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Raumzeitreisender
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Ahaus
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 750 Bewertungen
Bewertung vom 30.10.2024
Die Unmöglichkeit des Lebens
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


weniger gut

Die pensionierte Mathematiklehrerin Grace Winters erhält von Maurice, einem ihrer ehemaligen Schüler, eine E-Mail, in der er seine Trauer und Unzufriedenheit mit sich und der Natur zum Ausdruck bringt. Er erhält eine längere Antwort von Grace in Form eines Buches, in der sie auf ihn eingeht und von ihren seltsamen Erlebnissen auf Ibiza berichtet.

Grace wird seit dem Tod ihres Mannes Karl und ihres Sohnes Daniel, der bei einem Unfall ums Leben kam, von Schuldgefühlen geplagt. Sie ist einsam, lebt zurückgezogen und befindet sich in einer Endlos Trauerschleife. In dieser Situation erhält sie eine Nachricht von ihrer früheren Freundin Christina, dass sie ein Haus auf Ibiza erbt.

Sie packt ihre Sachen und fliegt ohne Rückflugticket nach Ibiza. In dem heruntergekommenen Häuschen findet sie einen Brief von Christina, in dem sie Grace über einige Besonderheiten auf der Insel informiert. Sie soll u.a. Kontakt aufnehmen zu Alberto Ribas, der eine Tauchschule auf Ibiza führt.

Ab hier gleitet die Geschichte ab ins Esoterische. Christina hat ihren Tod vorausgesehen und auf dem Meer geschehen seltsame Dinge. Die übernatürlichen Ereignisse helfen Grace letztendlich, sich von ihren Schuldgefühlen zu befreien. Auch ein Umweltprojekt steht im Fokus, womit beide Themen, die Maurice bewegt haben, behandelt werden.

Wer heute ein Buch schreibt, muss sich besondere Geschichten einfallen lassen. Das ist Matt Haig hier gelungen. Im Kern geht es hier um Befreiung und Selbstfindung, verpackt in eine mystische Geschichte. "Die Unmöglichkeit des Lebens" erfordert unmögliche Ereignisse und da scheiden sich die Geister. Nicht jedem wird diese Story gefallen.

Bewertung vom 16.10.2024
Kameraden
Kirst, Hans Hellmut

Kameraden


ausgezeichnet

Die sechs Kameraden Conrad Gisenius, Willy Kerze, Ludwig Frammler, Karl Schulz, Martin Hirsch und Bennicken kennen sich aus Kriegszeiten und wohnen in dem beschaulichen Ort Rheine- Bergen. Sie haben in unterschiedlichen Bereichen Karriere gemacht, pflegen die Kameradschaft und haben die Vergangenheit abgehakt.

1961, sechzehn Jahre nach Kriegsende, taucht in dem Ort Michael Meiners auf, von dem alle glaubten, dass er tot ist. Er ist der siebte Mann aus der Truppe, die gegen Kriegsende von Schulz geleitet wurde. Sein Erscheinen sorgt für Unruhe, da er unangenehme Geheimnisse lüften könnte, die für die Kameraden gefährlich werden könnten.

Hans Hellmut Kirst beschreibt die unterschiedlichen Charaktere einschließlich ihrer Familienverhältnisse und Beziehungen untereinander. Die Spannungen nehmen zu und die sogenannte Kameradschaft hängt am seidenen Faden. Intrigen werden gesponnen und Schuldige gesucht. Die eigentlichen Ursachen werden nach und nach gelüftet.

Gisenius, der Kopf und Entscheider der Truppe, beauftragt den ehemaligen Kriminalbeamten Tantau damit, Meiners aufzuspüren. Tantau erledigt alle Aufträge zur Zufriedenheit, führt aber, geleitet von seinem Gerechtigkeitssinn, eigene Ermittlungen durch und wird zur Belastung für die Kameraden.

Kirst hat zahlreiche Romane geschrieben, in denen der Nationalsozialismus verarbeitet bzw. das Kriegsgeschehen beleuchtet wird. Im Fokus stehen immer die Menschen, die Opfer oder Täter waren einschließlich ihrer Beweggründe. In "Kameraden" geht es um Seilschaften und Vergangenheitsbewältigung.

Es gibt auch ein paar Widersprüche, z.B. ist es seltsam, dass der Ermittler Tantau von Conrad Gisenius den Auftrag erhält, Kontakt zu Kompanieführer Kronshagen aufzunehmen, um die Gruppe Schulz zu entlasten, wohl wissend, dass er sich damit selbst belasten könnte.

Die Leser werden hinsichtlich Familie, Erziehung und Beziehungen mit dem Zeitgeist der 1950er und 1960er Jahre konfrontiert. Es wird deutlich, dass auch in Kriegszeiten nicht alles erlaubt ist und man bei einem Systemwechsel auch nach Jahren damit rechnen muss, zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die Geschichte hat, dem Vorwort nach zu urteilen, einen wahren Kern. Kirst versteht es, mit einfacher Sprache Spannung aufzubauen. Der Roman ist verständlich, spiegelt Lebenswirklichkeit wieder und kann als Mahnung verstanden werden. Realistisch ist auch, dass es manchen Tätern gelingt, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Bewertung vom 09.10.2024
Sie belieben wohl zu scherzen, Mister Feynman!
Feynman, Richard P.

Sie belieben wohl zu scherzen, Mister Feynman!


weniger gut

Richard Feynman erzählt in loser Reihenfolge Anekdoten aus seinem Leben. Der Fokus liegt dabei auf seinen praktischen Fähigkeiten, wenn es darum geht Schlösser zu knacken oder Radios zu reparieren und auf seinen Frauengeschichten. Für jemanden, der in jungen Jahren am Manhattan Projekt beteiligt war, ist es eher ein ungewöhnliches Buch.

Ist das Buch humorvoll? Feynman war ein genialer Wissenschaftler und Nobelpreisträger, aber in diesem Buch präsentiert er sich sehr von sich genommen, sodass vorhandener Humor negativ überlagert wird. Er wirkt arrogant und egozentrisch. So lehrreich seine Vorlesungen auch gewesen sein mögen, diesem Buch fehlt der Tiefgang.

Bewertung vom 03.10.2024
Fakten sind auch nur Meinungen
Foell, Jens

Fakten sind auch nur Meinungen


sehr gut

Neuropsychologe Jens Foell gliedert sein Buch in sechzehn Kapitel, die inhaltlich als unterschiedliche Perspektiven auf das gleiche Problem gedeutet werden können. Es dreht sich alles um die Frage, wie Fakten von Meinungen abgegrenzt werden können. Der Autor analysiert das Thema praxisorientiert.

Wenn man Fakten finden will, muss man genau hinschauen. Wir übersehen Fakten, wir können uns nicht auf unsere Erinnerungen verlassen, nicht alles kann gemessen werden und wir verlassen uns blind auf unsere Methoden. Die Leser werden sensibilisiert, die eigenen Beobachtungen kritisch zu hinterfragen.

Wie arbeitet die Wissenschaft? Hypothesen müssen getestet werden, Theorien müssen prinzipiell falsifizierbar sein. „Was nicht widerlegt werden kann, muss auch nicht ernst genommen werden.“ (192) Eine einzige Widerlegung kann viele Bestätigungen aufheben. Aber diese Widerlegung muss gründlich überprüft werden und reproduzierbar sein.

Wissenschaft bewegt sich nicht im luftleeren Raum. Foell erwähnt nicht Postulate, auf die sich Naturwissenschaft bezieht (Naturpostulat, Strukturpostulat), thematisiert aber den individuellen Bezugsrahmen des Wissenschaftlers (auf höherer Ebene) und fehlende Offenheit für nicht erwartete Ergebnisse bzw. unterschiedliche Interpretationen der Daten.

In den letzten vier Kapiteln der Problemanalysen behandelt der Autor Kommunikationsprobleme. Studien haben einen bestimmten Aufbau und enthalten Fachbegriffe, über deren Definition innerhalb der Wissenschaft Einigkeit herrscht. Dennoch ist die Qualität unterschiedlich, was zu einer „Vertrauenspyramide“ führt.

Bücher von Fachleuten (also auch dieses Buch) befinden sich auf dem Boden der Pyramide und strahlen damit wenig Vertrauen aus. Da Naturwissenschaften und damit auch Darstellungen in Fachbüchern erklärungsmächtiger sind als Glaubenssysteme, könnte das Öl auf die Mühlen der Kritiker sein.

Das Buch ist wohl strukturiert, verständlich und informativ. Es setzt sich kritisch mit der Wissenschaft und ihren Protagonisten auseinander. Selbstkritik ist positiv, sollte aber auch im richtigen Rahmen gesehen werden. M.E. fehlt ein Vergleich mit Glaubenssytemen, die um beim Bild zu bleiben, meilenweit unterhalb der Pyramide angesiedelt wären.

Bewertung vom 02.10.2024
Die letzten Rätsel des Universums
Kolorz, Niklas

Die letzten Rätsel des Universums


sehr gut

Niklas Kolorz gliedert sein populärwissenschaftliches Buch in drei Teile. Im ersten Teil geht es um Geheimnisse des Universums, im zweiten Teil richtet sich der Blick nach innen auf das Leben und seine Bedingungen und der dritte Teil handelt von den Grenzen der Wissenschaft und von künftigen Forschungsthemen.

Der Autor berichtet über das Supernova Cosmology Project mit dem Ergebnis, dass sich die Expansion des Universums vor fünf Milliarden Jahren verlangsamte und danach wieder beschleunigte. Wie das Universum endet, hängt davon ab, welche Form es hat und diese wird von der Dichte beeinflusst.

Kolorz erläutert die Notwendigkeit Dunkler Materie und Dunkler Energie für die Plausibilität kosmologischer Modelle, macht aber auch deutlich, wie unsicher einige Theorien sind. Alternative Modelle, die bestimmte Phänomene erklären, existieren, gelten aber nicht als allgemein anerkannt.

Der Ursprung des Lebens kann vielleicht niemals geklärt werden. Auch wissen wir nicht, wie Bewusstsein entsteht und damit auch nicht, ob jemals künstliche bewusste Intelligenzen geschaffen werden können. Kolorz stellt aktuelle Überlegungen der Wissenschaft vor und thematisiert Möglichkeiten und Grenzen künstlicher Intelligenz.

Die Weltformel bleibt Zukunftsmusik, auch weil notwendige empirische Untersuchungen die Möglichkeiten der heutigen Technik um ein Vielfaches übersteigen. Die Stringtheorie ist nicht falsifizierbar und daran wird sich auch auf absehbare Zeit nichts ändern. Können wir jemals Zeitreisen unternehmen?

Der Autor stellt Hypothesen zu Zeitreisen vor, die allesamt einem Realitätscheck nicht standhalten. Wenngleich Schwarze Löcher empirisch nachgewiesen wurden, ist es nicht zu empfehlen, diese als Tunnel zu benutzen, um an einem (hypothetischen) Weißen Loch heile herauszufliegen.

In der Wissenschaft gibt es – wie der Autor anmerkt – viele Baustellen. Der Fortschritt erfolgt selten linear. Kolorz setzt sich kritisch mit den Rätseln des Universums auseinander, liefert dafür unterschiedliche Erklärungsansätze. Seine Ausführungen sind verständlich und teilweise humorvoll.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2024
Der Glasmurmelsammler
Ahern, Cecelia

Der Glasmurmelsammler


weniger gut

In diesem Roman geht es um eine Vater- Tochter- Beziehung, die nach dem Schlaganfall des Vaters, Fergus Boggs, zu einigen überraschenden Erkenntnissen führt. Seine Tochter Sabrina besucht ihn im Pflegeheim und erfährt im Laufe der Zeit, dass ihr Vater ein Doppelleben führte.

Fergus ist zusammen mit sechs Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Die Familie ist nach dem frühen Tod des Vaters von Schottland nach Dublin, zum Geburtsort ihrer Mutter, umgezogen. Fergus hat eine besondere Beziehung zu Hamish, dem ältesten Bruder.

Sabrina findet in den Sachen von Fergus eine Sammlung von Murmeln, die offensichtlich von Fergus sorgfältig inventarisiert wurden. Nach und nach erfährt sie, dass Fergus ein Doppelleben führte und unter einem anderen Namen ein bekannter Murmelspieler und -sammler war. Sie ist enttäuscht, davon nichts gewusst zu haben.

Sabrina stellt fest, dass ein paar wertvolle Murmeln fehlen und beginnt mit Nachforschungen. Sie lernt Fergus’ frühere Kollegen kennen und erfährt Geschichten, die für sie völlig neu sind. Sie konfrontiert Fergus mit einzelnen Murmeln und versucht so, sein Gedächtnis aufzufrischen.

Das Thema Murmeln hat mich überrascht. Bislang habe ich darin ausschließlich ein Kinderspielzeug gesehen und wusste nicht, dass es Wettkämpfe dazu gibt. Aber auch mit dieser Erkenntnis bleibt der Roman flach. Die Charaktere konnten mich nicht überzeugen. Es ist nicht die einfühlsame Geschichte, die man sich hätte vorstellen können.

Teilweise zieht sich die Geschichte wie Kaugummi dahin. Die Erzählungen erfolgen aus Sicht von Sabrina oder Fergus, mit zahlreichen Rückblicken, wobei immer erst nach einigem Lesen deutlich wird, um wen es gerade geht. Hier wären Zeitangaben und Angaben, wessen Geschichte es gerade ist, hilfreich gewesen.

Bewertung vom 02.09.2024
Der Spinoza-Effekt
Damasio, Antonio R.

Der Spinoza-Effekt


sehr gut

Antonio Damasio, Professor für Neurologie, ist bekannt für seine Arbeiten zur Bewusstseinsforschung. In diesem Buch geht es um den Zusammenhang bzw. um Wechselwirkungen zwischen Emotionen (körperlich), Gefühlen (geistig) und Vernunft.

Es ist auch ein Buch über das Leben des Philosophen Baruch de Spinoza, mit dem sich Damasio ausführlich beschäftigt hat und dessen Erkenntnisse als Grundlage betrachtet werden können für die neurobiologischen Arbeiten des Autors.

Emotionen und Gefühle sind Teil der automatischen und grundlegenden Mechanismen zur Steuerung des Lebens. Emotionen gehen den Gefühlen voraus. Sie bestehen aus einfachen Reaktionen, die auf simple Art und Weise für das Überleben sorgen.

Gefühle spielen eine entscheidende Rolle für das Sozialverhalten. Sie sind unentbehrlich für Entscheidungsprozesse. Damasio beschreibt einige Beispiele, bei denen es durch Hirnschädigungen zu Störungen des Sozialverhaltens gekommen sind.

Altruistisches Verhalten gibt es nicht nur bei Menschen, sondern wie Versuche zeigen, auch in der Tierwelt. (190) Das, was wir Ethik nennen, könnte in Organismen als allgemeines Programm der Bioregulation begonnen haben mit dem Ziel der Homöostase.

Damasio kritisiert die von Descartes postulierte Trennung von Körper und Geist (Dualismus) und kommt – empirisch belegt – zu dem Ergebnis, dass sich Körper und Geist ständig gegenseitig beeinflussen und unlösbar miteinander verknüpft sind.

Der Autor beschäftigt sich mit der Bedeutung des Bewusstseins (241) und erläutert, dass das Leben ohne den Prozess Bewusstsein nicht angemessen gesteuert werden kann, dass die Selbst- Komponente zwingend für das Überleben erforderlich ist.

Damasio unterstreicht in diesem Buch, dass Spinoza seiner Zeit voraus war, Grundlagen geschaffen hat, die für die Naturwissenschaften von Bedeutung sind und damit als ein Philosoph der Naturwissenschaften angesehen werden kann.

Bewertung vom 06.08.2024
Wolfgang Amadeus Mozart, nichts als Musik im Kopf
Hamann, Brigitte und Vincent Cronin

Wolfgang Amadeus Mozart, nichts als Musik im Kopf


sehr gut

Das Buch enthält Biografien von Wolfgang Amadeus Mozart und von Katharina der Großen auf jeweils ca. 165 Seiten. Es handelt sich um Kurzfassungen der Werke von Brigitte Hamann und von Vincent Cronin. Ein paar Bilder (zeitgenössische Gemälde) sind enthalten, sowie Zeittafeln über besondere Ereignisse.

Mozart galt als Wunderkind, das bereits mit 6 Jahren zusammen mit Vater Leopold, Musiker der "Fürsterzbischöflichen Salzburgischen Hofmusikkapelle" und der 4 Jahre älteren Schwester Maria Anna ("Nannerl"), auf Tour ging. Sie waren zunächst in Salzburg bekannt, und durch ihre Reisen später auch in verschiedenen Ländern Europas.

Katharina die Große wurde als Sophie Auguste Friederike, Prinzessin von Anhalt- Zerbst, in Stettin geboren. Ihre verwandtschaftlichen Beziehungen führten dazu, dass Kaiserin Elisabeth sie und ihren 14-jährigen Neffen Karl Peter Ulrich von Holstein- Gottorp (ihren Nachfolger auf dem Thron) nach Russland kommen ließ, zwecks Heirat.

Beide Autoren glänzen mit differenzierten Charakterisierungen und anschaulichen Beschreibungen der Kulturen. Die Leser tauchen ein in die Welt Mozarts und in die Welt von Katharina der Großen. Die Menschen im Umfeld und ihre Ansichten und Motive werden plausibel dargestellt. Das Buch ist verständlich und zu empfehlen

Bewertung vom 20.07.2024
Verbrechen
Schirach, Ferdinand von

Verbrechen


ausgezeichnet

Ferdinand von Schirach stellt in diesem Buch elf besondere Fälle aus seiner Zeit als Strafverteidiger vor. Es handelt sich um wahre Begebenheiten und als Leser staunt man, wozu Menschen fähig sind. Von Schirach versteht es, die Geschichten sachlich aber dennoch spannend zu erzählen. Der Gerechtigkeitssinn wird auf die Probe gestellt, denn nicht in allen Fällen werden die Täter gefasst.

Der Autor arbeitet die Motive für die Taten anschaulich heraus und auch die Arbeit der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und der Richter wird deutlich. Die Leser werden konfrontiert mit den Folgen einer toxischen Beziehung, mit Rachefeldzügen, die auch finsteren Gesellen Grenzen aufzeigen, mit psychischen Belastungen und ihren Auswirkungen, mit Vorurteilen und mit unterschätzten Zeugen und Tätern.

Von Schirach schreibt über Menschen, die zu Mördern, Drogendealern, Prostituierten oder Dieben werden. Sie sind irgendwann im Leben falsch abgebogen, zu einem Zeitpunkt, an dem die Konsequenzen noch nicht so klar erkennbar waren wie in einer Rückschau. Der Autor fängt diese Momente ein und skizziert die Lebenswege. Manche Verbrechen werden nie gesühnt und manchmal geraten die Täter an ihre Lehrmeister mit tödlichen Folgen.

Bewertung vom 13.07.2024
Der Mann, der vom Fahrrad fiel und im Paradies erwachte
Pihl, Roger

Der Mann, der vom Fahrrad fiel und im Paradies erwachte


schlecht

Valdemar Vågen, Geschäftsführer einer Softwarefirma, wird nach einem Fahrradunfall ins Krankenhaus eingeliefert. Er gewöhnt sich schnell an die fürsorgliche Behandlung und möchte das Krankenhaus nicht mehr verlassen. Ständige Selbstverletzungen, die nicht als solche erkannt werden, führen dazu, dass sich sein Aufenthalt in die Länge zieht. Dann gibt es dort noch einen Hausmeister, der ein Geheimnis hütet. Valdemar verfolgt ihn heimlich und lüftet das Geheimnis. Erschwerend kommt hinzu, dass das Krankenhaus aus Kostengründen geschlossen werden soll.

Es handelt sich zwar um eine Parodie, jedoch fand ich Valdemars Verhalten, seine Selbstverletzungen, einfach nur dumm und die Reaktionen der Krankenhausmitarbeiter naiv. Auch die Geschichte um den Hausmeister wirkt an den Haaren herbeigezogen. Boffen, Valdemars Mann fürs Grobe kann nicht überzeugen, ebenso wenig wie die konstruierte Liebesgeschichte mit Jenny, der Leiterin der Reha-Station. Es werden nicht alle Handlungsfäden zu Ende gestrickt und nicht alle Hintergründe erläutert. Die Geschichte ist nur stellenweise humorvoll und wirkt insgesamt arg konstruiert.