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Benutzername: 
frischling
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HTK

Bewertungen

Insgesamt 13 Bewertungen
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Bewertung vom 15.02.2011
Blutstein
Theorin, Johan

Blutstein


sehr gut

Bergtrolle mit Benzinkanistern
sind es, mit denen sich Per Mörner herumschlagen muss. In diesem Band des Öland-Quartetts von Johan Theorin setzt sich Mörner mit den Sünden seines Vaters Jerry auseinander. Welche diese sind, erfährt der Leser zunächst noch nicht. Nur dass eine Frau ihn mit Bezin übergießt und anzünden will, und das passenderweise in der Walpurgisnacht. Mörner ist geschieden, Vater von Zwillingen, seine Tochter ist krank, lange kennt niemand die Ursache. Erneut geht es auch um Gerlof und seine beiden Töchter, den man schon aus den Vorgängerbänden kennt. Er zieht nach Stenvik, da er Angst vor dem eigenen Tod bekommt. Obwohl es Frühling wird auf Öland vermittelt Theorin wieder eine eigentümliche, mystisch-angehauchte Atmosphäre und wirft viele Fragen auf. Was hat es mit dem Mythos der Blutsteine auf sich? Und war es wirklich eine gute Idee hierher zurückzukehren? Wieso glaubt Vendela an im Alvarat lebende Trolle? Theorin entfaltet erneut eine glaubwürdige und interessante Geschichte zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Wer allerdings auf „richtig harte“ Krimis steht, wird hier eher enttäuscht werden, denn die ersten 200 Seiten erwarten einen Familiengeschichte, die Vergangenheit der einzelnen Protagonisten und viele Naturbeschreibungen vor allem der Alvar, eines steppenartigen Kalkplateaus auf Öland, welches Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist und um das sich viele alte Mythen und Legenden ranken. „Blutstein“ ist mehr ein Roman als ein Krimi, dem es um Atmosphäre und echte Charaktere geht, die sich gemeinsam gegen die Natur verbünden müssen, um in dieser kargen Landschaft zu überleben. Theorin lässt eine spannende Mischung aus Stimmungsbildern und Naturgeschehnissen entstehen. Ein wichtiger Handlungsstrang ist das beharrliche Schweigen einiger Personen, was ihre Vergangenheit angeht. Dieser macht einen immer neugieriger auf die Lösung.
Mir hat gut gefallen, dass Theorin das Rätsel um Trolle und Blutsteine glaubwürdig auflöst und den Leser nicht allein mit Mythen abspeist. Die Lösung aller aufgeworfenen Fragen und Rätsel überzeugt und ist stimmig. Die Landschaft Ölands hat wieder einmal dazu beigetragen, Bilder und Stimmungen glaubwürdig rüberzubringen. Das Titelbild könnte Vendela darstellen, die schon als junges Mädchen von den Trollen eingenommen war.

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Bewertung vom 15.02.2011
Das Blut der Lilie
Donnelly, Jennifer

Das Blut der Lilie


sehr gut

Vive la révolution...
Paris im 21. Jahrhundert. Andi ist dort mit ihrem Vater, da ihre Mutter in eine Nervenklinik eingeliefert wurde und nicht ansprechbar ist. Die Tochter soll sich eigentlich ihrer Idee der musikalischen DNA und der Biografie des Musikers Amadé Malherbeau widmen, als sie im doppelten Boden eines Gitarrenkoffers ein Tagebuch aus dem Jahre 1795 entdeckt. Obwohl sie so schnell wie möglich heim nach New York reisen will, zieht das geheimnisvolle Buch sie sofort in seinen Bann und lenkt sie von ihrem Arbeitsentwurf ab – und den Leser genauso! Auch der Junge, dessen Foto sie aus einem in Elfenbein gefassten Rahmen ansieht, erinnert sie immens an ihren vor kurzem verstorbenen Bruder Truman. "Vollenden Sie meine Geschichte..." erbittet das fremde Tagebuch, gleichzeitig warnt es "Geschichte ist Fiktion". Andi ist gebannt vom Tagebuch Alexandrines, die als Spielgefährtin Louis Charles an den französischen Hof zu Zeiten Louis XIV. kam. Sie entdeckt immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen sich und der jungen Tagebuchautorin und langsam entsteht auch einen Zusammenhang zwischen dem Komponisten Malherbeau und den Feuerwerken, die der grüne Mann für Louis Charles veranstaltet. Beide Mädchen sind mutig und rebellisch und kämpfen für ihre Ziele, was beide Protagonistinnen über die Zeiten miteinander verbindet. Außerdem ist da noch der Franzose Virgil, der Andi aus seinem Taxi rührende Lieder am Handy vorsingt und Vijay, ihr Freund aus New York, der sie stets in ihren Recherchen unterstützt.
Das Buch ist genauso für Jugendliche wie für Erwachsene geeignet, da es die Lebenswelt einer Oberstufenschülerin beschreibt, erste Verliebtheiten, Schulstress, Unsicherheiten, Trauer um den verstorbenen Bruder, aber genauso Musik, Parties und verbotene nächtliche Ausflüge in den Pariser Untergrund. Durch die Zeitsprünge und die Dante-Zitate zu Beginn der verschiedenen Sequenzen werden aber gleichzeitig viele interessante historische Hintergründe und Bezüge geliefert, sodass das Buch genauso erwachsene Leser in seinen Bann zieht. Den in der deutschen Übersetzung hintergründiger gewählten Titel (statt im Englischen einfach: „Revolution“) sowie das Cover finde ich sehr ansprechend und passend ausgesucht. Mich hat beeindruckt, dass die Autorin sehr weite Bögen zu spannen vermag, von Beethoven zu Radiohead und von der Guillotine zur Gen-Forschung, zwischen 18. Und 21. Jahrhundert. Schön auch, dass sie sich die Mühe gemacht hat einige Originalliedtexte (+ Überstzungen) mit ins Buch aufzunehmen. Die Auflösung zum Schluss kommt etwas überraschend, fügt sich aber stimmig in das Gesamtbild des Romans ein. Dieses Buch der Autorin hat mir sehr viel besser gefallen als die „Winterrose“, es hat garantiert auch mehr historische Recherche erfordert. Junge Leser bringt Donnelly bestimmt auch durch die vielen Bezeichnungen Vijays für seine gluckenhafte Mutter zum Schmunzeln...-

Bewertung vom 17.08.2010
Die Stille nach dem Schrei
Sammer, Isolde

Die Stille nach dem Schrei


sehr gut

Isolde Sammer, Fernsehzuschauern als Drehbuchautorin einiger Krimiserien bekannt, wagt sich in „Stille nach dem Schrei“ an ein sehr heikles und aktuelles Thema heran: Pädophilie. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis, wo er wegen Mordes an seinem Bruder einsaß, zieht Martin Werneck zurück zu seiner Stiefmutter Irene Werneck. Ungestillt ist scheinbar aber immer noch sein Verlangen - jedoch nicht nach Frauen, sondern nach Kindern, bzw. Jungs. So reagiert er scheinbar auf die Annäherungsversuche von Tina Mahlknecht, einer ehemaligen Schulkameradin, aber erst nachdem er durch Nachfragen herausgefunden hat, dass der Kindersitz auf ihrem Rad ihrem jüngeren Bruder Benny gehört. Wem gilt sein wahres Interesse nun? War er wirklich unschuldig im Gefängnis? Ist er Opfer und Täter zugleich, da er behauptet, sein Vater hätte ihn als Kind misshandelt? Tina glaubt an ihn und verliebt sich blindlings. Sie wird auch nicht wirklich misstrauisch, als er sie bittet, sich ihre Haare abzuschneiden, sich wie ein Junge zu kleiden und zu enthaaren. Erst als Martin sie um weitere merkwürdige Gefallen bittet und sich ihr immer weiter öffnet und offenbart, beginnt sie langsam zu erwachen – leider ist es schon 5 vor 12. Zum Glück sind Martins Stiefmutter und der Kommissar auch nicht untätig geblieben und ihnen dicht auf den Fersen...- Der Thriller liest sich flüssig, fesselnd und sehr abschreckend, die Autorin springt zwischen 2 Perspektiven (dem „Opfer“ Tina und einer allwissenden Erzählerin) hin und her. Diese zwei Stränge erhöhen die Spannung und spiegeln den inneren Konflikt Tinas eindrücklich wieder, ihre Zerrissenheit zwischen Zuneigung und Abscheu. Obwohl das Buch den Untertitel „Psychothriller“ trägt, ist die Story doch für geübte Krimileser etwas vorhersehbar, dennoch spannende Unterhaltung, die man gerne in einem Rutsch lesen möchte, um seine Vermutungen bestätigt oder widerlegt zu sehen. Ich persönlich begrüße, dass inzwischen auch deutsche Verlage, selbst im Taschenbuch, inzwischen haptisch erfahrbare Reliefcover auf den Markt bringen, die ein echter Blickfänger sind und die man sich auch gerne ins Bücherregal stellt.

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