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murphy12

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 28.11.2023
Stunde um Stunde
Fox, Candice

Stunde um Stunde


sehr gut

Spannung ohne mitreißend zu sein

Von der Autorin Candice Fox habe ich schon einiges gelesen. Im Vergleich insbesondere mit den beiden vorher erschienenen Trilogien, erscheint dieses Buch leider eher mittelmäßig.
Die Grundidee der Geschichte hat mir gut gefallen und der Klappentext hat mir Hoffnung auf eine mitreißende Story gemacht. Leider wirkt die Geschichte auf mich überfrachtet mit zu vielen Einzelsträngen, die schließlich eher gezwungenermaßen zusammen geführt werden und auffälligen Persönlichkeiten, die alle stark und unbeirrbar sind, aber einen (kleinen) Makel haben. Die Hauptfiguren der Ermittlung Detective Charlie Hoskins, der gerade aus einer missglückten Undercover- Mission zurückgekehrt ist, Lynette Lamp, die an ihrem ersten Tag als Polizistin gefeuert wurde und Chief Saskia Ferboden werden zwar hinsichtlich ihres Charakters beschrieben, sie sind für mich jedoch nicht real geworden, so dass ich schlicht nicht um sie gebangt habe. Das Buch ist zweifellos spannend, jedoch habe ich diese Spannung eher distanziert wahrgenommen- ich konnte das Buch auch problemlos während des intensiven Spannungsbogens weglegen. Etwas Vergleichbares ist mir bei den beiden Trilogien nicht passiert.
Hier habe ich lediglich einen überwiegend realistischen und solide aufgebauten Thriller vorgefunden, der eine spannende Unterhaltung bietet, gekonnt geschrieben ist und einige Überraschungen bereithält. Die Leserstimmen, die den Leser erinnern wollen „auch mal Luft zu holen“, haben eine Erwartungshaltung bei mir geweckt, die nicht erfüllt wurde.

Bewertung vom 05.11.2023
Dieses schöne Leben
Brammer, Mikki

Dieses schöne Leben


ausgezeichnet

Ratschläge, Bekenntnisse, Bedauern

Diese Geschichte hat mich aufgesogen und nicht mehr losgelassen. Die Erzählsprache ist ausdrucksstark. Einzelne klug gesetzte Worte erwecken Szenen, Orte, aber auch Personen zum Leben und lassen sie real erscheinen. Beschreibungen werden gekonnt in die Erzählung hineingewoben, so dass dem Leser neue Personen oder Örtlichkeiten vorgestellt werden, dieses aber natürlich erscheint. Ein aufdringlicher allwissender Erzähler wird hier nicht benötigt. Der Erzählfluss nicht gestört. Ich habe mich so wunderbar in das Buch hineingleiten lassen können.

Wir begleiten Clover. Sie ist Sterbebegleiterin und somit wird in diesem Buch viel gestorben, über den Tod gesprochen und auch deswegen gelitten. Dennoch wirkt die Geschichte auf mich tröstend und beruhigend. Clover ist schon als Kind anders. Sie ist Einzelkind und findet bei ihren Eltern wenig Beachtung. Während der Vorschule erlebt sie den Tod eines Lehrers, der einen Herzinfakt erleidet. Hierauf reagiert sie deutlich anders als die gleichaltrigen Kinder, denn sie hält seine Hand, während der stirbt und wendet sich nicht schreiend ab. Sie erfasst den Tod als Teil des Lebens, spricht offen über ihn und nähert sich ihm emotionslos und dadurch ruhig. Sie wächst bei ihrem Großvater auf, dem sie sehr verbunden ist. Sein Tod reißt eine kaum zu füllende Lücke in ihr Leben. Mit Beziehungen zu anderen Menschen –egal ob Freundschaften oder Partnerschaft- tut sie sich schwer. Doch im Verlauf des Buches entwickelt sie sich weiter.

Die schöne Sprache und die sanfte Hauptperson der Geschichte sorgten bei mir für ein außergewöhnliches Lesevergnügen, bei dem ich das Lesen oft bewusst unterbrochen habe, um noch einige Seiten aufzusparen. Es gab kein großes Drama, und keine Irrungen und Wirrungen, aber eine teilweise auch schmerzhafte Selbstreflektion von Clover, die zu Veränderungen ihrer selbst führten. Weisheiten wechselten sich mit Einsicht und Einflüssen von außen ab. Das Buch ist in sich stimmig und sehr realistisch geschrieben.

Es handelt sich um ein sehr gelungenes Debüt, weshalb ich eine klare Leseempfehlung ausspreche und volle 5 Sterne vergebe.

Bewertung vom 28.10.2023
Nebenan ist doch weit weg
Bones, Antje

Nebenan ist doch weit weg


sehr gut

Neuanfang in Krakau- dzien dobry

Besonders angesprochen hatte mich, dass in diesem Buch eine Familie aus Berlin nach Polen- Krakau zieht und in dem Text sich immer wieder polnische Vokabeln wiederfinden, die auch übersetzt werden. Dadurch wurde es plastischer, dass sich die eigentliche Geschichte in Polen abspielt. Die Illustrationen mochte ich überwiegend nicht, da sie lediglich in schwarz/ weiß gezeichnet wurden und teilweise auch eher wie Kritzeleien anmuten. Einzelne Bilder, wie die Katze auf Blatt 36, fand ich dann wieder außerordentlich schön.
Edith zieht mit Ihren Eltern und dem kleinen Bruder nach Krakau. Der Umzug erfolgt in den Sommerferien. Sie ist nun die Neue in der Klasse und die Ausländerin, die sich auch in der Sprache erst zurechtfinden muss. Sie vermisst ihre alten Freunde und ihr zu Hause und muss erst ankommen. Sie findet schnell neue Freunde unter ihren Klassenkameraden und lebt sich schnell ein, auch wenn sie bedenken hat, dass sie unter Umständen bald zu polnisch für ihre deutschen Freunde ist und zu deutsch für ihre polnischen. Diese Sorge zerstreut sich aber bald.
Das neue Haus der Familie hat einen versteckten Raum, den Edith zufällig findet und mit ihren Freunden Milena und Antek erkundet. Dort finden sie alte Briefe und fangen an, nach den Menschen zu suchen, die diese Briefe geschrieben haben.
Es ist ein in schöner Sprache geschriebenes Buch, das die Schwierigkeiten eines Neuanfangs in einem neuen Land benennt und auch die Bereiche Freundschaft und den polnischen Alltag thematisiert. Auch das dritte Reich und Konzentrationslager werden thematisch aufgegriffen. Die einzelnen Themenbereiche werden jedoch nur gestreift und nicht wirklich vertieft, so dass hier eine leise Geschichte eher unaufgeregt erzählt wird.
Ich vergebe 4 Sterne für diese angenehme Leseunterhaltung.

Bewertung vom 03.10.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1


ausgezeichnet

Eher leiser und nachdenklicher Krimi

Die drei Hauptfiguren Liv Jensen (Ermittlerin und ehemalige Polizistin), Hannah Leon (Krisenpsychologin) und Nima Ansari (Automechaniker mit iranischen Wurzeln) haben mir sehr gefallen. Es sind ausdrucksstarke Persönlichkeiten, deren Charakter und auch Beweggründe im Laufe des Buches herausgearbeitet werden.

Diese Hauptfiguren werden jeweils mit einem eigenen Fall in Verbindung gebracht. Liv soll für einen ehemaligen Kollegen einen drei Jahre zurückliegenden Mord an einem Journalisten untersuchen. Hannah leidet unter dem Selbstmord ihres Zwillingsbruders, der zudem verurteilt wurde, seine Ex- Ehefrau ermordet zu haben und Nima wird beschuldigt seine ehemalige Geliebte ermordet zu haben. Diese Fälle stehen lange Zeit nebeneinander. Auch die Personen leben zwar (zufällig) in örtlicher Nähe zueinander, interagieren jedoch wenig miteinander. Auch eine gemeinsame Ermittlung im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Insoweit hat mich der Klappentext in die Irre geführt.

Die Geschichte und die Ermittlungen entwickelten sich langsam und sachte. Das Buch lässt sich angenehm lesen. Es ist in schöner Sprache geschrieben und besticht auch durch anschauliche Beschreibungen der Umgebung. Jedoch kam bis auf die aller letzten Seiten keine richtige Spannung bei mir auf. Ich mochte die Figuren zwar, fieberte jedoch nicht mit und hatte auch keine Angst um sie.

Für mich standen die einzelnen Handlungsstränge oft lediglich nebeneinander. Eine Verbindung erfolgte erst gegen Ende des Buches. Dann war die logische Verknüpfung zwar nachvollziehbar, kam für mich jedoch eher plötzlich und aus einer unerwarteten Richtung.

Für den logischen Aufbau, die schön gezeichneten Mitwirkenden und die angenehme Schreibweise gebe ich trotz fehlender Spannung 4 Sterne.

Bewertung vom 24.09.2023
Henriette lächelt
Heinisch, Andrea

Henriette lächelt


sehr gut

Einsamkeit

Das schlichte, aber dennoch schön und ansprechend gestaltete Cover, sowie der Titel und die Grundidee der Geschichte haben mich überzeugt und so habe ich zu diesem Buch gegriffen.
Innerhalb des ersten Drittels des Buches habe ich mich mit der Hauptperson Henriette, die stark übergewichtig ist, völlig zurückgezogen in ihrer Wohnung lebt und ständig von ihrer Mutter gegängelt wird, leider sehr schwer getan. Aus meiner Sicht wurden hier viele Stereotypen bedient. Henriette ist über 50 Jahre alt und isst aus Frust und Einsamkeit, versteckt ihre Lebensmittel vor Dritten (indem sie bei verschiedenen Bringdiensten bestellt) und ihrer Mutter (innerhalb der Wohnung) und kann den eigenen Teufelskreis wider besseren Wissens nicht durchbrechen. Sie sucht nach Ausreden für sich und lässt auf ihre guten Vorsätze keine Taten folgen. Dadurch ist sie inzwischen kaum noch in der Lage auch nur in ihrer eigenen Wohnung zu funktionieren. Die Wohnung versinkt im Dreck und für Henriette ist allein das Aufstehen aus einem Sessel eine Herausforderung- den Hausputz kann sie nicht erledigen. Auch die Wäsche bleibt einfach liegen. Sie schämt sich für ihren Umfang und die Größe ihrer Kleidung- kommt aber oft nicht einmal zum Duschen oder Wechseln der Kleidung.
Dieser Buchabschnitt hat mich eher abgestoßen.
Dann jedoch beginnt Henriette ihr Leben durch sehr kleine Schritte und verschiedenste Anstöße zu ändern. Diese leise aber scheinbar durchaus effektive Verbesserung zieht weitere Möglichkeiten nach sich. Hierbei kommt es durchaus auch zu Rückfällen. Die langsame Bewegung zum Licht hat mich jedoch mit Henriette und letztlich mit dem Roman insgesamt versöhnt.
Für mich war es eine lesenswerte Geschichte in überwiegend schöner Sprache, so dass ich 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 13.09.2023
Alles muss man selber machen
Berg, Ellen

Alles muss man selber machen


gut

Leichter Frauen- Roman? - Auch!

Es fällt mir sehr schwer diesen Roman zu bewerten. „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.“

Einerseits ist es thematisch und inhaltlich ein seichter Frauenroman, gleich eines heiteren Schwanks. Die Geschichte wird teilweise eher überzogen erzählt, die Entwicklung der Story hat mich nicht überrascht und die Witze brachten mich eher zum Schmunzeln, als zum Lachen. Insgesamt klingt diese Einschätzung vernichtend, aber so war es dann auch wieder nicht.

Die Hauptpersonen Nele und ihre Freundinnen Fiona und Hermine waren mir sehr sympathisch und wirkten auf mich dreidimensional. Hier wurde zwar durchaus mit Stereotypen gearbeitet, jedoch erhielten die Personen über dieses Grundgerüst hinaus eine Individualität. Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen. Er wertet das Werk stark auf und so kam es, dass ich das Buch nicht nur nicht abgebrochen habe, sondern in kürzester Zeit durchgelesen.

Nun stehe ich vor einem Dilemma- wie soll ich es werten?

Es war mein erstes Buch dieser Autorin. Auch wenn dieses Buch Teil einer Reihe ist (die „kein“ Roman Reihe), konnte ich es gut für sich genommen verstehen. Meiner Einschätzung nach ist es ein solider Sommerroman, der mich gut unterhalten hat und sich durch den Schreibstil positiv von ähnlichen Romanen abhebt, jedoch insgesamt auch nicht mehr ist, als eine eher einfach gestrickte sommerliche Lektüre. Und damit ganz sicher kein Muss auf dem aktuellen Nachttisch.

Bewertung vom 05.09.2023
Eine glückliche Familie
Kabler, Jackie

Eine glückliche Familie


weniger gut

Leider etwas flach und vorhersehbar

Leider hat mich dieses Buch enttäuscht, obwohl es so vielversprechend begonnen hat. Anfangs hatte ich mich auf einen facettenreichen Thriller gefreut, der einen Angriff durch einen Stalker ebenso thematisiert, wie ein Verbrechen in der Vergangenheit. Den Ansatz, dass auch das aktuelle Opfer etwas zu verheimlichen hat und somit nicht rein unschuldig ist, fand ich interessant. So hoffte ich auf viele Graustufen, so dass auch der Leser zwischenzeitlich nicht mehr sicher wäre, für wen er hier eigentlich mitfiebert.
Bekommen habe ich eine unsichere und konfus handelnde Hauptfigur, die in weiten Teilen für mich völlig unlogisch reagiert und handelt.
Beth ist eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Ihr Ex-Ehemann lebt in einer neuen Beziehung. Die Kinder werden grds. von beiden versorgt, haben ihren Lebensmittelpunkt jedoch bei Beth. Diese ist berufstätig und wird von einer Haushälterin unterstützt, die sich auch liebevoll seit 1,5 Jahren um die Kinder kümmert. Zudem hat Beth liebe Nachbarn und Kollegen, mit denen sie auch gut befreundet ist. Sie kümmert sich um ihren kranken Vater, der im Pflegeheim lebt. Kurzum eine Idylle, wäre da nicht ein dunkles Geheimnis in Beths Vergangenheit, von dem nur sie und ihr Vater wissen. Dieses Geheimnis wird im Laufe des Buches nach und nach enthüllt. Als Beth 10 Jahre alt war, verschwand zudem ihre Mutter. Sie hat die Familie verlassen und ist nie wieder aufgetaucht. Nun steht sie plötzlich vor der Tür und wird von Beth mit offenen Armen empfangen, auch wenn sie sich nicht sicher ist, dass es sich bei der Frau um ihre Mutter handelt. Sie erkennt eine Tätowierung am Schlüsselbein und das reicht als Nachweis. Plötzlich ereignen sich im Leben von Beth viele negative Dinge. Sie beschuldigt ihr ganzes Umfeld, gegen sie zu agieren- mit Ausnahme ihrer Mutter.
Auch wenn das Buch gut geschrieben ist und sich flüssig lesen lässt und sogar die Personen dieser Geschichte mir überwiegend sympathisch waren, hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon keine rechte Lust mehr, das Buch weiterzulesen. Ich war mir eigentlich auch schon über den weiteren Verlauf im Klaren und so kam es auch, wie erwartet. Mit einigen kleinen Wendungen und einigen Wiederholungen war die Auflösung wie vorherzusehen.
Das Verhalten des Umfeldes von Beth schlug zudem von beste Freundin zu nicht mehr miteinander reden um. Hier wurde leider mit Stereotypen gearbeitet, die in Extremen leben.
Diesen Thriller kann ich nicht empfehlen.

Bewertung vom 02.09.2023
Und wir tanzen, und wir fallen
Newman, Catherine

Und wir tanzen, und wir fallen


ausgezeichnet

Lachen und Weinen

Ich habe dieses Buch gerade erst beendet und ich stehe noch völlig unter seinem Einfluss. Es ist so herzergreifend ehrlich und berührend geschrieben- es ist schlicht schön: ich habe so geweint.
Ash ist die Erzählerin dieser Geschichte. Sie begleitet ihre sterbende Freundin durch die letzte Zeit ihrer Krebserkrankung. Dabei werden alle Aspekte der Situation und der weiteren Personen des näheren Umfelds beleuchtet. Ashs jüngere Tochter schwänzt beispielsweise die Schule. Ash lebt in Scheidung, hält jedoch regen Kontakt zu ihrem weiterhin netten Ex. Ashs beste Freundin seit Kinderbeinen Edi liegt im Sterben. Sie hat einen Sohn, einen Ehemann und einen Bruder, sowie weitere Freunde und natürlich einen Vater.
Hier wird der Alltag im Hospiz mit all seinen Schattenseiten, aber auch seinen Lichtblicken erzählt, ebenso wie die verschiedenen Ablenkungsstrategien von Ash, die das Sterben ihrer Freundin nur schwer erträgt und dennoch jede wache Minute bei ihr verbringt. Edis Krankheitsverlauf, in den einzelnen Stationen, die Unterstützung von den Angehörigen auch in pflegerischen Aspekten, werden ebenso aufgegriffen, wie das Teilen von Erinnerungen und Lachen. Trauer und Verlust und Angst und alles was dazu gehört. Neben diesem Chaos geht das Leben einfach weiter- es ist nicht nur für die Protagonisten unbegreiflich.
Dieses Buch ist zart und feinfühlig geschrieben. Es beschönigt nicht, geht nicht überdeutlich ins Detail, aber erzeugt ein so zwingendes Setting, dass ich mit Ash und Edi jedes Wort durchlebt habe. Wahrscheinlich wird diese Emotion durch meine eigene Trauerarbeit verstärkt, ich finde mich hier sehr stark wieder. So ist (meiner Ansicht nach) die Trauer: mein weint und lacht und erinnert sich. Dann hat man den Tod des geliebten Menschen schlicht vergessen und möchte ihm etwas zeigen/ mitteilen/ schenken. Aber auch der Weg des Sterbens eines schwer kranken Angehörigen ist nichts für schwache Nerven.
Hier wurde ein Buch erschaffen, das die Emotionen und das Leben einer Angehörigen in einer solchen schweren Situation mit klaren Worten zeichnet.
Der Leser sollte sich zunächst fragen, ob er diese Thematik aushalten möchte.
Wenn diese Frage grundsätzlich mit Ja beantwortet wird, dann sollte -auf diese Erkenntnis hin-dieses Buch gelesen werden.

Bewertung vom 25.08.2023
Mein schrecklich schönes Leben
Smale, Holly

Mein schrecklich schönes Leben


ausgezeichnet

Worauf es ankommt

Dieses Buch hat mich bereits durch sein auffällig buntes Cover angesprochen. Es wirkt so lebendig und vielfältig auf mich- besonders.
Die Grundidee des Zeitreisens, die sich schon im Klappentext offenbart, finde ich interessant. Beeindruckt hat mich jedoch die Hauptperson Cassandra, die unzweifelhaft aus der Norm fällt, jedoch so sympathisch beschrieben wird und tiefe Einblicke in ihr Wesen und ihre Ansichten gibt, dass sie mir innerhalb kürzester Zeit ans Herz gewachsen ist. Cassandra kann andere Menschen nicht wirklich gut verstehen. Sie bemüht sich sehr, aber Gefühle kann sie schlicht schlecht deuten –sie sieht Farben aus den Menschen sickern, die jedoch unterschiedliche Bedeutungen haben- und deshalb sind zwischenmenschliche Bindungen für sie schwer zu knüpfen. Viele Missverständnisse erkennt sie erst spät oder nie und ist auch kaum in der Lage, diese zu verhindern oder es im Nachhinein besser zu machen.
An diesem ersten Tag verliert sie erst ihren Partner, dann ihren Job und soll schließlich aus der WG ausziehen. Das Zusammenleben mit ihren Mitbewohnern ist nur schwer möglich. Sie schläft ein und wacht auf und erlebt den gleichen Tag noch einmal. Sobald sie verstanden hat, dass sie in der Zeit zurück gereist ist, versucht sie diese Möglichkeit zu nutzen, um ihre Beziehung, den Arbeitsplatz und ihren Rückzugsort zu retten. Sie stellt jedoch schnell fest, dass es auch bei einer Wiederholung nicht so laufen muss, wie erhofft.
Der Schreibstil hat mir außergewöhnlich gut gefallen. In diversen Passagen spricht Cassandra direkt zum Leser und erklärt grundsätzliches wie z.B. den willkürlich gewählten Anfang einer Geschichte. Diese kleinen Einschübe bewirken, dass für mich Cassandra real und erlebbar wird. Insgesamt haben mir auch die Wortwahl und die Analogien aus der griechischen Mythologie gut gefallen. Es wertet die Geschichte auf. Schließlich macht die langsame und selbstreflektierende Veränderung von Cassandra im Laufe des Buches die Geschichte einzigartig.
Von mir eine klare Leseempfehlung- es ist deutlich mehr als ein Frauen/Liebesroman!

Bewertung vom 06.08.2023
Luftmaschentage
Becker, Anne

Luftmaschentage


ausgezeichnet

füreinander einstehen

Matea hat es nicht einfach in der Schule, da sie oft keine Worte findet und deshalb schlicht stumm bleibt. Einige Mitschüler behandeln sie deshalb schlecht. Anschluss findet sie dadurch schwer. Lehrer können ihr kaum helfen, da sie auch mit ihnen nicht spricht. Nur mit ihrer Familie und ihrer einzigen Freundin Charlotte traut sie sich zu sprechen- jedoch wendet sich Charlotte von ihr ab.
Dann kommt Ricarda in ihre Klasse und platz förmlich in ihr Leben. Es entsteht langsam eine Freundschaft entgegen alle Widrigkeiten und entgegen aller Wahrscheinlichkeit. Ricarda hat jedoch große Probleme, die erst im Laufe des Buches benannt werden und von den Kindern allein nicht gelöst werden können.
Das Buch ist schön und mitreißend geschrieben. Der Aufbau der Geschichte durch zeitgleicher Beschreibung von den Tagen zu Beginn der Freundschaft (Tage mit Ricci) und Nachrichten von Matea an Ricci an den Tagen ohne Ricci, die sich schließlich zusammenfügen, ist gut gewählt und erzählt die Geschichte aus Sicht von Matea auf zwei Zeitebenen. Das hat mich besonders an die Erzählung gebunden.
Es ist ein leicht und gleichzeitig einfühlsam geschriebener Roman über eine Freundschaft zwischen zwei Mädchen und den Umstand, dass das Handeln einer Person den entscheidenden Unterschied machen kann. Ich bin begeistert.