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Benutzername: 
wacaha
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Ba-Wü

Bewertungen

Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 01.05.2023
Kohlenwäsche
Salzmann, Thomas

Kohlenwäsche


gut

Der berühmte Aktionskünstler Claude Freistein wird auf Zeche Zollverein tot aufgefunden. Hauptkommissarin Frederike Stier wird mit dem Fall betraut und hat ihre Schwierigkeiten dabei, in der Essener Kunstszene mit den Ermittlungen voranzukommen – was auch an ihrer persönlichen, eher rustikalen Art liegt. Wer hat ein Motiv, den exzentrischen, aufsteigenden Star zu ermorden? Bevor sie mögliche Motive identifizieren kann wird auch Freisteins Agent ermordet.
Das Cover von „Kohlenwäsche“ finde ich sehr interessant – obwohl lediglich eine Rolltreppe im Fokus steht wurde diese aufgrund der besonderen gelb-orangenen Farbgebung sehr kunstvoll in Szene gesetzt. Das Bild passt meiner Meinung nach somit perfekt zum Inhalt des Buches.
Dieses lässt sich gut und flüssig lesen, den Schreibstil des Autors Thomas Salzmann empfinde ich als sehr angenehm. Durch detailreiche Beschreibungen hatte ich Bilder im Kopf und konnte mich gut in beschriebene Szenen und Örtlichkeiten hineinversetzen. Der Inhalt gibt interessante Einblicke in die Kunstszene, ohne das recherchierte Wissen zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Auch wurde die Ermittlungsarbeit gut beschrieben und hat auch mich zum miträtseln über Motive und Schuldige angeregt. Der rote Faden der Story war von Anfang bis Ende zu erkennen, die Auflösung des Falles nachvollziehbar. Besondere Spannung hat sich bei mir jedoch leider nicht eingestellt, die Geschichte hat unaufgeregt ihren Lauf genommen und in einem kleinen Showdown geendet.
Was mich an dem Buch leider sehr gestört hab war die Protagonistin Frederike Stier. Ich fand sie einfach nur anstrengend und sehr nervig und konnte somit gut nachvollziehen, warum sie im Kollegenkreis so unbeliebt ist und auch ihr Chef sie am liebsten so schnell wie möglich in Rente schicken möchte. Sie war stur, uneinsichtig und egoistisch, meinte alles besser zu wissen und ihre gesundheitlichen Probleme einfach durch Ignoranz zu verdrängen. Auch ihre Art andere Menschen zu behandeln war mehr als unverschämt, insbesondere ihr netter junger Kollege Kevin Kowalczyk hat mir sehr leid getan. Auch ihre unkonventionelle Ermittlungsweise empfand ich an vielen Stellen unangebracht und befremdlich. Leider hat mir diese unsympathische Protagonistin den Lesespaß an „Kohlenwäsche“ dann doch sehr getrübt.

Bewertung vom 01.05.2023
Der Tote im Netz / Mai und Lorenz ermitteln auf Usedom Bd.1
Scheunemann, Frauke

Der Tote im Netz / Mai und Lorenz ermitteln auf Usedom Bd.1


sehr gut

Auf Usedom herrscht Aufruhr: Ein lokaler Fischer wurde brutal ermordet, das Wort „Rache“ in seine Brust geritzt. Was steckt dahinter? Die Anzahl möglicher Rachemotive und Schuldiger ist vielfältig, war der Mann doch nicht gerade sehr beliebt. Die ortsansässige Radioreporterin Franziska Mai sieht nicht nur die Chance einer großen Story hinter dem Mord, sondern auch die Möglichkeit das Usedomer „Bäderland-Radio“ zu retten, das verkauft werden soll. Doch schnell kommt sie mit ihren privaten Mordermittlungen Kommissar Kay Lorenz in die Quere – und bald selbst ins Visier des Mörders.
„Der Tote im Netz“ ist das Krimidebüt von Frauke Scheunemann zur neuen Reihe rund um Franziska Mai, weitere Bände sollen folgen. Und mit der kecken Radiomoderatorin hat die Autorin auch eine Protagonistin geschaffen, von der ich gerne mehr lesen würde, ich musste einige Male herzlich über ihre freche Art lachen. An anderer Stelle fand ich sie hingegen fast etwas zu anmaßend unterwegs, was aber wiederum zu ihrem Job als Journalistin passt. Ich bewundere ihren Mut und ihr Selbstbewusstsein, halte sie andererseits aber manchmal auch für etwas naiv und zu draufgängerisch. Interessant fand ich insgesamt, dass in diesem Buch eine Radio- und nicht wie schon häufig gelesen eine Zeitungsreporterin im Mittelpunkt steht. Man spürt in jeder Zeile, dass sich die Autorin mit diesem Medium auskennt. Auch die anderen Charaktere fand ich interessant, sympathisch und in all ihrer Unterschiedlichkeit authentisch.
Dies geschieht auch gerade durch die anschauliche Beschreibung von Einheimischen und Örtlichkeiten. Schön, dass die eigene Art zu sprechen der Usedomer mit ins Buch eingeflossen ist, es sind immer wieder mal ein paar Worte Platt zu lesen. Das ist meiner Meinung nach wohl dosiert und stimmig eingesetzt und wirkt nicht übertrieben, sondern trägt zum Lokalkolorit bei. Hierzu passt auch das Cover, welches eine Usedomer Strandkulisse mit der Seebrücke Ahlbeck zeigt und Urlaubsstimmung pur versprüht. Allerdings hätte ich bei diesem harmonischen Cover nicht im ersten Moment einen Krimi erwartet. Im Klappenumschlag des Buches selbst findet sich ein Lageplan der Insel, so dass ich die Bewegungen der Figuren super nachvollziehen konnte. Das hat Spaß gemacht. In der hinteren Buchklappt finden sich zudem Kurzbeschreibungen der beiden Hauptakteure Franziska und Kay.
Die Story liest sich locker die Schreibweise ist leicht und absolut passend zu einem Urlaubskrimi. Mir haben die Mischung aus Humor und Spannung sowie die zahlreichen humorvollen Momente gut gefallen. Besonders amüsiert habe ich mich über die Schlagabtausche zwischen der aufmüpfigen Franzi und ihrem jeweiligen Gesprächspartner, meist Kay.
Insgesamt hat das Buch viel Spaß gemacht, durch die gelungene Mischung aus Lokalkolorit, sympathischen Figuren, spannender Ermittlungsarbeit und amüsanten privaten Angelegenheiten. Ich habe einiges über die Insel Usedom gelernt und richtig Lust bekommen, dort einmal einen Urlaub zu verbringen.

Bewertung vom 23.04.2023
Storchenherzen / Die Hebammen vom Storchennest Bd.1
Teichert, Fritzi

Storchenherzen / Die Hebammen vom Storchennest Bd.1


ausgezeichnet

Helga ist Hebamme aus Leidenschaft doch so langsam gehen ihr die werdenden Eltern mit ihren übertriebenen Sorgen und immer gleichen Fragen zunehmend auf die Nerven. Dies sorgt dafür, dass Helga nicht immer emphatisch genug reagiert und das „Storchennest“, in dem sie arbeitet, negative Kritiken ansammelt. Um diese aufzubessern stellt Monika, die Besitzerin der Hebammenpraxis, eine neue, junge Kollegin ein: Madita ist flippig, motiviert und bringt gerne verrückte Ideen in die Praxis ein. Helga ist zunächst gar nicht begeistert, doch die erzwungene Zusammenarbeit lässt die beiden Frauen mehr Gemeinsamkeiten finden, als ihnen zunächst bewusst war – denn beide machen privat gerade eine schwere Zeit durch und lernen nach und nach, wie sehr sie nicht nur die ihnen anvertrauten Frauen, sondern auch sich gegenseitig stützen können.
Was für ein tolles und ungewöhnliches Buch! Noch nie habe ich einen Roman gelesen, der im Setting einer Hebammenpraxis spielt. Ich persönlich habe wahnsinnig viel über diesen Beruf und die Hintergründe der Menschen, die den wichtigen Job der Hebamme ausüben gelernt und habe nun noch größeren Respekt vor dieser Berufsgruppe. Das Buch beschreibt authentisch den Alltag dieser wichtigen Berufsgruppe und wie glücklich man sich schätzen kann, im richtigen Moment eine derart wertvolle Unterstützung wie eine Hebamme an seiner Seite zu haben. Schön, dass ihnen dieses Buch gewidmet ist.
Die beiden Protagonistinnen Helga und Madita könnten unterschiedlicher nicht sein. Natürlich werden sie als zwei Extreme, als Gegenpole beschrieben, aber genau das lässt ihre Entwicklung umso deutlicher mitverfolgen. Beide sind mir während des Lesens sehr ans Herz gewachsen und ich würde gerne mehr über sie lesen.
Der Schreibstil des Autorinnenduos hat es wunderbar geschafft, die Leidenschaft und Aufopferung darzustellen, die für die Ausübung dieser Arbeit notwendig sind. Sowieso hat „Storchenherzen“ so viele Emotionen in mir ausgelöst: Von purer Freude über Hoffnung hin zu Verzweiflung, ich habe mit den Hebammen und ihren Klientinnen gelacht, an einer Stelle aber auch hemmungslos geweint. Ein Buch, dem eh gelingt, ganz große Emotionen hervorzurufen ohne zu übertreiben – ganz wunderbar geschrieben und eine absolute Leseempfehlung, nicht nur für Schwangere.

Bewertung vom 05.04.2023
Dinge, die wir brennen sahen
Scrivenor, Hayley

Dinge, die wir brennen sahen


sehr gut

In der australischen Kleinstadt Durton verschwindet ein Mädchen: Die 12jährigen Freundinnen Esther und Ronnie sind wie jeden Tag gemeinsam von der Schule nach Hause gelaufen, doch Esther ist nie dort angekommen. Die Bewohner der Stadt machen sich auf die Suche, doch diese bleibt ergebnislos. Unsicherheit verbreitet sich, gegenseitige Verdächtigungen und Spekulationen kommen auf - und die Angelegenheit beginnt eine Eigendynamik zu entwickeln, der auch die eingetroffenen, dafür zuständigen Detectives nichts entgegensetzen können.

„Dinge, die wir brennen sahen“ ist der erste Roman der australischen Autorin Hayley Scrivenor, dessen frühere Fassung sogar bereits den „Kill Your Darlings Unpublished Manuscript Award“ gewonnen hat. Die Einordnung in ein Genre ist mir bis zum Ende hin etwas schwer gefallen, da dieser Roman unheimlich vielschichtig ist und Elemente verschiedener anderer Genres in sich vereint. Das Cover, aufgedruckt auf einen umweltfreundlichen Papierumschlag, ist an sich recht unaussagekräftig: Es zeigt eine öde Landschaft in der Hitze. Kennt man jedoch den Inhalt des Buches ist es absolut passend, denn genau diese trostlose Einöde in glühender Hitze wird auch im Inhalt mehrfach aufgegriffen und authentisch transportiert.

Sowieso ist meines Empfindens nach der Schreibstil der Autorin das, was das Buch so besonders macht. Es ist sehr atmosphärisch und teilweise beinahe poetisch geschrieben, gerade die bewusst allgemein gehaltene Kapitel aus Sicht von „Wir“ klingen sehr literarisch. Auch wenn diese mich zunächst ratlos zurück gelassen haben fand ich sie im Laufe des Buches immer sinnhafter, um das Lebensgefühl der Kinder von Durton zu transportieren. Insgesamt wird die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt, die der Leser allesamt gut nachempfinden kann. Besonders hervorheben möchte ich dabei die Sichtweisen der Kinder, die dort zu Wort kommen und die absolut altersgerecht von Ausdruckweise, Gedankengängen und Erklärungen sind. Sie unterscheiden sich dadurch deutlich von den Erwachsenen-Perspektiven, welche im Gegensatz narrativ erzählt werden und nicht wie bei den Kindern im Ich-Stil. Durch diese sehr unterschiedlichen Sichtweisen habe ich das Gefühl, die Geschehnisse und Dynamiken von Esthers Geschehen so allumfassend aufgezeigt zu bekommen, wie sie jede Personengruppe – alt, jung, involviert, abseits, professionell – für sich individuell wahrnimmt.

Inhaltlich baut sich die Geschichte langsam auf, nachdem das einleitende Kapitel bereits Esthers Schicksal vorwegnimmt, welches ja auch bereits auf dem Klappentext verraten wird. Mit dem Wissen, dass das Kind tot ist, die Hoffnungen, die Ungewissheit, das Suchen und die Ermittlungen mitzuverfolgen macht das Geschehen gleich nochmals tragischer. Die sich entwickelnden Eigendynamiken in den zwischenmenschlichen Beziehungsgeflechten der Bewohner Durtons lassen sich gut nachvollziehen und es setzen sich langsam immer mehr Puzzlesteinchen zusammen, bis mich das Ende dann nicht mehr sonderlich überrascht hat.

Wer bei all den polarisierenden und authentisch dargestellten Figuren in dem Buch allerdings leider etwas untergegangen ist sind die beiden Polizisten und ihre Ermittlungen. Diese verliefen erst sehr schleppend, bis sich am Ende die Ereignisse überstürzt haben. Insbesondere die Rolle von Sarah, die als Protagonistin auf Ermittlerseite fungieren sollte, hat mich leider überhaupt nicht überzeugt. Sie war mir unsympathisch und wenig greifbar, regelrecht gestört hat mich die ständige Erwähnung ihrer Ex-Partnerin Amira, die für die Geschichte absolut irrelevant war und für meinen Geschmack hätte weggelassen werden können.

Insgesamt hat mir „Dinge, die wir brennen sahen“ sehr gut gefallen, was insbesondere der perfekt vermittelten Atmosphäre einer heißen Kleinstadt Australiens und dem außergewöhnlichen, sehr besonderen Schreibstil der Autorin zu verdanken ist.

Bewertung vom 18.03.2023
Das Geheimnis des Duke
Neeb, Stefanie

Das Geheimnis des Duke


sehr gut

Die junge Engländerin Charlet ist verzweifelt: Heute Abend auf dem Ball von Lady Rutherford soll ihre Verlobung mit Arthur bekannt gegeben werden, dem Älteren der Godwins-Zwillinge, der eines Tages den Titel des Dukes erben wird und Charlets finanziell angeschlagene Familie damit retten kann. Doch seit langer Zeit gehört ihr Herz Arthurs Bruder Jasper. Auf dem Weg zum Fest erhält die junge Frau einen geheimnisvollen Brief, der sie und Jasper auf eine Rätselreise durch die zahlreichen Räumlichkeiten des Schlosses schickt und das Potenzial hat, alles zu verändern.

„Das Geheimnis des Duke“ von Stefanie Neeb ist ein Rätsel-Roman nach Vorbild der bekannten „Escape“-Bücher, nur dass es sich hier um das Vorankommen einer Geschichte handelt und nicht das Ziel verfolgt, einen Ausweg zu finden. Gleich ist, dass es auf jeder Seite Rätsel zu lösen gibt, um den nächsten Teil des Romans zu lesen. Diese sind geschickt und passend in die Storyline eingeflochten und mit dem Schwierigkeitsgrad 4 von 5 angegeben. Diesen finde ich sehr angemessen, teilweise fielen mir die Rätsel sehr leicht, für andere war ich auf Hilfestellung angewiesen. Diese erhält man auf der angegebenen Homepage, welche wirklich sehr weiterhilft. Die Rätsel selbst sind sehr unterschiedlich: Es gibt Logicals, Rechenrätsel, Sprachrätsel, Denkspiele und Kreatives, alles eng mit der voranschreitenden Geschichte verknüpft und mit etwas Nachdenken absolut lösbar.

Die richtige Lösung führt den Leser zu einer perforierten Doppelseite, die geöffnet werden muss für das nächste Kapitel des Romans. Das hat zwar Spaß gemacht, aber leider kann hierdurch sowie durch Rätsel, die direkt im Buch ausgefüllt werden müssen, jedes Buch eigentlich nur einmal gespielt werden, was ich recht schade finde.
Die Geschichte selbst kam beim ganzen Rätselspaß etwas zu kurz, sie war vorhersehbar und hatte wenig Tiefgang. Mich persönlich hat das aber nicht gestört, da für mich der Fokus eindeutig auf den Rätseln lag und ich bei einem kleinformatigen Buch mit 26 Kapiteln inkl. Illustrationen und Spielen keine große Story erwartet habe. Dafür hat diese all meine Ansprüche erfüllt. Etwas nervig fand ich, dass am Anfang jedes Kapitels recht ausführlich die Lösung des Rätsels erklärt wurde. Für mich war das unnötig, ohne diese Idee wäre ich ja gar nicht erst auf der richtigen Seite gelandet. Hier wurde meiner Meinung nach unnötig Platz für die Story verschwendet, die Lösungen hätte man ebenso ganz einfach auf der begleitenden Internet-Seite aufzeigen können. Diese hingegen war top, es ließen sich dort nicht nur Tipps zur Lösung der Games finden, sondern auch noch ein Interview mit der Autorin, Hintergründe zur Regency-Zeit, leckere englische Rezepte und Auflösungen seitens der Beteiligten als Extra Kapitel. Eine sehr tolle Zusatz-Idee, über die ich mich gefreut habe.

Schön fand ich dass das Regency-Thema konsequent durchgezogen wurde, sei es vom Schreibstil, den Charakteren oder den farblich passenden und sehr kunstvollen Illustrationen her. Insbesondere letztere fand ich absolut ansprechend und haben ein großes Lob verdient. Insgesamt macht das Buch einen von vorne bis hinten perfekt durchdachten und aufwändig konstruierten Eindruck auf mich. Ich hatte jedenfalls sehr viel Spaß beim Anschauen, Lesen und Rätseln und hatte das Buch im Nu verschlungen – gerne mehr davon!

Bewertung vom 04.03.2023
Uns bleibt immer New York
Miller, Mark

Uns bleibt immer New York


gut

Die Pariserin Lorraine arbeitet erfolgreich in der Werbebranche und möchte bald eine Tochterfirma in ihrer Geburtsstadt New York eröffnen. Dort ist sie bei ihrem Vater, einem reichen Galeristen, aufgewachsen und hier hat sich auch ihre Leidenschaft für Kunst herausgebildet. Aktuell steht in New York das Lieblingsbild ihres vor vielen Jahren ermordeten Vaters, „La Sentinelle“ zum Verkauf. Lorraine ersteigert es, wird nach der Auktion aber brutal auf dem Heimweg überfallen. Handelt es sich dabei um den Stalker, der behauptet der Mörder ihres Vaters zu sein und der sie bereits in Paris belästigt hat? Glücklicherweise greift der Maler Léo in den Überfall ein und kann den Angreifer in die Flucht schlagen. Zwischen ihm und Lorraine ist es Liebe auf den ersten Blick doch Léo hat ein Geheimnis, dass er Lorraine unmöglich erzählen kann.
„Und bleibt immer New York“ ist ein Buch, das ich schlecht in ein bestimmtes Genre einordnen kann. Es hat sowohl Elemente von Lovestory, Familiendrama, Krimi bzw. Thriller, Reiseliteratur und Sachbuch bezüglich moderner Kunst. Also leider ein bisschen alles und nichts. Dementsprechend überfrachtet und verwirrend hat das Buch an vielen Stellen auf mich gewirkt, ein klarer Fokus oder roter Faden war nicht erkennbar. Es gab neben der eigentlichen Story unheimlich viele Nebenschauplätze, die teilweise unnötig, teilweise mehr oder weniger geschickt eingebaut wurden, um den Leser auf die falsche Fährte zu führen. Dies hat an vielen Stellen ungelenk gewirkt und mich die eigentliche Geschichte fast vergessen lassen. Inhaltlich was es für meinen Geschmack einfach viel zu viel, was der Autor hier unterbringen wollte.
Dennoch ging die Geschichte gemächlich los und hat sich in Teilen sogar gezogen, während sich am Ende die Ereignisse überstürzt haben. Die Auflösung hat mich persönlich dann enttäuscht, ich hätte mir gewünscht, dass die einzelnen Handlungsstränge mehr zusammenhängen und sich ineinander verweben. Dies war nur in Teilen der Fall und somit einige Nebenstränge eher verwirrend. Des Weiteren wirkte die Auflösung am Ende auf mich etwas weit hergeholt und sehr konstruiert
Gut gefallen hat mir indes der Bezug zur Stadt New York, die ich wirklich vor meinem inneren Auge sah. Das Cover lässt auch sofort erkennen, in welcher Stadt das Buch spielt. Es gefällt mir sehr gut, hat aber zugegebenermaßen mit der Geschichte an sich wenig zu tun. Auch konnten einige Nebenfiguren überzeugen, während die beiden Protagonisten etwas stereotyp und unnahbar wirkten. Auch hat sich ihre Liebesgeschichte sehr schnell und somit für mich in dieser Intensität nicht nachvollziehbar entwickelt.
Der Erzählstil war einfach gehalten und somit hat sich das Buch sehr schnell lesen lassen. Eine gute Idee war die New-York-angelehnte Playlist mit Musik aus verschiedenen Genres, die genannten realen Kunstwerke als Kapiteleinteiler und die Zitate aus den Songs. Leider hat mir aber auch hier wieder der Bezug zur Story gefehlt, so waren sie nur ein nettes Begleitelement ohne wirklichen Mehrwert.
Insgesamt fand ich das Buch ganz angenehm zu lesen, aber nicht das Highlight, das ich mir davon versprochen hatte. Es laufen einfach zu viele Stories parallel auf einmal, die für meinen Geschmack auch noch unbefriedigend geendet haben, da sie nicht wirklich geschickt miteinander verwoben werden konnten. Auch blieben mir die Protagonisten fremd. Die Idee hatte großes Potenzial, welches leider in meinen Augen aber nicht komplett ausgeschöpft werden konnte. Schade.

Bewertung vom 22.01.2023
Northern Spy - Die Jagd
Berry, Flynn

Northern Spy - Die Jagd


gut

Tessa ist Redakteurin der BBC im nordirischen Belfast und alleinerziehende Mutter des kleinen Finn. An das Leben in einer Stadt, in der die Menschen ständig mit Attentaten und Anschlägen rechnen müssen, hat sie sich gewöhnt und auch die tägliche Berichterstattung als Journalistin ist für sie alltäglich. Bis eines Tages ein bekanntes Gesicht auf dem Bildschirm der Redaktion erscheint: Ihre Schwester Marian soll am Überfall auf eine Tankstelle beteiligt sein. Viel schlimmer noch, sie scheint Mitglied der IRA zu sein. Tessa weiß nicht mehr was sie glauben soll und gerät immer tiefer in den Strudel aus politischen Entscheidungen, Misstrauen und konkurrierender Mächte.

„Northern Spy – Die Jagd“ von Flynn Berry wurde mit dem Edgar Award prämiert und von der „Washington Post“ als einer der besten Thriller des Jahres bezeichnet. Für meinen Geschmack weckt dies etwas falsche Erwartungen, da ich das Buch nicht als klassischen Thriller eingestuft hätte. Natürlich hat es seine spannenden Momente, für diese Bezeichnung fehlt es mir aber an permanenter Hochspannung und aufregender Elemente. „Northern Spy“ hingegen ist eine interessante und unterhaltsame Erzählung, aber der Spannungsbogen hielt sich meines Dafürhaltens in Grenzen.
Das Cover zeigt ein Haus auf einem grünen Hügel vor dem Meer. Es wirkt idyllisch, doch der verschwimmende Titel impliziert bereits, dass diese Idylle trügt. Es wird auf den ersten Blick deutlich, dass Irland der Schauplatz des Geschehens ist.

Inhaltlich ist das Buch in drei Teile unterteilt, die einzelnen Kapitel sind meist eher kurz. Der Schreibstil ist einfach gehalten, so dass es sich schnell und flüssig lesen lässt. Es wird aus Tessas Perspektive in der "Ich"-Form erzählt, so dass ihre Gedanken, Sorgen, Emotionen und Beweggründe intensiv geschildert werden. Dennoch konnte ich manche Handlungen und Entscheidungen der Protagonistin nicht wirklich nachvollziehen, so dass ich nur eingeschränkt Zugang zu ihr gefunden habe. Große Teile des Buches widmen sich ihrem Alltag als Mutter und der Beziehung zu ihrem Sohn Finn. Für meinen Geschmack hat dieser Teil sehr viel Raum eingenommen und war teilweise etwas zu ausführlich und detailliert, was zudem den spannenden Teil der Geschichte ausgebremst hat. Dieser hat meiner Meinung nach in Tessas Zwiespalt zwischen ihren Idealen, dem Wunsch etwas zu verändern und dem Schutz ihres Sohnes gelegen. Ihre Zerrissenheit, dass sie nie weiß was real ist, wer auf welcher Seite steht und wem sie wirklich vertrauen kann wurde gut geschildert. Die im Klappentext geschilderte Entscheidung zwischen ihrer Schwester und ihrem Sohn hab ich allerdings so nicht wahrgenommen. Auch das Ende konnte mich nicht überzeugen, da es sich die Autorin hier etwas zu einfach gemacht hat: Ich empfand es als schnell abgehandelt und weich gespült.

Was mir insgesamt gut gefallen hat war die realitätsnahe Darstellung des Nordirland-Konflikts und dessen Auswirkungen auf den Alltag der Menschen vor Ort. Auch wenn ich nicht komplett durchgeblickt habe fand ich die vermittelten Informationen sehr interessant und Lehrreich. Etwas mehr Hintergrundgeschichte oder ein entsprechender Anhang wäre wünschenswert gewesen.

Insgesamt war „Northern Spy – Die Jagd“ für mich ein unterhaltsames, wenn auch nicht hochspannendes Buch. Obwohl es ein wichtiges Thema behandelt konnte es mich leider nicht wirklich emotional erreichen, was ich sehr schade fand.

Bewertung vom 15.01.2023
Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


sehr gut

Nach einigen Jahren in der Landeshauptstadt Reykjavik kehrt Polizistin Elma zurück in ihre ländliche Heimatstadt Akranes. Hier kennt jeder jeden und auf den ersten Blick scheint hier eine heile Welt zu herrschen. Doch dann passiert, was hier eigentlich nie passiert: Es geschieht ein Mord. Elma und ihre neuen Kollegen werden zum alten Leuchtturm gerufen, eine unbekannte Frau treibt tot im Wasser. Elma beginnt nachzuforschen und deckt die Identität der Toten auf. Eine Suche nach dem Mordmotiv und Schuldigen beginnt, der die Polizisten von Akranes tief in die Vergangenheit führt und Geheimnisse der verschwiegenen Gemeinschaft des Örtchens ans Licht holt.

„Verschwiegen“ ist das Roman-Debüt der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir, welcher direkt auf den Bestseller-Listen landete und mit dem Blackbird-Award ausgezeichnet wurde. Der Titel des Buches passt sehr gut zum Inhalt der Geschichte und auch die auf dem Cover abgebildeten Leuchttürme spielen dort eine zentrale Rolle. Mir gefällt das Schwarz-Weiß des Titelbildes vor der blutroten Schrift sehr gut, es lässt sofort auf einen Kriminalroman schließen. Ebenfalls toll an der Aufmachung fand ich die Karten von Island in den inneren Buchdeckeln. So konnte ich die Geschehnisse auch gleich räumlich verorten und mir ein Bild der Geographie machen.

Der Schreibstil der Autorin lässt sich gut verfolgen, die Geschichte hat es nach und nach geschafft mich mit ihrer düsteren Atmosphäre und dem durchdachten Plot zu fesseln. Leider war der Anfang für mich etwas beschwerlich, da sehr schnell sehr viele Personen ohne scheinbaren Zusammenhang zueinander aufgetaucht sind und ich auch Schwierigkeiten mit den unbekannten isländischen Namen hatte. Dies war zu Beginn sehr verwirrend, hat sich aber mit Fortlauf der Geschichte geändert. Spannend fand ich die zwischengeschobenen Rückblicke in die Vergangenheit, die mit der Geschichte immer mehr an Brisanz gewinnen. Authentisch beschrieben fand ich auch die Landschaften vor Ort, die sehr mühselige und kleinteilige Polizeiarbeit und das soziale Gefüge der Gesellschaft einer Kleinstadt mit all seinen Vor- und Nachteilen. Für mich hätte es an manchen Stellen etwas schneller voran gehen können, die Polizei tappte doch recht lange im Dunkeln. Gegen Ende nimmt die Story hingegen an Fahrt auf, die losen Fäden führen zusammen und die Ereignisse sowie Erkenntnisse überschlagen sich. Leider war ich mit dem Ende überhaupt nicht konform, es hat sich für mich einfach nicht wie das Ende angefühlt. Es kam sehr überraschend und wurde schnell abgehandelt. Zahlreiche Andeutungen lassen vermuten, dass der Schuldige es doch nicht gewesen sein könnte und andere Personen auch noch mit involviert sind, aber davonkommen. Ich fand das Ende unglaubwürdig und unbefriedigend, was mir im Nachhinein ein wenig das ansonsten spannende Buch ruiniert hat.

Insgesamt finde ich „Verschwiegen“ einen spannenden Nordic Noir voller authentischer Charaktere und Lokalkolorit, das offene (oder nicht offene?) Ende hat mich leider aber sehr gestört.

Bewertung vom 08.01.2023
Milchmann
Burns, Anna

Milchmann


weniger gut

Eine namenlose Erzählerin, genannt Mittelschwester, zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines einflussreichen älteren Mannes, genannt Milchmann, auf sich. Milchmann beginnt sie zu stalken und abzufangen, was auch den Menschen im Umfeld nicht verborgen bleibt. Schnell entspinnt das Gerücht, die junge Frau hätte eine Affäre. Aus ihrer Unauffälligkeit vertrieben findet sie sich in der unangenehmen Situation wieder, an den Rand der sozialen Gesellschaft gedrängt worden zu sein, ohne Möglichkeit dem zu entfliehen.
„Milchmann“ von Anna Burns hat 2018 den Booker Prize for Fiction als bester Roman gewonnen und dementsprechend hoch waren meine Erwartungen. Leider konnten diese nicht erfüllt werden, da ich das Buch primär als langweilig und anstrengend empfunden habe. Ich hatte große Probleme mit dem gewöhnungsbedürftigen Schreibstil der Autorin: Die junge Frau erzählt kühl, nüchtern, eintönig und voller Monotonie. Sie verwendet lange Schachtelsätze und schweift häufig ab. Das Lesen erfordert höchste Konzentration und trotzdem wusste ich am Ende eines der langen Kapitel häufig nicht, um was genau es eigentlich ging. Die Gedankenwelt der Erzählerin empfand ich als sehr verwirrend. So konnte sich bei mir kein wirklicher Lesefluss einstellen.
Des Weiteren hat es mich gestört, dass die komplette Geschichte so abstrakt geblieben ist: Es werden weder Orte noch Namen genannt, nur Bezeichnungen. Natürlich ist dies ein absichtlicher Kunstgriff der Autorin um zu verdeutlichen, dass die Geschehnisse jedem und überall zu jeder Zeit passieren könnten, ich persönlich habe aber keinen Zugang zu Figuren mit Namen „Mittelschwester“, „Schwager 1-3“ oder „Vielleicht-Freund“ aufbauen können.
Ähnlich zäh wie der Schreibstil habe ich das Leben der Protagonistin empfunden, da es wenig Handlung gab. Das Buch lebt eher von der bedrückenden Stimmung und bedrohlichen Atmosphäre sowie den strikten gesellschaftlichen Konventionen, denen sich insbesondere Frauen zu unterwerfen haben. Die angesprochenen Themen fand ich an sich gut und wichtig, sie lassen sich auf Gesellschaften verschiedener Krisenherde projizieren und liefern somit eine Milieustudie, die an Aktualität nichts einzubüßen hat. Wann und wo genau „Milchmann“ spielt bleibt offen, erst durch Hintergrundrecherche klärt sich auf, dass wir uns im Nordirlandkonflikt der 70er Jahre befinden. In Teilen konnte ich mir das schon zusammenreimen, hätte mir aber an irgendeiner Stelle Aufklärung gewünscht.
Insgesamt war mir alles in „Milchmann“ zu abstrakt und wenn ich ehrlich bin musste mich regelrecht dazu durchringen, das Buch bis zum Ende zu lesen. Das empfand ich als eine echte Herausforderung. Ich kann in dem Buch durchaus Tiefgründigkeit, Vielschichtigkeit und künstlerische Poesie erkennen, aber für mich persönlich war wirklich keinerlei Lesegenuss dabei. Das Buch polarisiert. Ich kann es also nur LeserInnen empfehlen, die schwere, anspruchsvolle Literatur mögen.