aber gar nicht für die Teilnahme an der Übung eingeteilt war. Zwecks Aufklärung dieses Mordes wird der Hintergrund dieses Polizisten erforscht, und es stellt sich heraus, dass er sich im Umfeld von Querdenkern, Wutbürgern, Impfgegnern etc. bewegte, also im Dunstkreis rechtsradikalen Denkens. Kluftinger und seine Mannen tauchen etwas tiefer in dieses Milieu ein, was in der üblichen humorigen Weise der Autoren geschildert wird. Aber die Krimihandlung scheint mir eher als Aufhänger für Betrachtungen über die gesellschaftlichen Veränderungen im Gefolge der Coronapandemie zu dienen. Im Mittelpunkt stehen aber Kluftis Wahlkampf, seine Querelen mit Dr. Langhammer, und eine gewisse Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Männern. Langhammer übertreibt bei seinem Wahlkampf dermaßen, dass er sich bei seinen potenziellen Wählern eher unbeliebt macht, was zu Hass-Kommentaren und Drohungen in den sozialen Netzwerken und sogar zu an die Wand geschmierten Parolen an Langhammers Hauswänden führt. Das wird dann sogar dem zunächst schadenfrohen Kluftinger zu viel.
Wie immer wandelt Klufti mit seinen teilweise unterirdischen Denk- und Verhaltensweisen auf einem schmalen Grad zwischen Komik und Mitleid auf der einen und Antipathie auf der anderen Seite, aber zum Glück gelingt es den Autoren immer noch, ihn nicht ganz zur Karrikatur des tumben Spießbürgers werden zu lassen, sondern ihn irgendwie durch ein paar freundliche Gedanken doch noch ganz sympathisch rüberzubringen.
Also, für jemanden, der nur einen Krimi lesen will, nicht so ganz befriedigend, als Teil der Reihe aber sehr gelungen und unterhaltsam. Für alle Fans der Reihe und für Leute, denen humorvolle Krimis gefallen!

Bewertung vom 21.11.2024
Wir finden Mörder Bd.1
Osman, Richard

Wir finden Mörder Bd.1


ausgezeichnet

Bodyguard in Not

Richard Osman hat eine neue Serie gestartet: WIR FINDEN MÖRDER“ ist auf den ersten Blick etwas ganz anderes als der Donnerstagsmordclub, auf den zweiten Blick jedoch eindeutig als Roman von Richard Osman zu erkennen!

Diesmal geht es etwas tempo- und actionreicher zur Sache, der Krimi spielt in der Welt der Superreichen und Bodyguards. Am Anfang musste ich mich noch etwas einlesen, aber den größten Teil des Buches habe ich dann in einem Rutsch verschlungen und habe mich dabei großartig amüsiert. Die vielen neuen Figuren sind zuerst etwas verwirrend, aber das legt sich bald.

Es wird viel auf der Welt umhergereist, meistens in Privat-Jets, jedoch sind die Personen alle ganz typische Osman-Charaktere, die einfühlsam geschildert werden.

Es geht um Steve Wheeler, einen Polizisten im Ruhestand, der hin und wieder kleine Aufträge als Privatdetektiv ausführt, seiner kürzlich verstorbenen Frau Debbie nachtrauert und seine täglichen Routinen liebt. Der Höhepunkt jeder Woche ist das Pub-Quiz mit seinen Freunden. Seine Schwiegertochter Amy arbeitet bei einer Sicherheitsfirma als Bodyguard. Steves Sohn und Amys Ehemann ist als Geschäftsmann immer in weiter Ferne unterwegs und tritt größtenteils nur per Telefon in Erscheinung. Amy und Steve haben ohne große Worte eine innige Vater-Tochter-Beziehung.

Amy weilt zur Zeit auf einer entlegenen Insel, auf der sie die renommierte, steinreiche Krimiautorin Rosie d’Antonio vor einem Mordanschlag schützen soll. Doch dann werden plötzlich mehrere Influencer getötet, die zur Kundschaft der Sicherheitsfirma gehören, für die Amy arbeitet und dann wird ein Anschlag auf Amy selbst verübt. Sie und Rosie verlassen fluchtartig die Insel in Rosies Privat-Jet und Amy ruft Steve zu Hilfe. Dieser verläßt sein beschauliches Städtchen nur widerwillig, kommt dann aber zu Hilfe und läuft binnen kurzem zu Top-Form auf. Zunächst kann er sich selbst nicht eingestehen, dass ihm all die Aufregung großen Spaß macht.

Es muss eine Art Maulwurf in der Sicherheitsfirma geben, jeder verdächtigt jeden! Die Aufklärung des Ganzen ist sehr spannend, aber vor allem auch sehr komisch, wenn allerlei seltsame Gestalten aufeinandertreffen. Wie immer geht es bei Richard Osman neben dem Kriminalfall um zwischenmenschliche Beziehungen und um viel Humor – die Dialoge sind einfach köstlich! Auch wenn es hier mehr „Action“ gibt, bleibt es doch immer ein Cosy-Krimi. So sehr ich den Donnerstagsmordclub liebe, hat er hier eine gleichwertige Konkurrenz bekommen. Also was immer Richard Osman als nächstes zu schreiben beliebt, ich freue mich auf alles was da kommt!

Bewertung vom 21.11.2024
Tage mit Milena
Burseg, Katrin

Tage mit Milena


gut

Protest im Wandel der Zeiten

Annika lebt mit ihrem Mann in Lübeck und führt dort eine edle Papeterie. Sie lebt ein großbürgerliches Leben und fühlt sich glücklich und zufrieden. Ihre Vergangenheit als Hausbesetzerin in der Hamburger Hafenstraße hat sie weitgehend verdrängt. Und auch die belastenden Erinnerungen an ihre Freunde von damals, Milena und Matti.
Und dann kommt plötzlich die 17jährige Luzie in ihren Laden - klaut dreist eine von Annikas selbst entworfenen und gezeichneten Postkarten und kauft eine Tube Sekundenkleber. Annika wird etwas später klar, dass Luzie eine Klimakleberin ist, und sie eilt ihr nach um sie vor möglichen Dummheiten zu bewahren, kommt aber zu spät, Luzies Aktion ist schon in vollem Gange und durch Annikas Wunsch, die junge Frau zu beschützen, wird sie auch darin verwickelt und beide verbringen eine Nacht in Polizeigewahrsam.
Von nun an sind die beiden miteinander verbunden. Luzie erinnert Annika an ihre verstorbene Freundin Milena und sie entwickelt Muttergefühle für sie und lässt sich von Luzie nicht abwimmeln. Sie fahren zusammen nach Hamburg zu einer großen Demo und ihre Erinnerungen stürmen massiv auf Annika ein. Der Roman spielt auf 2 Zeitebenen: in den Achtziger Jahren in der Hamburger Hausbesetzerszene und in der Jetztzeit. Über Luzie erfahren wir nicht allzu viel, sie lebt auf der Straße und hat eine extrem defätistische Einstellung. Sie spielt aber auch nicht die Hauptrolle in dieser Geschichte, sie wird von der Autorin als Katalysator eingesetzt: sie bringt Annika dazu, sich mit ihren Altlasten auseinanderzusetzen. Annikas Verhalten verlangt etwas "suspension of disbelief" vom Leser, aber wenn man das hinkriegt, ist es eine durchaus spannender und unterhaltsamer zeitgeschichtlicher Roman vor dem Hintergrund der Protestkultur verschiedener Generationen. Hätte allerdings durchaus noch etwas mehr Tiefgang und Charakterisierung der handelnden Personen vertragen.

Bewertung vom 21.11.2024
Im Warten sind wir wundervoll
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


sehr gut

Deutsch-amerikanische Beziehung: Eine Liebesgeschichte

Ich bin keine Freundin der Kategorie "Frauen- und Liebesromane" aber dies hier ist vor allem auch ein historischer Roman über die Liebe zwischen einer Deutschen und einem amerikanischen Armeeangehörigen im Deutschland der Nachkriegszeit und über all die bürokratischen Hürden, die ihnen in den Weg gelegt wurden. Laut Nachwort der Autorin kam sie durch einen Zeitungsartikel über eine deutsche Kriegsbraut, die für kurze Zeit zum Star der amerikanischen Boulevard-Presse geworden war, auf die Idee für ihren Roman.
Erzählt wird Luise Adlers Geschichte von Luises Enkelin Elfie, die in der Rahmenhandlung in der Jetztzeit ebenfalls in die USA fliegt, um ihren (deutschen) Freund dort zu besuchen und sich auf dem Weg dorthin in einen englischen Reisejournalisten verliebt.
Als Luise endlich am Flughafen in New York eintrifft, wartet sie vergeblich darauf, dass ihr Verlobter Jo Hunter sie abholt. Was ist los? Einige Amerikaner, die sie am Flughafen trifft, helfen ihr, ein ehemaliger Journalist schreibt einen Zeitungsartikel über sie und ihr Schicksal: denn wenn Hunter nicht innerhalb einer bestimmten Frist auftaucht und sie heiratet, dann muss sie wieder nach Deutschland zurück, weil der "War Bride Act" nur eine bestimmte Zeit lang in Kraft ist. Es regnet Leserbriefe, Hilfsangebote und vor allem Heiratsanträge, ganz Amerika nimmt Anteil an ihrem Schicksal.
Eine schöne Geschichte, bei der man mit der Protagonistin mitfiebert und die ein Gefühl von der Stimmung in der Nachkriegszeit vermittelt! Das ist flott geschrieben und liest sich spannend und vergnüglich - und ist deutlich mehr als nur ein Liebesroman.

Bewertung vom 04.11.2024
Mord im Himmelreich / Mord auf Achse Bd.1
Winkelmann, Andreas

Mord im Himmelreich / Mord auf Achse Bd.1


sehr gut

Netter Cosy für zwischendurch

Da ich kein Fan von harten Thrillern bin, hatte ich noch nie etwas von Andreas Winkelmann gelesen. Doch da dieser Autor nun einen Ausflug in die Welt des Cosy Krimis gemacht hat, wollte ich mir das mal anschauen: und ich muss sagen, es ist ihm im Ambiente eines Camping-Platzes ganz gut gelungen!
Seine Hauptfiguren sind der ehemalige Schauspieler Björn Kupernikus, der über Nebenrollen nie hinausgekommen ist, aber immer davon geträumt hat, mal einen Tatort-Kommissar zu spielen, und die ehemalige Lehrerin und lebenslustige Künstlerin Annabelle Schäfer. Ort der Handlung: Der Camping-Platz Himmelreich am Schwielowsee in der Nähe von Caputh. Als Kupernikus dort mit seinem betagten Wohnmobil ankommt, wird er von der am Ufer malenden Annabelle sogleich aufgefordert, einen kleinen Hund zu retten, der auf einem SUP im See treibt. Als das Board an Land gezogen werden soll, stellt sich heraus, dass darunter eine Leiche festgebunden ist. Die herbeigeeilte Polizei macht keinen sehr vertrauenerweckenden und kompetenten Eindruck, so dass unsere beiden Protagonisten beschließen, die Aufklärung des Falls selbst in die Hand zu nehmen. Und Kupernikus nimmt erst einmal die herrenlose Hundedame unter seine Fittiche.
Die auftretenden Personen (außer Björn und Isabel gibt es auf dem Camping-Platz und in der näheren Umgebung noch einige Originale und seltsame Typen) sind alle eigenbrötlerisch oder skurril genug, um interessant zu sein. Na ja, Annabelle ist vielleicht ein wenig zu fröhlich - so dauerhaft gut gelaunt kann ja eigentlich niemand sein...
Der Schreibstil ist gut lesbar und humorvoll, die Protagonisten sind sympathisch, die Krimihandlung spannend. Ich bin kein Camper, aber das Flair des Mikrokosmos Camping-Platz scheint mir gut getroffen zu sein. Etwas gestört hat mich manchmal der geschriebene Berliner Dialekt, der nicht immer ganz authentisch wirkte, Nichtberliner kriegen das einfach nicht so ganz hin! Im Großen und Ganzen ging es aber, nur sagen Berliner z.B. niemals "dat", sondern "det" oder "dit"( oder "ditte").
Alles in allem eine nette Urlaubslektüre an originellem Handlungsort.

Bewertung vom 09.10.2024
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


ausgezeichnet

Wohngemeinschaft wird zur Familie

Ein wunderbares Buch! Mit großer Leichtigkeit und viel Empathie geschrieben, es gibt viel zu schmunzeln, doch dahinter treten auch ernstere Themen zutage und ich wurde auch zu Tränen gerührt.
Constanze, Zahnärztin um die Vierzig, hat sich nach vielen Jahren von ihrem Freund getrennt. In Hamburg eine eigene Wohnung zu finden, dauert zu lange, daher landet sie "erstmal" in einer WG. Jörg, 68, Wohnungsbesitzer und ehemaliger Journalist, hat diese WG nach dem Tod seiner Ehefrau gegründet. Dort leben auch Anke, eine meist arbeitslose Schauspielerin und Murat, der eine eigene Firma hat, beide um die 50. Murat ist irgendwie die Seele vom Ganzen, er liebt es, seine Mitbewohner zu bekochen. Die Gruppe wird regelrecht zu einer Familie und auch Constanze sucht irgendwann nicht mehr nach einer eigenen Wohnung.
Die Autorin läßt die Protagonisten in jeweils eigenen Kapiteln zu Worte kommen, in denen wir den Gedankengängen jedes Einzelnen folgen können. Dazwischen gibt es auch Kapitel in Dialogform, wenn 2 oder mehr der Mitbewohner zusammentreffen. So lernen wir die Figuren recht gut kennen und sind daher auch sehr betroffen, als sich in ihrem Beziehungsgeflecht etwas zu ändern beginnt. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.
Ein sehr warmherziges Buch, das aber nicht in den Kitsch abdriftet, einen zum Lachen und zum Weinen bringt und perfekt einen Teil der heutigen Lebenssituation abbildet. Mich hat dieser Roman abgeholt und ich bin seinen Protagonisten sehr gern gefolgt. Die Geschichte hat mich zutiefst berührt und hat mich - auch wenn es traurige Passagen gab - mit einem durch und durch positiven Gefühl zurückgelassen. Ich hatte noch nie etwas von Isabel Bogdan gelesen, werde dies aber schleunigst nachholen und kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen!