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Mark

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 16.06.2024
Die Perserinnen
Mahloudji, Sanam

Die Perserinnen


sehr gut

Erzählt wird die Geschichte der weiblichen Mitglieder einer iranischen Familie, die bis 1979 zu den wohlhabendsten und einflussreichsten im Iran gehörte, den Nachfahren des „Großen Kriegers“. Die Patriarchin Elisabeth bleibt nach der Revolution im Iran zurück, zusammen mit ihrer Enkelin Niaz, während ihre Töchter Sima und Shirin mit ihren Familien in die USA auswandern.
Hier beginnt das Buch, mit einem Familientreffen im mondänen Aspen im Jahr 2004, bei dem die kapriziöse Shirin verhaftet wird unter dem Vorwurf der versuchten Prostitution in einer Bar. Ihre Nichte Bita, Jurastudentin, versucht vergeblich, ihr den Ernst ihrer Lage begreiflich zu machen.
Das Buch wird kapitelweise von den Hauptdarstellerinnen bzw. aus ihrer Sicht erzählt, auch aus der von Sima, die 2004 bereits verstorben ist. Unter dieser Darstellung einer mehr oder weniger „handelsüblichen“ Familiengeschichte ergeben sich hier sehr interessante Einsichten in die Geschicke von Exilantinnen, die mit der vergangenen Geschichte ihrer Heimat und ihrer Vorfahren belastet sind und offenbar Jahrzehnte brauchen, um ihren Platz in der Gesellschaft ihres Exils zu finden. Auch wenn es sich hier nur um einen Roman handelt. Das Buch liest sich sehr spannend, die teilweise etwas temperamentvollen Dialoge haben mir gefallen.

Bewertung vom 03.06.2024
Verräterisches Lavandou / Leon Ritter Bd.10
Eyssen, Remy

Verräterisches Lavandou / Leon Ritter Bd.10


sehr gut

Hier ist wieder einmal alles beisammen für einen spannenden Urlaubskrimi: Die wunderschöne Cote d’Azur, die Protagonisten, die das Glück haben, dort zu leben und zu arbeiten und dabei noch die Schönheit Ihrer Heimat genießen – und nicht zuletzt eine äußerst brutale Mordserie und ein vermeintlicher Täter, der es nicht gewesen sein kann. Die Geschichte ist klug aufgebaut, die Kombination des Paares Ritter/Morell als Gerichtsmediziner und Polizistin lässt viele Handlungsmöglichkeiten zu, und der Autor weiß sie gut zu nutzen. Auch die Nebenhandlungen wie der Ferienjob der Tochter Lilou und der Besuch des Staatspräsidenten, der auf Abwegen wandelt, fügen sich gut in die Geschichte ein. - Es ist schon der 10. Band einer Reihe, und das merkt man ihm - im positiven Sinne! - nicht an. Etwas rätselhaft bleibt nur der Titel, aber das Buch liest sich gut.

Bewertung vom 20.05.2024
Mord stand nicht im Drehbuch
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch


ausgezeichnet

Eigentlich war Horowitz froh, die Nervensäge Hawthorne losgeworden zu sein und sich ganz der Londoner Premiere seines Theaterstückes Mindgame zu widmen. Doch dann findet er sich in der Zelle eines Untersuchungsgefängnisses wieder, festgenommen wegen eines absurden Mordverdachtes gegen ihn. Und der einzige, der ihm helfen kann, ist ausgerechnet Detektiv Hawthorne. Zuerst sieht es immer düsterer für den unschuldig Beschuldigten aus, aber natürlich spielt Hawthorne auf allen Registern und findet die Hinweise, die sonst alle übersehen hätten. Schließlich kommt es zum großen Finale auf offener Bühne. – Horowitz nimmt bei diesem Buch, das sagt er auch selbst, eindeutig Anleihen bei Agatha Christie. Dies nur als Warnung für alle, die ihre Krimis nicht mögen, denn dieses Buch liest sich gut und spannend, Horowitz macht Agatha Christie alle Ehre.

Bewertung vom 10.05.2024
Mord im Antiquitätenladen
Lehnertz, Waldi

Mord im Antiquitätenladen


sehr gut

Obwohl, die Eifel kommt ja gar nicht vor, ebenso wenig wie gesprochene Mundart, aber als Fan von Bares für Rares weiß man natürlich, dass Waldi Lehnertz in der Eifel wohnt, und man stellt es sich so vor. Die Story kann es durchaus mit anderen Cosy Crimes aufnehmen: ein unlösbares Mordrätsel am Anfang, skurrile und sympathische Protagonisten und turbulente Wendungen im Handlungsablauf. Langweilig ist das Buch nicht. Ganz großes Kino allerdings auch nicht, aber das wollte es wahrscheinlich auch gar nicht sein. Ich hätte mir vielleicht noch etwas mehr Expertise im Hinblick auf die Antiquitäten erhofft, vielleicht auch etwas lockere oder realistischere Dialoge und etwas mehr Spannung (man ahnt relativ früh, wer es gewesen sein wird). Dennoch ein unterhaltsamer Cosy Crime, und vielleicht wird die Fortsetzung ja noch besser.

Bewertung vom 21.04.2024
Vor einem großen Walde
Vardiashvili, Leo

Vor einem großen Walde


ausgezeichnet

Die Mutter müssen sie zurücklassen, als der Vater mit seinen zwei kleinen Söhnen das bürgerkriegsgebeutelte Georgien Richtung Großbritannien verlässt. Während die Söhne in London erwachsen werden, gelingt es ihm nie, sie zu sich zu holen, und schließlich stirbt sie im fernen Georgien, ebenso wie alle anderen dort verbliebenen Verwandten. Nach vielen Anläufen macht sich der Vater auf, nach ihren Spuren in Georgien zu suchen, und kehrt nicht zurück. Nun ist der ältere Bruder an der Reihe zu suchen, doch auch er kommt nicht wieder. Das Buch beginnt mit dem Aufbruch von Saba, dem jüngeren Sohn, in das ihm fremd gewordene Land. Er findet unvermutet einen Freund und schließlich die Hinweise, die ihm sein Bruder hinterlassen hat. Sie führen den scheinbar Naiven auf verschlungenen und abenteuerlichen Wegen durch ein konfliktreiches Land, über das man viel zu wenig weiß. Demgemäß lassen sich viele Schilderungen auch kaum einordnen, zumal die Geschehnisse teilweise eine Verbindung mit der Welt der Mythen eingehen. - Seltsam erscheint mir, dass es sich hier um einen Debütroman handelt, denn der Autor hat lesbar große Freude am Erzählen und Fabulieren und das Buch liest sich gut und spannend.

Bewertung vom 21.04.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


ausgezeichnet

Ken und Abby, die beiden Geschwister, die früh ihre Mutter verloren haben, und deren Vater Adam, der berühmte Meeresbiologe, stehen scheinbar im Mittelpunkt dieses Romans. Aber da ist auch noch Steph, die unvermutet in diese Familie hineinrutscht, zusammen mit ihrem Baby und ihrer Frau. Und Jenny, Kens Frau, Mutter der gemeinsamen Zwillinge und seit Studienzeiten die beste Freundin von Abby. Stück für Stück wird man hineingezogen in diese Familiengeschichte, die sich mit einer konsequenten Dynamik entwickelt, indem jedes Kapitel von einer anderen Person erzählt wird. Adam ist nicht nur ein berühmter Walforscher, er leidet auch an einer bipolaren Störung und zunehmender Selbstüberschätzung, je näher sein 70. Geburtstag rückt. Und wie viel Lebensglück ist eigentlich Lebenslüge im Leben des erfolgreichen Ken, für dessen politische und berufliche Karriere Jenny ihre künstlerischen Ambitionen aufgegeben hat? Und welche dunkle Vergangenheit liegt dem komplizierten Verhältnis zwischen Ken und Abby zugrunde? - Der Roman arbeitet sich möglicherweise etwas zu klischeehaft an den aktuellen Themen unserer Gesellschaft ab, aber er ist dennoch gut konzipiert und spannend erzählt, mit einer kleiner Prise Zynismus.

Bewertung vom 15.04.2024
Die Stimme der Kraken
Nayler, Ray

Die Stimme der Kraken


sehr gut

Der Roman spielt in einer Zeit, in der die geopolitischen Konflikte von heute zu teils unerwarteten Gegebenheiten geführt haben, was nur angedeutet wird. Auch die Technologien sind weiter fortgeschritten, der erste Android mit menschlichem Bewusstsein wurde geschaffen, und einen besten Freund kann man sich virtuell zusammenbasteln lassen. Unverändert geblieben ist die Gier nach Macht und Geld und die daraus resultierende Unmenschlichkeit. In dieser Situation geht ein kleines Forscherteam auf die Suche nach einem legendären Unterwassermonster, bei dem es sich um eine uralte Krakenpopulation handelt, mit der man, wie es sich herausstellt, sogar kommunizieren kann. - Mir hat das Buch gefallen, es ist spannend erzählt und streift interessante Fragen aller Art. Wer gern „Der Schwarm“ von Frank Schätzing gelesen hat, dem wird dieses Buch hier wahrscheinlich ebenso gefallen, auch wenn es nicht ganz so vielschichtig ist.

Bewertung vom 30.03.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


gut

Konrad, der spätere Großvater der Erzählerin Juni, gerät 1943 nach dem dramatischen Untergang seines Schiffes in japanische Kriegsgefangenschaft auf der Insel Java. Dort begegnet ihm die Krankenschwester Sigrid, deren norwegische Familie zur wohlhabenden Oberschicht auf Java gehörte und die ebenfalls von den Japanern interniert wird. Auch seinen älteren Bruder Sverre, der mit ihm auf dem versenkten Schiff war, findet er schließlich im Lager wieder.
Über die Grausamkeiten des Weltkrieges am anderen Ende der Welt ist weit weniger bekannt, und die Autorin hat offenbar aufwendige Recherchen betrieben. Parallelen zum millionenfachen Leid in Europa werden sichtbar. Es ist ein weiteres äußerst bedrückendes Kapitel, das hier durch Geschichten von Heldenmut und kleinen privaten Glücksmomenten aufgelockert wird, ohne seine Dramatik zu verlieren.
Die Autorin schreibt spannend und flüssig, dennoch fand ich ungefähr ab der Mitte das Buch immer weniger mitreißend. Dass Konrad und Sigrid keine gemeinsame Zukunft bevorstand, ging ja schon aus dem Vorgängerbuch hervor, auch andere Unwahrscheinlichkeiten häuften sich. Was ich auch vermisst habe, war die Perspektive der Erzählerin, die noch im Buch über die Großmutter einzelne Puzzleteile aus der Vergangenheit aufdeckt und zusammenfügt, und die Reflektion, wie sich die Erlebnisse und Traumata des Großvaters auf die Gegenwart auswirken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.03.2024
Der Wald
Catton, Eleanor

Der Wald


sehr gut

Die Grundidee zu diesem Buch ist originell, eher selten auch der Schauplatz Neuseeland: Die Guerrila-Gardening-Gruppe Birnam Wood trifft auf den charismatischen Multimilliardär Robert Lemoine, der ebenso wie Mira, die Leiterin der Gruppe, an einem abgelegenen Grundstück interessiert ist, wenn auch aus völlig anderen Gründen als sie. Dennoch verweben sich ihre Schicksale an diesem Ort auf dramatische Weise. Irreführend ist meiner Meinung nach insofern der Titel „Der Wald“; hier hätte man es ausnahmsweise wirklich beim englischen Originaltitel („Birnam Wood“) belassen können. Die Autorin zeichnet sehr ausführliche Porträts und die Entwicklungen der verschiedenen Protagonisten, zu denen auch der kürzlich geadelte Schädlingsbekämpfer Sir Owen Darvish und seine Frau gehören, die Eigentümer des fraglichen Landes. Dennoch bleiben die Figuren seltsam flach und unwirklich, die Guten wie die Bösen. Nichtsdestotrotz werden viele aktuelle Themen unserer Zeit berührt und moralische Fragen gestellt. Das Buch liest sich gut, richtig Spannung kommt aber erst im letzten Drittel auf, wobei die Auflösung am Ende nach all der Ausführlichkeit am Anfang für mich etwas enttäuschend war.

Bewertung vom 04.03.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


ausgezeichnet

Ein Buch, das einen mitnimmt, jedenfalls wenn man mit der Autorin Alter und Herkunft teilt. Kathleen, die jung ihr Heimatdorf im Brandenburgischen verlässt und in der weiten Welt, schließlich in London zuhause ist, kehrt immer wieder zurück in die Heimat, oft sind es Pflichtbesuche. Sehr reflektiert, mal mit größerem, mal mit kleinerem Abstand beobachtet sie die Veränderungen, die ihr früheres Zuhause durchläuft, was aus den Menschen geworden ist, die dort blieben, oft ohne Perspektive, aber keineswegs immer unzufrieden. Da ist zum Beispiel die Freundin Nadine, die sich eine Existenz in Kosakenberg aufgebaut hat, entgegen dem Trend ihrer Generation, deren Freundschaft jedoch am Ende fragwürdig bleibt. - Ein gelungenes Buch zum Nachdenken, auch über Heimat und Familie, was wir für immer bei uns haben und gegen welche Abschiede wir machtlos sind.