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Julia Goldfeuer

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 30.12.2023
Der flüsternde Abgrund
Lando, Veronica

Der flüsternde Abgrund


ausgezeichnet

Nach einem Unfall vor 30 Jahren, der ihn versehrt zurück lies, kehrte Callum Haffenden seiner Heimatstadt Granite Creek den Rücken.
Immer wieder verschwinden in diesem kleinen Ort junge Leute, springen durch ein Flüstern im Regenwald angelockt von den Klippen.
Als dieses Mal ein Erwachsener vermisst wird, kehrt Callum zurück, um sich an der Suche zu beteiligen und ein für alle Mal zu klären, was in Granite Creek vor sich geht.
Was genau Callum mit dem jungen Mann zu tun hat und welche Geheimnisse die Bewohner verbergen, das gilt es in "Der flüsternde Abgrund" herauszufinden.
Zu Beginn lernt man erst einmal den Protagonisten und seine alten Verbindungen zum Ort grob kennen.
Callum ist Journalist, weshalb ihm vorgeworfen wird, er sei nur zurückgekehrt, weil er auf eine Story aus sei.
Doch ihn treiben persönliche Gründe an, wegen denen er, sehr zum Missfallen der meisten, in der schmutzigen Wäsche des Örtchens wühlt.
Veronica Lando spricht in ihrem Werk das Problem des Wegsehens in der Gesellschaft an. Dass der Ruf wichtiger ist als Gerechtigkeit, dass man lieber den Mund hält und auf der sicheren Seite ist.
Sie hat ein Händchen dafür, einem eine bildhafte Vorstellung der Situation in den Kopf zu pflanzen. Die intensiven Beschreibungen des Dauerregens und der durchdringenden, schwüle Nässe konnte ich beim Lesen gut nachempfinden. Sie nennt viele spezifische Tier- und vor allem Vogelarten des Regenwaldes beim Namen, die mir leider nichts sagen aber auch nicht den Lesefluss stören, wenn man sich kein Bild davon machen kann.
Callum leidet an einer alten Verletzung, die ihn in seiner Bewegungsfreiheit einschränkt. Die Autorin geht immer wieder darauf ein und bringt einem die Herausforderungen, denen er sich deshalb im Alltag stellen muss, eindringlich näher. Er ist ein Protagonist, den ich grundsätzlich gerne mochte aber ich wunderte mich immer wieder über seine Verbissenheit. Erst im Laufe des Buches versteht man seine Motivation besser, denn die Spannung wird vor allem durch das Zurückhalten von Informationen erzeugt. Einige Dinge weiß Callum bereits, die wir während dem Lesen erst nach und nach serviert bekommen, andere Fakten klären sich durch seine eigenmächtigen Ermittlungen, bis sich am Ende ein rundes Gesamtbild ergibt.
Eigentlich fällt mir kein konkreter Kritikpunkt ein und dennoch fehlte mir das Bedürfnis, dringend weiter lesen zu wollen, andere Bücher interessierten mich mehr. Deshalb möchte ich aber keinen Stern abziehen.
Ich kann euch das Buch empfehlen, wenn ihr gerne die Geheimnisse der Menschen in Büchern aufdeckt und mal Lust habt auf ein etwas anderes Setting!

Bewertung vom 25.12.2023
Jacks wundersame Reise mit dem Weihnachtsschwein
Rowling, J. K.

Jacks wundersame Reise mit dem Weihnachtsschwein


sehr gut

Als ich das süße Cover von „Jacks wundersame Reise mit dem Weihnachtsschwein“ gesehen habe, musste ich es einfach haben, obwohl ich selten Kinderbücher und nie Weihnachtsgeschichten lese. Da J. K. Rowling, die Autorin von Harry Potter, das Buch verfasst hat, dachte ich mir, das kann nicht schief gehen.
Wie man schon am Titel erkennt, geht es um den kleinen Jungen Jack, der am Tag vor Weihnachten sein Lieblings-Plüschschwein unwiederbringlich verliert.
Jacks Leben nahm ab einem gewissen Punkt eine negative Wendung und ich fand es sehr berührend, davon zu lesen, wie es ihm damit ging und wie sehr ihm das Schwein, das er zuerst „Swein“ und später „DS“ nennt, Halt bot. Doch nun ist es fort. Er traut seinen Augen kaum, als plötzlich die Dinge in seinem Zimmer zum Leben erwachen und ihm vom Land der Verlorenen erzählen. Dort landen alle geliebten Sachen, die verloren gegangen sind, also macht er sich dort hin auf, um DS zurückzuholen.
Vom Land der Verlorenen bin ich total begeistert. Die Autorin hat sich ein reizendes Worldbuilding einfallen lassen, das durch die vielen wunderschönen Illustrationen von Jim Field noch besser seinen Charme entfaltet. Als Graphic Novel hätte das Buch noch mehr bei mir punkten können aber auch so gefallen mir die Ideen von J. K. Rowling sehr gut.
Leider hat sich ein gravierender Logikfehler eingeschlichen. Klar, das hier ist Fantasy für Kinder aber da die grundsätzliche Funktion, wie das Land der Verlorenen an sich überhaupt „möglich ist“, keinen Sinn ergibt, stört mich das dann doch sehr.
Was die Spannung betrifft hat mich das Buch als erwachsene Leserin in der Mitte etwas verloren, zum Ende hin war ich aber wieder mit meinen Emotionen dabei und für die angegebene Zielgruppe (7 – 10 Jahre) finde ich den Plot und die Message ideal. Trotz der Vorhersehbarkeit (aufgrund meines Alters) hat die Geschichte einige Überraschungen auf Lager. Die Sprache ist einfach genug für das erste Selbstlesen.
Eine Empfehlung für Kinder und alle Erwachsenen, die eine leicht zu lesende, herzerwärmende Geschichte zu schätzen wissen.

Bewertung vom 14.12.2023
Violet
Thomas, Scott

Violet


sehr gut

Scott Thomas hat mit „Violet“ eine klassische Gruselgeschichte zu Papier gebracht. Kris Barlow und ihre Tochter Sadie nehmen sich nach einem Schicksalsschlag eine Auszeit auf dem Land. Kris erhofft sich, ihre eigenen angenehmen Kindheitserinnerungen an den ausgewählten Ferienort am Lost Lake in Pacington nun mit ihrer Tochter wieder aufleben lassen zu können, um ihnen beiden etwas Gutes zu tun. Aber kürzlich verschwanden einige junge Mädchen, die Dorfbewohner zeigen sich mürrisch und verhalten und das alte Haus, in dem sie unterkommen, ist baufällig und heruntergekommen. Es dauert nicht lange und schon geschehen eigenartige Dinge im Haus. Die kleine Sadie verhält sich zunehmend merkwürdig und zieht sich zurück. Kris tut sich schwer damit, auf Sadie einzugehen, da sie an dem Verlust ihres Mannes knabbert und mit den Erinnerungen zu kämpfen hat, die an diesem Ort wieder auf sie einströmen und doch nicht so rosarot sind wie gedacht. Ihre kurzfristige Lösung hierfür lautet: Alkohol und Pillen.
Den Preis für die Mutter des Jahres bekommt Kris von mir nicht, trotzdem ist sie eine Protagonistin, die ich gerne durch die Geschichte begleitet habe. Aufgrund ihres instabilen Zustands vermischen sich Realität und Fiktion ebenso wie die Vergangenheit und die Gegenwart. Sie nimmt in ihrem Kopf mehrere Versionen von sich selbst war, die ihr widersprüchliche Ratschläge erteilen. Ihr innerer Kampf nimmt einen Großteil der Geschichte ein. Scott Thomas gibt neben Kris auch dem Setting viel Raum, sich zu entfalten. Einerseits gefällt mir das gut, denn ich hatte das direkt am Lost Lake gelegene Haus mit seiner widersprüchlichen Atmosphäre zwischen wohliger Nostalgie und düsterem Verfall wunderbar vor Augen. Andererseits war mir der Schreibstil doch oft zu ausschweifend. Mir reißt einfach der Geduldsfaden, wenn die Protagonistin über drei Seiten hinweg an einem Käfer auf der Veranda herumpult, ohne dass das zu etwas führt. Das letzte Drittel des Buches nimmt dann aber Fahrt auf und vor allem das große Finale hat mich umgehauen. Eine gelungener, runder Roman ohne viel Blutvergießen, der ein paar Seiten weniger vertragen hätte.
Ich denke, wer Stephen King oder ähnliches liebt, wird auch „Violet“ lieben.

Bewertung vom 06.12.2023
Stunde um Stunde
Fox, Candice

Stunde um Stunde


ausgezeichnet

Tilly Delaney ist ertrunken, da sind sich die Ermittlungsbehörden sicher. Tillys Eltern nicht. Das kleine Mädchen wurde nie gefunden und ihre Eltern möchten um jeden Preis erreichen, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen werden. Also dringen sie in ein forensisches Labor ein, nehmen Geiseln und zerstören Stunde um Stunde unwiederbringliche Beweisstücke, so lange, bis ihre Tochter gefunden ist.
Die Geschehnisse im Labor erleben wir durch den leitenden Wissenschaftler Dr. Gary Bendigo, der zusammen mit zwei weiteren Geiseln von den Delaneys gefangen gehalten wird.
Draußen vor der Tür positioniert sich die Chefin des LAPD, Saskia Ferboden, und tut ihr Möglichstes, die Lage nicht eskalieren zu lassen.
Die Stars in dieser Geschichte sind aber Hoskins und Lamb, die ein unfreiwilliges Team bilden und sich auf die Suche nach dem verschwundenen Mädchen machen. Charlie Hoskins hat sich eben erst aus dem Krankenhausbett hochgehievt, nachdem sein Undercover-Einsatz in einer mörderischen Motorradgang aufgeflogen und er nur knapp mit dem Leben davon gekommen ist. Der raubeinige Polizist stolpert in die verzweifelte Lynette Lamb hinein, die gleich an ihrem ersten Tag als Polizistin direkt gefeuert wurde und ihren Job unbedingt zurück möchte. Weil sie glaubt, dass Charlie ihre einzige Hoffnung ist, heftet sie sich an seine Fersen. Die beiden geben in ihrer Unterschiedlichkeit ein herzerwärmendes und amüsantes Ermittlerduo ab. Die Dynamik zwischen den beiden stimmt schon von Beginn an, als sie die ersten Worte miteinander wechseln.
Auch die anderen beiden Perspektiven habe ich gerne verfolgt, denn alle Beteiligten haben mit ihren eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen und sie bieten einen umfassenden Einblick in die Geschehnisse.
Die Autorin hat jeder einzelnen Figur, sogar jeder kleinen Nebenfigur so viel Leben eingehaucht, ich habe selten so vollumfassend überzeugende Charaktere erlebt. Sie schreibt temporeich und mit viel Charme.
Ich ahnte nach nur wenigen Seiten bereits, dass das ein Highlight sein könnte und so kam es dann auch – einer der besten Thriller, die ich überhaupt je gelesen habe.
Dass sich hinter diesem schlichten Cover so ein Kracher verbirgt, damit hatte ich nicht gerechnet.
Man könnte vielleicht kritisieren, dass in der kurzen Zeitspanne sehr viel passiert aber darüber kann ich mich nicht beklagen, es war spannend und unterhaltsam vom ersten bis zum letzten Satz.
„Stunde um Stunde“ war mein erstes Buch von Candice Fox und ich werde mir definitiv alles andere bisher Erschienene von ihr holen. Eine Empfehlung für so ziemlich jeden, lest dieses Buch!

Bewertung vom 03.10.2023
Das Buch der kostbarsten Substanz
Gran, Sara

Das Buch der kostbarsten Substanz


sehr gut

Die ehemalige Autorin Lily Albrecht führt seit einem Schicksalsschlag ein eher trostloses Leben und kann gerade so ihren Lebensunterhalt als Antiquarin verdienen. Als sie den Auftrag erhält, „Das Buch der kostbarsten Substanz“ ausfindig zu machen, wittert sie das große Geld. Einige der reichsten Menschen der Welt möchten dieses okkulte Werk besitzen, da es Macht verleihen soll und einem alles geben könne, was man sich wünscht. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Lucas begibt sie sich auf die Suche und begegnet dabei allerhand skurrilen Persönlichkeiten.
Lily lässt uns zu Beginn des Buches an ihrer zynischen Sicht auf die Dinge teilhaben. Sie befindet sich in einer tragischen Lebenssituation und man merkt ihr an, dass sie resigniert hat und unzufrieden ist. Im Laufe der Zeit macht sie eine Wandlung durch, die die Autorin wirklich gut umgesetzt hat und durch leichte Änderungen im Schreibstil subtil unterstützt. Mir ging ihre Geschichte richtig nah und es fiel mir beim Lesen leicht, mich in sie hinein zu versetzen.
Ihr Begleiter Lukas wirkt sympathisch und unnahbar zugleich, ein selbstbewusster Frauenheld, wie er im Buche steht.
Zur Handlung an sich lässt sich kaum etwas sagen, da diese nicht allzu spannend ist.
Die Beiden erhalten Hinweise auf mehrere, für ihre Suche relevante Personen, die sie nach und nach besuchen. Aufregende Szenen sind oft zu kurz gehalten, die schönen Hotelzimmer und das tolle Essen erhalten hingegen zu viel Raum. Der Unterhaltungsfaktor besteht eher in den schillernden Persönlichkeiten dieser aufgesuchten Menschen und den philosophischen Fragen, die aufgeworfen werden.
Es geht darum, was Macht ist, was einen glücklich macht im Leben, um das Festhalten/Loslassen der Vergangenheit, das Annehmen/Ablehnen der Dinge, die einem das Leben unerwarteterweise bietet und darum, was man sich wirklich wünschen sollte.
Zwar dreht es sich viel um Sex aber tatsächliche Erotik kommt ebenso selten vor wie Szenen voller Nervenkitzel.
Das Ende habe ich ziemlich bald kommen sehen, trotzdem gab es noch einen kleinen Twist, den ich nicht erwartet habe und der eine schöne Moral der Geschicht‘ erzeugt.
Ich durfte das Buch im Rahmen eines Readalongs mit anderen lesen und wir waren allesamt der Meinung, dass das Buch mit der Aufschrift „Thriller“ einfach falsch vermarktet wird. Man bekommt hier eher einen Roman mit okkulten, fantastischen und erotischen Elementen.
Obwohl ich etwas anderes erwartet hatte und ich nicht sonderlich überrascht wurde, übte die Geschichte trotzdem einen Sog auf mich aus. (Vielleicht die Magie des Buches?) Mir war nie langweilig beim lesen und ich kam zügig voran. Es war auf jeden Fall mal etwas ganz anderes! Zwar bin ich ratlos, wem ich dieses spezielle Buch empfehlen würde, aber MIR hat es Lesespaß gebracht, daher 4 Sterne für das Buch der kostbarsten Substanz!
Vielen Dank an Tandem und den Suhrkamp Verlag für das Lese-Exemplar!

Bewertung vom 25.08.2023
Stockholm
Nuglisch, Sophie

Stockholm


weniger gut

Caja wird eines Nachts aus ihrem Zuhause entführt, gefangen gehalten und missbraucht. Nach und nach fühlt sie Zuneigung zu einem der drei Täter...
Eine Protestaktion gegen all die unrealistischen Entführungsgeschichten auf Wattpad - das sagt Sophie Nuglisch über ihr Buch "Stockholm".
Die liebe @buchkaetti und ich wollten der Sache in unserem ersten Buddyread auf den Grund gehen...
Es fällt mir schwer, mich negativ über ein Opfer zu äußern aber die Protagonistin Caja handelt so oft unglaubwürdig und unlogisch, dass ich kaum mit Augen rollen und Kopf schütteln aufhören konnte.
Auch die Motivation ihrer Entführer blieb für mich nicht nachvollziehbar, obwohl eingestreute Kapitel aus der Vergangenheit nach und nach die Kindheit und Jugend von Casper und seinen Kumpels aufdecken.
Ich kann nur schwer auf Details eingehen, da ich nicht spoilern möchte. Ich kann nur sagen, dass die Autorin es nicht geschafft hat, mir ihre Figuren als reale Menschen zu verkaufen.
Störend sind zudem die großen Schwankungen in der Qualität des Schreibstils. Manchmal findet die Autorin starke Formulierungen, vor allem für die bildhafte Beschreibung der ausführlichen und häufig vorkommenden Übergriffe auf Caja. Diese konnten mich überzeugen und haben mir "gefallen", wenn man das so nennen kann. Doch diese Passagen wechselten sich ab mit wirklich schlechtem Stil, was für mich die Frage aufwirft, ob es da überhaupt ein vernünftiges Lektorat gab.
Trotz der Kürze des Buches dreht man sich immer im Kreis und vieles ist nicht durchdacht.
Die Zuneigung von Caja zu ihrem Entführer, das namengebende Stockholm-Syndrom, kommt aus dem Nichts. Sie verbringen kaum Zeit miteinander, führen nicht mal irgendein nennenswertes Gespräch, das mir ihre Beziehung zueinander darlegen konnte. Wirkliche Recherche zum dem Thema bezweifle ich stark.
"Stockholm" schrieb die Autorin mit 16 auf Wattpad, es ist eines ihrer ersten Werke. Mittlerweile kann sie mehr Erfahrung vorweisen und eines ihrer Bücher wird sogar ins Französische übersetzt. Ich gönne ihr ihre Fans aber vermutlich werde ich nicht dazu gehören. Wäre es kein Buddyread gewesen, hätte ich das Buch abgebrochen.
Für die Lichtblicke im Schreibstil gibt's 2 ⭐️

Bewertung vom 24.08.2023
Nephilim - Der Schwur
Kramer, Izzy

Nephilim - Der Schwur


sehr gut

Er erledigt die schmutzige Arbeit für die Londoner Mafia, doch insgeheim ist er auf der Suche nach dem Mörder seiner Ziehmutter. Unauffällig zu bleiben ist nicht so leicht, mit dem weißen Haar und den ebenso weißen Augen. Eines nachts sieht er ein wunderschönes, blondes Mädchen unter einer Straßenlaterne tanzen. Etwas so Schönes hat er noch nie gesehen. Die Fremde führt ihn schließlich den Pfad seiner Herkunft.
"Nephilim - Der Schwur" beginnt richtig stark, ich war direkt gefesselt vom Schreibstil und mochte den finsteren Protagonisten auf Anhieb. Stellt euch einen Geralt von Riva vor, der sich als Auftragskiller durch die Unterwelt unseres heutigen Londons kämpft - genauer gesagt das London im Jahr 2020 während der Pandemie. Aus der Ich-Perspektive erzählt uns "Leviathan" von seinen Aufträgen, während wir in kurzen Zwischenkapiteln in die Kindheit des weißhaarigen Riesen geführt werden, die schnell klar werden lässt, dass er kein Mensch ist. Er ist kräftiger, altert langsamer und die meisten Menschen begegnen ihm mit Furcht, sogar Hass. Die junge Nonne Sofia sorgt für seinen Platz im Waisenhaus, kommt für ihn auf und sieht regelmäßig nach ihm. Sie ist seine Ziehmutter für ihn und es zerreißt ihn fast, als sie tot aufgefunden wird. Auch diese berührenden Rückblenden mochte ich sehr, ich witterte die 5⭐️ schon!
Im weiteren Verlauf des Buches trifft er auf die titelgebenden Nephilim und lernt ihren Lebensraum kennen.
Trotz des gleichbleibend überzeugenden Schreibstils entstand der Eindruck bei mir, als hätte das Genre ab diesem Zeitpunkt von Dark Fantasy für ältere Leser zu Jugendfantasy gewechselt. Plötzlich ist alles ein wenig niedlicher, lustiger, theatralischer.
Izzy Kramer hat sich an ein überraschend großes Worldbuilding heran gewagt, das ich so nicht kommen sah und riesiges Potential in sich birgt. Dieses Potential konnte aber nicht ganz ausgeschöpft werden. Vieles in der Utopie, die sie erschuf, wirkte undurchdacht auf mich. Vieles wird dadurch gerechtfertigt, dass alles aus der Sicht des Neulings betrachtet wird, der sich noch nicht auskennt aber das kann man nicht immer als Ausrede heranziehen. Vielleicht wird in den geplanten Folgebänden noch das ein oder andere erklärt, wir werden sehen.
Die geheimnisvolle junge Frau, die seiner Ziehmutter so ähnelt, entpuppte sich für mich als ziemlicher Unsympath. Auch wenn sie Gründe für ihr Verhalten vorbringen kann, empfand ich ihre Art dennoch als unangemessen. Allerdings sorgt sie auch für unterhaltsame, schlagfertige Dialoge mit dem Protagonisten, den sie nun "Rook" nennt.
Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen, wer oder was die Nephilim sind - und wer die Gegner. Die Historie rund um die Nephilim und ihre Widersacher ist grandios. Wer gerne Engelthematiken in der Fantsy liest, kommt auf seine Kosten.
Da ich den ersten Teil gelungen und den zweiten Teil eher so okay fand, komme ich im Schnitt auf eine Bewertung von 4⭐️ und bin schon gespannt, wann und wie die Reihe fortgesetzt wird!

Bewertung vom 24.03.2022
Rivalinnen / A River of Royal Blood Bd.1 (MP3-Download)
Joy, Amanda

Rivalinnen / A River of Royal Blood Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

Die beiden Schwestern Evalina und Isadore sind die Prinzessinnen von Myre und Rivalinnen im Kampf um den Thron. Denn wenn im Königinnenreich mehr als eine Anwärterin geboren wurde, muss die Regentschaft auf Leben und Tod erstritten werden. Evas 17. Namenstag ist der Startschuss und dieser steht kurz bevor. Doch während ihre Schwester ihre magischen Fähigkeiten perfekt beherrscht, fürchtet Eva ihre eigene Magika der Knochen und des Bluts. Wenn sie überleben will, muss sie ihre Angst und die Familienbande hinter sich lassen.

"A river of royal blood" von Amanda Joy ist Jugendfantasy und entsprechend gab es da so einige klassische Nervfaktoren für mich, wie künstliches Drama oder dass ja alle so unheimlich attraktiv sind. Sogar bei einem namenlosen Gegner muss unbedingt erwähnt werden, dass die aufgeschlitzte Leiche auf dem Boden auffallend gut aussieht...
Aber da das Buch nichts dafür kann, dass es 16 Jahre her ist, dass ich 16 war und mir natürlich bewusst ist, was ich mir da ausgesucht habe, will ich das nicht abstrafen und euch sagen, was mir gefällt.
Die Hörbuch-Sprecherin Giovanna Winterfeldt hat eine angenehme Stimme und die Autorin einen wunderschönen Schreibstil. Mir war es zwar an mancher Stelle zu viel, ständig bis ins Detail zu erfahren, wie alle aussehen und was sie anhaben, aber grundsätzlich bin ich beeindruckt davon, mit welcher Wortgewandheit Bilder und Gerüche dargestellt sind.
Die Rassen, die Welt, die Geschichte des Landes und seiner Bewohner, Amanda Joy räumt dem Worldbuilding in diesem ersten Band viel Platz ein. Neben den bekannten Menschen und Fey gibt es noch die vampirähnlichen Blutsvettern und die Khimaer, die mit Hörnern, Schuppen usw. ausgestattet sind. Sie alle können verschiedene Formen von Magie wirken und leben in einem afrikanisch anmutenden Land mit Steppen und Oasen. Blutrünstigkeit und Romantik sind gut ausbalanciert. Das alles und der überraschende Twist am Ende veranlassen mich dazu, diesem Debüt 4 Sterne zu geben. 5 Sterne deshalb nicht, weil mir das Magiesystem nicht zu 100% durchdacht vorkommt und die Königin und Mutter der Protagonistin für mich bis zum Ende und trotz des Twists nicht nachvollziehbar blieb.
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 16.03.2022
Die stillen Gefährten
Purcell, Laura

Die stillen Gefährten


ausgezeichnet

Normalerweise grusle ich mich nicht so leicht beim Lesen. Aber 'Die stillen Gefährten' von Laura Purcell versprüht so eine großartige Atmosphäre, dass mir doch immer wieder mal schaurig zumute war.
Man trifft als die schwangere, frisch verwitwete Elsie Bainbridge 1866 in dem Anwesen 'The Bridge' ein, dem verwitterten Landsitz ihres verstorbenen Ehemannes. Die Dörfler sind nervös, die kleine Dienerschaft resierviert. Zusammen mit der Cousine ihres Mannes erforscht sie die vielen Räume, bis hinauf zur Dachkammer. Dort finden die beiden alte Tagebücher und eine beunruhigende Holzfigur - die stille Gefährtin. Nun ja, manche Türen sollten besser verschlossen bleiben...
Laura Purcell schuf eine klassische, viktorianische Gruselgeschichte in dazu passender Sprache, die aber trotzdem bis zum Ende hin schwer vorhersehbar bleibt und viel Stoff zum Miträtseln bietet.
Neben der Haupt-Storyline im Jahre 1866 existieren noch zwei weitere Zeitebenen, eine findet etwa ein Jahr später statt und eine im 17. Jahrhundert. Diese Zeitspünge sind übersichtlich aufgebaut und wecken Neugier. In der Familiengeschichte der Bainbridges gibt es so viel zu entdecken und wirklich jede Nebenfigur ist super interessant. Die Autorin gestaltete die Charaktere und das Setting so unheimlich detailverliebt und mysteriös, dass das Buch von mir aus gerne noch mehr Seiten haben dürfte.
Obwohl ich eher selten Bücher 2x lese, habe ich jetzt schon Lust, mit dem Wissen, wie es aus geht, nochmal dazu zu greifen!

Bewertung vom 16.03.2022
Das Korsett
Purcell, Laura

Das Korsett


ausgezeichnet

Dass der Festa-Verlag sich dazu entschied, Bücher von Laura Purcell zu verlegen, war eine der besten Ideen, die sie hätten haben können!
Nachdem schon "Die stillen Gefährten" ein Highlight für mich war, hat mich auch "Das Korsett" von den Socken gehauen!
In diesem viktorianischen Thriller lernen wir Dorothea Truelove kennen, eine Dame von gutem sozialen Stand, die sich ihre Langeweile mit gemeinnütziger Arbeit und der Wissenschaft der Phrenologie vertreibt, ganz zum Missfallen ihres Vaters, der sie lieber verheiratet sehen möchte. Sie besucht im Frauengefängnis die 16-jährige Ruth Butterham, die wegen Mordes an ihrer Arbeitgeberin angeklagt ist. In abwechselnden Perspektiven erfahren wir Ruth's Geschichte. Sie ist überzeugt, Mithilfe ihrer Nähkunst töten zu können, doch entspricht das der Wahrheit oder ist sie schlicht verrückt?
Das versuchen wir als Leser, das ganze Buch über herauszufinden, denn Laura Purcell hat das Talent ihre Geschichten so zu erzählen, dass eine realistische, plausible Erklärung genauso möglich ist wie übernatürliche Geschehnisse.
Sie schreibt so wunderbar!
Ohne viel Wert auf ausschweifende Beschreibungen zu legen, nimmt sie einen trotzdem sofort mit in die damalige Zeit und kann die Spannung von Anfang bis Ende aufrecht erhalten.
Besonders "Das Korsett" ist nicht unbedingt etwas für Zartbesaitete, denn die arme Ruth macht so einiges durch, ansonsten kann ich aber nur schwärmen und Laura Purcells Werke jedem Genrefreund empfehlen!