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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Anja
Wohnort: 
Leipzig

Bewertungen

Insgesamt 29 Bewertungen
Bewertung vom 02.03.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


ausgezeichnet

Ein wunderbarer melancholischer und atmosphärischer Roman übers Weggehen aus der Heimat. Kathleen ist in einem kleinen Ort in Brandenburg aufgewachsen und hat als Erwachsene ihren Lebensmittelpunkt in London gefunden. Sie kann mit den Menschen aus ihrem Heimatort nicht mehr viel anfangen und sie auch nicht mit ihr. Trotzdem ist da das Gefühl von Heimat, es gibt unheimlich viele Erinnerungen, die immer wieder zurück kommen, wenn Kathleen zu Besuch in Kosakenberg ist. So richtig loslassen kann und will sie nicht, auch wenn sie so ganz anders ist als die Menschen, die noch dort leben. Wunderbar dargestellt ist die Diskrepanz zwischen Stadt und Land und auch Ost und West. Der Erfolg von Kathleen in London wird auf ihrem Dorf gar nicht zur Kenntnis genommen. Da sind andere Dinge wichtig und immer wieder dieses „Du bist ja weggegangen“. Auch die Entwicklung nach der Wendezeit wurde hier wunderbar eingefangen. Sabine Rennefanz erzählt mit Ironie und einer ordentlichen Portion Nostalgie und ich fühlte mich selber ständig zurückgesetzt in meine Kindheit. Vielleicht ist hier auch der Vergleich zwischen Kathleen und ihrer Freundin aus der Kindheit Nadine der offensichtliche Punkt wie unterschiedlich 2 Leben, die mal sehr ähnlich waren, verlaufen können.

Bewertung vom 24.02.2024
Das Jahr ohne Sommer
Neumann, Constanze

Das Jahr ohne Sommer


ausgezeichnet

Diesen Roman hab ich direkt durchgelesen und ich hab eine Achterbahn der Gefühle hinter mir. Constanze Neumann schreibt sehr unaufgeregt und manchmal fast sachlich aus der Sicht des Mädchens. Wir lesen von misslungenen Fluchtversuchen und wie sich das auf sie ausgewirkt hat, einem Neuanfang in der BRD, den der Vater immer nur als positiv wahrgenommen hat, Sehnsucht nach der Heimat und dem Gefühl nirgendwo hinzugehören. Da ich selber aus Leipzig bin haben mir die Abschnitte, die in Leipzig spielen besonders gut gefallen und auch so einige Erinnerungen geweckt. Der Konflikt zwischen Ost und West wurde toll erzählt und auch die Zeit der Wende grandios eingefangen. Zum Ende hin nimmt der Roman noch richtig Fahrt auf und da konnte ich mir die Tränen auch nicht mehr verdrücken. Eine absolute Empfehlung für alle, die Interesse haben sich mit diesem Thema auseinander zu setzen.

Bewertung vom 10.02.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


sehr gut

Eine Geschichte über eine lieblose und traurige Kindheit, in der Vater und Großmutter die Kinder demütigen und mit Gewalt und Unverständnis aufziehen. Es wird aus der Sicht von Jirka geschrieben und da ist es manchmal nicht so ganz leicht zu folgen. Da gibt es ständig Sprünge zwischen Gegenwart und der Vergangenheit, in der sich Jirka ab und zu verliert. So erfahren wir zwar wie er und seine Schwester aufgewachsen sind aber die Sprünge waren teilweise etwas zu extrem und auch nicht zu Ende gedacht. Da gab es oft nur Andeutungen. Die Atmosphäre hat mir hier allerdings sehr gut gefallen auf dem alten Gutshof in Jirkas Heimat. Von der Großmutter hätte ich gern noch etwas mehr erfahren, da fehlte mir etwas die Tiefe, die bei den anderen Charakteren aber durchaus gegeben war. Das Ende konnte mich leider auch nicht ganz überzeugen, war mir doch etwas unrealistisch. Trotz den kleinen Schwächen aber ein lesenswerter Roman.

Bewertung vom 04.02.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


ausgezeichnet

Dieser Roman lässt mich sprachlos und zerstört zurück. Habe ihn in einem Rutsch komplett durchgelesen.
Lana Lux erzählt hier so grandios und eindringlich, dass man dieses Buch unmöglich wieder aus der Hand legen kann. War von der ersten Seite an völlig gefesselt. Sie zeichnet die Protagonisten so fein, dass man jeden irgendwie verstehen oder wenigstens nachempfinden kann. Wir lesen vom Aufwachsen in schwierigen Familienverhältnissen, wie zwei kaputte Menschen versuchen füreinander da zusein, sich zu unterstützen aber sich nur noch kaputter machen und vom Versuch und grenzenloser Überforderung ein „normales“ Leben zu führen.
Gegen Ende des Buchs hatte ich richtig Angst vor dem Ende, es war ja leider absehbar und angekündigt, dass es hier kein Happy End geben wird. Ich hoffe sehr, noch ganz viele Bücher von der Autorin lesen zu dürfen.

Bewertung vom 27.01.2024
Demon Copperhead
Kingsolver, Barbara

Demon Copperhead


ausgezeichnet

Ein großartiger und berührender Roman über die Kindheit und Jugend eines Jungen, der leider unter schwierigen Bedingungen erwachsen werden musste. Er lebt in verschiedenen Pflegefamilien, lernt Armut und Hunger kennen, Desinteresse vom Jugendamt und auch viele andere Kinder, denen es ähnlich geht. Das alles erzählt aus seiner Sicht, melancholisch, frech, am Anfang auch oft kindlich naiv, mit einem feinen Humor. Das lässt den Leser auch den ganzen Schmerz etwas besser ertragen. Demon kämpft sich durch mit einer beeindruckenden Stärke und Kraft. Trotz der Schwere der Themen hat dieser Roman eine gewisse Leichtigkeit und eine absolute Sogwirkung. Ich hätte dieses Buch (829 Seiten) noch ewig weiterlesen können. Ganz große Literatur, wunderbar geschrieben. Für mich eins der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe.

Bewertung vom 22.01.2024
Wir sitzen im Dickicht und weinen
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


ausgezeichnet

Felicitas Prokopetz schreibt in diesem Roman sehr unaufgeregt aber dennoch eindringlich über Valerie, ihre Mutter und ihren Sohn. Sie hat einen tollen und realistischen Blick auf Töchter und Mütter. Die Charaktere sind alle sehr gut beschrieben, man konnte sich in alle gut reinversetzen. Jeder handelt entweder wie es vorgelebt wurde oder er aus den Fehlern der Vorgängergeneration geglaubt hat zu lernen. Es gibt mehrere Handlungsstränge, die in der jetzigen Zeit, Valeries Kindheit und auch der Kindheit der Mutter und der Großeltern spielen. Das ermöglicht dem Leser einen intensiven Einblick in das jeweils Erlebte.
Ein wirklich großartiger Roman, in dem es darum geht Mutter und Tochter zu sein aber auch um ein über Jahrzehnte weitergegebenes Familientrauma und darum das Freunde manchmal mehr Familie sind als die eigentliche Familie.

Bewertung vom 14.12.2023
Die Verletzlichen
Nunez, Sigrid

Die Verletzlichen


sehr gut

Ein Buch in dieser Art hab ich wahrscheinlich noch nie gelesen. Die eigentliche Geschichte ist ganz schnell erzählt. Wir bekommen jedoch viele Rückblicke ins Leben der Protagonisten und auch immer wieder zum aktuellen Thema passende Zitate aus Gedichten und Romanen der Weltliteratur. Der Roman spielt genau in der Pandemie, man soll das Haus nicht verlassen, alles ist unsicher und man stellt sich Fragen, auf die man sonst vielleicht gar nicht gekommen wäre. Hier findet ein kluger und feinfühliger Austausch statt zwischen zwei Menschen, die sich außerhalb der Pandemie wahrscheinlich nie begegnet wären. Besonders gern mochte ich hier den Einblick in die Gefühlswelt des jungen Erwachsenen. Wurde er zuerst in die Schublade „veganer Ökoterrorist“ gesteckt, merkt man dann doch, dass da mehr dahinter ist. Sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 29.11.2023
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


sehr gut

Die Protagonistin sowie die Autorin sind älter und reifer geworden und lassen uns hier an der Lebenserfahrung der letzten 25 Jahre teilhaben. Es geht viel um diverse Vor- und Nachteile des Altwerdens verpackt in einer Story, die größtenteils an einem Wochenende spielt mit diversen Nebencharakteren.
Diese teilweise etwas überspitzten Nebendarsteller hätte ich jetzt so nicht gebraucht, sie blieben für mich auch weitestgehend blass. Allerdings wird dadurch der zeitweise doch recht schwermütige Roman auch wieder aufgelockert. Großartig war die Selbstreflektion über die eigentlich große Liebe, die Passagen übers Älterwerden und über ihre frühere Freundin. Da konnte ich gar nicht mehr aufhören zu lesen. Die Abschnitte übers Älterwerden gern mit einem Augenzwinkern zu betrachten aber da werden viele Frauen sich wiederfinden.

Bewertung vom 18.11.2023
Himmelfahrt
Binge, Nicholas

Himmelfahrt


sehr gut

Ein Berg, der aus dem nichts mitten im Pazifik erscheint? Klingt für mich erstmal richtig spannend. Aber was bitte ist dieser Roman? Ein Thriller, Abenteuerroman, SciFi, Horror? Das Buch ist definitiv nichts für nebenbei. Man muss schon gut konzentriert lesen um alles zu verstehen.

Der Roman wurde in Briefform geschrieben. Der Wissenschafter Harold schreibt an seine Nichte Hattie. Hier gibt es viele Rückblicke, die teilweise sehr philosophisch waren. Er verarbeitet damit ein Trauma, vor dem er all die Jahre davongelaufen ist. Es gibt viele wissenschaftliche Aspekte zum Thema Zeit, Zeitverzerrung durch Falten, Persönlichkeitsveränderung, RNA, Tesserakt auf vier Dimensionen und gefundenen Mikroben.

Der Roman ist wirklich interessant und auch spannend geschrieben. Der SciFi Anteil war aber leider gar nichts für mich. Wer gern mal etwas anderes lesen möchte ist mit diesem Buch bestens bedient. Mir persönlich war die Story etwas zu verworren und utopisch.

Bewertung vom 06.11.2023
Close to Home
Magee, Michael

Close to Home


ausgezeichnet

Dieser Roman hat es in sich, er entführt uns in die schlimmsten Ecken in Belfast zu Sean und seinen Freunden und seiner Familie. Sehr bedrückend und unverblümt schreibt Magee hier und lässt ein sehr realistisches Bild von dieser Zeit entstehen, geprägt von Drogen, Gewalt, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnotstand. Er lässt hier die Protagonisten sprechen. Wir erfahren durch ihre eigenen Geschichten von den verschiedenen Problemen. Die Jugendlichen haben keine Perspektive, die Erwachsenen kämpfen mit den Nachwirkungen der IRA und des Nordirlandkonfliktes sowie den aktuellen Problemen.

Wir erfahren hier vor allem wie Sean sich durch sein Leben kämpft, sich mit diversen Jobs über Wasser hält , einer Wohnung, in der man eigentlich nicht leben kann, seinen schwierigen Familienverhältnissen und wie er, bedingt durch die Körperverletzung, sich auf den schwierigen Weg zu sich selbst begibt.