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Berlin

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Insgesamt 56 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2017
Menschenwerk
Kang, Han

Menschenwerk


ausgezeichnet

"Menschenwerk" ist eines der Bücher, die im Leser Spuren bis ans Ende des Lebens hinterlassen.
Eine leichte Kost ist es nicht; alles andere als das.
Der Roman spielt im Jahren 1980 in Südkorea. Ein Junge wird bei einem Studentenaufstand getötet. Wie gehen Menschen damit um?
Als Prämisse gilt, dass man Gerechtigkeit erlangen und erkämpfen muss. Die Frage, was diese Gerechtigkeit bringt, weil sie ja kein Leben zurückbringt, wird nicht tief nachgegangen.
Menschenwerk ist ein sprachgewaltiges.literarisches Werk, das zwischen einer ungeheueren Sensibilität und Brutalität oszilliert und das eine perplex zurücklässt.
Ich danke dem Verlag und Netgalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Bewertung vom 09.09.2017
Lügen, die wir uns über Gott erzählen
Young, William P.

Lügen, die wir uns über Gott erzählen


gut

Ehrlich gesagt, habe ich mir über weite Strecken mit dem Buch "Lügen, die wir uns über Gott erzählen" sehr schwer getan.
Das war in "Der Hütte" nicht anders.
Ich lese viele theologische Bücher und bin deswegen möglicherweise etwas zu anspruchsvoll, oder auch nicht.
Denn ein Theologe ist William Paul Young nicht. Er hat zwar mal in einer Gemeinde mitgeholfen, aber das war alles. Natürlich kann er seine Meinung über den Glauben und die Beziehung zwischen Gott und Mensch kundtun, ob und wie fundiert und haltbar diese dann aber sind, das sei erst mal dahin gestellt.
So fällt es schwer, seinen Gedanken zu folgen, wenn er z.B. behauptet, Gott sei fügsam. Woher nimmt er die Belege? Dem Menschen den freien Willen zu lassen ist etwas anderes, als fügsam zu sein. Nein, ich glaube nicht, dass Gott sich dem Menschen fügt.
Viele "Lügen" sind mir zudem überhaupt nicht geläufig. Ich habe in meinem Bekanntenkreis (katholisch und freikirchlich) gefragt, auch sie kannten sie nicht. Sie müssen also dem eher fundamentalistischen Glauben, der in den USA weit verbreitet ist, entstammen.




Was ebenfalls auffällt, ist, dass der Autor sehr sich selbst und seine Erfahrung zum Maß der Dinge macht und einige Begriffe sehr unüberlegt verwendet. So bezeichnet er seine eigene Umarmung, ganz am Anfang, als heilig.
Er hat die Hütte geschrieben und ist kreativ.
Von Demut oder Dankbarkeit gegenüber Gott ist wenig zu spüren, und doch würde ich das bei einem theologischen Werk erwarten
Woher nimmt er die Gewissheit, dass das, was er sich als Glaube zurecht gezimmert hat, nicht auch eine Lüge ist? Belege aus der Bibel fehlen jedenfalls ebenso wie ein fundiertes theologisches Wissen (Das Wort Christ meint nicht nur Anhänger Jesu, sondern auch "der Gesalbte, Messias" und wurde erstmals 40 n Chr. verwendet, also nicht zu Lebzeiten Jesu, weswegen seine Ausführung über "Gott ist ein Christ" etwas befremden.)


Andere Punkte wiederum sind besser, wie z.B., dass der Lebensweg nicht festgeschrieben und das Schicksal unveränderlich ist. Aber welcher Christ glaubt das? Keiner, den ich kenne. Sonst würde doch das ganze Besten nichts helfen!


Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar erhalten und danke dem Verlag dafür.

Bewertung vom 21.08.2017
Und jetzt auch noch Liebe
Bennetto, Catherine

Und jetzt auch noch Liebe


ausgezeichnet

Wenn einfach alles zusammenkommt, bleibt man oft verwirrt stehen und kommt nicht so richtig in die Pushen. SO geht es Emma, der liebenswerten Hauptfigur aus „Und jetzt auch noch Liebe.“
Der Roman ist DIE perfekte Strand.- bzw. Abschaltlektüre. Er ist erfrischend , heiter flockig geschrieben und lädt einfach zum Träumen ein. Die Hauptfiguren sind liebenswert entworfen und bis man schaut ist ein verregneter Sonntagnachmittag vorbei. Holt Euch das Buch!
Herzlichen Dank an Netgalley und den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Bewertung vom 17.08.2017
Bonjour tristesse
Sagan, Françoise

Bonjour tristesse


ausgezeichnet

Vorweg: Der Klappentext dieser Ausgabe ist irreführend. Er beschreibt nicht den Inhalt des Buches, sondern den Erfolg der Autorin.

Zum Inhalt:
Die Ich-Erzählerin, Halbwaise und 17, verbringt einen faulen Sommer an der Cote d'Azur. Mit dabei ist auch die aktuelle Geliebte des Vaters. Die Ich-Erzählerin fühlt sich dieser Halbweltdame zwar intellektuelle überlegen, aber allen anderen unterlegen und schmiedet sich ihr eigenes Weltbild, in dem sie mit ihrem Vater eng verbunden ist. Diese Verbindung wird durch die Ankunft und bald darauf folgende Verlobung der älteren Anne, eine Pariser Intellektuelle, bedroht. So beginnt sie, Pläne zu schmieden, wie sie die Verbindung zerstören könnte. Immer, wenn Anne nett zu ihr ist, wünscht sie, "die Komödie" zu beenden, doch es gelingt ihr nicht. Die Dingen nehmen ihren Lauf, mit unvorhersehbaren Folgen.
Beeindruckend treffsicher beschreibt F. S. Gefühle, durchschaut Figuren und schreibt all dies in einer wunderbar poetischen Sprache, dass man in einen großartigen Lesegenuss gerät. Auch werden die trägen Tage am Meer richtig lebendig. Ein wunderschönes Buch, das lange nachhallt.
Ich danke dem Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars über Netgalley.

Bewertung vom 14.08.2017
Die Stadt des Zaren / Sankt-Petersburg-Roman Bd.1
Sahler, Martina

Die Stadt des Zaren / Sankt-Petersburg-Roman Bd.1


sehr gut

Martina Sahler muss für dieses Werk sehr viel recherchiert haben, wenn man die Fülle an Daten und Fakten betrachtet. Dass diese an einigen Stellen zu viel sind und das Lesevergnügen trüben, weil man aus der fiktionalen Welt herausgerissen wird, mag nur mir so gegangen sein.
Sehr interessant ist das Nebeneinander, also zum einen das Anliegen von Zar Peter, Pieterbruch nach Amsterdamer Vorbild zu erbauen, und die Entbehrungen der niedrigen Stände sowie die Handwerker.
Dass der Roman in St. Petersburg spielt, war für mich ein Leckerbissen.
Ich bedanke mich herzlich für das Rezensionsexemplar über Netgalley.

Bewertung vom 11.08.2017
Und Marx stand still in Darwins Garten
Jerger, Ilona

Und Marx stand still in Darwins Garten


ausgezeichnet

„Marx stand still in Darwins Garten“ ist ein sehr kluges, intelligentes und erfreulich gut zu lesendes Buch.
Darwin und Marx haben zwar nur wenige Meilen von einander entfernt gelebt, sich dennoch nie getroffen.
Der Roman „Marx stand still ins Darwins Garten“ ist spekulativ, fiktiv und programmatisch.
Denn von der ersten Seite an geht es um die Frage nach Gott, nach dem Schöpfergott der Bibel, Theismus vs. Agnostik vs. Atheismus.
Auf Marx‘ Grabstein steht je bekanntlich, man habe ihn falsch interpretiert. Dies trifft jedoch auch auf Darwin zu, der aufgrund seiner Arbeit zur Entstehung der Arten, zur Evolution der Welt etc. zu Lebzeiten als Gottesmörder verstanden wurde und deswegen von Marx so verehrt wurde.
Die beiden Männer haben, auf den ersten Blick, ähnliche Biographien. Darwin hätte anglikanischer Priester, Marx Rabbi werden sollen, doch beide kehrten der Kirche und dem Glauben den Rücken und zogen seitdem alle Sinnstiftung aus ihrer Arbeit.
Der fiktive Arzt Beckett, seines Zeichens ebenso fundamentalistischer Atheist wie Marx, behandelt beide. Er glaubt an die Psychosomatik; und so muss man die Beschreibung der diversen Leiden und Gebrechen der beiden Patienten auch lesen. Als Ausdruck eines Unbehagens entweder mit ihrer Vergangenheit (das ist die Interpretation Becketts) oder mit dem, was sie selbst geschaffen haben (das ist meine).
Von Anfang an ist also alles auf die Frage nach der Möglichkeit, angesichts wissenschaftlicher Erkenntnisse oder des Leidens, das Gott zulässt, weiterhin an Gott zu glauben.
Dabei ist es interessant, dass der Jude Marx (das Jüdisch-Sein wird ja von der Mutter vererbt, ist nicht nicht eine Frage des Glaubensbekenntnisses), der ja nur den rachsüchtigen, eifersüchtigen Gott des Alten Testaments hatte, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Familie aus opportunistischen Gründen zum Protestantismus konvertierte), dass er diesem Gott vorwirft, Leid zuzulassen, ist bemerkenswert. (Abgesehen davon ist es in Anbetracht des freien Willens auch von einem Christen wenig durchdacht und eher eine selbstherrliche Rechtfertigung seiner Ungläubigkeit als ein plausibel nachvollziehbarer Grund, nicht an Gott zu glauben).
Andererseits Darwin, der Christ, dem es nicht ums Leid, sondern nur um Genesis 1 geht, in dem bekanntlich Gott die Welt in 6 Tagen erschaffen hat. Niemand, abgesehen von ein paar bes. in den USA beheimateten christlichen Erzkonservativen wird heute noch an den 6 Tagen festhalten; aber niemand wird die Reihenfolge der Kreation bestreiten.
So dreht sich das gesamte Buch um das „unwohlsein mit Gott“, und es ist bemerkenswert, dass bei dem fiktiven Dinner, zu dem neben Marx auch Büchner, ein Priester, Darwins gläubige und gottfürchtige Frau Emma und natürlich Charles kommen, seinen Höhepunkt findet.
„Marx stand still in Darwins Garten“ nimmt vorweg, was passiert, als der eher feige Darwin seiner Frau das Wort überlässt, die alle Atheisten und besonders Marx mit ihrer naiv-frechen Art auflaufen lässt, und zwar soweit, dass Marx ihr nichts entgegnen kann. Das gleiche wiederholt sich, als D und M allein in Ds Garten weilen, wo M ebenfalls stumm bleibt, angesichts der Frage nach Gott. Bei dem Dinner offenbart D sich als Theist, der sehr wohl an einen Gott glaubt, der sich, wie er auf seinem Sterbebett offenbart, in Naturgesetzen zeigt.
Marx hingegen wird als Idealist entlarvt, der er zwar nie sein wollte, aber genau aufgrund seiner Weigerung, sich seine (damals noch) Utopie von einer klassenlosen Welt vorzustellen. Darwin, der den Selektionsprozess und den Sieg des Stärkeren verinnerlicht hatte, grauste von einer solchen, zu recht, wie die Geschichte lehrt. (Am abscheulichsten wohl unter Pol Pot, den Rothen Khmer in Kambodscha zu betrachten). Hätte Marx nämlich darüber nachgedacht, hätte er wohl, wie der ebenfalls im Buch erwähnte Nobel mit der Erfindung des Dynamits gewartet.

Ich bedanke mich beim Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars auf Netgalley.

Bewertung vom 07.08.2017
Rendezvous im Café de Flore
Bernard, Caroline

Rendezvous im Café de Flore


ausgezeichnet

Zunächst tat ich mir sehr schwer, über den sehr langen und zähen Prolog (wozu und warum werden die heutzutage eigentlich überall geschrieben?) in die Geschichte zu kommen.
Dann jedoch, sobald man in der Gegenwart ist, wird der Stil sehr schnell und locker, sodass man schnell eine Seite nach der anderen umblättert und sich ganz in die Leben der beiden Frauen, aus deren Perspektive abwechselnd erzählt wird, einlassen kann.
Zum Inhalt haben andere Rezensentinnen schon viel geschrieben.
Die Autorin schafft es, zwei meist sehr überzeugende Figuren zu erschaffen und den Spannungsbogen weitgehend aufrecht zu erhalten.
Vor allem aber kann man sich fast immer gut vorstellen, wie das Leben im Paris der 20er war.
Ich bedanke mich für das Rezensionexemplar.

Bewertung vom 07.08.2017
Lonely Hearts Travel Club - Nächster Halt: Indien / Travel Club Bd.2
Colins, Katy

Lonely Hearts Travel Club - Nächster Halt: Indien / Travel Club Bd.2


ausgezeichnet

... mit Fernwehpotenzial, und das, wobei ich selbt nie wieder nach Indien fahren würde!

Der zweite Band der Lonely Hearts Reiseserie liest sich um einiges besser als der erste, der mir schon sehr gut gefallen hat.
Anfangs etwas zäh, doch dann richtig flott und heiter reist man mit Georgia zum sagenumwobenen Taj Mahal, weiter durch Indien, und kann Deutschland hinter sich lassen und in neue Abenteuer eintauchen. Und vielleicht entdeckt man dabei ja auch ein unbekanntes Stück über sich selbst!
Eine tolle Unterhaltung, ganz so, wie es sein soll!