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Benutzername: 
Katjuschka
Wohnort: 
Gießen

Bewertungen

Insgesamt 238 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2024
Für immer, dein August / Mühlbach-Saga Bd.2
Leciejewski, Barbara

Für immer, dein August / Mühlbach-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Ging es im Vorgänger-Roman noch um Lina und Karl, stehen nun also Lotte und August im Mittelpunkt einer sehr persönlichen Geschichte, die erneut auch die geschichliche Entwicklung innerhalb Deutschlands perfekt abbildet.
Die Bewohner des fiktiven Dorfes Mühlbach, sowie die Mitglieder der Familie Schäfer/Schönborn stehen dabei stellvertretend für die Menschen auf dem Land, fernab von Berlin, die von den politischen Entscheidungen teilweise einfach überrollt wurden.
Einige waren erschreckend begeistert dabei, einige wankten, viele aber schwiegen oder warteten ab.
Der langsame, ja schleichende Weg in die größte Tragödie des 20. Jahrhunderts wird hier auch exakt so in die Handlung eingebunden - langsam und schleichend, die drohende Gefahr nicht erkennend, nicht wahr haben wollend bis es zu spät ist.
Lotte und August werden als Menschen beschrieben, mit denen man sehr gern befreundet sein möchte. An deren Seite man ist, wenn sie sich finden und wenn sie dann ihr Leben gemeinsam meistern. Wenn Freunde und Familienmitglieder kommen und gehen.
Mehr als einmal musste ich dabei allerdings schlucken oder hatte einen fetten Kloß im Hals.
Barbara Leciejewski hat hier zum wiederholten Mal ein unfassbar empathisches Buch geschrieben, dass sehr authentisch das ganz normale Leben der "kleinen Leute" beschreibt und dabei Glück und Unglück, Freude und Sorgen gleichermaßen Raum gibt.
Mit der Dilogie hat die Autorin die Geschichte ihrer eigenen Familie erzählt und ihr damit ein kleines, aber liebevolles Denkmal errichtet.
Wunderbar erzählt und mit einem, trotz vieler Verluste, hoffnungsvollen Epilog zum Abschluss. Chapeau!

Bewertung vom 29.02.2024
Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1 (2 MP3-CDs)
Helford, Anna

Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1 (2 MP3-CDs)


schlecht

Spring ist schon mit sechzehn nach London durchgebrannt.
Doch dort gerät sie in schlechte Kreise und wird wegen Drogenmissbrauchs zu Sozialstunden verurteilt, die sie bei der achtzigjährigen Sophia Fowler als Haushaltshilfe ableisten muss.
Wider Erwarten lernt Spring die strengen Regeln der alten Dame schätzen und freundet sich mit ihr an.
Dabei erfährt sie, dass Sophia, einst Herrin von Daffodil Castle, vor Jahren von ihrem Sohn nach London abgeschoben wurde.
Über die Gründe schweigt sich Sophia jedoch aus.
Daffodil Castle! Kindheitserinnerungen werden in Spring wach, und war nicht Ethan Fowler ihre erste große Liebe?
Keine Frage: Sie müssen zurück nach Wales und Frieden mit der Vergangenheit schließen.

Mit ihrer Idee zu einer Schwestern-Reihe war die britische Autorin Lucinda Riley mit ihren sieben "Seven Sisters" - Büchern weltweit extrem erfolgreich.
Die deutsche "Season Sisters" - Reihe um 4 (statt 7) Schwestern klingt da doch sehr nachgemacht und der Stabreim im Titel ist in meinen Augen schon fast peinlich.
Das hatte für mich eigentlich schon fast ein zu viel von "Ich springe auf einen erfolgreichen Zug auf, statt eine neue Idee zu entwickeln".
Aber da ich die Bücher der Autorin (die sie ansonsten unter dem Pseudonym Felicity Whitmore veröffentlicht) mag, habe ich diesem ersten Teil der Reihe dann doch eine Chance gegeben.
Leider muss ich aber sagen, dass ich nach etwa der Hälfte abgebrochen habe.
Die Gründe:
Ich fand die Protagonist(inn)en recht klischeehaft und stereotyp beschrieben, was die Geschichte für mich langweilig und belanglos hat werden lassen.
Auch wirkte die Handlung auf mich stellenweise wie an den Haaren herbeigezogen und die Dialoge unglaubwürdig.
In Summe fand ich den Schreibstil leider sehr flach und die Sprecherin hat dies durch ihre extrem betonente Artikulation fast noch betont.
Sehr schade, für mich enttäuschend.

Bewertung vom 11.02.2024
Sturmmädchen
Bernstein, Lilly

Sturmmädchen


ausgezeichnet

Eifel, Sommer 1933: Die Freundinnen Elli, Margot und Käthe kennen sich seit ihren Kindertagen.
In schillernden Farben malen sich die drei jungen Frauen aus, was ihnen die Zukunft bringen wird.
Als die Nationalsozialisten die Macht übernehmen fühlt Käthe sich von der neuen Ideologie angezogen.
Ihre Freundschaft wird nun auf eine harte Probe gestellt, denn für die Jüdin Margot und ihre Familie geht es schon bald um Leben und Tod.
Die gehbehinderte Elli, das »Hinkemädchen«, wird hineingerissen in einen Strudel der Gefühle, denn sie fühlt eine Liebe in sich aufkeimen, die es gar nicht geben dürfte.
Doch Elli weiß, dass sie nur eine Wahl hat: Margot zu helfen, um jeden Preis - auch wenn sie sich dabei selbst in Gefahr bringt und droht, alles zu verlieren, was sie liebt.

Auch wenn die Handlung (mit Ausnahme von Prolog und Epilog) in dem relativ kurzen Zeitraum von Oktober 1938 bis Mai 1939 spielt, wird hier eine große Geschichte erzählt.
Elli ist, wie damals viele junge Frauen vom Land, recht unbedarft, teils naiv, als sie von den Schrecken der Ereignisse quasi überrollt wird. Was tatsächlich gerade in der Welt geschieht, begreift sie erst als es (fast) zu spät ist.
Käthe verkörpert ein typisches Opfer der perfiden Nazi-Propaganda. Gehören sie und ihre verarmte Familie doch zu den vermeintlich "Abgehängten", verfangen die Heilsversprechen der neuen Machthaber sehr schnell.
Die lebenslustige, stets positive Margot muss hilf- und wehrlos zusehen, wie in kürzester Zeit ihre ganze Welt zusammenbricht. Zuerst nur beschimpft und ausgegrenzt, muss die gesamte Familie sehr schnell um ihr Leben fürchten.
Man ist beim lesen durchgängig an der Seite von Elli und man erlebt das langsame, aber stetige einsickern des Bösen in ihrer Umgebung fast hautnah mit.
Ich musste beim lesen die eine oder andere Pause einlegen und kurz durchatmen. Gerade weil manches, von dem wir heute mehr Details kennen, hier nur angedeutet wird, was aber dadurch nichts an Grausamkeit einbüßt.
Die Art und Weise wie Elli trotz Handicap und gegen viele Widerstände über sich hinauswächst, ist großartig und zeigt den Mut einzelner in dunkler Zeit.
Das kleine fiktive Dorf in der Eifel wirkt wie ein Spiegelbild der Gesellschaft Deutschlands kurz vor Kriegsbeginn und beschreibt die Umstände sehr realistisch.
Die Parallelen zu heute sind erschreckend!
Die Handlung endet mit einem Epilog Mai 1940 und ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung, denn ich würde zu gern wissen, wie es Elli und Käthe während des Krieges ergehen könnte.

Bewertung vom 09.02.2024
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3 (eBook, ePUB)
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Im nunmehr dritten Band aus der Totengräber-Reihe hat es Leopold von Herzfeldt sicher weder mit einem mordenden Geist zu tun, noch mit dem "Nachtkrapp", einem vogelartigen Wesen, das angeblich unartige Kinder holt.
Spannend und gruselig ist es trotzdem!
Hilfe bei den Ermittlungen in diesen zwei doch sehr unterschiedlichen Fällen erhält Leo nicht nur wieder von Freundin Julia und Totengräber Rothmayer. Diesmal kommt noch die unerwartete Unterstützung des englischen Autors Arthur Conan Doyle dazu, den Leopold bei einer Séance kennenlernt.
Spiritismus, Wahrsagerei, Hellseherei und ähnliche "Parawissenschaften" waren Ende des 19. Jahrhunderts in Europa groß in Mode und diese Atmosphäre wird hier sehr gut in eine spannende Krimihandlung eingebunden.
Die Frage ob und wie die zwei Kriminalfälle zusammenhängen könnten, wird von Autor Oliver Pötzsch erneut wieder sehr gekonnt in den Raum gestellt. Genug sehr unterschiedliche Verdächtige und Motive gibt es ebenso, wie auch ganz unterschiedliche kriminelle Aktivitäten, die vielleicht - oder auch nicht - im Zusammenhang stehen könnten.
Die finale Lösung kam nach diversen falschen Spuren recht überraschend, findige Krimi-Leser könnten jedoch Hinweise erkennen. Ich hatte kurz eine diffuse Ahnung, habe die aber leider wieder aus dem Blick verloren. Chapeau Herr Pötzsch!

Bewertung vom 18.01.2024
Rügentod / Dorothee von Stresow ermittelt Bd.1
Frank, Sylvia

Rügentod / Dorothee von Stresow ermittelt Bd.1


sehr gut

Rügen 1920: Das Kurhaus in Binz ist das erste Haus am Platz. Hier steigt die erfolgreiche Krimiautorin Dorothee von Stresow ab.
Seit ihre Eltern bei einem Brand auf dem Gut ihrer Familie vor achtzehn Jahren ums Leben kamen, ist Dorothee nicht mehr auf der Insel gewesen
Nun trifft sie auf einem Empfang ihre frühere Schulkameradin Margarethe von Klippholm wieder, die Andeutungen macht, sie wisse etwas über das Feuer von damals.
Als Dorothee am nächsten Tag zu einem Treffen mit ihr in die Jagdhütte der Familie Klippholm kommt, findet sie Margarethe tot auf und auf Dorothee wird ein Anschlag verübt.

Der Mord an der allgemein unbeliebten Margarethe lässt Dorothee keine Ruhe.
Gibt es einen Zusammenhang zu den angeblichen Informationen über die schreckliche Brandnacht oder steckt etwas ganz anderes dahinter?
Gemeinsam mit Tierarzt Albert, einem Freund aus Kindertagen, entdeckt sie schaurig getötete Tiere und ihr früheres Kindermädchen Gerda macht seltsame, verwirrte Andeutungen über die Familie Klippholm.
Was passiert gerade auf Rügen und was hängt wie zusammen?
Dorothee, die eigentlich nicht lange auf der Insel bleiben wollte, fängt an Fragen zu stellen und kommt einem alten Geheimnis und sogar möglichen Morden aus der Vergangenheit auf die Spur.

Ich mochte den historischen Schauplatz Rügen sehr - besonders da ich dort selbst gerne Urlaub mache und einzelne Handlungsorte kannte.
Die Geschichte ist gut aufgebaut, wie die einzelnen Handlungsfäden zusammengehören, zeigt sich erst recht spät. Sie sind aber in sich stimmig.
Den möglichen Täter / die mögliche Täterin hatte ich zwar irgendwann erahnt, die Einzelheiten lagen jedoch bis zuletzt im Dunkeln.
Dorothee und Albert werden sehr sympathisch beschrieben und natürlich bahnt sich, wie erwartet, zwischen den beiden etwas an.
Das halboffene Ende verspricht eine interessante Fortsetzung.
Genügend Personen mit Potenzial sind dafür vorhanden!

Bewertung vom 02.01.2024
Der Schacherzähler
Pinnow, Judith

Der Schacherzähler


ausgezeichnet

Klappentext:
Er lebt vor allem in seinen Erinnerungen, der Gegenwart kann er nicht viel abgewinnen.
Als er beim Schachspielen von einem 9-jährigen Jungen angesprochen wird, stellt er sich als "Oldman" vor.
Janne ist neugierig und will Schach spielen lernen, doch Oldman hat wenig Hoffnung, der Junge kann ja noch nicht mal still sitzen.
Aber Janne lernt schnell, und Oldman beginnt zu reden.
Erst über Schach, dann über das Leben.
Janne hört zu und fühlt sich endlich richtig: Beim Schach und bei Oldman.
Doch eines Nachmittags sitzt Oldman nicht mehr da.
Janne ist voller Sorge und beginnt, ihn zu suchen…

Janne und Oldman sind nur vermeintlich die Hauptpersonen in einer Geschichte, bei der es um Geheimnisse, Vertrauen, Freundschaft und Mut geht.
Denn tatsächlich wird hier abwechselnd auch aus der Sicht von Jannes Mutter Malu, ihrer besten Freundin Liv oder Malus Chef, dem Coffeeshop-Besitzer Hinnerk erzählt.
Durch die gewählte Ich-Perspektive kommt man den Personen und ihren persönlichen Sorgen und Problemen, aber auch ihren Freuden und Glücksmomenten, ganz nah.
Malu kämpft als alleinerziehende Mutter eines quirligen 9-jährigen (ADHS?) an mehreren Fronten, Liv muss ihren Kindern gegenüber eine Lebenslüge beichten, Hinnerks Coffeeshop droht die Insolvenz und den verwitweten Oldman plagen jahrzehntelange Schuldgefühle.
Janne, mit seiner erfrischenden und sympathischen Art, den muss man einfach gern haben!
Wenn aus Fremden Freunde werden und aus Freunden Wahlfamilie, dann kann man - auch noch nach vielen Jahren - den Mut finden, zu Fehlern aus der Vergangenheit zu stehen oder versuchen Versäumtes nachzuholen.
"Der Schacherzähler" ist eine wunderschöne Geschichte über Zusammenhalt und Freundschaft, warmherzig erzählt und von ausgesprochen liebenswerten Protagonist(inn)en getragen!

Bewertung vom 30.12.2023
Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4 (eBook, ePUB)
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein Jahr ohne Mord haben sich Elizabeth, Joyce, Ron und Ibrahim zu Weihnachten gewünscht, doch nur wenig später ist der fromme Wunsch dahin.
Der Antiquitätenhändler Kuldesh Shamar wurde getötet. Wie es scheint war er in ein Drogengeschäft verstrickt.
Von dem wertvollen Paket, das Kuldesh aufbewahren sollte, fehlt jede Spur - was eine teuflische Brut von Dealern, Betrügern und anderen Ganoven aus ihren Höhlen lockt. Und mittendrin: Der Donnerstagsmordclub, entschlossener denn je, den Mörder zu stellen.
Woraus sich für die Verdächtigen die Frage ergibt, ob nicht die Hölle doch der angenehmere Ort ist…

In diesem, nunmehr vierten "Fall" wird es für den Donnerstagsmordclub persönlich, denn Kuldesh Shamar war ein Freund von Elizabeths Ehemann Stephen.
Aber nicht nur die vier Freunde sind nun hinter dem/der Mörder/in und dem Heroin her.
Auch die Polizei (Donna und Chris sehen jetzt doch ein, es ist besser mit dem Club zusammenzuarbeiten und auch mal wegzuschauen), die englische Heroin-Dealer-Konkurrenz,
der extra aus Afghanistan eingereiste "Lieferant", ein windiges Betrügerpaar und sogar die einsitzende örtliche Kokain-Dealerin Connie sind auf der Jagd nach dem verschwundenen Kästchen.
Es gibt viele unterschiedliche Akteure bei dieser Suche und trotz diverser Hinweise und Spuren (und weiteren Toten!) wird erst recht spät klar, was hier tatsächlich abläuft und wer dabei wen umgebracht hat.
Für alle Fans der Reihe um die Mord-Ermittlungs-Truppe aus der Seniorenresidenz Coopers Chase geht es in die nächste Runde - erneut mit sehr viel Witz, Charme, trockenem Humor und immer auch einer angemessenen Portion Tiefgang beim philosophieren über Sinn und Endlichkeit des Lebens.
Ich freue mich schon auf das im Anhang angekündigte neue Abenteuer, auch wenn es etwas länger dauern wird.

Bewertung vom 18.12.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


sehr gut

Seit fast sechzig Jahren ist Jennifer Quinn glücklich mit Bernard verheiratet und die beiden genießen ihre beschaulichen Tage in einem kleinen englischen Dorf.
Jennifers Leidenschaft ist das Backen, die vielen Familienrezepte gehören zu ihren wertvollsten Erinnerungen und sie liebt es, Freunde und Familie mit ihren Köstlichkeiten zu verwöhnen.
Doch kurz vor dem großen Hochzeitstag mit Bernard ist auf einmal alles anders.
Jennifer fühlt, dass sie noch etwas wagen muss bevor es zu spät ist. Heimlich bewirbt sie sich für eine beliebte TV-Backshow und erfüllt sich dadurch nicht nur einen großen Traum, sondern setzt auch alles aufs Spiel.
Denn was niemand ahnt: In Mrs. Quinns Leben gibt es ein dunkles Geheimnis, das sie jahrzehntelang gut gehütet glaubte, und dem sie sich nun endlich stellen muss.

Jennifer Quinn ist eine sympathische ältere Dame, ihr Leben an der Seite ihres Mannes Bernard verläuft in geregelten Bahnen. Außergewöhnlich ist lediglich die große und unverbrüchliche Liebe der beiden zueinander.
Über das große Geheimnis in ihrem Leben hat Jennifer aber auch mit Bernard nie gesprochen, zu groß sind Scham und Schuld.
Jennifer liebt die TV-Backshow im Fernsehen, denn zu backen ist nicht nur ihre große Leidenschaft, sondern hat sie auch Zeit ihres Lebens stets begleitet.
Mit ihren liebsten Rezepten sind sehr oft Personen oder vergangene Ereignisse ihres Lebens verbunden.
Die Kapitel des Buches sind daher auch mit traditionellen englischen Backspezialitäten überschrieben, die irgendwann in Jennifers Leben wichtig waren und nun von ihr erneut in der Show gebacken werden.
Vorsicht: Beim lesen bekommt man direkt Lust auf die Kuchen, Plätzchen und andere Leckereien, denn auch die Herstellung wird kurz beschrieben.
Während Jennifer in der Show immer selbstsicherer wird, kommt die Erinnerung an ein Ereignis von vor fast 60 Jahren mit Wucht zurück und erneut steht sie vor der Entscheidung Bernard von ihrer Lebenslüge zu erzählen und womöglich ihre Ehe und das gemeinsame Leben zu zerstören - oder weiter zu schweigen und still zu leiden.
In kurzen Einschüben begegnet man der blutjungen, naiven Jennifer und schnell wird klar, was damals geschehen sein muss und was sie Jahre später noch immer mit sich herumträgt.
Natürlich kommt dieses große Geheimnis, wenn auch nur durch eine Unachtsamkeit von Jennifer, nach Ende der Show ans Tageslicht.
Wie wird der unfassbar liebenswerte Bernard damit umgehen? Kann er Jennifer verzeihen?

Die Geschichte beginnt recht gemütlich und nimmt dann auf beiden Zeitebenen Fahrt auf.
So bangt und leidet man mit der jungen Jenny mit, drückt der älteren Jennifer die Daumen beim Kampf um die Back-Trophäe und hofft dabei gleichzeitig darauf, dass die dramatischen Ereignisse der Vergangenheit zu einem guten Ende führen.
"Der späte Ruhm der Mrs. Quinn" ist ein Roman über eine lebenslange Liebe, das Älterwerden und den Mut, etwas Neues zu wagen.
Das halboffene Ende finde ich nahezu perfekt, denn es könnte hoffnungsvoller nicht sein und lässt dabei sehr viel Spielraum für das weitere, mit Sicherheit positive Geschehen.
Die Back-Show im Buch entspricht übrigens in etwa der Sat1 Sendung "Das große Backen", der ja eine englische Back-Show zugrunde liegt.

Bewertung vom 14.12.2023
Eismusik
Lund, Angela

Eismusik


ausgezeichnet

Kristiania (heute Oslo), Ende des 19. Jahrhunderts:
Der junge Zoologe und Polarforscher Fridtjof Nansen ist ein Draufgänger und Frauenheld, ebenso launisch wie zielstrebig. Noch größer als sein Lebenshunger ist nur sein Forscherdrang.
Die emanzipierte Professorentochter Eva Sars, eine begabte Sängerin, will die Bühnen Europas mit ihrer Stimme erobern.
Als Eva und Fridtjof beim Wintersport in den Bergen bei Oslo aufeinandertreffen, sehen sie ineinander den einen Menschen, der ihre Träume teilt.
Doch um die Arktis zu erforschen, wird Fridtjof die Frau verlassen müssen, die er liebt.
Und wenn Eva bei ihm bleibt, setzt sie ihren Lebenstraum von der großen Gesangskarriere aufs Spiel.

Angela Lunds Roman über den Polarforscher Fridtjof Nansen spielt im Zeitraum zwischen 1881 und 1896 vor der atemberaubenden Kulisse Norwegens und der eisigen Arktis und erzählt von dessen großen Träumen von Expeditionen und Entdeckungen - und von ersten Erfolgen.
Nansen, ein Frauenheld mit verschiedenen Affären, lernt beim skifahren die Sängerin Eva Sars kennen. Sie wird seine große Liebe und zur Überraschung aller heiraten die beiden!
Seine größte Liebe jedoch, und das ist Eva wohl von Beginn an klar, war und ist das Eis!
Und so ist auch die eisige Leidenschaft von Nansen der Schwerpunkt der Geschichte.
Als Leser/in erfährt man nicht nur unglaublich viele interessante und spannende Details über die historische arktische Seefahrt, auch schafft die Autorin es, die Beschreibungen im ewigen Eis so atmospärisch zu beschreiben, dass ich beim lesen stellenweise begonnen habe zu frieren.
Man ist gefühlt bei der Expedition mit all den unterschiedlichsten Schwierigkeiten und Probleme mit dabei, erlebt die klirrende Kälte in monatelanger Dunkelheit und die Ängste der Männer fast hautnah mit.
Während der gesamten Zeit sind Fridtjofs Gedanken und Gefühle aber immer wieder auch bei seiner Frau in der Heimat. Und immer häufiger denkt er an die Heimkehr.
Aber Nansen ist auch getrieben von einer Leidenschaft, die ihn ständig antreibt. "Weiter, immer weiter!"
Sein Ziel Nordpol fest im Blick, weiß er jedoch trotzdem, wann es vorbei ist. "Schluss, aus, wir drehen um."
Bei seinem Fußmarsch durch das ewige Eis sind Erschöpfung und Verzweiflung fast greifbar. Und vor ihm und seinem Begleiter liegen noch ca. 600km Rückweg durch eine weiße, eiskalte Hölle...
Parallel wird auch aus der Sicht von Eva Sars-Nansen erzählt - einer gefeierten Mezzosopranistin.
Während Eva 3 Jahre mit der gemeinsamen Tochter Liv auf Fridos Rückkehr wartet, versucht sie, zerrissen zwischen Hoffnung und Verzweiflung, ihr Leben weiterzuführen.
Die Geschichte um den Polarforscher Nansen hat mich fasziniert - in den Menschen Fridtjof habe ich mich beim lesen fast ein wenig verliebt. Er muss ein ausgesprochen charismatischer und charmanter Mann gewesen sein.
Auch den weiteren Lebensweg des späteren Friedensnobelpreisträgers finde ich übrigens sehr beeindruckend!
Abspann und Glossar runden die Geschichte nicht nur perfekt ab, sie untermauern auch welch unfassbar akribische Recherche dem Buch zugrunde gelegen haben muss.

Bewertung vom 12.12.2023
Der süße Duft der Reben
Haigh, Tara

Der süße Duft der Reben


sehr gut

London 1903: Die junge Halbwaise Isabel lebt seit Jahren zusammen mit ihrem Vater in London, wo dieser mir dem Import von Rosinen aus der spanischen Heimat ein Vermögen verdient hat.
An ihrem 21. Geburtstag eröffnet der Vater ihr, dass sie Rafael heiraten soll - ihren Cousin, den sie schon als Kind verabscheut hat.
Zum Schein fügt Isabel sich dem Wunsch des Vaters und besteigt ein Schiff nach Dénia, der Heimatstadt ihrer Familie.
Isabel plant jedoch das Schiff heimlich zu verlassen und sich mit Fernando, ihrem Freund aus Kindertagen, zu treffen - und sich bei diesem zu verstecken.
Trotz väterlichem Aufpasser scheint der Plan zuerst zu gelingen:
Isabel täuscht einen Sprung über Bord vor und verlässt unbemerkt das Schiff.
Aber was dann geschieht ist mehr als abenteuerlich, denn Isabel ist nun unter falschem Namen auf der Flucht.
Endlich, nach vielen Anstrengungen und Schwierigkeiten am Ziel, scheint ihr jedoch ein schlimmes Schicksal zu drohen.
Kann sie ihrem früheren Kindermädchen Carmen vertrauen?
Nach einer weiteren Flucht trifft sie ausgerechnet auf Rafael und dieser ist weiterhin entschlossen sie zu heiraten, so wie es die Väter vereinbart hatten!
Wieder kann Isabel sich dem drohenden goldenen Käfig entziehen und Fernando und dessen Ziehvater Cristobál setzen alles daran Isabel zu beschützen.
Getrieben von Vorkommnissen aus der Vergangenheit wollen Rafael und sein Vater Salvador aber diese Heirat um jeden Preis zu erzwingen!

Cover und Klappentext scheinen eine romantische Handlung mit einzelnen Spannungselementen zu versprechen.
Ich finde jedoch, dass die Dramatik von Isabels Flucht und der sich daraus ergebenen Situationen im Fokus der Handlung stehen.
***ACHTUNG SPOILER***
Isabel erschlägt z.B. bei einer versuchten Vergewaltigung ihren Angreifer in Notwehr, wird später des Mordes beschuldigt und ihr droht die Todesstrafe durch den Galgen. Auch wird sie einmal betäubt um in einem Bodell zahlungskräftige Kunden zu "bedienen"!
***SPOILER ENDE***
Isabel ist eine für die damalige Zeit recht relbstbewusste junge Frau, die ihre zu erwartende Zukunft zu jeder Zeit realistisch sieht und entsprechend agiert.
Die sich anbahnende Romanze zwischen Isabel und Fernando gerät dabei fast zu einem (erwarteten) Nebenschauplatz.
Der Hintergrund von Carmen war mir recht schnell klar. Rafael dagegen konnte ich nicht immer einordnen.
Der Epilog beschreibt alle noch offenen Punkte, war mir persönlich aber etwas zu sehr Happy-End.
Eine spannende, so nicht erwartete Geschichte, die mir gut gefallen hat!