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Benutzername: 
Thomas Alba
Wohnort: 
Herbrechtingen

Bewertungen

Insgesamt 17 Bewertungen
12
Bewertung vom 14.08.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


sehr gut

Das berühmteste Lächeln der Welt ist verschwunden....

Paris während der Belle Époque. Am 21. August 1911 wird die Mona Lisa gestohlen. Während sich die Welt auf den ersten Weltkrieg zubewegt, wird Hauptkommissar Juhel Lenoir damit beauftragt, das Geheimnis um den Diebstahl der Mona Lisa zu lösen.

„Die Erfindung des Lächelns“ von Tom Hillenbrand ist ein wunderbarer historischer Roman, der auf rund 500 Seiten eine pralle, lebensfrohe und zum Teil wirklich unglaubliche Geschichte erzählt. Der Autor schildert das Leben in Paris, einer der pulsierendsten Städte des beginnenden 20. Jahrhunderts, so realistisch, dass man die Gerüche und Geräusche der Stadt wirklich wahrzunehmen glaubt. Dabei treffen die Leser:innen auf zahlreiche bekannte und weniger bekannte historische Persönlichkeiten wie den Maler Pablo Picasso, den Okkultisten Alistair Crowley oder die anarchistische Bonnot-Bande. Die Geschichte führt von Montmartre zum Bois de Boulogne, vom Place Pigalle in die Opéra Garnier. Und sie ist viel mehr als nur ein einfacher Kriminalroman, sie ist ein Portrait einer Stadt mit Bourgouisie, Bohemians, Künstlern, Verbrechern und ganz normalen Menschen.

Tom Hillenbrand gelingt es, all diesen Menschen einen unverwechselbaren Ton zu geben und damit das Bild einer ganzen Epoche zu zeichnen. Die Suche nach dem Gemälde von Leonardo da Vinci mit ihren teilweise fast schon unglaublichen, aber historisch verbürgten Verwicklungen, ist dabei nie das Hauptthema, sondern nur der Aufhänger für den Roman. Vielmehr gibt schon das Buchcover mit seiner lebhaften Stadtszene den Ton des Werkes vor. Für mich war „Die Erfindung des Lächelns“ eine große, wunderbare Überraschung, denn ich hatte einen historischen Kriminalroman erwartet und viel, viel mehr bekommen.

Bewertung vom 25.07.2023
Refugium / Stormland Bd.1
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


sehr gut

Die ehemalige Polizistin und jetzige Krimiautorin Julia Malmros wird ausgewählt, den siebten Teil der Millenium-Reihe zu schreiben. Als technischer Berater engagiert sie den traumatisierten Hacker Kim Ribbing. Doch als das Buch fast fertig ist, verliert sie den Job. In ihrem Stolz verletzt zieht sie sich in ihr Ferienhaus auf einer Schäreninsel zurück. Als in der Mittsommernacht in unmittelbarer Nachbarschaft ein Massaker geschieht, ermitteln Malmros und Ribbing auf eigene Faust.

Ein brutales Massaker, bei dem schnell klar wird, dass der Hintergrund in der Wirtschaftskriminalität zu suchen ist, ein Hacker, der als Kind ein massives Mißbrauchserlebnis hatte und eine Autorin, die zusammen mit dem Hacker ermittelt: das klingt nach Millenium mit vertauschten Rollen. Und tatsächlich sind die Versatzstücke klar erkennbar, die aus Stieg Larssons Trilogie um Lisbeth Salander und Mikael Blomqvist einen Welterfolg gemacht haben. Und John Ajvide Lindqvist versucht erst gar nicht, die Ähnlichkeiten zu verschleiern, im Gegenteil, er hebt die Geschichte durch den Auftrag, den Julia Malmros zu Beginn der Geschichte erhält, auf eine Meta-Ebene, die er für den einen oder anderen Seitenhieb gegen die "Auftragsschreiberei" nutzt.

Dabei kommt dem Autoren natürlich auch zu Gute, dass er qualitativ das hohe Niveau liefert, das man von seinen früheren Büchern kennt. Dadurch erhebt er "Refugium" von einem Plagiat zur Hommage an den modernen schwedischen Krimiklassiker und liefert noch dazu den spannenden Auftakt zu einer vielversprechenden Trilogie.

Bewertung vom 25.07.2023
Treacle Walker
Garner, Alan

Treacle Walker


sehr gut

Eine magische Herausforderung....

Manchmal trifft man auf Bücher, die eine besondere Stimmung transportieren. Ein solches Buch ist „Treacle Walker – Der Wanderheiler“ des britischen Fantasyautors Alan Garner, mit dem er 2022 auf der Shortlist des Booker Prizes gelandet ist.

Als der Lumpensammler Treacle Walker vor dem Haus, in dem Joseph lebt, eintrifft, tauscht Joe einen alten Schlafanzug und das Schulterblatt eines Lammes gegen ein Töpfchen „Der Armen Mannes Freund“ und damit beginnt für Joe, der auf einem Auge schwachsichtig ist und deshalb über dem guten Auge eine Augenklappe trägt, ein fantastisches Abenteuer.

„Treacle Walker“ ist ein faszinierendes Buch voller sprachlicher Verrücktheiten, fantastischer Ideen und popkultureller Anspielungen, das auf wenig mehr als 150 Seiten seine Leserinnen und Leser voll in Beschlag nimmt, wenn man es denn zulassen mag. Denn insgesamt gleicht die Geschichte eher einem Fiebertraum oder einem knallbunten psychedelischen Erlebnis als dass sie eine klar strukturierte Handlung hat. Joe trifft auf Figuren der englischen Mythologie, lebendig gewordene Comicfiguren und viele weitere Wesen, die ihn dazu bringen, sein Wahrnehmen und die Empfindung der Realität in Frage zu stellen.

Mein persönlicher Lieblingscharakter ist dabei der Lumpensammler, der immer wieder scheinbar sinnlose Sätze wie „Ungefundne Knochen singen lauter“ von sich gibt, der Weisheit und Narretei in sich vereint. Dabei verzichtet Garner allerdings auf eine Erklärung und so lässt das Büchlein sein Publikum ein ums andere Mal ratlos zurück. Denn die Bedeutung der Geschichte muss jede:r für sich selbst herausfinden. Einfache Lösungen gibt es nicht.

Das wird viele Leser:innen ärgern, verwirren und enttäuschen. Aber wer sich darauf einlässt, der bekommt eine wahrhaft magische Geschichte präsentiert…

Bewertung vom 03.04.2023
Die Zentrale / Laura Jacobs Bd.2
Etzold, Veit

Die Zentrale / Laura Jacobs Bd.2


gut

Während mich "Die Filiale" (erschienen im Herbst letzten Jahres) überzeugen konnte, hat mich der zweite Teil "Die Zentrale" eher ratlos zurückgelassen. Zum einen hat mich Laura Jacobs als Person weniger überzeugen können als im ersten Teil (sie wirkt in manchen Szenen komplett unrealistisch. So kann sie innerhalb kürzester Zeit aus einer Liste von "hunderten, wenn nicht tausenden" Handynummern eine bestimmte herausfiltern. Ich bin froh, wenn ich meine eigene erkenne ;-) ).
Zum anderen zeigt Etzold deutlich, dass er jahrelang selbst im Bankbusiness unterwegs war und verzettelt sich dabei meiner Meinung nach zu sehr in Details, denen ein Laie oft nicht folgen kann.
Das nächste Problem ist in meinen Augen, dass "Die Zentrale" der Mittelteil einer Trilogie ist. So hat die Geschichte eben weder einen packenden Einstieg (den es in "Die Filiale" gab) noch ein wirklich befriedigendes Ende (was hoffentlich im Abschlussband korrigiert wird).
Das Cover in schwarz, weiß und rot gehalten, passt gut zu einem Thriller und auch gut zum ersten Band, hier wird eine gelungene optische Einheit der Serie geschaffen.
Insgesamt hoffe ich, dass das Finale für den schwächeren Mittelteil der Trilogie entschädigt...

Bewertung vom 13.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

Manchmal trifft man auf Bücher, die sich als etwas ganz anderes entpuppen als das, was man erwartet. „Fünf Winter“ von James Kestrel ist eines dieser Bücher. Denn was als klassischer hard-boiled Krimi beginnt, entwickelt sich zum Kriegsroman, zum Agententhriller und nicht zuletzt auch zur Liebesgeschichte.

Joe McGrady, ein unerfahrener Detective beim Honolulu Police Departement und Ex-Soldat, wird an Thanksgiving 1941 mit der Untersuchung eines Mordes beauftragt. In einer abgelegenen Hütte wurde der Leichnam eines kopfüber aufgehängten und ausgeweideten jungen Mannes gefunden. Als McGrady seinen Vorgesetzten darüber telefonisch informiert hat und zu Tatort zurückkommt, überrascht er einen Mann, der die Scheune anzünden und Spuren vernichten will. Dieser wird von Joe nach einem kurzen Schusswechsel getötet, bei der genaueren Untersuchung des Tatorts wird eine versteckte zweite Leiche, die einer jungen Asiatin, entdeckt. Als sich herausstellt, dass der junge Mann der Neffe eines Admirals ist und die Spuren auf einen zweiten Täter, der sich nach Hongkong abgesetzt hat, weisen, wird Joe beauftragt, diesen dingfest zu machen. Doch als er in der asiatischen Metropole ankommt, gerät er nach dem Angriff auf Pearl Harbor und das chinesische Festland in japanische Kriegsgefangenschaft und wird nach Japan verschleppt. Dort trifft er auf den Diplomaten Takashi Kansei, der ihn befreit und bis zur Kapitulation Japans versteckt. Denn Takashi vermutet, dass die Tote aus Honolulu seine vermisste Nichte ist…

McGrady ist zu Beginn der Prototyp eines Detectives der schwarzen Serie: Ex-Soldat, harter Cop, raue Schale, stahlharter Kern. Doch die fast 4 Jahre, die er als unfreiwilliger Gast im Haus von Takashi Kansei und seiner Tochter Suchi verbringt, lassen ihn nach und nach andere Seiten erkennen.

Kansei und Suchi, die sich schnell als Gegner der japanischen Kriegspolitik erweisen, präsentieren den Leserinnen und Lesern einen neuen Blick auf das Japan während des zweiten Weltkriegs und Suchi ist es auch, die den entscheidenden Satz des Romans prägt: „Wenn wir eine bessere Welt wollen, sollten wir damit anfangen, selbst besser zu werden.“

Die angedeutete Liebesgeschichte, die sich zwischen Suchi und Joe entspinnt, ist dabei angenehm unaufdringlich und fügt sich perfekt in das Handlungsgerüst ein.

Natürlich hat „Fünf Winter“ dem Thema geschuldet einige brutale Szenen in petto, insgesamt ist die Geschichte allerdings angenehm unblutig erzählt und kombiniert Sichtweisen und Aspekte, die man in dieser Zusammenstellung noch nicht allzu oft gelesen hat. Und auch, wer keine Vorliebe für historische Themen hat, kann beruhigt zugreifen. Kestrel überfrachtet die Geschichte nämlich nicht mit Details, sondern packt gerade so viel Historie in seinen Roman, um eine glaubwürdige Atmosphäre zu schaffen. Sein Schreibstil ist packend, er hat einen echten Pageturner geschrieben. Und auch das Cover, das mit einer Sonne, die der japanischen Flagge nachempfunden ist im oberen Drittel des Bildes ist gelungen. Darunter ein Mann auf einer dunkel gehaltenen Grasfläche gibt die düstere Stimmung des Romans in meinen Augen perfekt wieder.

Für mich ist das Buch eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 20.07.2018
Nummer 25
Kodiak, Frank

Nummer 25


schlecht

Andreas Zordan hat es geschafft: der erfolgreiche Autor Autor blutrünstiger Thriller ist ein Star. Er pflegt das Image des unnahbaren Misanthropen, ist arrogant und gibt keine Interviews. Genau das richtige Objekt der Begierde für die junge Journalistin Greta Weiß, die sich durch ein Interview mit dem Autor eine Festanstellung erhofft. Dass Zordan von sich selbst behauptet, ein Psychopath zu sein, schreckt sie nicht ab. Doch das ist nur das geringste Problem des Schriftstellers. Denn gleichzeitig erhält er Nachrichten von einem Leser, der bezweifelt, dass Zordan einer ist, denn schließlich ist nur einer von 25 Menschen ein Psychopath - und diese Nummer 25 ist der Nachrichtenschreiber.

Handwerklich ist Frank Kodiak, hinter dem sich der bekannte Thrillerautor Andreas Winkelmann verbirgt, ein ordentlicher Roman gelungen, dem es allerdings meiner Meinung an einigen Zutaten gebricht, die einen spannenden Thriller ausmachen.

Zum einen gibt es für mich keine einzige Figur, die mich irgendwie (positiv oder negativ) berührt. Nein, die Charaktere bleiben belanglos, reizlos, uninteressant. Zordan ist ein Unsympath, wie er im Buche steht. Allerdings hat er überhaupt nichts Faszinierendes an sich. Es gibt in Büchern und Filmen mit Verlaub genug Kotzbrocken, die wirklich faszinieren. Zordan gehört leider nicht zu dieser Spezies. Greta ist mindestens genauso unsympathisch, sie nervt mich zwischenzeitlich so sehr, dass ich mir wirklich gewünscht habe, der Killer hätte Erfolg und würde dieses nervige Wesen aus der Geschichte befördern.

Das Schlimmste aber ist, dass die Geschichte trotz zahlreicher "überraschender" Wendungen (naja, eher Wendungsversuchen) ausrechenbar und vorhersehbar bleibt. Dazu schafft es Kodiak nie, eine Atmosphäre der Bedrohung zu schaffen. Ein Mangel, den er mit ekligen Schilderungen von Gewaltszenen zu kaschieren versucht. Aber ein Mehr an Blut ist selten ein Mehr an Stimmung.Selbst der Mord an einem jungen Mädchen lässt mich als Leser kalt. Ich als Leser werde weder von der Grundidee, noch vom Setting und schon gar nicht von den Protagonisten abgeholt.

Mein Fazit ist leider dementsprechend schlecht: hätte ich nicht gewusst, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt, wäre mir dieser Thriller wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Und wenn ich ihn doch in die Finger bekommen hätte, hätte ich ihn wahrscheinlich spätestens nach der Hälfte des Buches weggelegt. Allein die Tatsache, dass ich beim Namen Andreas Winkelmann erwartet habe, dass sich irgendwann noch ein "Wow"-Effekt einstellt, hat mich dazu gebracht, die Geschichte bis zu Ende zu lesen. Dieser kam leider nicht, die Identität des Täters war für mich als relativ routinierten Krimi- und Thrillerleser praktisch von Anfang an offensichtlich. Da ich außerdem keine einzige Figur in der Handlung entdeckt habe, die mich auch nur ein wenig interessiert oder herausgefordert hätte, kann ich leider nur zu einem Ergebnis kommen: ich finde das Buch, obwohl es technisch in Ordnung ist, komplett enttäuschend. Es ist ein routinierter Roman aus dem Baukasten des Thrillerautors, der dem Genre keinerlei neue Facetten abringen kann. Deshalb bekommt "Nummer 25" von mir auch nur einen von fünf möglichen Sternen...

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