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Pflanzenfreund
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Rehfelde

Bewertungen

Insgesamt 24 Bewertungen
Bewertung vom 27.12.2023
Von Elstern, Eichhörnchen und Erdhummeln
Neumann, Hinrich

Von Elstern, Eichhörnchen und Erdhummeln


ausgezeichnet

Hat man das Büchlein vor sich liegen, denkt man beim Schrifttyp des Titelcovers und den etwas „niedlichen“ Zeichnungen zunächst an ein Kinderbuch. Aber nein, das ist es nicht, aber es ist ein Buch über Tiere im Garten und der näheren Umgebungen, welches man sich gut mit nicht zu kleinen Kindern ansehen und darin blättern kann. Und man kann auch gern die sehr gut verständlichen, nicht zu wissenschaftlichen Texte vorlesen oder gemeinsam lesen. Und das kann man nicht nur, nein, man sollte es tun! Denn wenn Mona und Hinrich Neumann bereits ganz am Anfang schreiben, dass man heutzutage viel zu viel im Internet herumstöbert und Stunden dabei verbringt, während sich da draußen „ein Paralleluniversum auftut“, müsste man es eigentlich genau andersrum formulieren. Das da draußen ist die „normale“ Welt und der Mensch hat sich dieses immer weiter von der Natur entfremdete und diese schädigende oder sogar zerstörende „Paralleluniversum“ vor seinem PC, Laptop oder Smartphone aufgebaut, oft ohne dies zu merken.
Ich selbst sitze dienstlich wie privat auch oft vor dem PC, schreibe Fachartikel und Bücher, rezensiere solche oder kümmere redaktionell um Fachbeiträge zu Natur und Umwelt. Aber wie wohltuend ist das, sich abends an den Kamin zu setzen und schöne Geschichten und Dokumentationen über das Leben in unserer direkten oder auch ferneren Umwelt zu lesen.
Im Buch werden sehr anschaulich Ausschnitte aus dem Leben der Tiere um uns vorgestellt, ohne dass man gedanklich weit reisen muss. Neben den bereits auf dem Titel benannten Tieren sind es u.a. Ameisen, Spechte, Fledermäuse, Kröten und Frösche oder auch eher unbeliebte Tiere wie Wespen, Spinnen oder Kellerasseln – insgesamt 20 sind es - die im Buch jeweils kurze, unterhaltsame Kapitel bekommen. Das Buch ist im gesamten sehr aufgelockert, wozu ganz wesentlich auch die schönen Illustrationen von Mona Neumann beitragen.
Immer wieder finden sich im Buch kurze Tipps, was man selbst zum Schutz der verschiedenen Tierarten in der direkten Umgebung beitragen kann, sei es mit Komposthaufen, Nisthilfen und vielem anderen.
Lesenswert, unterhaltsam und schön anzusehen, und das bei einem kleinen handlichen Format. Auch der Preis geht in Ordnung.
Frank Zimmermann

Bewertung vom 22.06.2023
Gärtnern mit Sonne, Wind und Wetter
Wymann, Richard

Gärtnern mit Sonne, Wind und Wetter


ausgezeichnet

Gärtnern in Zeiten des Klimawandels, das ist sicher ein sehr wichtiges Thema und Tipps, wie man mit den klimatischen Veränderungen und Extremen im eigenen Garten umgehen kann und bestimmte Auswirkungen auf die geliebten Gartenpflanzen vielleicht zumindest etwas minimieren kann, werden zweifelsfrei gebraucht. Auf Anhieb habe ich nicht so sehr viel an anderen Titeln gefunden, die dieses Thema aufgreifen. Was im Buch zunächst dargestellt wird, sind die verschiedenen klimatischen Faktoren, die Gartenpflanzen wie auch alle anderen Gewächse beeinflussen, Temperaturgeschehen, Wind und Luftwechselströmungen sowie der in heutigen Zeiten besonders entscheidende Wasserhaushalt, vor allem in trockenen Gegenden. Und aus einer solchen in der Schweiz kommt der Autor Richard Wymann und teilt in dem Buch vor allem seine dortigen Erfahrungen mit dem Leser.
Ich finde, dass dem Autor die Darstellung dieser Themen sehr gut gelungen ist und ich kann die harrsche Kritik eines Rezensenten in einem namhaften online-Büchervertrieb, der dem Buch nach eigenen Ausführungen eigentlich gar keinen Stern geben würde, es aber mit einem Stern machen musste, um überhaupt eine Bewertung abgeben zu können, nicht verstehen. Vielleicht braucht jener Kritiker aber auch eine bessere Brille, damit er mit der seiner Meinung nach zu kleinen Schrift und den „schlecht erkennbaren“ Handzeichnungen besser zurechtkommt. Ich finde es – auch im Vergleich mit vielen anderen Büchern des Haupt-Verlages, der sich auch im Bereich Garten und Natur sehr breit aufstellt – sehr angenehm, wenn kein Buch wirklich dem anderen gleicht, im Layout, in Schriftart und -größe oder auch in anderen graphischen Besonderheiten bis hin zum Papier und dem Format. Und auch die Handzeichnungen finde ich sehr wohltuend und sehr wohl lesbar, auch als Brillenträger!
Klar, das Buch ist kein Fachbuch für „Gartenwissenschaftler“ und will es ganz sicher auch nicht sein. Ein solcher wird hier wahrscheinlich wirklich nichts neues finden, wie oben erwähnter Rezensent feststellt. Aber es ist ganz sicher nicht nur ein Buch für „blutige“ Anfänger. Wenn man den regionalen Bezug und die Ausführungen, die sich eben in erster Linie aus Erfahrungen im Bergland der Schweiz ableiten, vielleicht nicht auf große Teile Deutschlands beziehen kann, ist das so, aber kein eigentlicher Kritikpunkt am Buch. Aber das sollte man als Leser wissen, wenn man sich das Buch kaufen möchte.
Die Tipps zu Gartenplanung, Bodenbewirtschaftung sowie Anbau von Pflanzen und deren Pflege sind hingegen weitestgehend regionsunabhängig ausgeführt. Sicher gibt es dazu auch diverse andere Bücher, die einzelne Themen besser oder ausführlicher darstellen. Aber insgesamt ist das alles dem Autor gut gelungen. Das Buch orientiert im heutigen „mainstream“ selbstverständlich an biologisch-ökologischen Methoden des Gärtnerns mit der Natur und wendet sich, allerdings nur randlich, wie fast alle heutigen Gartenbücher gegen „Sterilgärten“, die es leider immer häufiger gibt.
Das Buch kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen mit der kleinen Einschränkung, dass es eben eine Reihe von Bezügen und Ausführungen gibt, die einem Gärtner im deutschen Tiefland vielleicht nicht immer etwas nützen. Aber das wäre kein Grund für mich für einen „Sterneabzug“.
Dr. Frank Zimmermann

Bewertung vom 22.06.2023
Gartenschätze
Klee, Falk-Ingo

Gartenschätze


ausgezeichnet

Mit Gartenbüchern ist der Büchermarkt förmlich überschwemmt, von guten und weniger guten, von hilfreichen und weniger hilfreichen, von dicken bis dünnen. Die „Dicken“ sind vor allem die die ins Deutsche übersetzte Enzyklopädien in hervorragender fachlicher und fotografischer Qualität aus „Great Britain“, gefolgt von zahllosen „Billigausgaben“ in Nachdrucken anderer Verlage, teils mit viele Jahre alten Inhalten unverändert im Billigausland in teils schlichter, mit dem Original nicht vergleichbaren Druckqualität neu gedruckt und auf den Billigmarkt geworfen.
Dann folgen viele Ratgeber in kleineren Formaten, dem Trend der letzten Jahre folgend viele zum Thema „ökologisch“ oder „biologisch“ gärtnern, manche auch zu Möglichkeiten, mit der Natur zu gärtnern und v. a. auch für die Förderungsmöglichkeiten der Natur und Artenvielfalt im eigenen Garten. Letzteren Themenkreisen hat sich beim Thema Garten auch der Haupt Verlag verschrieben. In diesem völlig neuen Buch stellt der Autor – wie er selbst schreibt erklärter Biogärtner – gut 100 wirkliche „Gartenschätze“ vor. Es sind allesamt vollkommen winterharte Zwiebelpflanzen, Stauden und Sträucher, die auch hinsichtlich Pflanzung und Pflege kaum besondere Ansprüche haben. Aber: Es sind auch zumeist Pflanzen, die zwar nicht selten sind, aber im Pflanzenhandel zumeist heute kaum eine Rolle spielen und eher selten im Handel und demzufolge auch in unseren Gärten zu finden sind.
Wenn man selbst Botaniker und naturgemäßer Gärtner ist und dazu noch in botanischen Gärten regelmäßig unterwegs ist, wird man so manche Art in dem Büchlein entdecken, die man selbst schon einmal in Parks oder botanischen Gärten gesehen hat, aber die im Gartenhandel vor Ort oder online kaum zu bekommen sind. Darunter so manche mittlerweile weitgehend vergessene Art. Sieht man sich in den zunehmend schlechteren Sortimenten (und Qualitäten) der Bau- und Gartenmarktketten in Deutschland um, verliert man immer mehr die Lust dort zu kaufen. Jedes Jahr zur gleichen Zeit finden sich die weitgehend unveränderten Pflanzenangebote, die oft über Stauden- und Polster-Phlox aus dem Billig-Massenhandel kaum hinausgehen. Sicher gibt es den einen oder anderen gut ausgestatten lokalen Staudenhandel, aber auch die werden immer rarer.
Mit Freude findet man im Buch von F.-I. Klee viele Arten, die man selbst im eigenen Garten hat, wenn man sich über Jahre bemüht hat, solche weniger bekannten Arten zu bekommen und zu kultivieren. Das beginnt mit den Zwiebel- und Knollenpflanzen, die uns v.a. im Frühjahr erfreuen. Da findet sich das Vorfrühlings-Alpenveilchen (Cyclamen coum) ebenso wie das Kaukasus-Alpenveilchen (Galanthus elwesii). Letzteres fehlte in kaum einen Garten in der ehemaligen DDR und ist eine äußerst attraktive Erscheinung im Vergleich zum eher „mickrigen“, in Teilen Deutschlands heimischen und oft aus Gartenabfällen verwilderten „Normal“-Schneeglöckchen (G. nivalis). Aber versuchen Sie mal, diese Arten im Handel zu bekommen, das ist fast ausschließlich bei guten online-Zwiebelpflanzen-Anbietern möglich. Der zierliche, sehr früh blühende Elfen-Krokus, Hasenglöckchen, Weinbergtulpe und Weinberg-Traubenhyazinthe sind weitere, eher selten in Gärten zu findende Arten, die der Autor uns vorstellt.
Dem folgen zahlreiche Stauden, die man heute vergeblich im Gartenmarkt sucht, die aber in Gärten früher weiterverbreitet waren. Immenblatt, orange blühende Nelkenwurz-Arten, Brandkraut, Waldgeißbart, das alles sind Arten, die ich in meinem Garten von unserem Vorgänger „übernommen“ habe, die dort seit Jahrzehnten wachsen, aber die fast ausnahmslos kaum im Gartenhandel erhältlich sind.
Unter den Sträuchern sind es dann deutlich mehr vorgestellte Arten, die man auch heute im Gartenhandel findet. Darunter viele Winter- und Frühblüher, wie z.B. die Zaubernuss-Arten, von denen man bei uns leider nahezu ausschließlich verschiedene Hamamelis intermedia-Sorten zu kaufen bekommt. Und von „Flieder & Co.“ werden im Buch nicht die allgegenwärtigen Arten vorgestellt, wie der nicht so leicht „ausbüchsende“ Zwergflieder und selten zu sehende kleinblütige Rhododendron-Arten statt der zahllosen „catawbiense & Co.“-Hybriden, mit denen alljährlich der Gartenhandel überschwemmt wird.
Abgeschlossen wird das schöne wie lesenswerte Büchlein von kurzen Kapiteln mit Tipps zur Planung, Anlage und Pflege von Gärten und einige wenigen Pflanzplänen. Außerdem listet der Autor am Ende auf einer Seite noch Händler und Bezugsquellen von Pflanzenarten für den Garten abseits des „Mainstreams“ der Gartenmarktketten an.
Fazit: Sehr empfehlenswert!
Dr. Frank Zimmermann

Bewertung vom 16.06.2023
Als ich mich auf den Weg machte, die Erde zu retten
Häusler, Martin

Als ich mich auf den Weg machte, die Erde zu retten


ausgezeichnet

Ein Buch über Nachhaltigkeit, na klar, warum nicht. Nachhaltigkeit ist schließlich heutzutage in (fast) aller Munde, doch kaum jemand weiß wirklich, was sich dahinter alles verbirgt. Und auch die „Rettung der Erde“ ist ebenso in (fast) aller Munde, da gibt es Verharmlosungen der aktuellen Situation des Klimas auf der Erde ebenso wie so mache Übertreibung oder die Verbreitung von Halbwahrheiten und man muss selbst unter Anwendung eigenen Wissens (wenn man dann auch das ausreichende Wissen dazu hat!), beurteilen, was man glaubt und was nicht.
Fest steht, dass es unserer Erde seit langem nicht gut geht und dass es in vielerlei Hinsicht längst dramatisch ist. Und auch wenn man weiß, dass die Erde schon viele gravierende Veränderungen über sich „ergehen“ lassen musste, zuletzt während des Eiszeitalters, kann man seine Augen längst nicht mehr vor dem verschließen, was da auf unserer Erde passiert, vor allem in so erdgeschichtlich kurzer Zeit, wie es das wohl noch nicht gab.
Wenn dann nun Eckart von Hirschhausen – selbst Arzt und bekannter Moderator und Autor von guten wie unterhaltsamen Sachbüchern – ein solches Buch herausgibt, macht das neugierig und mag schon vorab für Qualität bürgen. Dem Journalisten Martin Häusler und einem Team von Wissenschaftlern unterschiedlichster Ausrichtung und anderen engagierten „Erdrettern“ gelingt es mit dem Buch anschaulich wie fachlich fundiert, die verschiedensten Probleme auf unserem Planeten, nicht nur die aktuellen klimatischen Veränderungen (ich mag den Begriff „Klimawandel“ überhaupt nicht und er wird im Buch auch nicht strapaziert!) für den Normalbürger von Jung bis Alt zu vermitteln.
Wie der Herausgeber am Anfang darlegt, ist es angelegt als „Reisetagebuch“ in die Welt der Nachhaltigkeit und so in verschiedene Kapitel und Themenbereiche gegliedert. Ziemlich am Anfang kommen die Kinder des Initiators dieses Buches, Sebastian Schels, dazu zu Wort, was sie unter Nachhaltigkeitsthemen verstehen. Und gleich darauffolgend stellt der Autor im Reisetagebuch, Kapitel 2 fest, dass der Begriff Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit den Problemen unserer Erde heute ganz anders verwendet wird als noch vor einigen Jahren, wo es v.a. um wirtschaftliche Nachhaltigkeit ging. Hier stellt er auch fest, dass das Thema aus seiner eigenen Erfahrung selbst den engsten Freundeskreis „zerreißt“. Er schreibt den schönen Satz: „Liebe Apokalyptiker, liebe Gutmenschen, lasst mich einfach den Rest meines Lebens den restlichen Spaß und den restlichen Genuss haben, den ich mir hart erarbeitet habe.“ Eine Feststellung, dass man nicht ab sofort auf alles verzichten muss, um die neue „Nachhaltigkeit“ zu unterstützen, aber in der Folge im Buch damit verbunden, so manches aufzuzeigen, was man auch selbst tun kann, um die Welt wenigstens ein wenig mitretten zu helfen.
Das Buch ist kaum an einer Stelle belehrend, aber durch die Texte der zahlreichenden Mitwirkenden aus unterschiedlichsten Ländern, Kulturen und Kreisen informativ, aufrüttelnd und häufig nachdenklich machend. Man wird in keine radikale Richtung gelenkt, nichts wird als das „Non plus Ultra“ dargestellt und nichts verteufelt. „Schlauigkeiten“ wie „Dummheiten“ der aktuellen Politik bleiben außen vor, das ist sehr wohltuend, wird doch da in der Umweltpolitik meistens der 2. oder 3. Schritt vor dem ersten gemacht und werden Gesetze erlassen, bevor man das wenige noch bei manchen Politikern vorhandene Gehirn einschaltet.
Auch die Themen Windkraft und Solar werden nur in geringem Umfang thematisiert und schon gar nicht als die Rettung der Menschheit dargestellt. Auch das ist sehr wohltuend, geht es doch gerade bei diesen Themen heute schon wieder einmal in erster Linie ums dicke Geldverdienen und der Umweltaspekt verkommt oft nur zum Deckmantel, die Konkurrenz mit anderen Problemen der Erde und er Umwelt – z.B. zur Biodiversität - wird doch fast nie wirklich ehrlich dargestellt.
Das Buch ist sehr anschaulich und wohltuend illustriert sowie unterhaltsam wie auch oft aufrüttelnd geschrieben. „Tipps für Klimaschützer“ und kurz vor dem Schluss ein „Quiz für Weltretter“ (erkennen wir da den bekannten Hirschhausen?) runden das Buch ab. Gut, oder eigentlich nicht gut, mit den zahlreichen Lügen um die Nachhaltigkeit von so manchen Produkten, bei denen es unter dem Deckmantel „Bio“ oder „nachhaltig“ auch nur ums dicke Geldverdienen geht, wird hier nicht aufgeräumt, da hätte ein kleines Kapitel durchaus geholfen, so manche Scharlatanerie zu benennen. Aber vielleicht hatte man da auch Sorge, den „Shitstorm“ der leider auch mitwirkenden „Nachhaltigkeitslügner“ auf sich zu ziehen.
Fazit: Auch für „Nicht-Erdretter“ sehr lesens- und empfehlenswert, das Buch macht keinesfalls dümmer, den Preis von 38 € ist es auf jeden Fall wert und es erhebt den Anspruch, nachhaltig produziert zu sein. OK, glauben wir es mal. Und man muss nach der Lektüre nicht zum Erdretter werden, aber man kann oder sollte über manches in der eigenen Lebensweise mal nachdenken.
Dr. Frank Zimmermann

Bewertung vom 16.06.2023
Klick dein Wanderglück
Niederwanger, Judith;Pichler, Alexander

Klick dein Wanderglück


ausgezeichnet

Wanderführer und Bildbände über Südtirol gibt es jede Menge, von den einschlägigen Wanderbuchverlagen über Editionen kleinerer, unbekannter Verlage bis hin zu Ausgaben im Selbstverlag. Aber Natur- und Wanderführer mit Fototipps koordiniert, das ist zwar nicht neu, aber leider immer noch sehr selten. Kult sind die englischsprachigen Bücher „Photographing the Southwest“ von Laurent Martres, die seit 1992 in diversen Auflagen erschienen und danach zu verschiedenen Regionen der USA und ein Band auch für weltweite Photo-Hotspots von anderen Autoren ergänzt wurden. Im deutschsprachigen Raum ist mir so etwas bislang noch nicht untergekommen, erst bei einer durch dieses Buch hier angeregte Recherche ergab, dass in den letzten Jahren auch von einem weitereren Autor zwei Bücher als Wanderführer mit Fototipps und einem gewissen Eigenanspruch an einen Bildband zu den Dolomiten und den Alpen insgesamt erschienen sind.
Klick dein Wanderglück ist die Forstsetzung des erfolgreichen Wanderbuches „Die schönsten Touren und Photospots in Südtirol“ von Judith Niederwanger und Alexander Pichler, die sich selbst „Team Roter Rucksack“ nennen und die als Paar seit vielen Jahren gemeinsam die geliebte Südtiroler Heimat erkunden und für andere mit diesen Büchern erschließen. Und das ist den Autoren und dem RAETIA-Verlag in Bozen nun zum zweiten Mal ausgezeichnet gelungen.
Insgesamt 45 Touren aus verschiedenen Regionen Südtirols, beginnend im Vinschgau und dem Meraner Land über die „Traumwanderregionen“ der Dolomiten bis hin zum Trentino und dem Gardasee führen uns in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden in die Berge und durch die Täler Norditaliens. Es sind fast ausschließlich nicht allzu lange und schwere Wanderungen, mit der Cima Capi bei Riva del Garda ist auch ein (relativ leichter) Klettersteig dabei, allerdings zweifelsfrei einer der landschaftlich schönsten, den man sich vorstellen kann. Auch sechs Wintertouren sind dabei, die zu Touren in der ruhigen Jahreszeit (zumindest außerhalb der Skigebiete!) einladen.
Zu jeder Tour gibt es eine kurze Beschreibung, Tipps zur Erreichbarkeit, Tourenlänge, Höhenunterschieden und Einkehrmöglichkeiten. Landschaft, Abwechslung, Kondition und Technik werden jeweils über eine 5-Punkte-Skala einzeln bewertet. Natürlich gehört jeweils eine sehr gute Wanderkarte aus dem Hause TABACCO dazu (das Verlags-Logo in jeder Karte hätte ruhig etwas dezenter ausfallen können!) und wunderschöne Fotos in verschiedenen Größen und Formaten, ab und an auch doppelseitig im Bildbandformat, illustrieren die Touren. Also ist das Buch doch auch ein wenig Bildband, aber mit deutlich mehr Informationen gefüllt als die oben erwähnten anderen Bücher zu den Alpen.
Die meisten, durchweg sehr guten Fotos – ausschließlich von den Autoren – sind mit GPS-Koordinaten und Exif-Informationen versehen. Insgesamt 20 Fotospots aus den verschiedenen Regionen Südtirols werden jeweils gesondert dargestellt und mit einem großformatigen Foto präsentiert. Zu den Koordinaten und technischen Angaben kommen dort noch Fotodatum und -zeit als Informationen dazu. Wie bei Wanderführern zumeist üblich ist das Buch auf mattem Papier gedruckt, was die gleichzeitige Eignung als (partieller) Bildband ein wenig einschränkt. Aber gute Fotos müssen nicht unbedingt immer auf Hochglanz abgedruckt werden.
Ein Register fehlt, ist aber bei Wanderbüchern auch nicht unbedingt erforderlich, den Abschluss bildet eine gute Übersichtskarte mit allen beschriebenen Wanderungen.
Ich selbst habe so einige mir bekannte Wanderungen im Buch wiedergefunden, allen voran die bereits hervorgehobene Klettersteigtour über die Cima Capi in den Gardaseebergen, die ich traditionell mindestens einmal im Jahr begehe. Aber da sind auch viele Touren, die ich bisher nicht auf dem Plan hatte und die zu neuen Erlebnissen anregen.
Fazit: Unbedingt empfehlenswert, sowohl für Kenner als auch Einsteiger in die Wanderregion Südtirol. In einem Urlaub kann man die verschiedenen Touren natürlich nicht erwandern, das Buch ist daher eher eine Ergänzung zu anderen regionalen Wanderführern oder auch nur Anregung für Touren, die man noch einmal in Angriff nehmen könnte oder sollte.
Dr. Fran Zimmermann

Bewertung vom 21.04.2023
Noahs Rabe
Gedeon, Kai

Noahs Rabe


ausgezeichnet

Beeindruckend! Diese knappe Aussage möchte ich eingangs sowohl für das Buch als auch natürlich für das, was darin beschrieben und gezeigt wird, nämlich die unglaubliche Artenvielfalt Äthiopiens, verwenden. Es ist wirklich klasse, was der Textautor Kai Gedeon und der hervorragende Naturfotograf Torsten Pröhl mit diesem Buch gemeinsam mit dem Verlag Natur+Text geschaffen haben. Teils ist es Bildband mit vielen großformatigen Fotos, aber es ist auch ein sehr informativer Textband über die Natur dieses faszinierenden Landes am „Horn von Afrika“.
Die Rolle des Raben im Alten Testament bei der Fahrt der Arche Noah, so wie man sie so ähnlich in Äthiopien erzählt, ist Grund für den Buchtitel, der dem Erzraben (Corvus crassirostris) – einem der größten Rabenvögel der Erde - gewidmet ist. Sein Portrait ziert den Buchtitel und die Einführung zum Buch beschäftigt sich mit ihm.
Auch wenn das Buch, wie auch die Autoren hervorheben, kein Reiseführer ist, stellt es uns doch in 6 ausführlichen Kapiteln die verschiedenen Regionen Äthiopiens mit ihren natürlichen Gegebenheiten, der Geschichte der dort lebenden Menschen, der Erforscher und der Landnutzung sowie ihrer Natur vor. Schwerpunkt ist in allen Kapiteln die Vorstellung der oft exotisch anmutenden Vogelwelt der einzelnen Regionen, aber auch anderen Artengruppen wie Säugetieren und Reptilien kommen nicht zu kurz. Aber vor allem die Vogelwelt wird in zahlreichen wunderschönen Fotos umfassend vorgestellt, von wundervollen Portraits bis hin zu interessanten Szenen aus dem Verhalten der Arten. Die Abhandlung der einzelnen Themen erfolgt dabei immer in der gleichen Reihenfolge.
Im zweiten Drittel des Buches wird es tatsächlich fast zum Reiseführer, von denen es für diese Region Afrikas wohl sonst nicht viel geben dürfte und dessen Inhalt den hervorragenden, während vieler Äthiopienreisen erlangten Landeskenntnissen der Autoren zu verdanken ist. Insgesamt 31 Gebiete quer durch das Land – teils Nationalparks – werden dabei kurz hinsichtlich ihrer natürlichen Gegebenheiten und der Tierwelt beschrieben.
In einem Epilog wird auf die zahlreichen Gefährdungen der Natur und Artenvielfalt Äthiopiens hingewiesen, welche häufig auch der prekären Lebenssituation der oft unter ärmlichsten Verhältnissen lebenden Bevölkerung Äthiopiens geschuldet ist. Das „Paradies“ ist in höchster Gefahr und die klimatischen Veränderungen auf unserer Erde hinterlassen auch dort ihre Spuren.
Absolut empfehlenswert! Mit diesen beiden Worten schließe ich meine Lektüre des Buches und möchte Autoren und Verlag zu diesem tollen Buch gratulieren!
Dr. Frank Zimmermann

Bewertung vom 21.04.2023
Der Bartgeier
Weyrich, Hansruedi;Baumgartner, Hansjakob;Hegglin, Daniel

Der Bartgeier


ausgezeichnet

Auf dieses hervorragende, bereits 2021 in erster Auflage erschienene Buch wurde ich durch die Lektüre anderer Bücher des Haupt Verlages aufmerksam. Es widmet sich dem Bartgeier, dem beeindruckenden, mit fast 3 Meter Flügelspannweite größten Greifvogel der Alpen. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Art im gesamten Alpen ausgerottet, ab 1986 erfolgten die ersten Wiederauswilderungen. Heute gibt es wieder über 50 Brutreviere in den Alpen, mehr als 20 davon allein in der Schweiz.
In sehr interessanten Texten, bebildert mit den zahlreichen beeindruckenden Fotos von Hansruedi Weyrich, bringen uns am Anfang die Autoren zunächst die Lebensweise der großen Geierart nahe. Teilweise ist das Buch immer wieder bildbandartig gestaltet, aber die informativen Texte ergänzen den Bildbandcharakter sehr gut.
Der Bartgeier nimmt eine besondere Rolle im Naturhaushalt der Berge ein. Er ist in den meisten Vorkommensgebieten Europas ein reiner Aasfresser, muss sich aber nicht mit den anderen Aasverwertern balgen, denn er begnügt sich mit den Knochen, die die anderen übrig lassen. In einigen Gebieten Südosteuropas erschließt sich der Bartgeier auch „Frischkost“, wo er sich bis zu einem Fünftel von Landschildkröten ernährt. Diese werden am Boden aufgenommen und aus großer Höhe von oben auf Felsen fallen gelassen, bis der Panzer geknackt ist. Ich konnte dies selbst vor über 20 Jahren an den Meteora-Klöstern in Griechenland beobachten und fand auch einmal eine recht demolierte Breitrandschildkröte, die das aber überlebt hatte.
Die Brutzeit des Bartgeiers fällt in den Winter, nicht unpraktisch, denn im Winter und während der Schneeschmelze fallen besonders viele Opfer an von Gämsen oder Steinböcken, die z.B. durch Lawinenabgänge in die Tiefe gerissen werden.
Den Kapiteln zur Lebensweise folgt ein Exkurs zu den „Verwandten“ mit einem Überblick über die Geierarten der Erde, die „Altweltgeier“ Europas, Afrikas und Asiens sowie die „Neuweltgeier“ Nord- und Südamerikas. Erstere sind auch heute noch fast alle mehr oder weniger in ihren Beständen bedroht, vor allem die asiatischen Arten sind fast alle vom Aussterben bedroht. Die amerikanischen Arten sind mit Ausnahme des Kalifornischen Kondors allesamt nahezu ungefährdet, der Kalifornische Kondor war auch bereits fast ausgerottet. Den weiteren Arten, die in den Alpen, teils nur im Sommer, vorkommen – Gänse- Schmutz- und Mönchsgeier werden ausführlicher dargestellt, ebenfalls mit beeindruckenden Fotos.
Ausführlich wird im Anschluss die Geschichte der Ausrottung des Bartgeiers im Alpenraum dargestellt. Als vermeintlicher Schafsdieb und Kinderräuber wurde er gnadenlos verfolgt, völlig ohne Sinn, denn dass die Art zumindest in den Alpen, wo es keine Schildkröten gibt, nicht selbst Beute macht, müssen aufmerksame Beobachter der Tierwelt der Alpen schon immer gewusst haben. 1913 erfolgte der letzte dokumentierte Abschuss eines Bartgeiers im italienischen Aostatal.
Mit der Rückkehr oder Wiederausbreitung der wilden Huftiere der Alpen, also Gämse und Steinbock, letzterer ebenfalls durch Wiederansiedlungsprojekte, und einem Umdenken im Umgang mit Geiern eröffneten sich ab Mitte des 20. Jahrhunderts erste Chancen für eine Wiederansiedlung des Bartgeiers. Erste erfolgreiche Zuchten in Alpenzoos und ein nachfolgendes Zuchtprogramm und das Zusammenwirken vieler Enthusiasten – die im Buch teils in Kurzkapiteln in ihrem Wirken für den Bartgeier vorgestellt werden - ließen langsam Erfolge aufkommen, nachdem erste Auswilderungen zunächst scheiterten. 1986 war es dann soweit, dass im Rauristal in den Hohen Tauern die erfolgreiche Auswilderung begann, was dann auf weitere Gebiete der Alpen ausgedehnt wurde. Ab 1997 waren dann die ersten Wildbruten zu verzeichnen.
Ein längeres Kapiteln beschäftigt sich mit den Auswilderungsprojekten in der Schweiz einschließlich der Vorstellung der Akteure. Dem folgen Kapitel zu weiteren Auswilderungsgebieten in Europa. Danach wird aber auch klargemacht, dass die Geier Europas heute nach wie vor nicht ungefährdet sind. Immer noch werden Geier illegal gewildert und neue Gefahren wie Windkraftanlagen, Energiefernleitungen oder auch die zunehmenden Störungen durch den sich ausweitenden Tourismus auch in abgelegenen Regionen der Alpen sind zu verzeichnen. Ein besonders finsteres Kapitel über Vernichtungsfeldzüge gegen Geier in Afrika und Asien beschließt fast das Buch, bevor einige Geier, die in der Startphase der Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen eine besondere Rolle spielten, „persönlich“ vorgestellt werden.
Insgesamt ist das Buch ein beeindruckendes Plädoyer für die Wiederansiedlung heimischer Arten, die zuvor der gnadenlosen Verfolgung durch den Menschen zum Opfer fielen, im Falle des Bartgeiers völlig ohne Sinn, befördert durch Dummheit, Falschaussagen und Jagdwut. Unbedingt empfehlenswert nicht nur für Naturschützer.
Dr. Frank Zimmermann

Bewertung vom 03.04.2023
Reise in die Antarktis Band 1 und 2
Herhaus, Karl-Heinz

Reise in die Antarktis Band 1 und 2


ausgezeichnet

Was dem Verlag Natur+Text und dem Autor hier mit dem zweibändigen Werk – erhältlich in einem dazu passenden Schuber – gelungen ist, kann man mit Fug und Recht als Meisterwerk bezeichnen! Egal, ob man nun schon einmal selbst in der Antarktis gewesen ist oder nicht (wie ich zum Beispiel) wird von den fantastischen Fotos und interessanten Textteilen fasziniert sein. Nach einem Vorwort und einer kurzen Einführung in die natürlichen Gegebenheiten des „Eiskontinents“ und seiner vorgelagerten Inseln und Halbinseln geht der 1. Teil gleich „in die Vollen“. Auf knapp 100 Seiten werden in eindrucksvollen, vielen vollformatigen und teils zweiseitigen Fotos Landschaften und Tierarten der Falklandinseln, Südgeorgiens, der Südlichen Orkneyinseln, der Südlichen Shetlandinseln und der Antarktischen Halbinsel in einer auch so betitelten „Fotoreise“ mit kurzen Bildbeschriftungen gezeigt.
Dem folgen kurze Kapitel zu den Schutzmaßnahmen für die Antarktis, wo sich die aktuelle Klimaerwärmung besonders gravierend auswirkt, und zu wichtigen touristischen Informationen. Es schließt sich ein umfangreicher Ratgeber-Teil an über Reisezeiten, erforderliche Kleidung, Verhaltensregeln zu Wasser und zu Land sowie zum Fotografieren in der Antarktis. Danach werden in mehreren Kapiteln nach Gruppen sortiert die Tierarten des südlichen Ozeans um die Antarktis in Text und eindrucksvollen Fotos vorgestellt, die verschiedenen Pinguin-Arten, die sonstigen Vogelarten, die verschiedenen Robbenarten sowie die Wale. Ein weiteres Kapitel informiert mit Karten und Fotos mit interessanten Texten über die Erforschungsgeschichte der Antarktis, beginnend um 1830.
Was im 1. Teil mit kurzen Informationen begonnen wurde, findet im 2. Teil seine ausführliche Untersetzung. 160 Seiten Detailinformationen zu den verschiedenen Regionen der Antarktis und der vorgelagerten Inseln mit allen möglichen Anlandungsstellen, die von Expeditionsschiffen unterschiedlicher Herkunft mit verschiedenen Routen angefahren werden. Da es immer mehr Anbieter werden, merkt man bei Recherchen im Internet, dass das offensichtlich die Preise drückt und Antarktisreisen heute nicht mehr nahezu unerschwinglich sind. Je nach Länge der Reisen mit hervorragend ausgestatteten, speziell für Touristenreisen ausgebauten Expeditionsschiffen kann man „schon“ für etwas mehr als 8.000 € bis 14.000 € ca. 12-23-tägige Reisen buchen, auch die aus Norwegen bekannte, berühmte „Hurtigruten“ ist im Kreis der Anbieter mittlerweile dabei. Und auch wenn ich abgesehen von zahllosen Fährüberfahrten in Nordeuropa noch nie länger als eine Nacht auf einem Schiff war und mir derzeit schon gar nicht vorstellen kann, mal eine „klassische“ Kreuzfahrt zu unternehmen, die Antarktis reizt mich auf jeden Fall einmal!
Der Preis des Buches geht mit 65,- € völlig in Ordnung, denn schließlich ist es ja Bildband und Reiseführer zugleich.
Frank Zimmermann

Bewertung vom 27.03.2023
Wie Schmetterlinge leben
Brandstetter, Johann;Zippel, Elke

Wie Schmetterlinge leben


ausgezeichnet

Als ich dieses bereits 2019 in erster Auflage erschienene Buch vor einiger Zeit zum Geburtstag geschenkt bekam, war mir sofort klar, dass man dieses auch unseren Lesern bekannt machen muss. Im Zeitalter der digitalen Fotografie, in dem immer mehr Fotografen zu Höchstleistungen in der Makro- und Landschaftsfotografie auflaufen, ist es doch sehr wohltuend, dass auch noch naturwissenschaftliche Bücher auf den Markt kommen, die von Zeichnungen von höchster künstlerischer Qualität und dazu von vergnügsam wie interessant zu lesenden Texten leben. Beides ist hier hervorragend gelungen. Johann Brandstetter gehört zu den besten Illustratoren von Naturthemen weltweit und seine Auszeichnungen sind nicht von ungefähr. Seien es die verschiedenen Lebensräume mit einigen der typischen Schmetterlingsarten, gekonnt in die Landschaft gesetzt oder auch als klassische Draufsichten wie in Bestimmungsbüchern üblich, jede einzelne Abbildung fasziniert von neuem. Die handschriftlichen Notizen und Artbezeichnungen sind unkonventionell, aber sehr passend zu den Zeichnungen.
Die promovierte Botanikerin Elke Zippel versteht es, dazu in wirklich herrlich zu lesenden Texten in die Welt der Schmetterlinge einzuführen. Dabei geht es viel um heimische Arten, ihre Lebenszyklen und Besonderheiten, um die attraktiven Tagfalter ebenso wie um eher unscheinbare Artengruppen und die „Schmetterlinge der Nacht“. Auch die unglaubliche Vielfalt der tropischen Schmetterlinge findet in einem Kapitel Platz. Die Texte zeugen von einer hervorragenden Beobachtungsgabe und zugleich hohem wissenschaftlichem Niveau. Und auch wenn es kein eigentlich wissenschaftliches Buch sein soll, ist alles doch wissenschaftlich sehr exakt geschrieben, bis hin zu einem ordentlichen Register und Literaturverzeichnis und einem kurzen Überblick zur Systematik der behandelten Arten und Gruppen.
Fazit: Unbedingte Empfehlung nicht nur für Naturliebhaber, sondern auch alle, die sich an schönen Bildern aus der Natur und informativen wie unterhaltsamen Texten erfreuen können und wollen.

Bewertung vom 24.03.2023
Grundlagen der Feldbotanik
Lüder, Rita

Grundlagen der Feldbotanik


ausgezeichnet

Deutschsprachige Lehrbücher der Botanik gibt es nicht viele und wenn man Botanik studiert, kommt man ganz sicher am „Klassiker“ Strasburger mit fast 130jähriger Tradition nicht vorbei. Dieser ist und bleibt jedoch zwar für einschlägige Wissenschaftler unverzichtbar, ist und bleibt aber auch in großem Maße höchst wissenschaftlich, sehr umfassend und nur mit Schwarz-Weiß-Grafiken untersetzt. Außerdem umfasst dieses Werk die gesamte Botanik einschließlich Zellkunde, Stoffwechsel etc. Alles das braucht man zumeist nicht, möchte man sich fundierte Kenntnisse über die Gliederung des Pflanzenreichs aneignen und mit den Merkmalen der verschiedenen Pflanzen vertraut machen und diese sicher bestimmen. Für letzteren Zweck gibt es in vielen Ländern ausgezeichnete Exkursionsfloren, in denen der Exkurs in die Merkmale der einzelnen Pflanzenfamilien und allgemeine feldbotanische Kenntnisse immer eher kurz ausfällt.
Nun gibt es seit wenigen Jahren und soeben in 2. Auflage umfassend aktualisiert dieses wunderbare Buch zur Feldbotanik einheimischer Pflanzen des Schweizer Haupt-Verlages. Übersichtlich und logisch gegliedert, mit sehr guten Grafiken und Zeichnungen zu den verschiedenen Merkmalen und hervorragenden Fotos untersetzt wird ein Überblick über die bedeutendsten Familien und Gattungen der Höheren Pflanzen gegeben, der einfach fasziniert! Schon beim ersten Aufschlagen des Buches und ein erstes Blättern war ich begeistert und musste feststellen, dass es so etwas bisher nicht vergleichbar gab und dies bis zum Erscheinen der 1. Auflage 2018 im deutschsprachigen Raum völlig fehlte.
Es macht Spaß, auch als erfahrener Botaniker in diesem Buch nachzulesen, auch wenn man selbst (fast) alles weiß, und man kann dennoch auch noch neues lernen oder in Vergessenheit geratenes Wissen wieder auffrischen. Und wenn man sich das Buch unter dem Gesichtspunkt anschaut, dass man sich als unerfahrener oder noch lernender Berufs- wie Hobbybotaniker fundiertes botanisches Wissen aneignen will, kann man nur sagen, dass das mit diesem Buch ausgezeichnet gelingen kann. Der promovierten Biologin Rita Lüder ist hier gemeinsam mit dem Haupt-Verlag gelungen, Grundlagen der Feldbotaniker in höchstem Maße anschaulich und in Layout und Gestaltung sehr ansprechend zu vermitteln. Das Buch ist sehr modern gestaltet und mit vielen grafischen und farblichen Hilfsmitteln ausgestattet. Mit fast 900 Seiten ist es auch kein Taschenbuch für unterwegs, sondern ein „richtiges“ und gewichtiges Lehrbuch für zu Hause. Es ist zugleich Lehrbuch für den Prüfungsstoff im Bereich Feldbotanik der in der BANU vereinigten, deutschen Naturschutz-Bildungseinrichtungen als auch vergleichbarer Schweizer Organisationen.
Auf den ersten 20 Seiten werden knapp, aber anschaulich einige der wichtigsten fachlichen Grundlagen der Botanik von Aufbau und Lebensformen der Pflanzen über die verschiedenen Organe der Pflanzen bis hin zu den Themen Naturschutz, Höhenstufen, Zeigerwerten, Lebensgemeinschaften sowie Systematik und Nomenklatur, Pflanzensystematik, Evolution und Stammbaum abgehandelt, kompakter geht das nicht.
Danach folgt der umfangreiche Hauptteil, in dem angefangen von den Bärlappgewächsen über Schachtelhalme und Farne bis zu den umfangreichsten Gruppen der Nackt- und Bedecktsamer alle (bedeutendsten) Pflanzenfamilien und Gattungen mit eindrucksvollen Grafiken, Zeichnungen und Fotos vorgestellt werden. Dies mündet jeweils in Portraits ausgewählter Arten, immerhin 800 sind es insgesamt im Buch. Auf jeder systematischen Ebene werden wichtige Merkmale anhand von Grafiken bezeichnet und immer anhand von in Fotos gegenübergestellten Beispielen Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Gattungen, Familien oder Arten aufgezeigt. Genial! So etwas hat es noch nicht gegeben und schöner und anschaulicher lässt sich Botanik nicht vermitteln.
Auf zitierte Quellen wird im Text bewusst verzichtet, im Anhang findet sich ein Verzeichnis weiterführender Literatur. Bei Nomenklatur und Systematik wurden die einschlägigen Werke der letzten 5 Jahre zugrunde gelegt. Bei den ständigen Veränderungen, die v.a. aufgrund aktueller molekulargenetischer Erkenntnisse zu verfolgen sind, fällt es einem ja selbst als gestandenem Botaniker schwer, immer auf dem neuesten Stand zu sein. Von daher dürfte sich auch die Kritik von selbsternannten „Perfektwissenschaftlern“ diesbezüglich in Grenzen halten. Man muss nicht immer den neuesten Namen einer Pflanze kennen, man muss sie richtig erkennen!
Verlag und Autorin kann zu diesem ausgezeichnet gelungenem wie lehrreichem Buch nur gratuliert werden und man kann sich nur eine weite Verbreitung des Buches wünschen. Es ist jeden Cent des Anschaffungspreises wert. Übrigens ist die begleitende App „Feldbotanik-Artentrainer“ im App-Store für 24,99 € erhältlich.