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Benutzername: 
Amke
Wohnort: 
Erfurt

Bewertungen

Insgesamt 28 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2024
Mit den Jahren
Steenfatt, Janna

Mit den Jahren


gut

Jeder trägt seine eigene Last
Das Cover ist kunstvoll gestaltet, wirkt interessant. Der Roman um diese drei Menschen in ihrer Lebensmitte indes hat sich ganz anders entwickelt, als ich es erwartet hatte. Ich hab mich nicht gut gefühlt beim Lesen, so viel Resignation und verdeckte Verzweiflung, das war einfach zu viel für mich. Das kann auch der Schreibstil nicht wettmachen, der schon angenehm ist. Ich habe mich durchgewühlt und hätte die Protagonisten die ganze Zeit über durchschütteln können, so sehr hat mich das Ganze angestrengt. Vielleicht ist es aber auch eine Allegorie, die sich der Mitte des Lebens widmet, sich aus alten, verkrusteten Strukturen zu befreien, denen man sich im Laufe der Zeit zu gern ergeben hat - bequem, ohne Risiken einzugehen und auf das vertrauend, was man hat, egal, was einen noch erwarten kann - trotz der Mitfünfziger. Die Frage ist, ob man das Risiko eingehen will….

Bewertung vom 29.03.2024
Das Waldhaus
Webb, Liz

Das Waldhaus


ausgezeichnet

Alles über die Abgründe einer Familie
Ein traumhaft schönes Cover - sehr gelungen, mit dem Farbschnitt ein echter Hingucker. Der Roman um Hannah, die endlich das Geheimnis um den Tod ihrer wunderschönen, faszinierenden Mutter ergründen möchte, als ihr Dad in einem Anfall von Demenz etwas zu ihr sagt, dass sie befürchten lässt, dass er sie vor 23 Jahren ermordet hat, hat mich von Anfang an sehr eingenommen. Ich mag den Schreibstil, den feinsinnigen Humor der Autorin, den sie auch auf ihre Hauptfigur Hannah überträgt, die - gelinde gesagt - ziemlich kaputt ist, eine Säuferin, die mit der Tragödie ihrer Jugend überfordert ist. Die Autorin zeichnet interessante Figuren. Nichts ist, wie es scheint, auch nicht die Erinnerungen von Hannah und ihrem Bruder, der ein bekannter Schauspieler ist, der schon lange mit seiner Familie abgeschlossen hat und sein eigenes Leben führt. Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Es wird mit Sicherheit nicht das Letzte von Liz Webb sein.l

Bewertung vom 29.03.2024
Die Auszeit
Rudolf, Emily

Die Auszeit


sehr gut

Das Cover zog mich gleich in seinen Bann, die farbliche Gestaltung gefällt mir sehr gut. Nicht anders ging es mir mit der Story um die Influencerin Victoria und ihre Freunde, die den Millionsten Follower in einem Luxusretreat feiern wollen - in dem man für ein Wochenende so viel zahlt, wie andere im Monat verdienen. Victorias Crew natürlich kriegt das Ganze umsonst, denn sie haben sich dem Commerz verschrieben. Eine schöne Welt des Scheins voller egoistischer Menschen und Motive. Denn bald ist jemand tot - wer genau, bleibt eine Weile im Dunkeln. Geschickt gemacht, gut geschrieben, spannend aufgebaut. Das Buch zeigt recht deutlich, wie Influencer ihr Geld verdienen, wenn man es denn verdienen nennen kann. Für mich ist nach wie vor unbegreiflich, wie man darauf hereinfallen kann, geht es doch nur um den schnöden Mammon, auch der auf dem ersten Blick so sympathischen Victoria.

Bewertung vom 13.03.2024
Hunting Souls Bd.1 (MP3-Download)
Köpke, Tina

Hunting Souls Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Einfühlsame Story mit spannenden Elementen
Tina Köpcke hat mit „Hunting Souls“ ein fesselndes Fantasybuch geschrieben, auf dessen Fortsetzung ich mich freue. Frisch und mitreißend erzählt die Autorin die Geschichte von Katrina und Tate – die eigentlich keine Chance haben, denn Katrina ist eine 18-jährige Untote aus einer Familie von Hexen und Werwölfen. Tate hingegen stammt aus einer Familie von Jägern, die es auf alles Übernatürliche abgesehen haben. Durch einen missglückten Fluch sind die beiden, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aneinandergebunden. Ich habe eine Weile gebraucht, um mich auf die Story einzustellen, konnte dann aber von der spannenden Romance um die beiden nicht mehr lassen. Das Cover ist sehr wertig gestaltet. Das Hörbuch ein stimmiges Erlebnis – ich mochte die beiden Sprecher Rebecca Veil und Friedemann Thiele sehr. Einfühlsam erzählten sie die Geschichte der beiden Protagonisten und ließen sie durch ihr Feingefühl für mich als Hörerin lebendig werden.

Bewertung vom 13.03.2024
Im Glanz der Ewigkeit / Starling Nights Bd.2
Niemeitz, Merit

Im Glanz der Ewigkeit / Starling Nights Bd.2


sehr gut

Spannend bis zur letzten Seite
Nach Teil 1 - auf den ich durch eure Verlosung für Teil 2 aufmerksam wurde - dachte ich, ja, das war super spannend. Und ich dachte, was kann da im zweiten Teil noch kommen ... Aber falsch gedacht, es hat mich wieder in seinen Bann gezogen. Die Geschichte von den Unsterblichen, die ihrem Grahl der Ewigkeit hinterherjagen und ihre Unsterblichkeit um nichts auf der Welt hergeben wollen, ihre Arroganz gegenüber den Menschen, deren Lebenszeit ihnen nur wie ein Wimpernschlag vorkommt. Die Dilogie von Merit Nimeitz kommt auch im zweiten Teil spannend daher und fesselt fast von der ersten Seite an. Gekonnt weiß sie die Geschichte fortzusetzen. Faszinierend finde ich die Zeichnung ihrer Charaktere. So wird Ashton, im 1. Teil ein klassischer Bösewicht, im zweiten Teil menschlicher und auch Zoe, die viel durch ihn gelitten hat, bekommt mehr Raum im Buch, sodass Cliff und Mabel - die Hauptprotagonisten aus Teil 1 - etwas in den Hintergrund rücken, was der Geschichte aber keinen Abbruch tut. Ich habe beide Teile sehr gern gelesen, die perfekte Ablenkung für einen Eskapisten.

Bewertung vom 05.03.2024
Ein falsches Wort
Hjorth, Vigdis

Ein falsches Wort


ausgezeichnet

Bedrückendes Thema
Was ist passiert, dass eine Tochter, wenn der Vater stirbt, die Mutter einen Selbstmordversuch macht, auch weiter dabei bleibt, jeden Kontakt zur Familie und den Geschwistern zu vermeiden. Wie schlimm ist das, was
Wie schlimm muss eine Familie sein, wenn man auch nach dem Selbstmordversuch der Mutter jeglichen Kontakt ablehnt – und das seit 23 Jahren? Was ist passiert, habe ich mich schon auf den ersten Seiten gefragt. Ist Vigdis Hjorths Icherzählerin eine Frau mit kaltem Herzen? Der Vater ist tot, die Geschwister streiten ums Erbe, werden gegeneinander ausgespielt. Bergljot ist das alles egal. Ist es das wirklich? Nein, die Wunden sind einfach nur zu tief, nicht verheilt, die Gefahr groß, dass sie wieder aufbrechen und an den Rändern noch weiter nach außen mäandern. Erst allmählich kommt man dahinter, was passiert ist – und das ist schlimm. Bergljot wurde als 5-Jährige von ihrem Vater missbraucht, die Mutter war zu schwach – nicht nur zu schwach, etwas zu unternehmen, auch zu schwach, ihr zu glauben. Wie sehr das Mädchen gelitten hat, kann man nur erahnen. Zeit ihres Lebens schleppt sie den Missbrauch mit sich herum, kann sich nicht davon erholen. Da ist nicht nur der übergriffige Vater, der Unbeschreibliches tut, da ist auch der große Vertrauensbruch in der eigenen Familie, die beschützen und ein Ort sein sollte, an dem man sicher ist. Sensibel erzählt Vigids Hjorth eine Geschichte um Missbrauch und den Bruch frühkindlichen Vertrauens, Unverständnis bei der Mutter – denn irgendwann müsse man ja verzeihen können. Nein, muss man nicht, wenn man weiterleben will. Das Cover ist sehr gut gewählt. Es zeigt Menschen, die zwar zusammen, aber dennoch allein sind, was sich aber erst auf den zweiten Blick erschließt – so ähnlich wie der Roman.
Vigdis Hjorth hat ein sensibles Buch über ein Tabuthema geschrieben, an dem eine Familie zerbrochen ist, eindrucksvoll erzählt, ein Buch, das in den Bann zieht, ein Buch, das man nicht so schnell vergisst.

Bewertung vom 26.02.2024
Wer zuerst lügt
Elston, Ashley

Wer zuerst lügt


sehr gut

Spannende Twists bis zum Ende
Zwei Frauen, eine Geschichte? Diesen Eindruck erweckte das Buchcover mit dem Titel "Wer zuerst lügt". Und ich kann sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Schon die Leseprobe hatte mich, denn Evi Porter, die scheinbar ein großes Geheimnis verbirgt, hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Klar ist, ihre Beziehung mit dem gut aussehenden Ryan, der auch noch finanziell gut dasteht, ist nicht durch Zufall entstanden. Sie verfolgt ein bestimmtes Ziel. Schnell wird klar, sie ist auf ihn angesetzt. Aber was will sie erreichen? Die Handlung geht immer wieder zurück in die Vergangenheit und man erfährt, dass Evi, die eigentlich Lucca heißt, schon als junges Mädchen gewiefte Diebstähle begeht, um die Krankenhauskosten für ihre Mutter zu bezahlen, die an einer unheilbaren Krankheit leidet. Bei einem wird sie erwischt - da die Polizisten, die sie fassen, mit einer unbekannten Organisation dealen, findet sie sich plötzlich in einem Verbrechernetzwerk wieder, dem sie nicht entfliehen kann. Denn ihre Aufträge führen sie durchs ganze Land - einer verzwickter als der andere. Weigern ist keine Option. Kann sie dem entfliehen? Spannend geschrieben.

Bewertung vom 26.02.2024
Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1
Helford, Anna

Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1


gut

Krimi des 19. Jh. trifft Romantik der Gegenwart
Spring weiß mit ihrem Leben nichts anzufangen. Weiche Drogen, schlechte Freunde und kleinere Diebstähle zeichnen ihren Wegen in London, bis sie zu Sozialstunden verdonnert wird bei Sophia – einer älteren Dame, die sie im Laufe der Zeit zu schätzen lernt, vermittelt sie ihr doch ein Gefühl von Familie, das sie selbst niemals hatte. Mit ihren drei Schwestern wuchs Spring auf einer Biofarm auf, die ihre Hippie-Eltern mehr schlecht als recht führten und die Kinder sich selbst überließen. Durch Zufall entdeckt Spring, dass Sophia und sie aus dem gleichen Ort kommen – Sophia eine verstoßene Schlossherrin, die andere eine ziellose junge Frau. Verbindendes Element ist Daffodil House – ein Herrenhaus, dessen weitflächige Rasenflächen Spring schon als Kind erkundete. Aber warum wurde Sophia verstoßen, warum kennt sie ihre Enkel nicht? Das alles erscheint der jungen Frau sehr herzlos, denn Sophia hat – ähnlich wie sie – wenig Geld zum Leben. Seit 30 Jahren war die alte Dame nicht mehr auf ihrem Landsitz. Auch Spring hat ihrer Heimat vor langem den Rücken gekehrt. Sie hat die Farm ihrer Eltern vor 8 Jahren fluchtartig verlassen. Beide beschließen, mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen, was nur durch einen Besuch vor Ort möglich ist.
Die Autorin verknüpft verschiedene Zeitschleifen und webt im Laufe der Handlung ein Familiengeheimnis des alten Earls von Nefyn, das Folgen bis in die Gegenwart hat. Hier treffen sich ein Krimi des 19. Jahrhunderts und die für mein Empfingen etwas zu romantisierte Gegenwart, die den Leser in Atem halten. Vor allem die Passagen, die um 1876 spielen, sind sehr spannend und nehmen zunehmend an Fahrt auf. Der Schreibstil ist angenehm, das Buch leicht zu lesen – eine schöne Frühlingslektüre, der drei weitere Bücher folgen werden, denn auch die anderen drei Season-Sisters sollen – so will es die Autorin – ihren eigenen Band erhalten.

Bewertung vom 15.02.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


sehr gut

stiller Roman über eine zeitlose Freundschaft
Eins ist klar, als Flucht vor dem Alltag ist dieses Buch nicht geeignet. Es fordert den Leser, besticht durch traumhaft schöne Formulierungen, bei denen man einfach nur innehalten und sie so lange wie möglich auf sich wirken lassen möchte. Iris Wolff erzählt die Geschichte von Lev und Kato, die sich schon als Kinder in Rumänien kennenlernten, liebten und noch immer eng miteinander verbunden sind – obwohl sich ihre Lebenswege im Laufe der Zeit verzerrt und auseinanderentwickelt haben – denn mit der Anpassung Rumäniens an die westliche Welt Anfang der 1990er-Jahre eröffnete sich für die beiden gleichzeitig auch eine Vielzahl an Möglichkeiten, das eigene Leben zu gestalten. So geht die abenteuerlustige Kato in die Welt, während Lev zurückbleibt. Nach wie vor hängen die beiden eng aneinander, auch über tausende Kilometer hinweg – wie an einem Gummiband, das sich so lange dehnt, bis es die beiden Enden wieder zusammenzieht, nur, um sie wieder auseinanderzutreiben. Es ist interessant, dem Lebensweg der beiden zu folgen, zu hoffen, sie zu begleiten, in ihrer Unfähigkeit beieinander zu bleiben und dennoch nicht ohne den anderen zu können. Behutsam erzählt die Autorin von einer Freundschaft, die über die Hürden der Zeit hinweg weiterbesteht, und gibt faszinierende Einblicke in die rumänische Geschichte, über das Dulden und Leiden der Menschen, die Erstarrung der Individualität in der Diktatur, in der Lev und Kato aufwachsen. Ungewöhnlich ist die Herangehensweise an die Geschichte, denn sie erzählt sie rückwärts, was den Leser nicht nur dazu zwingt, mit klassischen Lesegewohnheiten zu brechen, sondern sich den Roman Stück für Stück selbst zu erarbeiten, kleine Puzzlestücke zusammenzusetzen, bis sich ein großes Ganzes ergibt. Das Cover passt sehr gut zu der Geschichte, die in kleinen metaphorischen Gesten erzählt wird.

Bewertung vom 30.01.2024
Notizen zu einer Hinrichtung
Kukafka, Danya

Notizen zu einer Hinrichtung


ausgezeichnet

Ein Buch, das viele Fragen stellt
Für mich stellt „Notizen zu einer Hinrichtung“ vor allem eine Auseinandersetzung mit dem Thema Todesstrafe dar, das im aktuellen Kontext (Stickstofftod) eine neue Tragik erfährt. Aber auch mit der Frage, wie eine Person zum Mörder wird, eine andere, die Ähnliches erlebt hat, jedoch nicht. Die Autorin beschreibt sehr eindrucksvoll die letzten Tage von Ansel Packer, der seiner Hinrichtung entgegensieht und überlegt: Was wäre, wenn? Was wäre, wenn er andere Wege gegangen wäre, schon in seiner Jugend? Wie hätte sich sein Leben und das seiner Opfer entwickelt – drei junge Mädchen, die er mit 17 tötete, weil er das Babygeschrei seines kleinen Bruders nicht aus dem Kopf bekam? Das Weinen des Babys, das ihn sein Leben lang begleitet, steht symbolisch für seine Panik, für das Gefühl seiner Schuld und seines Versagens, als Mutter und Vater ihn, den 4-jährigen mit seinem zwei Monate alten Bruder Baby Packer auf einer heruntergekommenen Farm zurückgelassen haben. Es ist bezeichnend, dass das Baby nicht mal einen Namen hatte. Während Baby Packer adoptiert wird, bleibt Ansel allein und wird von einer Pflegestelle an die andere weitergereicht. Er fühlt sich schuldig, denn er glaubt, sein Bruder ist tot. Sein Leben lang ist er mit dieser Schuld allein. Sehr einfühlsam beschreibt Danya Kukafka Ansel und seinen Weg durchs Leben, seine Verzweiflung und seine Unfähigkeit, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Er ist abgestumpft, empfindet wenig und imitiert andere, um nicht aufzufallen. Ein Soziopath? Vielleicht. Erst als er Jenny trifft, hat er das Gefühl angekommen zu sein und dennoch bricht sich die Gewalt 20 Jahre später erneut Bahn und er tötet sie in einem verzweifelten Rausch. Für mich ist Ansel Packer die Hauptperson des Buches, die mit verschiedenen Frauen verbunden ist, die jedoch seltsam blass bleiben (bis auf Hazel, die Zwillingsschwester von Jenny, und vielleicht noch die Kommissarin, der Ansel mit 11 einen halbverwesten Fuchs ins Bett legte – ja sie sind zeitweise zeitgleich in einer Pflegestelle gewesen und sie hat Ansels Wesen früh erkannt – verloren, aber auch gewalttätig). Da ist die noch minderjährige überforderte Mutter, die unter dem brutalen Vater leidet, der sie und die Kinder in einer schrecklichen Welt von Verwahrlosung und Hunger leiden lässt. Sie schafft es, sich zu befreien, aber auf Kosten ihrer Kinder, für die sie auf die Obhut des Staates hofft. Da sind die schablonenhaften Figuren von Izzy, Angela und Lila, die von Ansel ermordet werden und gar nicht die Chance auf ein eigenes Leben bekommen. Da ist Jenny, die ihrer Schwester Hazel auch in schweren Stunden nie zur Seite stand, Alkoholikerin wurde und sich erst spät Ansel trennte. Warum sie trank, warum sie Angst hatte, Ansel zu verlassen, das alles erfährt man als Leser leider nicht. Als sehr positive Gestalt habe ich Blue wahrgenommen, seine 16-jährige Nichte, die ihn sucht und ihm nach über 30 Jahren endlich zu der Familie wird, die er nie hatte – wenn auch nur für eine kurze Zeit, die ihn glücklich macht. Für mich ist sie eine sehr warmherzige liebevolle Person, die uns Erwachsenen trotz ihrer Jugend in ihrer Güte, Vergebung und Zugewandtheit weit überlegen ist. Der Großteil der Frauen umgibt den Protagonisten Ansel wie eine Perlenschnur, die nur dazu dient, seine Geschichte zu erzählen. Hier hätte ich mehr Feinarbeit gewünscht. Ab der zweiten Hälfte des Buches lässt das Lektorat stark nach, hier muss dringend nachgearbeitet werden. Dennoch halte ich „Notizen zu einer Hinrichtung“ für einen sehr wichtigen Roman, aus dem jeder, der ihn liest, seine eigenen, ganz persönlichen Schlüsse ziehen kann. So gibt das Buch keine Antworten, sondern stellt viele Fragen, Fragen über die Gesellschaft, über den Umgang mit traumatisierten Kindern und ihrer Begleitung in die Normalität, über das System, über den Umgang mit Schicksalsschlägen, über Sinn und Unsinn der Todesstrafe, über die Ungleichbehandlung von Straftätern, über Reue und Gnade, Wut und Verzweiflung … Es steckt so viel darin.