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Quincyliest

Bewertungen

Insgesamt 95 Bewertungen
Bewertung vom 30.01.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


ausgezeichnet

Barbara Kingsolver hat mit "Demon Copperhead" den Pulitzer - Preis für Belletristik gewonnen. Der brillant erzählte Roman ist eine Adaption an Dickens "David Copperfield". Auch Kingsolver zeichnet ein Bild einer Gesellschaft, in der noch immer Kinder in Armut aufwachsen müssen.
Demon Copperhead ist Protagonist und zugleich Erzähler seiner eigenen Lebensgeschichte. Er kommt unter denkbar schwierigen Verhältnissen auf die Welt, die Mutter ein Teenager und medikamentenabhängig, der Vater tot. Demon lebt in verschiedenen Pflegefamilien. Hunger Armut prägen seinen Alltag. Er muss als Kind bereits Jobs annehmen. Doch Demon ist intelligent, talentiert und vor allem ein Kämpfer, voller Kraft und Lebendigkeit. Er lässt sich von den widrigen Umständen nicht unterkriegen. Demon ist ein sympathischer Junge, man fühlt mit ihm.
Der Roman ist großartige Literatur, er entfaltet von Anbeginn eine starke Sogwirkung. Auch wenn traurige Dinge erzählt werden und subtil Gesellschaftskritik geübt wird, liest die Geschichte sich leicht.
Ich bin mir sicher, es wird eines der besten Bücher des Jahres sein, wenn nicht sogar das beste. Ganz große Leseempfehlung!

Bewertung vom 25.10.2023
Das NABU-Vogelbuch
Mullen, Peter;Karwinkel, Fabian

Das NABU-Vogelbuch


ausgezeichnet

Der NABU und der Kosmosverlag haben ein sehr gelungenes Vogelbestimmungsbuch herausgebracht. Bereits das wunderschön gestaltete Cover sticht sofort ins Auge, die erstklassigen Fotos setzen sich im Buch fort, es macht einfach Spaß, sie anzuschauen und nebenbei lernt man eine Menge.
Das Bestimmungsbuch enthält zusätzliche Fakten zum Vogelzug, zur Vogelfütterung und auch Hinweise darüber, wie häufig eine bestimmte Vogelart vorkommt. Auch gibt es zahlreiche Tipps für die Gestaltung eines naturnahen und vogelfreundlichen Gartens.
Das Buch ist übersichtlich aufgeteilt und gut strukturiert, es eignet sich für Erwachsene und interessierte Kinder gleichermaßen.
Es ist das ideale Buch für jeden Natur- und Vogelfreund und vielmehr als nur ein Bestimmungsbuch, es lädt zum Nachschlagen, Entdecken und Schmökern ein. Große Empfehlung!

Bewertung vom 23.10.2023
Die Wahrheiten meiner Mutter
Hjorth, Vigdis

Die Wahrheiten meiner Mutter


ausgezeichnet

Vigdis Hjorth ist eine der bekanntesten norwegischen Gegenwartsautorinnen. In ihrem neuen Roman erzählt sie die bewegende Geschichte über ein schwieriges bzw. zerrüttetes Mutter - Tocher - Verhältnis.
Die Künstlerin Johanna kehrt nach Jahrzehnten im Ausland in ihr Heimatland Norwegen zurück. Der Vater ist bereits verstorben. Johanna sucht intensiv den Kontakt zu ihrer Mutter, mit der sie sich aussprechen und vielleicht auch aussöhnen möchte. Doch ist die Mutter auch dazu bereit? Die gegenseitig zugefügten Verletzungen sitzen sehr tief. Schuldfragen stellen sich. Die Mutter signalisiert kein Interesse an einem Treffen, doch Johanna gibt nicht auf, ihr Leben ist beherrscht von dem Wunsch, mit der Mutter sprechen zu können.
Das Ende der Geschichte soll hier nicht vorweggenommen werden, es ist auf jeden Fall anders als ich erwartet hatte.
Mich konnte der Roman von Anfang bis Ende fesseln. Die Charaktere wurden realistisch gezeichnet. V. Hjorth hat einen berührenden und intensiven Roman geschrieben, den ich gern weiterempfehle.

Bewertung vom 28.09.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


ausgezeichnet

Wolf Haas hat ein bewegendes und emotionales Buch über seine Mutter geschrieben. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn war kein einfaches, das Buch ist eine Rückblende und auch ein Versuch der Aufarbeitung.
Die demente Mutter liegt im Sterben, wartend auf den Tod. Viele Gedanken gehen dem Sohn durch den Kopf. Die eigene Perspektive wechselt ständig mit der der Mutter. Die Erinnerungen der Mutter sind im österreichischen Dialekt eingefärbt. Das zentrale Thema bei ihr: der nicht geglückte Versuch, Eigentum zu erwerben. Hart hat sie dafür gearbeitet, gespart, doch Krieg und Inflation durchkreuzen ihre Pläne. Eigentum blieb ihr großer Traum.
Die Mutter wird als resolute Frau dargestellt, unnahbar und nicht bei allen beliebt. Haas schreibt authentisch, ungeschönt, respektvoll und mit einer Prise Humor, mit dem er der ernsthaften Thematik die Schwere nimmt. Es sind versöhnliche Klänge, die er anschlägt. Er hat ein berührendes und feinsinniges Buch geschrieben, das ich gern empfehle.

Bewertung vom 19.09.2023
60 Kilo Kinnhaken
Helgason, Hallgrímur

60 Kilo Kinnhaken


ausgezeichnet

Hallgrimur Helgason hat einen eindrucksvollen Roman geschrieben, der die Geschichte des jungen Gestur im Kontext der wirtschaftlichen Entwicklung Islands erzählt. Wir schreiben das Jahr 1906. Es ist eine Zeit des Aufbruchs und des Wandels. Die Moderne hält Einzug. Wohlhabende Norweger lassen Heringsfabriken errichten. Die Bevölkerung wächst. Häuser werden gebaut. Die Fischerei spielt bei dem wirtschaftlichen Aufschwung eine entscheidende Rolle.
Sprachgewaltig und wortgewandt erzählt Helgason von den wirtschaftlichen Veränderungen, den historischen Ereignissen und dem bunten Treiben und Leben der Leute am Fjord.
Gestur entwickelt sich zu einem jungen Mann, dessen Gedanken immer wieder um die große Liebe kreisen. Phantasievoll und oft mit einem Augenzwinkern berichtet der Autor von der Verliebtheit Gesturs, doch das Leben hält einen gewaltigen Kinnhaken für ihn bereit....
Der opulent erzählte Roman erfordert etwas Geduld, aber man wird reichlich belohnt dafür. Es ist ein grandioses Leseabenteuer mit viel isländischem Charme. Große Empfehlung!

Bewertung vom 10.09.2023
Vom Himmel die Sterne
Walls, Jeannette

Vom Himmel die Sterne


ausgezeichnet

Jeannette Walls hat einen sehr unterhaltsamen Roman geschrieben, der teilweise von realen Ereignissen und Personen inspiriert wurde. Er spielt in den 20er des vergangenen Jahrhunderts im Bundesstaat Virginia. Es ist die Zeit der Prohibition.
Protagonistin des Romans ist Sallie Kincaid. Sie hat mit 5 Jahren ihre Mutter verloren. Ihr Vater, der mächtige Duke, heiratet erneut. Als ihr Stiefbruder Eddie tödlich verunglückt, muss Sallie das Familienanwesen verlassen, sie wächst bei ihrer Tante Faye auf und kehrt erst nach dem Tod der Stiefmutter zurück. Doch als auch der Duke stirbt, muss sie ihren eigenen Weg suchen und finden.
Sallie Kincaid wird als mutige und starke Frau beschrieben. Die turbulente Handlung wird von der Autorin lebendig und authentisch erzählt. Der Spannungsbogen hält bis zum Schluss. Walls umreißt viele Themen, etwa Selbstjustiz, Rassismus oder die Rolle der Frau. Ihr Roman ist zugleich ein Porträt der damaligen Zeit.
Für diese fesselnde Familiensaga mit viel Tragik und Action vergebe ich gern die volle Punktzahl.

Bewertung vom 04.09.2023
Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
Knecht, Doris

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe


sehr gut

Doris Knecht erzählt in ihrem neuen Roman über eine Frau in den Fünfzigern, die an einem Wendepunkt in ihrem Leben steht. Die Ich - Erzählerin zieht Bilanz, sie sortiert ihr Leben, ihre Erinnerungen, ihre Gedanken. Ist sie gescheitert?
Doris Knecht umreißt in ihrem Roman viele Themen, es geht um die Beziehung von Kindern zu den Eltern, um das Muttersein, das Äterwerden und auch um sich verändernde Frauenbilder. Sie reflektiert klug über die Vergangenheit, hinterfragt Erinnerungen, die nicht unbedingt objektiv gespeichert sein müssen. Welche Dinge wurden umgedeutet, gerieten in Vergessenheit?
Der Roman lädt dazu ein, über Lebenswege, über Veränderungen und daraus resultierenden Chancen nachzudenken.
Der Text klagt nicht an und lässt jedem Freiräume. Er kann als ein Plädoyer fürs Loslassen verstanden werden. Doris Knecht schreibt über Alltägliches, über Dinge, die jeder kennt. Dies macht sie gut, es ist aber nicht unbedingt originell oder spannend. Sie hat einen unterhaltsamen Roman geschrieben, der mich allerdings nicht durchgängig fesseln konnte.

Bewertung vom 09.08.2023
Mein großes Sachen suchen: Alle Tiere der Welt
Gernhäuser, Susanne

Mein großes Sachen suchen: Alle Tiere der Welt


ausgezeichnet

Das Wimmelbuch "Mein großes Sachen suchen - Alle Tiere der Welt" ist ein wunderbarer Entdeckerspaß - nicht nur für die Kleinsten.
Das Buch überzeugt bereits beim ersten Durchblättern, es hat eine sehr schöne Aufmachung, die Seiten sind robust und stabil, die Illustrationen sind farbenfroh und detailliert. Das Buch hat ein gutes Format und ist handlich.
Vorgestellt werden einheimische Tierarten, die auf der Wiese, im Wald, in den Bergen oder am Wasser leben, aber auch wildlebende Tiere der Savanne, der Wüste oder des Regenwaldes werden thematisiert. Die Auswahl der verschiedenen Tierarten ist sehr gelungen.
Die Wimmelbilder laden zum genauen Hinsehen ein und fördern somit die Konzentration. Die kurzen Vorlesetexte sind altersgerecht.
Das Buch bereitet einfach Freude und eignet sich hervorragend als kleines Geschenk.

Bewertung vom 08.08.2023
Nichts in den Pflanzen
Haddada, Nora

Nichts in den Pflanzen


sehr gut

Die Autorin Nora Haddada schreibt in ihrem Debütroman über die scheinbar glänzende und glamouröse Welt der Filmindustrie.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die junge Drehbuchautorin Leila. Gleich zu Beginn des Romans tötet Leila die Katze ihres Freundes Leon und wurde mir allein dadurch unsympathisch. Leila unterschreibt ihren ersten, großen Vertrag bei einer Produktionsfirma, muss aber noch ein paar Ergänzungen und Änderungen vornehmen. Doch sie fühlt sich innerlich leer und ist einsam, sie verbringt viel Zeit in Kneipen und auf Partys. Natürlich lässt die Konkurrenz nicht lange auf sich warten, Leilas Erzfeindin Aischa schreibt ebenfalls an einem Drehbuch. Das Ende soll hier nicht vorweggenommen werden, es war zumindest anders als angenommen.
Die Autorin schildert authentisch die oberflächliche Welt der Fimindustrie. Auch die Darstellung Leilas ist realistisch und treffend. Überzeugt hat mich der Roman aber nicht wirklich, da der Inhalt mich nicht fesseln konnte.

Bewertung vom 30.07.2023
Der Trost der Schönheit
Arnim, Gabriele von

Der Trost der Schönheit


ausgezeichnet

Gabriele von Arnim schreibt wortgewandt und sprachgewaltig über die Schönheit, die sich überall finden lässt, nicht nur in der Kunst, auch in der Natur, im Alltäglichen, im Großen wie im Kleinen. Dabei verlässt die Autorin oft die abstrakte Betrachtungsebene und lässt Erlebtes und persönliche Erfahrungen des Älterwerdens oder des Alleinseins miteinfließen.
Sie reflektiert über das Leben in der Gegenwart, das manchmal kaum aushaltbar ist, besonders wenn man Krisen oder Kriege vor Augen hat. Schönheit leugnet nicht die Realität, die mitunter grausam ist, sie bietet auch Trost.
Doch auf Schönheit muss man sich einlassen können, sie liegt nicht nur im Auge des Betrachters, sie befindet sich auch in der Phantasie des Betrachters und manchmal erfordert Schönheit auch Mut, sie zu entdecken.
Gabriele von Arnim nimmt uns mit auf diese Entdeckungsreise, klug, tiefsinnig und erkenntnisreich sind ihre Gedanken.
Sie hat ein außergewöhnliches Buch geschrieben, das keine eindeutigen Antworten liefert, sondern dazu einlädt, uns selbst auf die Suche nach Schönheit zu begeben.