Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Amke
Wohnort: 
Erfurt

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2024
Hunting Souls Bd.1 (MP3-Download)
Köpke, Tina

Hunting Souls Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Einfühlsame Story mit spannenden Elementen
Tina Köpcke hat mit „Hunting Souls“ ein fesselndes Fantasybuch geschrieben, auf dessen Fortsetzung ich mich freue. Frisch und mitreißend erzählt die Autorin die Geschichte von Katrina und Tate – die eigentlich keine Chance haben, denn Katrina ist eine 18-jährige Untote aus einer Familie von Hexen und Werwölfen. Tate hingegen stammt aus einer Familie von Jägern, die es auf alles Übernatürliche abgesehen haben. Durch einen missglückten Fluch sind die beiden, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aneinandergebunden. Ich habe eine Weile gebraucht, um mich auf die Story einzustellen, konnte dann aber von der spannenden Romance um die beiden nicht mehr lassen. Das Cover ist sehr wertig gestaltet. Das Hörbuch ein stimmiges Erlebnis – ich mochte die beiden Sprecher Rebecca Veil und Friedemann Thiele sehr. Einfühlsam erzählten sie die Geschichte der beiden Protagonisten und ließen sie durch ihr Feingefühl für mich als Hörerin lebendig werden.

Bewertung vom 13.03.2024
Im Glanz der Ewigkeit / Starling Nights Bd.2
Niemeitz, Merit

Im Glanz der Ewigkeit / Starling Nights Bd.2


sehr gut

Spannend bis zur letzten Seite
Nach Teil 1 - auf den ich durch eure Verlosung für Teil 2 aufmerksam wurde - dachte ich, ja, das war super spannend. Und ich dachte, was kann da im zweiten Teil noch kommen ... Aber falsch gedacht, es hat mich wieder in seinen Bann gezogen. Die Geschichte von den Unsterblichen, die ihrem Grahl der Ewigkeit hinterherjagen und ihre Unsterblichkeit um nichts auf der Welt hergeben wollen, ihre Arroganz gegenüber den Menschen, deren Lebenszeit ihnen nur wie ein Wimpernschlag vorkommt. Die Dilogie von Merit Nimeitz kommt auch im zweiten Teil spannend daher und fesselt fast von der ersten Seite an. Gekonnt weiß sie die Geschichte fortzusetzen. Faszinierend finde ich die Zeichnung ihrer Charaktere. So wird Ashton, im 1. Teil ein klassischer Bösewicht, im zweiten Teil menschlicher und auch Zoe, die viel durch ihn gelitten hat, bekommt mehr Raum im Buch, sodass Cliff und Mabel - die Hauptprotagonisten aus Teil 1 - etwas in den Hintergrund rücken, was der Geschichte aber keinen Abbruch tut. Ich habe beide Teile sehr gern gelesen, die perfekte Ablenkung für einen Eskapisten.

Bewertung vom 05.03.2024
Ein falsches Wort
Hjorth, Vigdis

Ein falsches Wort


ausgezeichnet

Bedrückendes Thema
Was ist passiert, dass eine Tochter, wenn der Vater stirbt, die Mutter einen Selbstmordversuch macht, auch weiter dabei bleibt, jeden Kontakt zur Familie und den Geschwistern zu vermeiden. Wie schlimm ist das, was
Wie schlimm muss eine Familie sein, wenn man auch nach dem Selbstmordversuch der Mutter jeglichen Kontakt ablehnt – und das seit 23 Jahren? Was ist passiert, habe ich mich schon auf den ersten Seiten gefragt. Ist Vigdis Hjorths Icherzählerin eine Frau mit kaltem Herzen? Der Vater ist tot, die Geschwister streiten ums Erbe, werden gegeneinander ausgespielt. Bergljot ist das alles egal. Ist es das wirklich? Nein, die Wunden sind einfach nur zu tief, nicht verheilt, die Gefahr groß, dass sie wieder aufbrechen und an den Rändern noch weiter nach außen mäandern. Erst allmählich kommt man dahinter, was passiert ist – und das ist schlimm. Bergljot wurde als 5-Jährige von ihrem Vater missbraucht, die Mutter war zu schwach – nicht nur zu schwach, etwas zu unternehmen, auch zu schwach, ihr zu glauben. Wie sehr das Mädchen gelitten hat, kann man nur erahnen. Zeit ihres Lebens schleppt sie den Missbrauch mit sich herum, kann sich nicht davon erholen. Da ist nicht nur der übergriffige Vater, der Unbeschreibliches tut, da ist auch der große Vertrauensbruch in der eigenen Familie, die beschützen und ein Ort sein sollte, an dem man sicher ist. Sensibel erzählt Vigids Hjorth eine Geschichte um Missbrauch und den Bruch frühkindlichen Vertrauens, Unverständnis bei der Mutter – denn irgendwann müsse man ja verzeihen können. Nein, muss man nicht, wenn man weiterleben will. Das Cover ist sehr gut gewählt. Es zeigt Menschen, die zwar zusammen, aber dennoch allein sind, was sich aber erst auf den zweiten Blick erschließt – so ähnlich wie der Roman.
Vigdis Hjorth hat ein sensibles Buch über ein Tabuthema geschrieben, an dem eine Familie zerbrochen ist, eindrucksvoll erzählt, ein Buch, das in den Bann zieht, ein Buch, das man nicht so schnell vergisst.

Bewertung vom 26.02.2024
Wer zuerst lügt
Elston, Ashley

Wer zuerst lügt


sehr gut

Spannende Twists bis zum Ende
Zwei Frauen, eine Geschichte? Diesen Eindruck erweckte das Buchcover mit dem Titel "Wer zuerst lügt". Und ich kann sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Schon die Leseprobe hatte mich, denn Evi Porter, die scheinbar ein großes Geheimnis verbirgt, hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Klar ist, ihre Beziehung mit dem gut aussehenden Ryan, der auch noch finanziell gut dasteht, ist nicht durch Zufall entstanden. Sie verfolgt ein bestimmtes Ziel. Schnell wird klar, sie ist auf ihn angesetzt. Aber was will sie erreichen? Die Handlung geht immer wieder zurück in die Vergangenheit und man erfährt, dass Evi, die eigentlich Lucca heißt, schon als junges Mädchen gewiefte Diebstähle begeht, um die Krankenhauskosten für ihre Mutter zu bezahlen, die an einer unheilbaren Krankheit leidet. Bei einem wird sie erwischt - da die Polizisten, die sie fassen, mit einer unbekannten Organisation dealen, findet sie sich plötzlich in einem Verbrechernetzwerk wieder, dem sie nicht entfliehen kann. Denn ihre Aufträge führen sie durchs ganze Land - einer verzwickter als der andere. Weigern ist keine Option. Kann sie dem entfliehen? Spannend geschrieben.

Bewertung vom 26.02.2024
Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1
Helford, Anna

Frühlingsgeheimnisse / Season Sisters Bd.1


gut

Krimi des 19. Jh. trifft Romantik der Gegenwart
Spring weiß mit ihrem Leben nichts anzufangen. Weiche Drogen, schlechte Freunde und kleinere Diebstähle zeichnen ihren Wegen in London, bis sie zu Sozialstunden verdonnert wird bei Sophia – einer älteren Dame, die sie im Laufe der Zeit zu schätzen lernt, vermittelt sie ihr doch ein Gefühl von Familie, das sie selbst niemals hatte. Mit ihren drei Schwestern wuchs Spring auf einer Biofarm auf, die ihre Hippie-Eltern mehr schlecht als recht führten und die Kinder sich selbst überließen. Durch Zufall entdeckt Spring, dass Sophia und sie aus dem gleichen Ort kommen – Sophia eine verstoßene Schlossherrin, die andere eine ziellose junge Frau. Verbindendes Element ist Daffodil House – ein Herrenhaus, dessen weitflächige Rasenflächen Spring schon als Kind erkundete. Aber warum wurde Sophia verstoßen, warum kennt sie ihre Enkel nicht? Das alles erscheint der jungen Frau sehr herzlos, denn Sophia hat – ähnlich wie sie – wenig Geld zum Leben. Seit 30 Jahren war die alte Dame nicht mehr auf ihrem Landsitz. Auch Spring hat ihrer Heimat vor langem den Rücken gekehrt. Sie hat die Farm ihrer Eltern vor 8 Jahren fluchtartig verlassen. Beide beschließen, mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen, was nur durch einen Besuch vor Ort möglich ist.
Die Autorin verknüpft verschiedene Zeitschleifen und webt im Laufe der Handlung ein Familiengeheimnis des alten Earls von Nefyn, das Folgen bis in die Gegenwart hat. Hier treffen sich ein Krimi des 19. Jahrhunderts und die für mein Empfingen etwas zu romantisierte Gegenwart, die den Leser in Atem halten. Vor allem die Passagen, die um 1876 spielen, sind sehr spannend und nehmen zunehmend an Fahrt auf. Der Schreibstil ist angenehm, das Buch leicht zu lesen – eine schöne Frühlingslektüre, der drei weitere Bücher folgen werden, denn auch die anderen drei Season-Sisters sollen – so will es die Autorin – ihren eigenen Band erhalten.

Bewertung vom 15.02.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


sehr gut

stiller Roman über eine zeitlose Freundschaft
Eins ist klar, als Flucht vor dem Alltag ist dieses Buch nicht geeignet. Es fordert den Leser, besticht durch traumhaft schöne Formulierungen, bei denen man einfach nur innehalten und sie so lange wie möglich auf sich wirken lassen möchte. Iris Wolff erzählt die Geschichte von Lev und Kato, die sich schon als Kinder in Rumänien kennenlernten, liebten und noch immer eng miteinander verbunden sind – obwohl sich ihre Lebenswege im Laufe der Zeit verzerrt und auseinanderentwickelt haben – denn mit der Anpassung Rumäniens an die westliche Welt Anfang der 1990er-Jahre eröffnete sich für die beiden gleichzeitig auch eine Vielzahl an Möglichkeiten, das eigene Leben zu gestalten. So geht die abenteuerlustige Kato in die Welt, während Lev zurückbleibt. Nach wie vor hängen die beiden eng aneinander, auch über tausende Kilometer hinweg – wie an einem Gummiband, das sich so lange dehnt, bis es die beiden Enden wieder zusammenzieht, nur, um sie wieder auseinanderzutreiben. Es ist interessant, dem Lebensweg der beiden zu folgen, zu hoffen, sie zu begleiten, in ihrer Unfähigkeit beieinander zu bleiben und dennoch nicht ohne den anderen zu können. Behutsam erzählt die Autorin von einer Freundschaft, die über die Hürden der Zeit hinweg weiterbesteht, und gibt faszinierende Einblicke in die rumänische Geschichte, über das Dulden und Leiden der Menschen, die Erstarrung der Individualität in der Diktatur, in der Lev und Kato aufwachsen. Ungewöhnlich ist die Herangehensweise an die Geschichte, denn sie erzählt sie rückwärts, was den Leser nicht nur dazu zwingt, mit klassischen Lesegewohnheiten zu brechen, sondern sich den Roman Stück für Stück selbst zu erarbeiten, kleine Puzzlestücke zusammenzusetzen, bis sich ein großes Ganzes ergibt. Das Cover passt sehr gut zu der Geschichte, die in kleinen metaphorischen Gesten erzählt wird.

Bewertung vom 30.01.2024
Notizen zu einer Hinrichtung
Kukafka, Danya

Notizen zu einer Hinrichtung


ausgezeichnet

Ein Buch, das viele Fragen stellt
Für mich stellt „Notizen zu einer Hinrichtung“ vor allem eine Auseinandersetzung mit dem Thema Todesstrafe dar, das im aktuellen Kontext (Stickstofftod) eine neue Tragik erfährt. Aber auch mit der Frage, wie eine Person zum Mörder wird, eine andere, die Ähnliches erlebt hat, jedoch nicht. Die Autorin beschreibt sehr eindrucksvoll die letzten Tage von Ansel Packer, der seiner Hinrichtung entgegensieht und überlegt: Was wäre, wenn? Was wäre, wenn er andere Wege gegangen wäre, schon in seiner Jugend? Wie hätte sich sein Leben und das seiner Opfer entwickelt – drei junge Mädchen, die er mit 17 tötete, weil er das Babygeschrei seines kleinen Bruders nicht aus dem Kopf bekam? Das Weinen des Babys, das ihn sein Leben lang begleitet, steht symbolisch für seine Panik, für das Gefühl seiner Schuld und seines Versagens, als Mutter und Vater ihn, den 4-jährigen mit seinem zwei Monate alten Bruder Baby Packer auf einer heruntergekommenen Farm zurückgelassen haben. Es ist bezeichnend, dass das Baby nicht mal einen Namen hatte. Während Baby Packer adoptiert wird, bleibt Ansel allein und wird von einer Pflegestelle an die andere weitergereicht. Er fühlt sich schuldig, denn er glaubt, sein Bruder ist tot. Sein Leben lang ist er mit dieser Schuld allein. Sehr einfühlsam beschreibt Danya Kukafka Ansel und seinen Weg durchs Leben, seine Verzweiflung und seine Unfähigkeit, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Er ist abgestumpft, empfindet wenig und imitiert andere, um nicht aufzufallen. Ein Soziopath? Vielleicht. Erst als er Jenny trifft, hat er das Gefühl angekommen zu sein und dennoch bricht sich die Gewalt 20 Jahre später erneut Bahn und er tötet sie in einem verzweifelten Rausch. Für mich ist Ansel Packer die Hauptperson des Buches, die mit verschiedenen Frauen verbunden ist, die jedoch seltsam blass bleiben (bis auf Hazel, die Zwillingsschwester von Jenny, und vielleicht noch die Kommissarin, der Ansel mit 11 einen halbverwesten Fuchs ins Bett legte – ja sie sind zeitweise zeitgleich in einer Pflegestelle gewesen und sie hat Ansels Wesen früh erkannt – verloren, aber auch gewalttätig). Da ist die noch minderjährige überforderte Mutter, die unter dem brutalen Vater leidet, der sie und die Kinder in einer schrecklichen Welt von Verwahrlosung und Hunger leiden lässt. Sie schafft es, sich zu befreien, aber auf Kosten ihrer Kinder, für die sie auf die Obhut des Staates hofft. Da sind die schablonenhaften Figuren von Izzy, Angela und Lila, die von Ansel ermordet werden und gar nicht die Chance auf ein eigenes Leben bekommen. Da ist Jenny, die ihrer Schwester Hazel auch in schweren Stunden nie zur Seite stand, Alkoholikerin wurde und sich erst spät Ansel trennte. Warum sie trank, warum sie Angst hatte, Ansel zu verlassen, das alles erfährt man als Leser leider nicht. Als sehr positive Gestalt habe ich Blue wahrgenommen, seine 16-jährige Nichte, die ihn sucht und ihm nach über 30 Jahren endlich zu der Familie wird, die er nie hatte – wenn auch nur für eine kurze Zeit, die ihn glücklich macht. Für mich ist sie eine sehr warmherzige liebevolle Person, die uns Erwachsenen trotz ihrer Jugend in ihrer Güte, Vergebung und Zugewandtheit weit überlegen ist. Der Großteil der Frauen umgibt den Protagonisten Ansel wie eine Perlenschnur, die nur dazu dient, seine Geschichte zu erzählen. Hier hätte ich mehr Feinarbeit gewünscht. Ab der zweiten Hälfte des Buches lässt das Lektorat stark nach, hier muss dringend nachgearbeitet werden. Dennoch halte ich „Notizen zu einer Hinrichtung“ für einen sehr wichtigen Roman, aus dem jeder, der ihn liest, seine eigenen, ganz persönlichen Schlüsse ziehen kann. So gibt das Buch keine Antworten, sondern stellt viele Fragen, Fragen über die Gesellschaft, über den Umgang mit traumatisierten Kindern und ihrer Begleitung in die Normalität, über das System, über den Umgang mit Schicksalsschlägen, über Sinn und Unsinn der Todesstrafe, über die Ungleichbehandlung von Straftätern, über Reue und Gnade, Wut und Verzweiflung … Es steckt so viel darin.

Bewertung vom 15.01.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


ausgezeichnet

Sehr, sehr lesenswert!
Michael Köhlmeier nimmt den Leser mit auf eine Reise ins frühe 20. Jahrhundert und nimmt sich dabei selbst ein bisschen auf die Schippe. Denn Anouk Perleman-Jacob, die 100-jährige Stararchitektin, zu deren Jubiläum er wider Erwarten eingeladen wird, will, dass ausgerechnet er ihre Biografie schreibt, obwohl es schon zwei gibt. Wenig schmeichelhaft ist die Begründung, warum sie ausgerechnet ihn will: Er nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau. Das hat ihr imponiert, denn erzählen will sie ihre Geschichte, wenn sie ihr nicht geglaubt wird – umso besser. Anouk Perleman-Jacob wird im Alter von 14 Jahren mit ihren Eltern im Auftrag Trotzkis Anfang der 1920er-Jahre aus der Sowjetunion ausgewiesen. Per Schiff geht es auf eine Reise ins Ungewisse, gemeinsam mit anderen Intellektuellen und Wissenschaftlern. Geschickt kombiniert Köhlmeier Fiktion und Realität und animiert den Leser dazu, sich intensiver mit der Geschichte vor und nach der russischen Revolution auseinanderzusetzen. So manche Romanfigur, die der Autor auf sein literarisches Deck holt, hat es wirklich gegeben. An den einzelnen Personen beschreibt er die Gräuel der Revolution, die am Ende einen Teil ihrer Kinder frisst. Unweigerlich fühlte ich mich bei den Beschreibungen Köhlmeyers an Carolly Ericksons Biografie „Alexandra Romanowa“ erinnert, das ich vor einigen Jahren las und mich ziemlich verstörte, beschrieb es doch recht deutlich, auf wie viel Blut, Grausamkeit und Chaos der vermeintliche Traum der Menschheit von Freiheit aufgebaut wurde. Wie immer sitzt bei Köhlmeier jeder Satz, jedes Komma. Pointiert führt er den Leser durch die Geschichte und zeigt am Ende ganz deutlich, wo die Realität aufhört und wo die Fiktion beginnt. Ein sehr, sehr lesenswertes Buch mit historischen Hintergründen, das mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Bewertung vom 10.01.2024
Eine Vorzeigefamilie
Hahn, Rochus

Eine Vorzeigefamilie


gut

Entwürdigender Blick auf eine Familie
In „Eine Vorzeigefamilie“ nimmt Rochus Hahn seine Familie komplett auseinander. Er schildert die Welt hinter dem schönen Sein einer gut situierten Bilderbuchfamilie. Der Vater, ein studierter Chemiker, mit Doktortitel, dazu eine Mutter, die die Geschicke der Familie natürlich als Hausfrau verwaltete, dazwischen drei Söhne, die vor ihrem Vater und seinen Prügelstrafen zittern, die aus heiterem Himmel kommen, was die Atmosphäre im Hause Hahn unberechenbar gestaltet. Mit einfachen, klaren Worten beschreibt er sein Leben bei seinen Eltern, die Beziehungen zu den Brüdern, den Alltag. Ich habe meine Probleme damit, wenn eine Familiengeschichte ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird. Auf mich wirkt das Buch, das im Berichtsstil geschrieben ist, fraglos hat er schlimme Dinge erlebt, als würde er versuchen, sein Leben aufzuarbeiten. Aber warum muss er das in der Öffentlichkeit tun? Mir wäre lieber gewesen, er hätte das im stillen Kämmerlein getan, in Form eines Tagebuches und nicht als Roman. So entsteht der Eindruck, als wollte er mit der Geschichte seiner Familie Geld verdienen. Er reiht Episode an Episode, ohne eine Verbindung zu schaffen, so wirkt das Ganze wie ein Puzzle mit unendlich vielen Teilen, die sich am Ende nicht zusammenfügen. Ich möchte mich hier nicht in pseudopsychologischen Analysen verlieren, warum wer wie reagiert hat. Ich fragte mich aber, je tiefer ich in das Buch eintauchte: Wie hätte das Buch ausgesehen, wenn es einer seiner Brüder geschrieben hätte? Welche Geschichte hätte wohl seine Mutter erzählt und wie würden unsere Kinder die Geschichte unserer Familie erzählen, wenn wir alt und grau sind oder schon unter der Erde liegen? Jeder Mensch lebt in seiner eigenen Wirklichkeit, macht Erfahrungen, die ihn auf ganz besondere Weise prägen. Wenn es denn schon ein Roman sein muss, warum kann man ihn dann nicht in einer anderen Welt spielen lassen, ohne dass die autobiografischen Züge so deutlich werden?

Bewertung vom 30.12.2023
Zero Days
Ware, Ruth

Zero Days


sehr gut

Spannend, aber nicht so gut, wie ich Ruth Ware kenne

Wie immer reißt Ruth Ware den Leser so plötzlich ins Buch und die Handlung, dass man sich am Ende fragt, wie sie das immer wieder schafft. Da ist Jack, die mit ihrem Mann Gabe gemeinsam Unternehmen auf ihre Sicherheit testet. Ein aufreibender Job, denn er übernimmt das Digitale und sie schiebt sich durch Lüftungsgänge, vorbei an verbotenen Türen und liefert sich am Ende nicht selten ein Rennen mit dem Sicherheitsdienst. Es ist ein Spiel, von dem beide nicht lassen können - und es endet tödlich. Denn als Jack von einem Job nach Hause kommt, der sie kurzzeitig in Polizeigewahrsam brachte, ist Gabe tot - grausam ermordet. Und natürlich ist es Jack, die ins Auge der kurzsichtigen Ermittler gerät, obwohl sie am Boden zerstört ist und keinen Sinn mehr im Leben sieht. Doch sie will herausfinden, was mit Gabe passiert ist, koste es, was es wolle. So liefert sie sich eine hitzige Verfolgungsjagd mit der Polizei, verletzt sich, steht kurz vor der Sepsis und schafft es am Ende, den Schuldigen zu identifizieren. Aufgrund des Mangels an weiteren Verdächtigern kann es allerdings nur eine Person sein, das ist spätestens nach den ersten 200 Seiten des knapp 400 Seiten umfassenden Romans klar. Die übrigen 200 Seiten dienen der endgültigen Aufklärung. Mit „Das College“ oder ihren anderen nervenaufreibenden Thrillern ist „Zero Days“ leider nicht zu vergleichen. Als bekennender Fan werde ich mir ihr nächstes Buch aber natürlich schnappen - sowie es erschienen ist.