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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JosefineS
Wohnort: 
Schwarzenberg
Über mich: 
https://bibliomanie-hoch2.blog/

Bewertungen

Insgesamt 138 Bewertungen
Bewertung vom 24.05.2023
Die Insel der Unschuldigen (eBook, ePUB)
Kidd, Jess

Die Insel der Unschuldigen (eBook, ePUB)


sehr gut

Nicht die Toten solltest du fürchten, vielmehr die Lebenden
Mayken ist 1628 an Bord der Batavia. Sie ist auf dem langen und beschwerlichen Weg nach Java, zu ihrem Vater, an den sie sich kaum erinnern kann. Von Anfang an fasziniert sie das Treiben auf dem Schiff. Mit ihrer herzlich neugierigen Art und forschem Mut erobert sie zuerst die dunklen Stellen des Schiffes und immer mehr die Passagiere. Doch nicht jeder ist das was er zu sein vorgibt und das wahre Gesicht einiger zeigt sich als das Schiff kentert und nach Panik und Chaos schlussendlich die Gewalt ausbricht.

Gil ist 1989 auf dem Weg nach Beacon Island, um nach dem Tod seiner Mutter bei seinem Großvater zu leben. Ein einsilbiger alter Mann, der verhasst bei den restlichen Fischern ist, legt keine sonderlich gute Fürsorge an den Tag. Gil der schon immer ein Einzelgänger war, drückt sich lieber auf der Insel oder bei den Wissenschaftlern rum. Doch dieses abgeschieden Fleckchen Erde hat einen merkwürdigen Einfluss auf die Menschen und plötzlich rückt das Recht des Stärkeren an erste Stelle und die Ereignisse geraten außer Kontrolle.

Zwei Kinder, zwei Leben, ein Strudel aus Ereignissen und am Ende steht die Unschuld dem alles verschlingenden Kampf um Macht gegenüber.

Jess Kidd lässt immer auch die etwas ernsteren Themen in ihre Werke einfließen, doch die Insel der Unschuldigen weicht weit von ihrem sonstigen Stil, mit von charmant nervigen Geistern geplagten Protagonisten, ab. In diesem Buch herrscht viel kindliche Verzweiflung über die grausame Welt der Erwachsenen. Unter all dem Schmerz finden sich auch rührende, herzerwärmende Momente, doch für Humor ist weder auf der Batavia, noch auf Beacon Island Platz. Wir wechseln zwischen zwei Handlungen, auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Tatsächlich zieht sich die ein oder andere Parallele durch beide und in dunklen Stunden scheinen sich für einen Wimpernschlag hier Welten zu berühren. Wir verfolgen wie sich das Machtgefälle verschieben kann, wenn Menschen auf engem Raum unter unwirtlichen Bedingungen Leben. Wie Recht und Ordnung, ethische Grundsätze und menschliches Mitgefühl zu kippen drohen und Chaos ausbricht, sobald das vermeintliche Recht der Stärkeren regiert. Eine schaurige Vorstellung der man beim unvermeidlichen Untergang tatenlos beiwohnen muss. Jess Kidd beleuchtet eingehend sowohl Maykens Monate auf dem Schiff, als auch Gils seelischen Zustand. Was am Anfang zum einen Interessant bzw. auch langwierig erscheint, ist gegen Ende wichtig um emotional mit den Protagonisten verankert zu sein. Mit Mangel an Wissen über Gils Hintergrund würde uns als Leser der gleiche Fehler wie seinen Mitmenschen passieren. Wir würden urteilen, verurteilen und noch schlimmer Vorverurteilen. Nur wenn wir das große Ganze kennen, ist es uns eventuell möglich frei von voreiligen Schlüssen zu verstehen. Ohne Mayken ein Gesicht zu gebe, wäre es die reine Erzählung eines Schicksals gewesen, die wir lesen und allenfalls grob im Hinterkopf behalten. Jess Kidd lässt uns jedoch (basierend auf den Aufzeichnungen der Überlebenden dieser wahren Begebenheit) die Geschichte dieses Mädchens und all ihren durchlebten Gefühlen zu spüren. In dieser Form, die direkt das Herz des Lesers berührt, bleibt die Erzählung über dieses Unglück sicher noch lange im Kopf lebendig.

Fazit: ein deutlich Ernster als gewohntes Werk, was zunächst lang Nähe zu den Protagonisten aufbaut, zum Schluss dafür aber umso mehr schmerzt.

Bewertung vom 17.05.2023
Das Spiegelhaus
Johnstone, Carole

Das Spiegelhaus


sehr gut

Im Spiegelland sind wir sicher
Cats Zwillingsschwester ist verschwunden, so kehrt sie nach 20 Jahren in das Haus ihrer Kindheit zurück. Das Haus in dem sie zusammen jede Nacht die wildesten Abenteuer im Spiegelland erlebten. Doch nun ist El verschwunden, die Polizei und ihr Ehemann glauben, sie sei tot, doch Cat hätte es gespürt. Nicht nur das ausbleibende Gefühl auch die Emails, die Cat auf einer Schnitzeljagd durch das Haus und ihre Erinnerungen hetzten, lassen sie Els tot in Frage stellen. Ihre Verzweiflung wächst, denn sie soll sich erinnern, dabei hat sie gar nichts vergessen. Sie erinnert sich ganz genau oder doch nicht?

Ein Buch voller Irrungen und Wirrungen, ganz wie in einem Spiegelkabinett. Nichts, was man meint zu sehen oder zu glauben, ist so wie es scheint. Mansches ist verzerrt, manches erkennt man erst bei genauerem Hinsehen und wieder anderes ist genau spiegelverkehrt. Mit Cat, die gern verdrängt haben wir eine unzuverlässige Erzählerin. Doch auch El, die die Erinnerung gern biegt und verdreht ist nicht immer zu trauen. Um der Wahrheit auf den Grund zu gehen muss man als Leser einmal komplett durch das Spiegelland schreiten und sich dessen Akteure genau ansehen. So verwirrend wie sich diese Fantasiewelt auch darstellt und nur Stückweise aufdröselt, so mitreißend könnte deren Auflösung sein. Viele kleine Puzzleteile, die man zum Teil nicht mal als solche wahrnimmt, fügen sich ab einem bestimmten Zeitpunkt zu einem ganzen Bild zusammen. Raum für Spekulationen gibt es hier zur Genüge, doch ob Carole Johnstone die Lesenden hier durch einen Trugspiegel schauen lässt oder ob sie schlussendlich die blanke Wahrheit entdecken, bleibt bis zum Ende fragwürdig. Eine gut konstruierte Story, bei der man die Augen offenhalten sollte. Leider gab es auch hier die ein oder andere unnötige Szene und Cats Flashback Momente hätten deutlicher dargestellt werden sollen. Da es teilweise viel Verwirrung in den Text brachte, wenn sie in einem Satz im hier agiert und im nächsten Satz die Vergangenheit sieht. Eine Gegenwart, die in ihrer Gestalt von der Vergangenheit stark beeinflusst wird, deswegen wird es Zeit sich zu erinnern.

Fazit: Ein ziemliches Verwirrspiel, in dem die Schatten der Vergangenheit erst nach und nach ihren Platz finden und ihre wahre Gestalt annehmen.

Bewertung vom 03.05.2023
Früher war mehr Verbrechen
Kolvenbach, Katharina;Batram, Nina

Früher war mehr Verbrechen


sehr gut

Das Buch zum Podcast
Bei -Früher war mehr Verbrechen- gibt es seit 2020 alles über historische Kriminalfälle zu hören. Im gleichnamigen Buch veröffentlichen Nina Batram und Katharina Kolvenbach die spektakulärsten Fälle ihres Podcastes. Ob mysteriöse Morde, blutige Komplotte, aus dem Ruder gelaufene Umsiedlungen oder hinterhältige Familienmitglieder, die Autorinnen beleuchten die Geschichten der Opfer, wägen Verdachtsmomente ab oder ordnen einige Aussagen und Begebenheiten zum besseren Verständnis, in die jeweilige zeitliche Bedeutung ein. Ein spannender Exkurs für alle, die Geschichte einmal von der mörderischen Seite kennenlernen wollen.

Im Buch finden viele unterschiedliche, historische Kriminalfälle ihre Erwähnung. Diese sind zum Teil gelöst, viele sind jedoch auch immer noch Cold Cases und können aufgrund des Alters oder der Zeit zugrundeliegenden, schlechten Ermittlungsverfahren nicht mehr eindeutig gelöst werden. Die Autorinnen geben nach den Fakten zum jeweiligen Fall auch die möglichen Tathergänge bzw. Verdächtigen an. Stets auf die Sachlichkeit bedacht verlieren sie sich nicht in wilden Spekulationen. Auch eine historische Einordnung dieser Zeit, Glaube und Gepflogenheiten findet man zu jedem Bericht, um das Verhalten aller Beteiligten oder einzelne Reaktion und Abläufe besser verstehen zu können. Trotz, dass mir alle Fälle geläufig waren, war es interessant die vollständigen Fakten zu eben jenen noch einmal zu lesen. Ich glaube, wer sich etwas eingehender mit historischen Kriminalfällen beschäftigt, wird nicht allzu viele Überraschungen erleben. Wer hingegen zwar einige Taten/ Täter: innen kennt aber sonst nicht tiefer in die Materie vorgedrungen ist, wird von den Fakten und gut recherchierten Hintergründen positiv überrascht sein. Mich persönlich haben zwei Dinge gestört. Die Donnerparty ist eine etwas zu große Katastrophe um ihr in einem (wenn auch längeren) Kapitel gerecht zu werden. Natürlich soll hier ein Anreiz zur Vertiefung und dem Interesse gegeben werden, doch die Umsetzung zu diesem Fall war einfach zu oberflächlich gehalten. Das Augenmerk lag auf einem reißerischen Detail dieser Geschichte ohne jedoch die Tragweite, die zu dieser Entscheidung führte genug auszuleuchten. Bei Jack the Ripper wurde versucht so viel wie möglich an Informationen zu vermitteln ohne die Kapitel gravierend in die Länge zu ziehen. Da auf die Nennung der Straßen/Kreuzungen wert gelegt wurde, hätte mir eine grobe Karte der damaligen Begebenheiten sehr geholfen. Ohne ungefähre Verortung all dieser Plätze, auch im Hinblick auf die patrouillierenden Polizisten, ist die Aufzählung der Straßen eine eher unnötige Erwähnung, da die wenigsten sich in den viktorianischen Bezirken auskennen. Die Autorinnen haben zwar eine zeitliche Einordnung zwischen Fixpunkten und Tatorten geschaffen, als optische Unterstützung wäre eine Karte trotzdem toll gewesen.

Fazit: Für „alte“ Hasen wahrscheinlich eher eine nette Faktensammlung. Für alle, die sich noch nicht näher damit befasst haben, eine tolle Übersicht zu einigen sehr spektakulären, historischen Mordfällen.

Bewertung vom 24.04.2023
Gallant (MP3-Download)
Schwab, V. E.

Gallant (MP3-Download)


sehr gut

Sein Zuhause sucht man sich selbst aus
Olivia lebt schon so lang sie sich zurück erinnern kann in diesem Waisenhaus. Stumm saß sie vor Jahren als Kleinkind mit nichts als einem Kleidchen und dem Tagebuch ihrer Mutter vor dem Tor der Einrichtung. Das ist auch alles was ihr in diesem tristen Alltag geblieben ist, sprechen kann Olivia nicht, so sucht sie Trost in den Zeilen ihrer Mutter, deren Stimme sie schon längst vergessen hat. Als eines Tages ein Brief ihres Onkels eintrifft, ihre Familie suche sie überall, sie solle Heim kommen, kann sie ihr Glück nicht fassen. Kaum angekommen ergeben sich mehr Fragen als Antworten und erneut fühlt sie sich nicht gewollt, doch auch hier sind diese merkwürdigen Schatten Gestalten, als verfolgten sie sie. Angst vor ihnen hat Olivia nicht, schließlich begleiten diese sie schon ihr ganzes Leben lang. Doch hier, im Heim ihrer Familie schwebt ein viel dunkleres Geheimnis umher.

Olivia ist eine durchaus außergewöhnliche Protagonistin, da sie nicht sprechen kann und so mit anderen durch Gebärdensprache oder ihren Zeichenblock kommuniziert. Das Leben im Heim war kein einfaches und es wird noch turbulenter als sie in das Haus ihrer Familie kommt. Eine toll konstruierte Geschichte, begleitet von Geister ähnlichen Gestalten, deren Mysterien in eine dunkle Welt führen. Trotz der Erscheinungen und dunklen Atmosphäre ist es weniger eine Gruselgeschichte als mehr ein düsteres Fantasy Familiendrama. Ich mochte den fiktiven Anteil wirklich sehr, obwohl zum Anfang gerade das Tagebuch der Mutter mehr verwirrt, als aufklärt, fügt sich am Ende wirklich alles schlüssig zusammen. Das Buch besteht aus Olivias Erlebnissen, Auszügen aus dem Tagebuch der Mutter und Träumen. Ein schöner, auflockernder Switch, der im Hörbuch unter anderem durch das Geräusch eines Stiftes, der auf Papier schreibt untermalt wird. Die Sprecherin Jana Kozewa lieferte hier eine sehr angenehme Stimme und viel Gefühl die Dramatik der Situation passend umzusetzen. Argon bietet hier aber nicht nur eine reine „Erzählung“ des Buches. Immer wieder überrascht das Hörbuch mit kleinen speziellen Hintergrundelementen, wie zum Beispiel Wind, was das Gefühl noch verstärkt mitten im Buch zu sein. So sehr, dass man sich eventuell mit Kopfhörern auf der Straße vor Schreck umdreht obwohl da nichts ist. Eine wirklich dramatisch schöne Geschichte, mit atmosphärischen Momenten, die in den Bann ziehend umgesetzt wurde.

Fazit: Schönes Fantasy Familiendrama mit dunkler Seite und dem ein oder anderen Spukelement, welches wieder sehr hörenswert umgesetzt wurde.

Bewertung vom 18.04.2023
Geisterzauber / Die Hexen von Woodville Bd.3
Stay, Mark

Geisterzauber / Die Hexen von Woodville Bd.3


gut

Abschluss mit Höhenflügen
Um Großbritannien zu schützen bittet der Hohe Rat, die Hexen von Woodville um deren Hilfe. Zusammen mit anderen sollen sie an den Klippen von Dover ein möglicherweise Kriegsentscheidendes Ritual durchführen. Doch viele Köche verderben den Brei und nicht jedem schmeckt die Vorgehensweise. Ein Haufen exzentrischer Hexen und mitten drin sitzt Faye Bright, die mit mehreren Problemen kämpft. Ein Poltergeist in der Scheune, ein Spion in den eigenen Reihen und dann gilt es noch die Heimat zu retten. Faye hat dieses Mal alle Hände voll zu tun.

Geisterzauber ist die letzte Geschichte der Woodville Hexen Trilogie. Leider konnte mich dieser Teil nicht so sehr wie seine Vorgänger mitreißen. Die Geschichte zog sich in die Länge und büßte viel von ihrer bezaubernden Art ein. Wir befinden uns im Sommer 1940, somit mitten im 2. Weltkrieg, wie in den ersten Bänden spielt dieser auch eine Rolle, dennoch viel einnehmender als bisher. Zudem war Faye auch ein eher zwiespältiger Charakter. Zum einen wird sie mit zunehmender Macht/ Verantwortung dargestellt auf der anderen Seite wird sie wie eine 6-Jährige behandelt. Ihr fehlte es deutlich an Tiefe, ob das eine Weiterentwicklung der Figur darstellen sollte oder dem Autor die Protagonistin beim Schreiben etwas entglitten ist, kann ich nicht beurteilen. Das gesamte Buch steuert, mit einigen Exkursen auf das wichtigste Ritual überhaupt hin, welches dann in 3 Seiten sein Ende findet. Leider sorgte das drum herum nicht für eine Runde Geschichte, sondern für stetige Unterbrechungen und Unruhe. Einige Details waren zu früh bekannt um dauerhaft interessant zu sein, das abrupte Ende fand auch keinen richtigen Abschluss für die Trilogie. Es wirkte etwas, wie die Option auf ein weiteres Buch, fraglich ob man das möchte und Faye als Charakter stark genug dafür wäre. Als dritter Teil war klar, dass die Reihe auch zu Ende gelesen wird. Im Nachhinein vielleicht nicht die beste Entscheidung, da es doch einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen hat, dass ich weder mit der Story, noch den bereits bekannten Charakteren warm wurde und wirklich viel von dem anfänglich bezaubernden Flair fehlte.

Fazit: ein Abschluss dem es, in Hinblick auf seine Vorgänger, an vielem mangelte und dieses Mal leider nicht bezaubern konnte.

Bewertung vom 29.03.2023
Wolfskinder (MP3-Download)
Buck, Vera

Wolfskinder (MP3-Download)


ausgezeichnet

Der Hölle näher als dem Himmel
Hoch in den Bergen befindet sich die Siedlung einer alten Täufergemeinde. Hier gibt es weder Strom, noch fließend Wasser, hier gelten die erbarmungslosen Regeln der Natur und die Kinder lernen früh, dass sie lieber still sind und schweigen. Unten am Berg, in der Stadt lebt das Böse in all diesen ungläubigen Menschen, doch das hält Rebecca nicht davon abvon einem Leben dort zu Träumen und von heut auf morgen zu verschwinden. So wie viele andere Frauen in dieser Gegend. Auch Smillas Freundin Juli verschwand vor 10 Jahren spurlos in diesen Wäldern. Das unwegsame Gelände und unachtsame Wanderer, sagen alle, da kann so was schon mal passieren. Doch als Smilla ein verwahrlostes Mädchen vor das Auto läuft, muss auch der Rest der Menschen endlich die Augen öffnen. In Jakobsleiter geht es nicht mit rechten Dingen zu.

Vera Buck hat mit einer streng gläubigen, zurück gezogen auf einem Berg, umgeben von einem dunklen Wald lebenden Gemeinde schon mal einen guten Grundstock für Atmosphäre geschaffen. Die Kinder müssen die im Dorf gelegene Schule besuchen und so sind Rebecca und Jesse jeden Tag dem Spot und den Schlägen der anderen ausgesetzt. Smilla hingegen sucht auch 10 Jahre nach dem verschwinden ihrer besten Freundin immer noch nach ihr. Ich mochte, dass mehr Augenmerk auf das Leben der Gemeinde, der Kinder, die jeden Tag zwischen zwei Welten pendeln und der Verzweiflung der Hinterbliebenen gelegt wurde als es nur aus reiner Sicht des Opfers darzustellen. So wurde die Handlung vielschichtig und gewann mit den Charakteren an Tiefe. Dank der verschiedenen Handlungsstränge baute sich kontinuierlich Spannung auf. Die Umsetzung ins Hörbuch ist einfach grandios gelungen. Argon setzt hier gleich auf ein ganzes Ensemble von Sprecher:innen ein. Somit hatte jeder wichtige Charakter seine eigene Stimme, so dass es nie Unklarheiten gab, wer gerade agiert. Die Umsetzung der einzelnen Sprecher:innen ist sehr gut gelungen, ich hatte bei einigen Szenen wirklich Gänsehaut weil die bedrohliche Atmosphäre, Kindlichkeit oder Angst wirklich stark rüber gebracht wurden.Durch die gewohnt hohe Klang Auflösung war es wieder ein absolutes Hörvergnügen, was einen einige Stunden aus der Wirklichkeit reißt. Mich haben die Wendungen wirklich unvorbereitet getroffen und trotz einiger sehr verdächtiger Personen war die Auflösung bis kurz vor Schluss für mich nicht zu ahnen. Der Beweggrund war für mich zwar etwas enttäuschend, da ich das Motiv nicht wirklich überzeugend fand und es mir zu viel Spielraum gab aber ich muss auch nicht immer alles verstehen. Insgesamt war es für mich ein tolles Buch, das in ein großartiges Hörbuch umgesetzt wurde.

Fazit: sehr atmosphärische Story mit Abgründen, Wendungen und Spannung, welches gleich von einem ganzen Ensemble an Sprecher:innen großartig vertont wurde.

Bewertung vom 27.03.2023
Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel / Die Mordclub-Serie Bd.3
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel / Die Mordclub-Serie Bd.3


ausgezeichnet

Hüte dich vor der Kugel die deinen Namen trägt…!

Nach all dem Trubel der letzten Zeit, widmet sich der Donnertagsmordclub im Puzzlezimmer von Coopers Chase seiner Passion – Cold Cases. Alle beschäftigt der Fall um Bethany Waites, der vor 10 Jahren ermordeten Journalistin, die scheinbar ein paar Steuerbetrügern zu nah gekommen ist und deren Auto zerschellt am Fuß einer Klippe gefunden wurde. Bis heute leider ein kalter Fall, doch kaum legen die vier rüstigen Rentner los wird ganz schnell eine ziemlich heiße Sache daraus. Eine knifflige Geschichte, doch das allein stellt noch kein Problem dar, wäre da nur nicht ständig dieser Unbekannte, der Elisabeth vor die Wahl stellt zu töten oder selbst getötet zu werden. Doch mit Elisabeth und ihren Freunden sollte man sich nicht leichtfertig anlegen.

Auch im 3. Abenteuer der vier angegrauten Freunde lässt es sich Richard Osman nicht nehmen Spannung und Humor zusammen mit dem wohl gewieftesten Rentner Quartett Englands in ein Buch zu packen. Mit ihnen wird es auch dieses Mal nicht langweilig, denn wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, dann wird das auch durchgezogen. Wir begegnen wieder vielen Freunden, Bekannten und dem ein oder anderen berüchtigtem Bösewicht. Wie auch in den Vorgänger Bänden überzeugt Osman wieder durch seine völlig unterschätzte, dreiste Rentnerbande, listige Hinterhalte, verbalen Schlagabtausch und humorvolle Wortgefechte aber auch eine berührende Sicht auf das Leben, Entscheidungen und den Lebensabend fehlten nicht. Trotz all dem kommt der Fall um Bethany Waites nicht zu kurz denn der ist deutlich vertrackter als die vier zunächst annehmen. Nebenbei gilt es dann auch noch diese Sache mit der Morddrohung aus der Welt zu schaffen, doch die vier wären nicht der Donnerstagsmordclub wenn sich nicht auch dafür eine Lösung finden würden. Neben den rührenden Momenten durfte ich auch oft in den Genuss kommen die Textpassagen wieder zu geben, wegen derer ich ab und an in schallendes Gelächter ausgebrochen bin. Einfach unglaublich, wenn man sich das Alter der Charaktere mal vor Augen hält und mit welcher kecken Art sie den Leuten Informationen entlocken. Die Bande ist einfach verboten gerissen.

Fazit: wieder ein herrliches Abenteuer, dass mich oft zum Schmunzeln und noch öfter zum Lachen brachte. Ein kurzweiliges Lesevergnügen mit der perfekten Mischung aus Humor, Kriminalermittlungen und liebenswürdigen Charakteren.

Bewertung vom 22.02.2023
Jetzt ist Sense (MP3-Download)
Rath, Hans

Jetzt ist Sense (MP3-Download)


sehr gut

Wenn der Tod an deine Tür klopft
Als es an der Tür der Psychologin Olivia Bentele klopft, steht ein attraktiver Mann mit schwarzem Umhang vor ihr. Dieser hat sich jedoch in der Tür geirrt und erkundigt sich nach Frau Keller. Sie denkt sich zunächst nichts bei dieser merkwürdigen Begegnung, doch als ihre nette alte Nachbarin plötzlich tot ist kommen Liv doch Zweifel an dem Mann. Sie konfrontiert ihn mit ihrem Verdacht und er gibt zu, er wäre in Wahrheit Thanatos, der Gott des Todes. Ihre Begegnung wäre weniger ein Zufall gewesen, ihn deprimiere das unwürdige Sterben dieser Tage. Als Liv diesem (offensichtlich verwirrten) Mann ihre professionelle Hilfe anbietet ahnt sie nicht, dass sie bald alle Seiten des Todes kennen lernen wird.

Hans Rath stellt in seiner Geschichte einen wirklich ungewöhnlichen Akteur dar. Der Tod höchst persönlich darf sich in sehr vielseitigen Facetten zeigen. Dabei schafft er es eines der ernsthaftesten Themen unseres Daseins ein Gesicht zu geben, ohne dass die Geschichte ins Schwermütige abkippt. Denn Thanatos hat trotz seines todernsten Berufes auch andere Seiten. Verständnis, Humor und Wut machen ihn den Menschen sehr ähnlich, doch was ihn plagt sind ein ums andere Jahrhundert die gleichen Beschwerden. Die Menschen wären noch nicht bereit, hatten noch so viel zu erledigen oder ärgerten sich über ihr ungenutztes Leben, dabei wissen sie doch alle um ihre Sterblichkeit. Ich mochte den sehr würdevollen Mix aus ernstem Thema und auflockerndem Humor. Hans Rath hat das in meinen Augen gut hinbekommen, ohne despektierlich der Angelegenheit gegenüber zu werden. Trotz der schönen Story und der stellenweisen Vergnügtheit verliert sich die Kernaussage des Buches nie. Das Leben und den Augenblick zu schätzen und zu genießen, wird einem wieder ins Gedächtnis gerufen. Die lebhafte Umsetzung in ein Hörbuch ist gut gelungen. Sandra Borgmann hat eine angenehme Stimme, ein gutes Sprachtempo und konnte die Charaktere gut unterscheidbar verkörpern.

Fazit: trotz des ernsten Themas, eine kurzweilige, liebenswerte Geschichte mit wichtigem Statement.

Bewertung vom 13.02.2023
STONE BLIND - Der Blick der Medusa
Haynes, Natalie

STONE BLIND - Der Blick der Medusa


gut

Das Ungeheuer, das er geschaffen hat
Medusa lebt schon immer bei ihren Gorgonen Schwestern, doch sie ist nicht wie die beiden. Eine Sterbliche unter Unsterblichen. Ihre Schönheit bleibt nicht lange vor Poseidon verborgen. Sein Begehren treibt ihn zu einer schändlichen Tat. Athene erzürnt über die Entweihung ihres Tempels bestraft Medusa. Ihr Antlitz wandelt sich, ihr Haupt zieren nun statt Haare Schlangen und sie ist auf ewig dazu verdammt, jeden den sie erblickt in Stein zu verwandeln. Verflucht führt sie nun in ihrer Höhle ein abgewandtes Leben um jedwedes Geschöpf vor ihr zu schützen. Doch unlängst ist der junge Perseus auf dem Weg zu ihr,um das Haupt einer Gorgone zu erlangen.

Perseus, der selbstlos in die Welt zog um seine Mutter vor einer unliebsamen Hochzeit zu bewahren. Eine viel besungenen Helden Sage, doch wen enthauptet er da eigentlich? Ein Monster? Was macht einen eigentlich zu eben diesem? Natalie Haynes lässt uns diese Geschichte und die aufkommenden Fragen durch den Kopf rasen. Stereotypen geht sie dabei bewusst aus dem Weg, vorbei die Zeiten in denen Schwert schwingende Buben gleich als Helden und optisch der Norm abweichende gleich als Monster gelten. Schön, dass sich jemand auch an andere Sagen der Antike, als den trojanischen Krieg wagt. Die Umsetzung war jedoch in meinen Augen etwas holprig. In der griechischen Mythologie streifen sich ganz viele Begebenheiten und stehen in Verbindung zueinander, was Haynes hier versucht als drei Handlungsstränge zu verarbeiten. Der Switch zwischen diese war leider nicht harmonisch, da es teilweise zu langen Unterbrechungen kam. Es gab auch rein informative Kapitel und Bruchteile von Begebenheiten, die für die Handlung überhaupt nicht relevant sind. Von griechischer Mythologie kann keiner genug bekommen aber ich will entweder eine Erzählung oder eine Sagensammlung lesen, dieser Mix brachte unglaublich viel Unruhe in das Buch. Den Überblick über die Handlungsrelevanten Personen zu verlieren ist sehr leicht und ich fürchte für Leser ohne Vorwissen könnte es schwierig sein der Geschichte bis zum relevanten Punkt zu folgen, an dem alle Handlungsstränge zusammen kommen. Da so viele Nebensächlichkeiten und Perseus viel Raum einnahmen kam Medusa, die ja eigentlich die Protagonistin dieses Buches sein sollte leider zu kurz, es fehlte der Story einfach an liebe und tiefe. Die zeitliche Umsetzung und der Versuch möglichst viel Mythologie in dieseGeschichte zu pressen haben ihr leider nicht wirklich gut getan. Ein geordneterer Aufbau und dafür etwas mehr tiefe in der Abhandlung dieser eh schon komplexen Sage wäre Vorteilhafter gewesen.

Fazit: guter Ansatz, tolle Sagen doch in Struktur und tiefe de Geschichte gab es noch deutlich Platz nach oben.

Bewertung vom 12.02.2023
Wahnspiel (MP3-Download)
Eisfeld, Kilian

Wahnspiel (MP3-Download)


sehr gut

Im Labyrinth der Gedanken
Lukas Schneider wird nach seiner schweren Tat vorzeitig aus der Haft entlassen. Die Stimmung in Heidelberg kippt, in Onlineforen und Sozialen Medien tobt die Wut der Menschen, sogar vor der Forderung nach Lynchjustiz schrecken einige nicht zurück. Als eine abgetrennte Hand mitten in der Stadt gefunden wird und Schneider verschwunden scheint, findet sich Alex Schwerdt in Sofia Markovićs Einheit wieder. Die unglaublich kompetente doch nah außen kühl wirkende Chefin und Alex müssen sich erst aneinander gewöhnen, doch das Team findet immer mehr spuren. Mit jedem Schritt dem sie dem Täter näher kommen wird der Fall rätselhafter. Hier ist altes denken am Werk, sie müssen diese Grausamkeiten stoppen.

Wahnspiel ist der Debüt Krimi von Kilian Eisfeld, doch der Autor, besser bekannt als Daniel Wolf ist im historischen Genre längst kein Unbekannter mehr. Für diese Geschichte existiert eine Triggerwarnung, die man berücksichtigen sollte, da sich die Story auf eine vorangegangene Gewalttat bezieht und zu teilen die Incel- und Rechtenszene streift. Ich kann auch nicht genau sagen, was ich schrecklicher finde. Von diesen kruden Ideologien in einer fiktiven Geschichte zu hören oder zu wissen, dass dieses Gedankengut sehr realen Hintergrund hat und tatsächlich täglich von einigen Menschen gelebt wird. Gerade deswegen ist es gut, dass Wahnspiel genau diese Themen aufgreift, denn Misogynie, Rassismus und Gewalt sind leider keine Fiktion. Hass und Fanatismus in jedwelche Richtung führt immer ins verderben. Der Fall war gut konstruiert und das Zusammenspiel der Charaktere harmonisch. Ich bin zwar ein großer Freund von Geschlechter passenden Stimmen, doch Johannes Steck hat in diesem Hörbuch in allen Rollen überzeugen können. Mit einer ausdrucksstarken, tiefen Stimme, klarer Aussprache und großer Dialektvielfalt, verleiht er jedem Charakter seine eigene markante Stimme. Auch wenn in meinen Augen der Ostdeutsche Dialekt etwas hinkte (aber wer bin isch misch do driber ufzurechen? ;D ) Die Gewohnt qualitative Aufnahme lässt in richtigen Momenten die passende Stimmung entstehen, die Umsetzung von klang und Sprache ist wieder sehr gut gelungen.

Fazit: sehr gelungenes Hörbuch eines fiktiven Heidelberger Kriminalfalles, dessen reelle Themen einen den Glauben in die Menschheit verlieren lässt.