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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 745 Bewertungen
Bewertung vom 06.08.2024
Wolfgang Amadeus Mozart, nichts als Musik im Kopf
Hamann, Brigitte und Vincent Cronin

Wolfgang Amadeus Mozart, nichts als Musik im Kopf


sehr gut

Das Buch enthält Biografien von Wolfgang Amadeus Mozart und von Katharina der Großen auf jeweils ca. 165 Seiten. Es handelt sich um Kurzfassungen der Werke von Brigitte Hamann und von Vincent Cronin. Ein paar Bilder (zeitgenössische Gemälde) sind enthalten, sowie Zeittafeln über besondere Ereignisse.

Mozart galt als Wunderkind, das bereits mit 6 Jahren zusammen mit Vater Leopold, Musiker der "Fürsterzbischöflichen Salzburgischen Hofmusikkapelle" und der 4 Jahre älteren Schwester Maria Anna ("Nannerl"), auf Tour ging. Sie waren zunächst in Salzburg bekannt, und durch ihre Reisen später auch in verschiedenen Ländern Europas.

Katharina die Große wurde als Sophie Auguste Friederike, Prinzessin von Anhalt- Zerbst, in Stettin geboren. Ihre verwandtschaftlichen Beziehungen führten dazu, dass Kaiserin Elisabeth sie und ihren 14-jährigen Neffen Karl Peter Ulrich von Holstein- Gottorp (ihren Nachfolger auf dem Thron) nach Russland kommen ließ, zwecks Heirat.

Beide Autoren glänzen mit differenzierten Charakterisierungen und anschaulichen Beschreibungen der Kulturen. Die Leser tauchen ein in die Welt Mozarts und in die Welt von Katharina der Großen. Die Menschen im Umfeld und ihre Ansichten und Motive werden plausibel dargestellt. Das Buch ist verständlich und zu empfehlen

Bewertung vom 20.07.2024
Verbrechen
Schirach, Ferdinand von

Verbrechen


ausgezeichnet

Ferdinand von Schirach stellt in diesem Buch elf besondere Fälle aus seiner Zeit als Strafverteidiger vor. Es handelt sich um wahre Begebenheiten und als Leser staunt man, wozu Menschen fähig sind. Von Schirach versteht es, die Geschichten sachlich aber dennoch spannend zu erzählen. Der Gerechtigkeitssinn wird auf die Probe gestellt, denn nicht in allen Fällen werden die Täter gefasst.

Der Autor arbeitet die Motive für die Taten anschaulich heraus und auch die Arbeit der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und der Richter wird deutlich. Die Leser werden konfrontiert mit den Folgen einer toxischen Beziehung, mit Rachefeldzügen, die auch finsteren Gesellen Grenzen aufzeigen, mit psychischen Belastungen und ihren Auswirkungen, mit Vorurteilen und mit unterschätzten Zeugen und Tätern.

Von Schirach schreibt über Menschen, die zu Mördern, Drogendealern, Prostituierten oder Dieben werden. Sie sind irgendwann im Leben falsch abgebogen, zu einem Zeitpunkt, an dem die Konsequenzen noch nicht so klar erkennbar waren wie in einer Rückschau. Der Autor fängt diese Momente ein und skizziert die Lebenswege. Manche Verbrechen werden nie gesühnt und manchmal geraten die Täter an ihre Lehrmeister mit tödlichen Folgen.

Bewertung vom 13.07.2024
Der Mann, der vom Fahrrad fiel und im Paradies erwachte
Pihl, Roger

Der Mann, der vom Fahrrad fiel und im Paradies erwachte


schlecht

Valdemar Vågen, Geschäftsführer einer Softwarefirma, wird nach einem Fahrradunfall ins Krankenhaus eingeliefert. Er gewöhnt sich schnell an die fürsorgliche Behandlung und möchte das Krankenhaus nicht mehr verlassen. Ständige Selbstverletzungen, die nicht als solche erkannt werden, führen dazu, dass sich sein Aufenthalt in die Länge zieht. Dann gibt es dort noch einen Hausmeister, der ein Geheimnis hütet. Valdemar verfolgt ihn heimlich und lüftet das Geheimnis. Erschwerend kommt hinzu, dass das Krankenhaus aus Kostengründen geschlossen werden soll.

Es handelt sich zwar um eine Parodie, jedoch fand ich Valdemars Verhalten, seine Selbstverletzungen, einfach nur dumm und die Reaktionen der Krankenhausmitarbeiter naiv. Auch die Geschichte um den Hausmeister wirkt an den Haaren herbeigezogen. Boffen, Valdemars Mann fürs Grobe kann nicht überzeugen, ebenso wenig wie die konstruierte Liebesgeschichte mit Jenny, der Leiterin der Reha-Station. Es werden nicht alle Handlungsfäden zu Ende gestrickt und nicht alle Hintergründe erläutert. Die Geschichte ist nur stellenweise humorvoll und wirkt insgesamt arg konstruiert.

Bewertung vom 24.06.2024
Im Schatten der Wächter
Gardner, Graham

Im Schatten der Wächter


ausgezeichnet

Elliot ist Schüler auf dem Holminster Gymnasium. Er ist eher schmächtig und hat auf seiner früheren Schule schlechte Erfahrungen mit Mobbing gemacht. Seine Mutter sorgt für den Lebensunterhalt, da der Vater seit einem Überfall intensiver Pflege bedarf. Das war auch der Grund für den Umzug in eine kleinere Wohnung.

Da Elliot nicht erneut Opfer von Misshandlungen werden möchte, verhält er sich extrem unauffällig. Er passt sich an und will um keinen Preis auffallen. Im Laufe der Zeit merkt er, dass auf der neuen Schule die gleichen sozialen Defizite vorhanden sind, wie auf seiner alten Schule. Es gibt Gewalt gegen Schüler die schwach oder einfach nur anders sind.

Verantwortlich für die Strafaktionen sind die Wächter, die eine Liste mit Namen führen, die als nächstes dran sind. Die Wächter kennt niemand außer den Vermittlern, die die Aufträge der Wächter entgegen nehmen. Oliver ist einer der Vermittler, der auf Elliot aufmerksam wird. Elliot wird Zeuge der Bestrafung von Ben, einem unsportlichen Jungen.

Elliot freundet sich mit Ben an, lernt Louise kennen, die sich für ihn interessiert und die Wächter verabscheut und wird von den Wächtern eingeladen, die ihn zum Nachfolger ausbilden wollen. Damit ist das Spannungsfeld beschrieben, in dem sich Elliot bewegt. Hinzu kommt, dass es ständig Streit mit seiner Mutter gibt, der er nichts erzählt.

Die Leser tauchen tief in Elliots Gedankenwelt ein und erleben seine Zerrissenheit. Für jede Beziehung muss er eine neue Maske aufsetzen. Die Beschreibungen von Elliots aussichtsloser Situation machen den Kern des Buches aus. Wer ist er selbst? Niemand kennt ihn, jeder sieht nur eine Facette seiner selbst und diese widersprechen sich.

Elliot erlebt sich als Opfer und als Täter. Er kann niemandem trauen, muss sich stets kontrolliert verhalten. Aufschlussreich ist, dass Thesen aus Orwells Buch 1984 sowohl den Tätern als Grundlage dienen als auch den Gegnern der Wächter. Es ist alles eine Frage der Perspektive. Das Buch kann ich sehr empfehlen.

Bewertung vom 20.06.2024
Roald Dahl`s Buch der Schauergeschichten
Dahl, Roald

Roald Dahl`s Buch der Schauergeschichten


gut

Es handelt sich um vierzehn Schauergeschichten verschiedener Autoren, die Roald Dahl 1958 aus mehreren hundert Büchern für eine Fernsehserie ausgewählt hat. Die Serie kam nie zur Ausstrahlung und so hat Roald Dahl fünfundzwanzig Jahre später die Geschichten in einem Buch veröffentlicht.

Es ist schon erstaunlich, dass es sich hier um eine kleine Auswahl handelt, denn die Geschichten haben mich nicht wirklich überzeugt. Sie halten keinen Vergleich stand mit Kurzgeschichten, die Roald Dahl in "Küsschen, Küsschen" oder in "… und noch ein Küsschen" veröffentlicht hat.

Bewertung vom 08.06.2024
Das NABU-Vogelbuch
Mullen, Peter;Karwinkel, Fabian

Das NABU-Vogelbuch


sehr gut

Es handelt sich um ein wohl strukturiertes Fachbuch über die Vogelwelt Deutschlands. Zu Beginn erläutern die Autoren den Aufbau des Buches. Der Hauptteil besteht aus einer reichlich bebilderten Übersicht der einzelnen Arten und am Ende finden Leser ein Suchregister für den gezielten Einstieg. Die Gruppeneinteilung erfolgt der Übersicht wegen nach Ähnlichkeit, die taxonomische Zuordnung ist aber angegeben. Leser sollten sich mit dem Aufbau des Buches und den enthaltenen Abkürzungen (siehe Buchdeckel) vertraut machen. Wem dieses Werk zu umfangreich ist, der findet auf dem Büchermarkt auch kleinere Übersichten über regional häufig vorkommende Gartenvögel.

Bewertung vom 07.06.2024
Lehrerkind
Bielendorfer, Bastian

Lehrerkind


sehr gut

In einer Lehrerdynastie aufzuwachsen ist mit Härten verbunden. Comedian Bastian Bielendorfer beschreibt in diesem Buch seine Schulzeit und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Die Lehrer seiner ehemaligen Schule, die er charakterisiert, kommen in diesem Werk nicht gut weg, aber er selbst spart auch nicht mit Selbstironie, die er ins Extreme betreibt. Dadurch wird sein Rumdumschlag relativiert. Bislang hat sich noch niemand getraut, ein solches Buch zu schreiben. Vielleicht ist das sein Erfolgsgeheimnis.

Bewertung vom 23.05.2024
Mysterien
Hamsun, Knut

Mysterien


weniger gut

"Ja, das ist wahr, ich gebe zu, dass ich ein lebender Widerspruch bin, und ich verstehe das selbst nicht." (141)

Damit beschreibt der 29-jährige Protagonist Johan Nilsen Nagel, der eines Tages im Jahr 1891 in der kleinen norwegischen Hafenstadt auftaucht, treffend sich selbst. Er spielt verschiedene Rollen, führt Diskussionen, verschenkt Geld, spielt den Beschützer, den Schwindler, kauft unnütze Artikel und verliebt sich mehrfach. Seine wahre Biografie bleibt nebulös, wird nur durch die frühere Bekannte Kemma, die ihn besucht, angedeutet. Selbst sein Name und sein Beruf sind offensichtlich falsch.

Die vielen unnützen Gespräche mit dem Kohlenausträger Johannes Grögaard (Minute), der hübschen Pastorentochter Dagny Kielland, der alleinstehenden Martha Gude, dem juristischen Bevollmächtigten Reinert, dem Doktor Sternersen usw. bringen kein Licht in den Tunnel. Man fragt sich bis zum Schluss, worum es eigentlich geht. Nagel ist eine zerrissene Persönlichkeit, die, wie Knut Hamsuns Sohn zugestand, Ähnlichkeiten mit dem Autor selbst hat. Das ist wohl das mysteriöse an der Geschichte.

Bewertung vom 13.05.2024
Griechischstunden
Kang, Han

Griechischstunden


gut

Zwei Menschen, die mit persönlichen Verlusten zu kämpfen haben, begegnen sich in Seoul in einem Griechisch-Kurs, in dem Alt-Griechisch gelehrt wird, die Sprache des Philosophen Platon.

Schülerin ist eine begabte junge Frau, die kürzlich ihre Mutter verloren hat und in einem Sorgerechtsstreit ihren neunjährigen Sohn abgeben musste. Die Ereignisse führten dazu, dass sie ihre Sprache verloren hat.

Ihr Lehrer leidet darunter, in zwei verschiedenen Kulturen, in Deutschland und in Südkorea, aufgewachsen zu sein. Zudem muss er sich aufgrund einer Augenkrankheit damit abfinden, allmählich zu erblinden.

Es handelt sich um eine Erzählung, in die Träume, Visionen und Erinnerungen eingeflochten sind, die die jetzige Einsamkeit und Sensibilität der Protagonisten verdeutlicht. Alt-Griechisch dient als Schnittstelle zur Außenwelt.

Im Laufe der Zeit erkennen sie einander und lernen zögerlich sich zu vertrauen. Es ist ein stiller Roman, der sich voller Poesie zweier sensibler Menschen widmet, die mit Verlustängsten zu kämpfen haben und sich kaum zu öffnen bereit sind.

Han Kang gelingt es auf unnachahmliche Art und Weise, den Fokus auf die Innenwelten zu richten. Obwohl sprachlich ausgereift, verliert man dennoch manches Mal den roten Faden zwischen Gegenwart, Vergangenheit, Traum und Wirklichkeit.