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Benutzername: 
sursulapitschi
Wohnort: 
Hannover

Bewertungen

Insgesamt 80 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


gut

Mehr Streitschrift als Roman

Meine Freundinnen schwärmen alle von Büchern von Mareike Fallwickl. Dies ist mein erstes und ich vermute, das ist kein glücklicher Einstieg, diese Autorin kennenzulernen. Dieses Buch wirkt mehr wie eine Streitschrift als wie ein Roman, wobei es mit einem vehementen Rundumschlag sämtliche Probleme unserer Gesellschaft anprangert, an denen Männer Schuld sind.

Natürlich werden Frauen überall unterdrückt und als minderwertig angesehen und es muss etwas passieren. Dringend sogar. Nur hilft es nicht sehr, wenn man der Welt fast trotzig die Missstände vor die Füße spuckt.

Hier lernen wir ein paar wütende Frauen und einen jungen Mann kennen, die repräsentative Probleme haben. Pflegenotstand, Ausbeutung, sexuelle Gewalt, geringere Bezahlung, psychische und körperliche Unterdrückung, das ist alles ganz furchtbar und von Männern gemacht. Ja, unterschreibe ich.

Diese Frauen haben es satt, lassen alles liegen und legen sich auf die Straße. Draußen zeigen sie stummen Protest, drinnen werfen sie mit Parolen um sich. Da wird das Ganze schwierig. Obwohl jede einzelne Figur ihre ganz eigene Geschichte bekommt, ist niemand wirklich glaubwürdig. Das Geschehen wirkt wie reißerischer Problemsalat, der sich zu einer Art feministischem Manifest verdichtet und wird am Ende nahezu lächerlich.

Mareike Fallwickl trifft auf jeden Fall einen Nerv. Wir halten uns für emanzipierte Frauen und lassen uns noch immer viel zu viel gefallen, das macht sie sehr deutlich, wenn auch ein bisschen mit der Brechstange. Ein nobles Ansinnen ist noch kein gutes Buch.

Bewertung vom 14.05.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


ausgezeichnet

Ein neues Buch von Vera Buck, ich bin dabei! Ich lese sie alle und bin immer wieder begeistert. Auch hier lehrt sie uns das Gruseln.

Eigentlich wollten Nora und Henrik einen relaxten Urlaub in Schweden machen, das alte Ferienhaus von Henriks Großeltern neu beleben und im See baden. Aber sehr bald tauchen seltsame Gestalten auf und dann verschwindet auch noch ihr kleiner Sohn. Auf der Suche nach ihm findet Henrik das halb verfallene Baumhaus seiner Kindheit wieder und erinnert sich allmählich. Ein ganzer Haufen Ungereimtheiten verfolgt ihn.

Gleichzeitig erhält Rosa ganz unerwartet ein Jobangebot der Polizei. Sie untersucht schon länger den Einfluss von vergrabenen Kadavern auf Pflanzen. Das könnte doch ganz neue Impulse für forensische Ermittlungen bringen.

Hier entwickelt sich schnell eine sehr unheimliche Atmosphäre, mysteriös und etwas morbide. Es gibt Geheimnisse in der Gegenwart und in der Vergangenheit, die gelüftet werden müssen und alle drehen sich um Kinder, die Qualvolles erleiden mussten. Es gibt Hochspannung und maximale Verwirrung auf mehreren Zeitebenen.

Die Figuren sind knorrig und originell und werden alle gründlich eingeführt. Rosa, als menschenscheue unfreiwillige Ermittlerin mit einer Passion für Pflanzen und Verwesung hätte sogar Serienpotenzial. Ist das Teil 1 einer neuen, sagenhaften Reihe? Wer weiß!

Vielleicht wird hier das Thema „miserable Kindheit“ ein bisschen arg strapaziert. Irgendwie hat hier jeder sein Päckchen zu tragen über Generationen hinweg. Das stört aber nicht sehr, ist das Gesamtpaket doch umwerfend spannend.

Einen besonderen Mehrwert bietet das Hörbuch, das von unterschiedlichen Sprechern vorgetragen wird. Saskia Haisch, Leonie Landa, Laura Maire, Christiane Marx und Oliver Rohrbeck verkörpern die verschiedenen Hauptfiguren perfekt und geben dem Geschehen noch eine gute Extraportion Thrill ,11 Stunden und 42 Minuten lang.

Bewertung vom 13.05.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


ausgezeichnet

Ist Religion die Erfüllung oder eine Fessel? Das ist hier das Thema, das von ganz unterschiedlichen Seiten beleuchtet wird. Chanis Geschichte geht nahtlos weiter. Wie pendeln hin und her zwischen London und Jerusalem, als wären es Nachbarstädte.

Chani ist frisch verheiratet, aber nach einem halben Jahr noch immer nicht schwanger, dabei liegen ihr alle in den Ohren. Ihre skeptische Schwiegermutter sucht schon mal vorsichtshalber eine neue Braut für das Söhnchen.

Rivka versucht sich in ein Leben ohne religiöse Vorschriften einzufinden, stellt aber fest, dass das weitere Kreise zieht, als sie dachte.

Und Avromi soll die Jeschiwa in Jerusalem besuchen, hat aber seine Probleme damit. Will er wirklich ein streng religiöses Leben?

Das Buch ist wahrhaft erhellend und geht tief. Es erklärt anschaulich, was alles zu einem Leben als streng gläubiger Jude gehört und wie es sich damit lebt. Es gibt Regeln und eine Gemeinschaft, die wie eine große Familie sein kann, die aber auch überwacht, kontrolliert und bestraft. Es braucht Mut und Überwindung, sich davon zu lösen wie Rivka und Avromi. Man bekommt hier alle Seiten nahegebracht und kann sie sogar verstehen.

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Es erzählt unterhaltsam und berührend eine Familiengeschichte, die man nicht oft zu lesen bekommt und hat mir eine ganz andere Welt gezeigt. Es wagt auch tatsächlich, die ketzerische Frage zu stellen, ob Religion noch zeitgemäß ist.

Bewertung vom 23.04.2024
Wo die Asche blüht
Que Mai, Nguyen, Phan

Wo die Asche blüht


sehr gut

Höchst anschaulicher Geschichtsunterricht

Es gibt nicht allzu viele Bücher über den Vietnamkrieg. Dieses hier verschafft einem einen wirklich anschaulichen Eindruck.

Es ist 2016 als Phong endgültig die Nase voll hat. Als Amerasier wird er schon sein Leben lang misstrauisch angesehen, ausgegrenzt und benachteiligt. Jetzt sollen die Kinder amerikanischer Soldaten ein Ausreisevisum bekommen können, um nach Amerika auszuwandern. Phong nimmt den weiten Weg von seinem Dorf nach Ho-Chi-Minh-Stadt auf sich, um sich durch den Behördendschungel zu kämpfen.

Gleichzeitig fliegt Dan mit seiner Frau in das ehemalige Saigon. Er hofft, dort sein Kriegstrauma zu überwinden. Er war Pilot im Vietnamkrieg und hat noch immer Alpträume.

1969 verlassen die Schwestern Trang und Quỳnh ihr Zuhause, um in Saigon als Barmädchen zu arbeiten. Angeblich verdient man da leichtes Geld, wenn man mit den Soldaten Tee trinkt. Ihre Eltern haben große Geldsorgen, vielleicht ist das die Lösung.

Das Thema wird hier von allen Seiten beleuchtet, man bekommt auf unterhaltsame Art einen wunderbaren Überblick. Wie konnte dieser Krieg entstehen? Wie ist er verlaufen, was hat er bewirkt und was hat er den Menschen angetan? All das erfährt man anhand von anrührenden Geschichten, die tatsächlich gegen Ende irgendwie zusammenführen.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich habe mitgelitten und viel Neues erfahren. Ab und an war es ein wenig sehr ausführlich, trotzdem habe ich es gerne gelesen.

Bewertung vom 18.04.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


gut

Ein bisschen schnell gestrickt

Dieses Buch zeigt einen eher unbekannten Aspekt des Zweiten Weltkriegs. Während die Nazis in Russland einfallen, nehmen Japaner die Insel Java ein und internieren alle potenziellen Feinde. Das trifft die junge Sigrid, die als Norwegerin dort aufgewachsen ist. Ihre ganze Familie landet in einem Straflager, wo schlimme Zustände herrschen.

Auch Konrad, der titelgebende Großvater und Seemann, wird gefangengenommen, nachdem sein Schiff zerstört wurde. Im Lazarett lernt er die Krankenschwester Sigrid kennen.

Wir bekommen hier eine bedrückende Geschichte voller Kriegsgräuel, mit Hunger, Brutalität, Folter und allem Drum und Dran. Das ist natürlich schrecklich, es ist aber auch eine wirklich schreckliche Lektüre. Man steht hier knietief im Leid. Da nimmt sich die Triggerwarnung am Ende des Buches aus wie ein Witz.

Ich fand das Thema des Buches grundsätzlich sehr interessant, aber das Geschehen konzentriert sich sehr auf das entbehrungsreiche Lagerleben. Zum politischen Rahmen bekommt man allenfalls Häppchen gereicht. Wir sind auf Java, aber Javaner scheint es da gar nicht zu geben.

Geradezu lächerlich nimmt sich die Rahmenhandlung aus, die aus einem kurzen Vorwort besteht, das sagt, dass ihr Großvater der jungen Juni das Folgende erzählt hat. Danach bekommt Juni keinen Auftritt mehr und jeder, der nicht mit Großmutter im Regen tanzte, wundert sich. Das ist ein wirklich müder Versuch, den Bezug zum ersten Teil herzustellen.

Insgesamt ist das Buch schön erzählt, es wirkt nur leider mehr wie eine schnell gestrickte Fortsetzung eines Erfolgstitels. Schade. Konrads Geschichte wäre es wert gewesen, mit mehr Fürsorge behandelt zu werden.

Das Hörbuch liest Yara Blümel sehr schön, es dauert 8 Stunden und 11 Minuten.

Bewertung vom 16.04.2024
Astrids Vermächtnis
Mytting, Lars

Astrids Vermächtnis


ausgezeichnet

Auf dieses Buch habe ich gut zwei Jahre lang gewartet und hatte ein bisschen Sorge, ob ich wohl wieder reinkomme, ohne die Vorgänger nochmal zu lesen. Tatsächlich ging das gut. Die ersten hundert Seiten graben wir tief in der Vergangenheit und lernen sogar noch neue Aspekte der Geschichte der Hekne Schwestern kennen.

Dann ist Krieg in Butangen. Die Nazis landen in Norwegen, heucheln Freundschaft und nehmen sich, was sie wollen. Sie halten die norwegische Kultur für bewundernswert nordisch und möchten in der Stabkirche in Dresden auch noch die zweite der Schwesternglocken aufhängen. Auch der Hekne Teppich muss doch zu finden sein.

Pfarrer Kai Schweigaard ist inzwischen steinalt, aber noch immer im Dienst. Gemeinsam mit der jüngsten Astrid Hekne leistet er erbitterten Widerstand. Ganz nach dem Wahlspruch: Müssen mir, dann müssen mir.

Ist man erst einmal in diesem Buch angekommen, kann man es nicht mehr weglegen. Mich hat direkt wieder der Zauber gepackt: Ein Dorf voller knorriger Gestalten, die Eis und Schnee trotzen und alte Geschichten mit ihrem Leben verwoben haben, moderne Menschen, die gleichzeitig fest daran glauben, dass ihre uralte Kirchenglocke vor Gefahren warnt.

Wir bekommen mit diesem Buch ein Finale mit allem Drum und Dran, nervenzerfetzende Spannung und das traurigste Happyend, das man sich vorstellen kann. Gegen Ende zieht Lars Mytting alle Register. Da bleibt kein Auge trocken, trotzdem ist es irgendwie schön.

Ich bin wieder einmal sehr begeistert und auch sehr gerührt. Diese Saga ist besonders und wirklich mitreißend. Nur das Cover ist schwer verunglückt. Lieber Insel Verlag, dieses Cover hat das Buch nicht verdient. Das muss auch mal gesagt werden.

Bewertung vom 04.04.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Bei jedem neuen Buch von Precival Everett staune ich, wie vielseitig er ist. Er scheint jedes Genre bedienen zu können und kommt auf unterschiedlichsten Wegen doch immer wieder zu seinem Hauptanliegen, Rassismus in Amerika anzuprangern.

Den „Huckleberry Finn“ umzuschreiben ist höchst innovativ und gleichzeitig so schlüssig umgesetzt, dass man sich fragt, warum das sonst noch keiner gemacht hat.

Es passiert alles, was im Original auch passiert. Huck und Jim fliehen aus unterschiedlichen Gründen aus ihrem Zuhause und tun sich zusammen, erleben allerlei Schreckliches auf einer abenteuerlichen Reise mit dem Floß den Mississippi entlang. Nur zeigt uns Jim dabei eine Sicht auf die Welt, auf die wir nicht im Traum gekommen wären.

Sklaven sind nicht die dummen Analphabeten, für die die weißen Massas sie halten. Jim kann lesen, schreiben und sich gewählt ausdrücken. Für Weiße spielt er den Trottel, der kaum reden kann, damit er ihrem Bild entspricht, bei dem Schwarze im Grunde Tiere sind, die nichts denken und nichts fühlen. Tatsächlich stellen sich alle Sklaven dumm, weil sie gelernt haben, dass es ihnen besser bekommt. In einer Welt, in der Weiße das Sagen haben, ist es nützlich nicht aufzufallen.

Hier ist man direkt dabei, erlebt in der ersten Reihe mit, wie es war, ein Sklave zu sein, Willkür, Borniertheit und Menschenverachtung in allen grausigen Spielarten. Es ist unglaublich, was Menschen alles Menschen antun können und doch glaubt man Jim jedes Wort.

Dieses Buch ist ganz viel gleichzeitig: Die spannende Neuerzählung eines Klassikers, die leidvolle Geschichte eines Sklaven, ein Abenteuer, ein Fanal gegen Rassismus und vor allem anderen ein Augenöffner, der verdeutlicht, was „Sklaverei“ wirklich bedeutet.

Dicke Empfehlung!

Bewertung vom 30.03.2024
Der Wald
Catton, Eleanor

Der Wald


weniger gut

Schöne Idee, halbherzig ausgearbeitet
Ich weiß nicht, was hier passiert ist. Ich habe „Die Gestirne“ sehr geliebt und dachte, Bücher von Eleanor Catton sind garantierte Volltreffer. In diesem Buch finde ich keine der Qualitäten wieder, die ihr erstes Buch auszeichneten. Wo ist ihr Humor geblieben? Ihre Raffinesse? Ihr Einfühlungsvermögen?

Das einzig Beeindruckende ist das Thema: Öko-Guerillas unterwandern heimlich das System und kommen damit durch, das hat was und ist innovativ. Die Umsetzung bleibt allerdings eher halbherzig.

Erst einmal muss man sich an Endlossätze und Weitschweifigkeit gewöhnen. Hier wird jede Figur gründlich eingeführt, mit einer Geschichte und familiärem Hintergrund versehen, nur komischerweise wird dabei niemand lebendig. Man kämpft sich durch schier endlose Schlenker, Erinnerungen und Befindlichkeiten, langweilt sich trotzdem und fragt sich, was wollen sie denn, diese Menschen?

Nehmen wir mal Mira, die die Gruppe Birnam Wood gegründet hat. Sie gärtnert gerne und hat Ideale, lehnt sich auf gegen das Establishment. Aber beim ersten Milliardär, der ihr begegnet knickt sie ein und findet es toll, gesponsert zu werden, zu expandieren, bekannt und berühmt zu werden. Dass sich das mit ihrem Grundprinzip, heimlich brach liegende Flächen zu bepflanzen, nicht vereinbaren lässt, ist egal.

Ihre Freundin Shelley, die sich um Verwaltungsdinge und Organisatorisches kümmert, will die Gruppe verlassen und entwirft dazu eine alberne Intrige, statt einfach zu gehen. Was sie eigentlich will, bleibt auch unklar. Will sie Anerkennung, die Führung der Gruppe, Miras Exfreund oder ein bisschen von allem? Jedenfalls geht sie dann doch nicht, nur um bei jeder Gelegenheit mit ihrem Weggang drohen zu können.

Ich könnte hier eigentlich jeden zerlegen, aber das führt wohl zu weit. Mir kam diese Geschichte durch und durch unausgegoren vor. Die ersten 300 Seiten sind im Grunde nur die Einführung ins Geschehen, eine reichlich zähe Angelegenheit. Dann eskaliert das Ganze, bekommt eine gute Portion Thrill, wobei man dabei auch nicht allzu viel hinterfragen sollte.

Für mich war dieses Buch ein Flopp, eine schöne Idee, halbherzig ausgearbeitet, mit langweiligen bis hysterischen Figuren und ein bisschen müdem Thrill am Schluss.

Bewertung vom 26.03.2024
Eine Fingerkuppe Freiheit
Zwerina, Thomas

Eine Fingerkuppe Freiheit


gut

Wie mag es Lois Brailles gelungen sein, etwas so kompliziertes wie die Braille-Schrift zu erfinden? Das ist eigentlich unvorstellbar. Ein spannendes Thema, dem sich dieses Buch gewidmet hat.

Es beginnt sehr hübsch mit Lois Kindheit anfangs den 19. Jahrhunderts. Er ist schon im Alter von drei Jahren erblindet, fiel aber schon früh durch seine Intelligenz auf. Als er älter wurde, schickten ihn seine Eltern nach Paris auf eine Blindenschule, wo er dann ganz allmählich seine Idee zu einer Blindenschrift entwickelte.

Das könnte ein tolle Geschichte sein, wenn es gelungen wäre, den Figuren Leben einzuhauchen. Leider ergeht sich der Text aber lieber in blumigen Beschreibungen des Ambientes. Während Lois Mutter ausgiebig und mit Elan den Brioche-Teig knetet erfahren wir allerlei über ihre außergewöhnlichen Backkünste, die Küchenausstattung und die Zubereitung. Von Louis selbst wissen wir selbst am Ende des Buchs nicht viel mehr, als dass er klug und ein netter Mensch war.

Ich hätte mich eventuell sogar mit dem recht bildhaften Erzählstil anfreunden können, wenn mich das Geschehen an irgendeiner Stelle gepackt hätte. Leider bleiben aber die Figuren allesamt ausgesprochen blass. Die Geschichte wirkt wie ein illustrierter Wikipedia-Eintrag: Transportiert fantasielos die Eckdaten und bemüht sich nicht, zu interpretieren.

Das Hörbuch liest Josef Vossenkuhl sehr schön, kann aber auch nichts an der braven Textvorlage ändern. Es dauert 5 Stunden und 53 Minuten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2024
Leuchtfeuer
Shapiro, Dani

Leuchtfeuer


gut

Merkwürdig schwülstiges Allerlei

Eigentlich war ich sicher, dass dieses Buch genau meins ist. Es fängt auch vielversprechend an.

Da haben Teenager einen Autounfall und ein Mädchen stirbt. Eine Tragödie, die Sarah und Theo, die überlebenden Teens, auf ewig traumatisiert. Aber auch Ben, ihr Vater, ein Arzt, der vor Ort war und nicht helfen konnte, kommt nicht darüber hinweg.

Das alles wird spannend und einfühlsam erzählt. Man hat das Gefühl, man ist dabei, spürt die Trauer, Reue und die Verlorenheit der Figuren.

Dem jungen Paar nebenan konnte Ben helfen, als ihr Sohn Waldo unerwartet plötzlich auf die Welt kommen wollte. Waldo ist ein besonderer Junge und irgendwas verbindet die beiden auch später noch, wenn Ben alt und Waldo ein junger Mann ist.

In vielen Zeitsprüngen, vor, zurück und hin und her, wird das Leben dieser Figuren erzählt, die immer wieder Berührungspunkte haben. Nur, so schön das ist, ist deren Leben nicht sonderlich ereignisreich. Der wirklich starke Anfang des Buches verpufft schnell und dann leben alle vor sich hin und leiden anschaulich.

Der grundsätzlich schöne Erzählstil verläuft sich auch immer wieder, ufert aus und treibt oft reichlich kitschige Blüten.

Meine anfängliche Begeisterung für dieses Buch hat schnell nachgelassen. Ich habe immer noch auf einen besonderen Plot gewartet, aber im Grunde dreht sich das Geschehen nur immer im Kreis, um uns zu zeigen, dass alles miteinander verbunden ist. Was wie ein psychologisch interessantes Drama beginnt, endet als merkwürdig schwülstiges Allerlei mit esoterischen Anklängen und peinlichem Geisterzauber.

Jammerschade.