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Benutzername: 
Darren
Wohnort: 
Heidelberg

Bewertungen

Insgesamt 12 Bewertungen
12
Bewertung vom 30.08.2020
Der Spuk von Beacon Hill
Ibsen, Ambrose

Der Spuk von Beacon Hill


sehr gut

„Die kleine Rettungsmission, von der August da träumte, glich dem Versuch, Krankheiten zu heilen, indem man das Infektionsgebiet betrat.“ (Pos. 1426)

Die Geschichte beginnt mit einer Mutprobe. Drei Jugendliche wollen ihre Tapferkeit beweisen, indem sie ein Haus aufsuchen, das seit etwa 100 Jahren leer steht, weil sich dort eine so unglaubliche Tragödie abgespielt haben soll, dass nicht alle verlorenen Seelen den Übertritt geschafft haben. Eine davon ist „Madenmutter“, eine Frau, die fünf Kinder adoptiert hat, nachdem das Waisenhaus, indem sie arbeitete, aufgrund von üblen Foltermethoden geschlossen wurde. Doch trotz Hilferufe der Adoptanten, dass die Qualen weiter gehen, kommt ihnen niemand zu Hilfe, sodass sie in ihrer Not Selbstjustiz geübt haben. Doch „Madenmutter“ ist noch lange nicht bereit, diese Welt zu verlassen, vor allem nicht solange der jugendliche Wahnsinn immer wieder für Besucher sorgt...

Das Buch ist aus der Sicht eines Erzählers geschrieben, dennoch wirkt es nicht distanziert, sondern lebendig durch viele Dialoge, die zwischen Sadie und ihrem Kollegen August recht witzig sein können, aber auch verzweifelt und bittend, wenn sie mit Rosie, der Mutter des besessenen Mädchens, spricht. Die Kapitel sind mittellang, fliegen aber durch den extrem flüssigen Schreibstil an einem vorbei, sodass man sie nicht wirklich wahrnimmt, sondern blättert und blättert und schwups, ist die Geschichte passé.
Die Charakteren sind nicht in aller Ausführlichkeit beschrieben, stellenweise hat man auch den Eindruck, dass man die Person erst im Laufe des Buches kennen lernt. Dennoch wirken sie nicht wie leblose Schaufensterpuppen, sondern realistisch, ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen, sondern eher einen Ausschnitt ihres Lebens beleuchtend.

Die Aufmachung des Buches ist eher zurückhaltend, dennoch ein klassisches Gruselmotiv, das gleich klar macht, was der Mittelpunkt oder der Auslöser in dem Buch für das ganze Grauen ist. Und dieser Auslöser liebt hollywoodreife Auftritte:
„Es begann mit einem kehligen Stöhnen, vielleicht einem Laut der Qual, der die Eingeweide ebenso traf wie das Ohr. Weitere folgten, ein Stöhnen nach dem anderen, wie die Glieder einer Kette und nur vom rasselnden Geräusch einer klapprigen Lunge unterbrochen. (Pos. 1597)

Wirklich klar geworden, warum das Haus auf dem Cover entwurzelt ist, in der Luft schwebt und Teile von einem kleinen Wirbelsturm durch die Gegend fliegen, ist mir nicht.
Und auch wenn die Geschichte nicht ganz so atmosphärisch wie „Carrow House“ von Darcy Coates, ebenfalls Festa-Verlag, ist, konnte sie mit mehreren schönen Vergleichen überzeugen:
„Staub wehte vom Boden auf, rieselte von der Decke und tanzte im dünnen Lichtkegel der Lampe wie Schnee in einem Wirbelsturm.“ (Pos. 84)


Fazit:
Ich finde es toll, wenn Gruselbücher nicht aus Blutlachen, wildem Geballer und hirnlosen Dialogen bestehen. Gänsehaut macht für mich die Atmosphäre und die Psychospielchen aus. Das hätte man hier zwar noch intensivieren können, Luft nach oben ist vorhanden, doch der Schreibstil des Autors lässt es zu einem absoluten Pageturner werden. Zudem gefällt es mir, wenn Geschichten Sagen und Legenden aufgreifen. Hier ist des Rätsels Lösung wie man einen Geist los wird, wirklich auf ein klassisches Ritual zurück zu führen. Doch damit ist auch ein Wermutstropfen verbunden. Kaum ist ein Lösungsweg gefunden, wird das Ende sehr schnell und fast problemlos herbei geführt. Es fehlt noch ein Twist, ein Herzinfaktmoment, weil die Lösung doch nicht ganz so greift, einfach ein dramaturgischer Wendepunkt, der erst noch einmal alles in schwarz färbt, bevor man doch wieder ein Licht am Ende des Tunnels sieht. Das ist echt schade und würde dem Buch einen feineren Schliff verpassen.

Dennoch eine Empfehlung meinerseits, vor allem weil ein klassisches Gruselbuch natürlich immer einen Cliffhanger für eine Fortsetzung mit sich bringt...

Bewertung vom 09.03.2020
Die Puppe - Vertraue nicht dem Bösen
Hazel, James

Die Puppe - Vertraue nicht dem Bösen


ausgezeichnet

Vorsicht Spoiler!

„Wie kann man so etwas nur tun?“, fragte Rowlinson (Ermittler) leise.
„Das weiß ich noch nicht genau“, murmelte O’Connell. „Mit einem Schneidbrenner, würde ich schätzen.“ (Pos. 2362)
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Er beschützt dich. Er spielt mit dir. Er wird dich zerstören.
Der Anwalt Charlie Priest steht vor einem Fall, der seine Karriere in ungeahnte Höhen befördern könnte – oder sie für immer zerstören. Es sieht nach letzterem aus, als der Kronzeuge am Morgen des ersten Verhandlungstages brutal erstickt im Kofferraum einer Journalistin gefunden wird. Wenig später taucht die Leiche der Klägerin auf, ihr Mund zusammengenäht und der Rest ihres Kopfes fast vollständig verbrannt. Priest erkennt: Der Killer hatte eine Rechnung mit den Opfern offen, die noch nicht beglichen ist – denn er weiß von einem grausamen Geheimnis und wird nicht ruhen, bis nicht alle Schuldigen zur Rechenschaft gezogen wurden …
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Der erste Schauplatz führt uns an den Rand einer Klippe – Ein junges Mädchen steht mit ausgebreiteten Armen am Abgrund, bereit zum Sprung; bereit, sich vom Wind davon tragen zu lassen. Hinzu gerufen wird eine Polizistin, die die Kleine, zwischen deren Beinen ein blutiges Rinnsal entlang läuft, zu retten versucht …
Szenenwechsel: Chatroom
Simeon und ein anonymer User unterhalten sich. Sie scheinen eine Art privater Rachefeldzug gegen das ihrer Ansicht nach Ungerechte in der Welt auszuüben, aber Simeon möchte aussteigen und sich sogar der Polizei stellen.
User 3412: Ich drücke es nur ungern so aus, Simeon, ABER DU GEHÖRST MIR. (Pos. 140)

Zwei kurze, spannungserzeugende Einstiegskapitel, die noch nicht zu viel verraten, aber Lust auf mehr machen. Was steckt dahinter?

Wir finden uns im Gerichtssaal wieder. Ein großer Förderverein wurde von einer kleinen Zeitung diffamiert, Gelder veruntreut zu haben. Der Hauptzeuge und Whistleblower: Simeon
Doch dieser taucht nicht im Gerichtssaal auf, womit der Prozess verloren scheint und die Zeitung dem Bankkrott ins Angesicht blicken muss. Simeon taucht nach einer kurzen Suchaktion wieder auf, im Kofferraum einer Journalistin, die sich an die Fersen von Charlie Priest geheftet hat, der Simeon finden und ins Gericht bringen sollte. Doch als Leiche kann er nicht mehr aussagen.
Charlie Priest, seine Kollegin Georgie Someday und die Journalistin, die ausgeprägt eigenwillige Charaktereigenschaften vorweist, begeben sich auf Hintergrundrecherche wer der Mörder sein könnte. Ganz vorne auf der Liste der Verdächtigen steht natürlich die klagende Gegenseite.
Doch auch deren Leichnam wird wenige Tage später und schwer verstümmelt aufgefunden.


Im parallel verlaufenden Erzählungsstrang erfährt man, dass der sogenannte Puppenspieler, der scheinbar der Chatpartner von Simeon gewesen ist, seine Hände im Spiel hatte. Er hat nicht nur Simeon auf schnelle Weise beseitigt, sondern hat bei der Ermordung der Klägerin Lust und Gefallen an der langsamen, qualvollen Mordweise bekommen. Immer öfter fließen zu diesem Zeitpunkt des Buches die Gedanken und Taten des Puppenspielers ein und wir bekommen auf einen Vorgeschmack auf das, was noch folgen könnte.
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Insgesamt ein sehr rundes Buch mit glaubwürdigen plastischen Charakteren. Priest ist eine sehr authentische Figur mit Ecken und Kanten, einer Erkrankung, die ihn immer wieder den Boden unter den Füßen wegzieht, sodass er von privaten Problemen und schwierigen Situationen nicht verschont bleibt, besonders da er diese eigentlich geheim halten möchte.
Dass das Buch bereits ein Teil 2 ist, wurde mir erst bei den Danksagungen gewusst. Die mit Humor gespickte Geschichte steht für sich allein, macht aber auch Lust auf einen neuen Fall für Priest und Kollegen.

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